Das erste Interview und eine Überraschung der ganz anderen Art
Interview mit der Bürgermeisterkandidatin Anita Schöneberg.
[jpg] Vor Beginn der Interviewserie habe ich mir lange überlegt, wie kann ich der Wählerin, dem Wähler, die Kandidatinnen und Kandidaten näher bringen? Was zeichnet sie aus für das Amt der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters? Berührungsängste dachte ich, na ja, die hat jeder. Niemand weiß auf wen oder was lässt man sich da ein. Aber, so meine ich, das wird ja auf beiden Seiten so sein.
Durch meinen Besuch der Foren zum neuen Flächennutzungsplan konnte ich ungehindert die einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten beobachten. Ich sah wie sie miteinander,aber auch mit Fremden oder Nichtbekannten, umgingen. Wie konzentriert sie in Einzelgesprächen vor oder nach Gesprächen auftraten. Als stiller Beobachter sieht man viel, sehr viel, die Gestik, die Mimik oder auch die Körperhaltung, ja sogar die Kleidung oder die Frisur gibt da beredte Auskunft. Sie geben Auskunft wie viel in einer Persönlichkeit gewachsen ist, Kraft, Leidenschaft, Überzeugung, Phantasie, aber auch Kreativität. Ja sogar den Mut und Ängste kann man erkennen. Der erfahrene Beobachter weiß, wovon ich spreche.
Die Foren in Voerde und am Büttenberg waren von mir dazu ausersehen, die ersten Kontakte zu suchen.
So suchte ich auch das Gespräch mit Anita Schöneberg, die sich sofort ohne wenn und aber zu einem Interview bereit erklärte. Wir tauschten die emails aus, worüber ich ihr meine Vorstellungen mitteilte.
Die Fragen die uns die Bürgerinnen und Bürger zu geschickt hatten, standen alle im Internet, den Link schickte ich ihr sodann auch zu. 10+2 Fragen loste ich in meinem Büro aus und schickte sie Frau Schöneberg zu.
Im Vorfeld machte ich mich über Anita Schöneberg schlau und erfuhr folgendes:
Steckbrief:
Alter: 51 Jahre
Geboren am: 19. April 1958 in Gevelsberg (weil es dort ein Krankenhaus gab)
Stand: Verheiratet seit 30 Jahren mit Ehemann Jürgen
2 Söhne, Timo und Niko
Ausbildung: Bankkauffrau bei der Sparkasse, Fachkraft für Marketing
Studium an der Uni Dortmund, Fach: Soziologie und Erziehungswissenschaften
Hobbys: Akkordeon und Gitarre spielen im Akkordeon-Orchester und Shanty-Chor Voerde, Nordic Walking, Schwimmen, Lesen
Auf die Bitte ein paar Fotos machen zu dürfen, lud sie mich in den Westfälischen Hof ein, wo Sie gerade einen anderen Termin wahrnahm.
Da saß sie nun, an Ihrem Notebook strahlte mich an und wir legten los. Wie wir die Regeln durch sprachen erinnerte sie mich ein bisschen an Lydie Auvray, dieses Unbefangene herangehen an dieses Interview. |
Foto: Lydie Auvray |
Musiker sind anders als andere Menschen, sie lassen etwas leben, sie sprechen mit den Tönen, sie tragen und lassen sich tragen. Soweit die Gefühlswelt eines Musikers. Aber, und das ist wichtig, sie sind geistig fit, hoch diszipliniert, um ihr Instrument zu beherrschen, das sie übrigens lieben. Darüber hinaus sind sie die geborenen Teamplayer so sie in einem Orchester spielen. Dies bedeutet in der Sprache der Wirtschaft, sie haben eine hohe soziale Kompetenz. |
Führung bedeutet nicht, ich gebe Befehle aus und jeder rennt, um meine Befehle zu befolgen. Nein: Führung bedeutet, den mir anvertrauten Menschen seinen Fähigkeiten gemäß einzusetzen um ein Ziel, welches definiert wurde, zu erreichen. Die Bürgermeisterin müsste rund 300 Menschen, sprich 300 Persönlichkeiten dazu bringen, sich für das Gemeinwesen Ennepetal unbedingt einzusetzen. Den Rat der Stadt mit seinen unterschiedlich teilweise auseinander divergierenden Interessen zu Beschlüssen führen, die der Stadt Ennepetal von Nutzen sind. Sie muss evtl. ihre Eigeninteressen oder die Interessen ihrer Partei zu Gunsten der Interessen Anderer hinten anstellen, aber das Wohl der Stadt immer im Auge behalten. Neue Wege muß sie mutig beschreiten können aber das Alte in seinem Wert nicht verschmähen.
Dies alles als Vorwort. Ich bin mir bewusst, mit meinen Fragen kann ich nur einen kleinen Einblick in die Person vermitteln die evtl. unsere zukünftige Bürgermeisterin ausmacht, erst die Praxis wird den Beweis erbringen, ob dies die richtige Person ist. Aber würde ich keine Fragen stellen würde ich auch keine Antworten bekommen und wüsste demnach noch weniger, wem ich meine Stimme geben sollte.
Das Interview mit seinen Fragen und Antworten:
1. Nennen Sie uns die Faktoren die den Standort Ennepetal besonders auszeichnen?
Mir ist ein besonderes Anliegen, hier das große Potential der Bürger und Bürgerinnen in Ennepetal zu nennen: die Liebenswürdigkeit, der Leistungswille, die Identifikation mit ihrer Stadt, mit ihren Stadtteilen.
Und was den Standort als "Wirtschafts-Standort" auszeichnet, ist der große Vorteil, über Jahrzehnte hinweg inhabergeführte, weltweit operierende Unternehmen in den Stadtgrenzen zu beheimaten. |
Exemplarisch seien hier Dorma, Febi, Ischebeck und Köco zu nennen. Diese Firmen haben ihre Standorte über Ennepetal verteilt. Aber auch Alanod, Pennekamp, BIW, Lahme, Frischkorn sind renommierte prosperierende Unternehmen mit internationalen Kontakten. Das heißt also, dass Ennepetal im weltweiten Wirtschaftsbereich positiv gesehen wird. Das müssen wir nutzen, um auch die Rahmenbedingungen optimal zu präsentieren, wenn jemand Ennepetal genauer betrachtet.
Unser Potential liegt dabei dann in einer relativ guten Anbindung an das Fernstraßen-/Autobahnnetz. Wir haben (noch) einen der niedrigsten Gewerbesteuerhebesätze im Umkreis. Während das zu den "harten Standortfaktoren" zu zählen ist, sind Ausstattung und Angebote im schulischen, kulturellen und sozialen Bereich wichtige weiche Standortfaktoren. Ich will auch nicht vergessen, in diesem Zusammenhang auf Ennepetal als "Perle der Natur" hinzuweisen. Mit unseren Flusstälern, den Wäldern, der Kluterthöhle haben wir eine Menge zu bieten.
Als besonderes "Schmankerl" kommt hinzu, dass die SPD auf meine Initiative hin vor einigen Jahren für die Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung bei der Fa. Pennekamp das so genannte Baukindergeld für die städtischen Grundstücke am Büttenberg "Mit der Sonne bauen…" beantragt hat. Nach vielen Diskussionen, in denen insbesondere die FDP immer dagegen hielt, wurde dann später beschlossen, das Baukindergeld anzubieten. – Übrigens jetzt bei der Vermarktung ein echter Wettbewerbsvorteil für Ennepetal. Hinzu kommt eine besondere Förderung für alternative Energien.
2. In welchen Bereichen wollen Sie mehr/weniger Geld ausgeben – wo soll besonders gespart werden und worauf müssen sich Bürger und Vereine einstellen?
Soziales und Jugend sind die Bereiche, wo zuletzt der Rotstift angesetzt werden darf. Selbstverständlich ist die Bildung unabhängig vom Einkommen der Eltern mit der wichtigste Bereich, um den wir uns weiter kümmern müssen. Klar, dass hier viele Zuständigkeiten beim Land NRW liegen. Dennoch ist es die Aufgabe der Stadt Ennepetal, für die Ausstattung der Schulen zu sorgen und eventuelle Angebote zu unterstützen, die aus privater bzw. Vereinsinitiative geleistet werden. Ich denke hierbei an die Hausaufgabenhilfe des Kinderschutzbundes. Ich habe mich zu den Beratungen des Haushaltes 2009 intensiv dafür eingesetzt, einen Zuschuss der Stadt Ennepetal zu ermöglichen, was mir nach vielen Diskussionen dann endlich auch gelungen ist. Es gibt immer noch Kinder, die durch das Raster fallen und nach der Schule ab Mittag nicht betreut werden. Das macht mich besonders betroffen. Ich finde auch, dass wir möglich machen müssen, Kindern ein Mittagessen zu bezahlen. Ich habe vor einigen Jahren hier bereits ein Sozialsponsoring angeregt. Das Thema werde ich als Bürgermeisterin nicht aus den Augen verlieren.
Auf jede erdenkliche und zu finanzierende Art sollten wir die Vereine und deren ehrenamtliche Helfer/innen unterstützen. Mir gefällt z. B. die bundesweit etablierte Jugendleiterkarte (Juleika), die honoriert, wenn sich jemand im Jugendbereich engagiert. Es gibt einen reduzierten Eintritt ins Schwimmbad oder andere Vergünstigungen.
Das Modell der Überlassung von Sportstätten funktioniert grundsätzlich gut und hat schon etwas mit "Bürgergesellschaft" zu tun. Nicht zuletzt wird in Vereinen und Verbänden ein erheblicher Beitrag zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund geleistet. Das will ich unterstützen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass unsere Stadt nicht mehr funktionieren könnte, wenn nur für einen einzigen Tag die ehrenamtliche Arbeit ausgesetzt würde.
3. Können Sie sich einen Bürgerhaushalt, wie z. B. in Rheinstetten oder Cottbus vorstellen? Wenn ja, würden Sie sich dafür einsetzen?
Aus meinem Verständnis von Demokratie und wie ich den Einsatz dafür lebe, kann man schon erkennen, dass ein eindeutiges "Ja, ich kann mir einen Bürgerhaushalt gut vorstellen" die Antwort sein muss. Es wäre für mich ein guter Blick in die Zukunft, wenn ich mir vorstelle, dass Bürger und Bürgerinnen sich für die Finanzen der Stadt Ennepetal intensiv interessieren und Vorschläge aus ihrem Verständnis heraus machen. Ich bin überzeugt, dass manche Idee aus der Bürgerschaft auch konstruktiv ein- bzw. umgesetzt werden kann. Meine Erfahrung aus allen Treffen und Gesprächen mit Bürger/innen (gerade wieder aktuell die Situation am "Krüners Kotten") ist die: Grundsätzlich sind die Menschen politisiert. Sie interessieren sich für Demokratie. Und wenn sie erst einmal ihre Bürgervertreter/innen näher kennen gelernt haben, sind sie begeistert, wenn sie auf jemanden treffen, der so ist "wie Du und ich!"
4. Im nächsten Jahr ist das Ruhrgebiet Kulturhauptstadt Europas. Mit welcher Aktion wird sich Ennepetal beteiligen?
Als Vorsitzende des Verkehrsvereins in der Stadt Ennepetal e. V. (Ehrenamt) hatte ich im Januar 2007 bei den ersten Ankündigungen von RUHR.2010 vorgeschlagen, die neu zu bauende Unterführung am Bahnhof Ennepetal vom international bekannten Künstler Otmar Alt mit einem Mosaik "RUHR.2010" zu gestalten. Ich sah die Projektidee als nachhaltig an, wäre doch für nahezu alle Zeiten eine Erinnerung an die Kulturhauptstadt 2010 erfolgt und eine Spur durch das Ruhrgebiet gezogen worden. Ich hatte dann dem Bürgermeister die Idee weitergegeben und gebeten, sich seitens der Stadt darum zu kümmern. |
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Den Projektantrag habe ich nicht gesehen. Herausgekommen ist, dass sich Ennepetal an einem Projekt auf Südkreisebene beteiligt. Ich sag es Ihnen, wie ich es denke: Es hätte mehr für Ennepetal dabei herauskommen müssen, wenn man sich seitens der Stadtverwaltung mehr bemüht hätte. Ich hätte als Bürgermeisterin die Idee auf jeden Fall intensiver verfolgt und mich persönlich dafür eingesetzt.
5. 2007 wurden schreckliche Kleinkindmorde veröffentlicht, welche Konsequenz hat Ennepetal daraus gezogen, damit so was bei uns nicht passiert?
Auch mich haben diese Fälle in ganz Deutschland sehr traurig gemacht. Leider kann man nie ganz vermeiden, dass "Unglücke" passieren. Aber man kann versuchen, ihnen zu begegnen. Im Dezember 2007 hörte ich davon, dass man im Fachbereich Jugend in Ennepetal Sorge hatte, auch in Ennepetal u. U. Gefahren nicht rechtzeitig zu bemerken. Ich habe sofort einen Antrag formuliert, um das Thema "auf den Tisch" zu bringen. Bedauerlicherweise hat sich ja dann eine nicht an der Sache orientierte Diskussion mit Bürgermeister Michael Eckhardt aufgetan. Ergebnis der Thematisierung ist die Organisations-Untersuchung des Jugendamtes, die noch nicht ganz zu Ende diskutiert worden ist, aber gezeigt hat, dass die Mitarbeiter/innen im Jugendamt engagiert und verantwortungsbewusst ihre Aufgaben wahrnehmen. Fälle von Kindeswohlgefährdung werden immer wieder bekannt. Dem wird von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Fachbereichs "Jugend und Soziales" umgehend nachgegangen.
6. Wir werden in den nächsten Jahren durch die Überalterung in Ennepetal immer mehr Einwohner verlieren! Werden Sie Entlassungen im Rathaus vornehmen? Werden gar Stadtteile zusammengelegt werden müssen?
Grundsätzlich haben alle Stadtteile Ennepetals ihre Berechtigung und müssen auch ihre Identität behalten. Das ist das besondere an unserer Stadt und macht sie unverwechselbar. Stadtteile werden nicht einzeln verwaltet, so gibt es keine finanziell zu begründende Zusammenlegung, wie das vor 60 Jahren der Fall war, als die Ämter Milspe und Voerde zur Stadt Ennepetal zusammengelegt wurden, weil sie eigene Verwaltungen hatten und man erkannte, dass man mit einer gemeinsamen Verwaltung strukturierter, kostengünstiger und effektiver zum Wohle der Stadt arbeiten konnte.
Die Frage nach der Anzahl von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Rathaus ist nicht allein am demografischen Wandel festzumachen. Dem müssen wir uns stellen. Da muss man nicht mehr grundsätzlich diskutieren, sondern vielmehr um gute Konzepte werben und kreative Ideen entwickeln. Es wird angesichts der Veränderung in unserer Gesellschaft andere Aufgaben geben. Integration und Gender (bezeichnet das "soziale" oder "psychologische" Geschlecht einer Person [die Redaktion]) müssen als Querschnittsaufgabe mehr verankert werden und den Senioren- und Behindertenbelangen muss zukünftig noch intensiver Rechnung getragen werden.
7. Welcher anderen Kommune würden Sie gern mal für einen Tag vorstehen und warum?
Zunächst einmal möchte ich zur Bürgermeisterin von Ennepetal gewählt werden. Aber ansonsten: Welcher Kommune möchte ich vorstehen?
Ich habe in meiner Jugendzeit viele Sommer in Berlin bei meiner Oma verbracht. Ja, es ist Berlin! Da würde ich gerne mal aus Sicht des Regierenden Bürgermeisters die Leitung einer solchen Großstadt betrachten. Ich mag Berlin. Aus dem Nähkästchen: Ich bin Mitte Mai zum Dt. Kommunalkongress in Berlin "100-Jahre-DStGB" und zufällig am selben Tag 30. Hochzeitstag mit meinem Jürgen. Dort werde ich übrigens auch die Kanzlerin Angela Merkel treffen. Ich werde also wieder ein Stückchen Berlin erkunden. |
Grundsätzlich gesagt: Ich bin für einen gelegentlichen Perspektivwechsel, um sich und seine Aufgaben immer mal wieder selbst reflektierend zu betrachten. Ich bin überzeugt, dass manches, über das wir uns in einer Stadt wie Ennepetal Gedanken machen müssen, angesichts der Aufgaben in einer Großstadt als kreativ lösbar zu betrachten ist. Geht nicht gibt’s nicht! Wir müssen uns allen Herausforderungen stellen.
8. Was qualifiziert Sie eher als Ihre Mitbewerber|Innen| dafür, hauptamtlicher Bürgermeister|In| von Ennepetal zu werden?
Die Gemeindeordnung NRW sieht ausdrücklich vor, dass Menschen sich um das Bürgermeisteramt bewerben sollen, die "aus dem Volk" kommen. Das ist aus meiner Sicht wichtig und richtig, dass der Gesetzgeber das erkannt hat. Was nützt der Gemeinde eine "Verwaltungsbrille" in der Leitung einer Stadt – möglicherweise noch mit eingeschränktem Gesichtsfeld, weil immer so gewesen – in Anbetracht der Herausforderungen der Zukunft und dem Anspruch, das zu tun, was die Bürgerinnen und Bürger wollen. Und genau das ist eine meiner Stärken: Durch mein sehr intensiv wahrgenommenes Amt als stellvertretende Bürgermeisterin und dadurch, dass meine Familie Gudat/Schöneberg mit 3 Generationen und vielen Verwandten hier in Ennepetal lebt, weiß ich, wie die Bürgerinnen und Bürger denken. Das ist sehr wichtig für eine bürgernahe Politik.
Ich habe einige Jahre in der freien Wirtschaft gearbeitet, bin von Haus aus Bankkauffrau und heute in den Gremien der Sparkasse Verwaltungsrat und stellvertretende Vorsitzende des Risikoausschusses, so dass ich nach wie vor in der Finanzwelt zu Hause bin. Durch fast 20 Jahre Kommunalpolitik, davon 15 Jahre in verantwortungsvollen Positionen der Fraktion und als Vordenkerin habe ich die Verwaltung der Stadt Ennepetal in sämtlichen Bereichen kennen gelernt. Neben Wirtschaftsförderung und Stadtplanung lag mir immer der Jugend-, Schul- und Bildungsbereich, der Finanzbereich und das Soziale am Herzen. Mit meinem selbst finanzierten Studium untermauere ich zurzeit noch einmal wissenschaftlich meine Kenntnisse.
Als Bürgermeisterin kann und darf man nicht nur Fachfrau in einem bestimmten Bereich sein. Viele Fähigkeiten und Kompetenzen müssen trainiert sein. So ist ein Wandel der Anforderungen an die Kompetenz von Vorgesetzten schon lange wissenschaftlich belegt. Nach aktuellen Erkenntnissen aus der Organisations- und Wirtschaftspsychologie sind neben der Fachkompetenz vor allem Management-Fähigkeiten + soziale Fähigkeiten + Selbstkontrollkompetenz gefragt.
Als Bürgerin meiner Heimatstadt Ennepetal – übrigens seit 51 Jahren Ennepetalerin – und in vielen Vereinen und Verbänden zu Hause, kenne ich die Ängste, Sorgen und Nöte der Bürgerschaft. "Eine von uns. Für Ennepetal." so lautet mein Slogan für die Kommunalwahl 2009. Und genau so sehe ich mich auch.
9. Was halten Sie von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden als Ausdruck von mehr Demokratie? Und können Sie sich vorstellen, dass hier in Ennepetal eine NGO Mehr Demokratie e.V. aktiv wird?
Ich halte jede Einmischung, jeden Einsatz in unserer Demokratie für wichtig und dankenswert. Es gibt derzeit kein besseres Staatssystem als das der Demokratie. Manchmal habe ich den Eindruck, dass das nicht hoch genug geschätzt wird. Wir dürfen frei wählen, unsere Meinung äußern, werden durch eine vom Volk legitimierte Regierung regiert und haben alle Möglichkeiten des Einsatzes für unser Gemeinwohl. Dazu gehört für mich persönlich auch das Bekenntnis zu einer etablierten Partei und der Einsatz dafür.
Ich wäre eine der ersten, die sich mit einer NGO "Mehr Demokratie…" zu einer Diskussion zusammensetzen würde. Bürgerbegehren und Bürgerentscheide sind sicher ein gutes Handwerkszeug der Demokratie. Besser ist es allerdings allemal, sich frühzeitig einzumischen, Bürgersprechstunden der Fraktionen zu nutzen, Informationsveranstaltungen usw., um hier schon eine Meinung zu vertreten und den Diskussionen um Themen eine breitere Grundlage zu geben. Ich habe meine Aufgabe immer darin gesehen, möglichst viele Menschen zu einer Beteiligung an der Demokratie zu animieren. Beispielsweise habe ich einen Antrag zur Vorziehung von Bürgerfragestunden in Ausschüssen (s. www.anita-schoeneberg.de) mehrmals gestellt (im Übrigen abgeblockt durch CDU und FDP). Außerdem habe ich mich in der Zeit, als unsere Söhne im Reichenbach-Gymnasium waren, in das aus Lehrer/innen, Eltern, Schüler/innen gebildete Gremium für die Bereiche Politik und Sozialwissenschaften wählen lassen, um auch hier für die Demokratie und insbesondere die Kommunalpolitik zu werben.
10. Nennen Sie ein Projekt, das Ihnen am Herzen liegt und das Sie besonders gern umsetzen würden?
Es gibt zwei Herausforderungen, die sich mit Kindern/Jugendlichen beschäftigen und damit mit Jugend-/Familien-/Soziapolitik und Gesellschaft zu tun haben: Da ist zum Einen, dass ich gerne die Kindergartenplätze beitragsfrei stellen möchte, weil ich das als einen wichtigen Faktor zur Alleinstellung der Stadt im Umkreis halte. Es passt in meinem Wahlprogramm zu dem roten Faden und dem formulierten Ziel, den prognostizierten Bevölkerungsschwund aufzuhalten, bestenfalls umzudrehen.
Das andere ist, dass ich es ermöglichen möchte, jedem Kind eine warme Mahlzeit in Kindergarten und Schule zu geben. Auch hier ist sicher Kreativität gefragt, um z. B. im Rahmen von Sozialsponsoring die Kosten ein wenig zu verteilen und zu schultern. Ich bin überzeugt davon, dass man Unternehmen bewegen kann, sich zu beteiligen. Die Imagefrage stellt sich immer und jeden Tag für alle, auch für die Unternehmen der freien Wirtschaft.
Meine Idee der "Freiwilligen-Agentur" in Ennepetal werde ich weiterverfolgen. Ich halte es für einen guten Ansatz, die Fähigkeiten von Menschen für die Gesellschaft zu aktivieren, die sich nicht unbedingt einer festen Organisation oder einem Verein oder einer Partei anschließen wollen. In vielen Städten ist es inzwischen Alltag, dass Freiwillige in wirtschaftlichen und sozialen Dingen Aufgaben bravourös erledigen. Zum einen fühlen sich die Bürger/innen wertgeschätzt und mit ihrem Wissen gebraucht, zum anderen geht auch die Stadt hier neue Wege.
Vielen Dank für das Interview.
Abschlussbemerkung:
Wir haben in den Gesprächen bemerkt, wir haben es mit einem verantwortungsbewussten Menschen zu tun, der bereit ist eine neue Aufgabe hoch motiviert anzugehen und auch zu meistern. Der diese angestrebte Aufgabe nicht als "Häuptling unter Häuptlingen" anstrebt, sondern auch "Indianer" sein kann, anpacken kann und auch anpacken will. Nicht selbstverliebt seiner Eitelkeit frönt, unbequemen Fragen nicht aus dem Wege geht und was noch wichtiger ist, jederzeit bereit ist neue bessere Wege zu gehen. Sie hat zwar den "Stallgeruch" der Sozialdemokratie, das Konservative im Sinne von Wertekonservativem ist ihr jedoch nicht fremd. Wie sagte Herr Faupel von der CDU, so schön, mangels Inhalte und Werte, das ist eine gefährliche Frau. Urteilen Sie selbst wie gefährlich diese Frau ist.
Wir wünschen ihr deshalb einen guten Wahlkampf und alles Gute.
Jürgen Gerhardt
Das Interview führte Linde Arndt (Fotos) und Jürgen Gerhardt
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Bravo Herr Gerhardt,
gut gefragt, mutige Antworten herausgefordert, die öffentliche Diskussion belebt.
Bitte machen Sie weiter so.
Super Interview, endlich mal nicht die allgemeinen „Wischiwaschi-Fragen“. Bin gespannt, was von den anderen kommt. Da können sich die Bürgermeisterkandidaten/Innen endlich mal profilieren. Tolle Arbeit.
Aber Vorsicht! Da wollen sich schon Andere auf Ihre Kosten profilieren. Vielleicht sollten Sie auch einmal die Bürgermeisterkandidaten/Innen auf einen Kaffee nach Hause einladen. Wie ich hörte ist das wohl passiert. Aber dann bitte alle zusammen, damit nicht wieder Vermutungen auftauchen. Ich hoffe, Sie wissen, wen und was ich meine.
Ich frage mich allmählich, wer in Ennepetal alles gegen wen intrigiert. Scheint ein Virus zu sein, der nicht nur die Politiker erfasst hat.
Wann geht es denn mit den Interviews weiter?
Na, ich denke, dass es mit meinem Interview weiter geht. Denn mein statement war abgegeben, bevor Herr Gerhardt das mit Frau Schöneberg veröffentlicht hat.
Mir ist es schnurzpiepe, ob andere Bewerber von mir abschreiben oder nicht. Ich bin ich. Und ich merke, wo die anderen vier „echt“ rüber kommen oder nicht. Frau Schöneberg ist „echt“ rüber gekommen. Von der ihr eigenen performance her. Das kann sie am Besten von uns.
Vom Inhalt her? Naja.
Lesen Sie mal genau, was sie zu den Bürgerbewegungen gesagt hat. Zum Beispiel. Die sind der SPD der Anfang und Kern allen Übels. Aber sie sagt genau das Gegenteil. An solchen Äußerungen dürfen Wähler sie messen. Oder glauben Sie, dass HaJo Schulte von der WR nicht wusste, was er kommentierte, dass die SPD wegen der EWG einmal die absolute Mehrheit verloren hat. Das vergessen die nie. Die Genossen karten nach. Wie bei Mehner, damals ging es um seine Pension, oder jetzt, seitdem er seinen Hut im Ring hat. Eine nachtragende Mannschaft. Und dumm. Wie kann man mit dem Neidfaktor einen offensichtlich geeigneten Kandidaten aus dem Rennen bringen wollen? Oder ihm die Pension streitig machen mit der blödesten aller blöden Begründungen, im Bauamt wären keine Juristen angesagt gewesen. Normalerweise vielleich nicht an führender Stelle. Aber wenn man die Stelle so ausschreibt?
Nichts für ungut. Ich muss jetzt zur Stadt. Das Mehrgenerationenhaus macht sich breit, sagt meine Nachbarin. Was suchen die auf unserem Grundstück?
Und zum Friseur soll ich auch. Was ich da soll? Locken, Kahlschlag oder wig, that´s the question.
Bis denne.
Ingo Mehner