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Tanz der Alphatiere im Rat der Stadt Ennepetal.

[jpg]  Vorweg nochmals zur Verdeutlichung. Ein Rat der Stadt ist kein Parlament, wie beispielsweise die Landtage oder der Bundestag. Zur Vorbereitung seiner Arbeit bildet der Rat einer Stadt Ausschüsse, sprachlich werden sie auch "kleiner Rat" genannt. Der Bürgermeister hat eine Doppelfunktion, er ist einesteils Leiter (Sitzungsleiter) des Rates andererseits aber auch Chef der Verwaltung. Als Chef der Verwaltung hat er die Beschlüsse des Rates umzusetzen, legt aber auch Rechenschaft ab, inwieweit die getroffenen Entscheidungen umgesetzt worden sind. In der Verwaltung hat er die so genannte Organisationshoheit, sprich, er leitet seine Verwaltung vollkommen selbstständig. Er schützt aber auch den Rat vor falschen Beschlüssen, wenn sie gegen geltendes Recht verstoßen. Der Rat selber überwacht die Arbeit des Bürgermeisters im Hinblick auf die getätigten Beschlüsse, die ja durch die Verwaltung umgesetzt werden müssen. Rat und Bürgermeister sind nicht hierarchisch angeordnet, sie stehen gleichberechtigt nebeneinander, sie sind sich wechselseitig verpflichtet
und verbunden. Sie schulden sich gegenseitige "Organtreue", das heißt, der Rat wird durch den Bürgermeister in die Lage versetzt seine Arbeit zu machen und umgekehrt auch. Soweit so gut, um ihnen einmal den Anspruch hinsichtlich der Bedeutung eines Gemeinderates aufzuzeigen, so wie es der Gesetzgeber in der GO festgelegt hatte. Nun wissen wir alle, Theorie und Praxis sind zwei verschiedene Schuhe.

                                                   
Wir besuchten am Dienstag den Hauptausschuss, neben dem eigentlichen Rat mit seinen 40 Mitgliedern ist der Hauptausschuss mit seinen 15 Mitgliedern der wichtigste Ausschuss.

Wir wollen uns mal ein paar Punkte heraussuchen die der Hauptausschuss  behandelte.

Zuerst einmal wurde die Verlegung des Stadtarchivs an den Betriebsausschuss überwiesen, der das diskutieren sollte. Das Stadtarchiv soll von Voerde, Haus der Begegnung, in das Industriemuseum von Prof. Döpp, der immerhin der CDU angehört verlegt werden. Prof. Döpp hat die beiden Gebäude, Kruse und Debomi erworben und bekommt sie nicht mehr vermietet. Soll da etwa einem Parteifreund geholfen werden?
Nun denn, das Haus der Begegnung soll angeblich einen Nässeschaden haben in welchen die  städtischen Archive nicht so richtig trocken lagern können. Die Kosten für die Beseitigung des Schadens, die schon mehrfach versucht wurde, sollen hoch sein. Wie hoch, das konnte keiner sagen, den Anwesenden reichte die Einstufung hoch. Ein Kaufmann würde vor Wut bei solchen Einschätzungen direkt in die Luft springen.
Nun, da die CDU Mitglieder keine Kaufleute sind und ihr Parteifreund Döpp zufällig ein Gebäude frei hat, was lag da näher als das einer Nutzung zu zu führen. Das Haus der Begegnung in Voerde mit seinem sehr hohen Nässeschaden, das sollten die Heimatvereine dann bekommen, die ja schmerzfrei, solche Räumlichkeiten sicher gerne übernehmen. So ist aber erst einmal der andere Ausschuss beschäftigt. Herr Faupel (CDU) begründete den Antrag als Alphatier, Herr Eckhardt als zweites Alphatier hörte ergeben zu. Man erkannte schon gewisse Abhängigkeiten.

Dann wurde versucht, über  drei Karten [ Fuchskarte, Klutertkarte und noch eine Karte] zu diskutieren. Was sag ich da, diskutieren, nein, es wurde palarvert wer den Antrag und wie zuerst eingereicht hat. Man einigte sich darauf das die Bündnisgrünen auch einen Antrag eingereicht haben, so waren es alle zufrieden. Obwohl sich alle einig waren, dass es solch eine Karte geben sollte, konnte man sich über die Nutznießer aber auch die Leistungen nicht einigen. Es wurde in den nächsten Ausschuss überwiesen.
Da wäre effizient gewesen einen Grafiker mit der Gestaltung dieser Karte zu beauftragen, Inhalte hätte man später zuordnen können. Aber warum einfach, wenn es umständlicher geht.  Auch hier wusste unser alter "Silberrücken" Herr Faupel zu erklären, warum nur sein, der CDU Antrag, vorrangig behandelt werden sollte.

Dann war noch der "lustige" Antrag über "Trasse der Talbahn", die sollte laut Antrag unter Denkmalschutz gestellt werden. Die untere Denkmalbehörde, nämlich die Gemeinde, sollte schlicht übergangen werden. Auch die obere Denkmalbehörde, der Kreis war offensichtlich nicht involviert. Die oberste Denkmalbehörde das Land NRW war offensichtlich auch nicht unterrichtet. So sollte, gem. Antrag die Bezirksregierung den Eintrag direkt vorbereiten. Und dann ging es los, die Kosten, die angeblich auf die Stadt zukommen könnten, Zahlen wurden zwar keine genannt, aber es sollte sehr hoch sein, mindestens. Die beiden Alphatiere Faupel und Eckhardt mühten sich redlich das Ganze zu dramatisieren, um es abzublocken.
Wer das Prozedere einigermaßen kennt, weiß das es bei der Gemeinde eine Denkmalliste gibt, für die gibt es Jahr für Jahr so genannte Pauschalzuweisungen, die aber nicht zwingend den einzelnen Objekten zugewiesen werden müssen. Insoweit war das nur ein Tanz der Alphatiere, die ihre Meinungshoheit unter Beweis stellen wollten.

Jetzt ging es noch zum Haushaltsplan 2009. Zu Grunde lagen hier ein so genannter Ergebnisplan,  der aber nach Durchsicht  sich überhaupt nicht als Informationsunterlage eignete. Da wurden mal flugs Jahressollzahlen mit den Ist Zahlen per 12.05.09 gegenüber gehalten, was als unseriöse getadelt werden müsste. Nun trug Herr Kappelhoff vor und dramatisierte die derzeitige Wirtschaftssituation derartig, dass man meinte die Gemeinde poliert gerade den Bettelstab. Das zum Beispiel die Gewerbesteuer vierteljährlich zu entrichten ist, also der Termin der nächsten Zahlung noch ansteht, fand in den Ist-Zahlen keinen Niederschlag. In der Industrie macht man zumindest bei solchen Zahlenspielen eine Abgrenzung. Die Positionen aktive und passive Abgrenzungen waren aber nicht aufgeführt. Herr Kappelhoff, ein weiteres Alphatier, trug dies aber so dramatisch und kompetent vor, das einem Angst und Bange wurde. War das vielleicht eine Argumentationshilfe für Herr Faupel (CDU) der ja landauf und landab einen Angstwahlkampf führt? Mit der Haushaltssicherung wurde gar gedroht, alles verstummte, dass muss so was wie die Insolvenz sein – ist es aber nicht. Wenn die Kommune Gelsenkirchen solche Zahlen hätte, würden die Luftsprünge vor Freude machen. Viele Kommunen leben mit der Haushaltssicherung und zwar sehr gut und für die Gemeinde Ennepetal ist noch sehr weit bis sie in diese Ecke kommt. 
Aber wie gesagt das Alphatier Faupel ( CDU ) brauchte Munition für seinen Angstwahlkampf und alle Alphatiere, Bürgermeister Eckhardt ( von CDU Gnaden ) und Herr Kappelhoff kamen zu Hilfe. Was da ablief konnte man nur mit dem alten Wort bramarbasieren umschreiben. Es könnte, es würde, ist relativ und überhaupt, wir sollten vorsichtig sein, vielleicht schaffen wir das ja usw. Alles Humbug, stimmen die Grundlagen nicht, sollte man auch keine Aussagen machen, Punkt. Da ist noch erwähnenswert, dass die Gelder aus dem Konjunkturpaket II schon verplant werden, nur wenn wir kein Geld haben, wie sollen wir die Eigenleistungen erbringen?

Der letzte Punkt ist auch lustig, aber auch beschämend.
Der dritte Welt Laden beantragt in einem Bürgerantrag die Stadt Ennepetal möge doch bitte im Rahmen der Kulturhauptstadt 2010 eine Magna Charta 2010 unterzeichnen in welcher ausbeuterische Kinderarbeit geächtet werden soll, und darüber hinaus Produkte nicht zu erwerben die so vorgenannt hergestellt werden.
Der Antrag wurde abgelehnt mit der Begründung das OVG Rheinland Pfalz habe dies aus wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Gemeinde Andernach untersagt und die Satzung für unwirksam erklärt.
Tatsächlich hat das OVG jedoch diese Satzung nicht bestritten wenn sie denn nur auf die Beschaffungshoheit
der Gemeinde zeigt. Die Gemeinde Andernach verpflichtet jedoch auch ihre nachrangigen Beschaffungsunternehmen und griff damit in die Einkaufsgestaltung eines freien Unternehmens ein.
Das Urteil hat das Aktenzeichen: 7 C 10771/08 und ist vom 6. November 2008 OVG Koblenz.
Wenn die Gemeinde nur über  Ihre Beschaffungshoheit befunden hätte, so hätte sie das unterzeichnen können.
Aber in Ennepetal ticken die Uhren einfach anders. Übrigens stand da auf einmal noch ein Alphatier, Herr Däumig, wusste ich gar nicht.
Na ja, die Anwesenden waren es zufrieden eine für sie unzulässige Einmischung abgewehrt zu haben. Was soll es Hauptsache die Produkte sind billig. Was kümmern uns die Kinder Anderer, wenn unsere nicht betroffen sind.
Sich die Mühe zu machen und die Charta mit dem Adressaten abzustimmen, eine Zusatzklausel zur bestehenden Erklärung zu verfassen, nun, das wäre für Alphatiere zu hoch.

Was mich bewegte, ist die klare Hierarchie nach der in diesem Kreise die Wortmeldungen verteilt werden, zuerst darf der Leitwolf "Silberrücken" Walter Faupel (CDU) seine geistigen Ergüsse ablassen. Teilweise waren es sinnentleerte Sprüche und  Wiederholungen von Altbekanntem. Dann verstärkt der "Silberrücken" Michael Eckhardt (von CDU Gnaden) das Gesagte und dann darf das Alphatier Rauleff (SPD) auch mal ran.
Zwischendurch kommt Sabine-ich-will-auch-was-sagen Hofmann (Bündnisgrüne) auch mal dran, was aber mit den Blicken der Alphatiere begleitet wird, die sagen, ach Du bist auch noch da?. Wenn sich aus den Reihen der CDU jemand meldet, wird das mit betretenem Schweigen irgendwie mißbillig, so als wenn derjenige die Rudelregelen nicht beherrschen würde. Der wurde auch direkt etwas leiser – unartiges Mitglied.
So ging das die ganze Zeit: Faupel – Eckhardt – Rauleff -ich-will-auch-was-sagen-Hofmann, damit das nicht langweilig wurde durften sich auch andere nachrangige Alphatiere äußern, Wiggenhagen – Däumig ( Der strahlte richtig als er nach 90 Minuten dösen was sagen durfte) und Kappelhoff ( Der hatte seinen Auftritt richtig genossen, während Eckhardt ihn gnädig anlächelte)
Das Sahnehäubchen zum Schluss. Die Einwohnerfragestunde, in Kaiserzeiten hieß dies Bittgänge.
Huldvoll, ich wiederhole, huldvoll schaute Ihro Bürgermeister zu unserer Seite und sagte, jetzt dürfen die anwesenden Bürger was fragen, und sofort einschränkend, aber Sie dürfen nur mich, den Bürgermeister, was fragen. Die Szene war filmenswert, die Gestik, die Mimik, die abwartende Haltung der Komparsen. Sekunden war das Bild eingefroren, eine surreale Szene. Chabrol hätte sicher einen ganzen Film daraus gemacht.
Das war Demokratie live, in unserer heutigen Realität. Anspruch und Wirklichkeit. Ich verstehe heute viele Nichtwähler – immer mehr.

Jürgen Gerhardt