Arbeitsmarkt: Wirtschaftskrise wirkte sich schwächer aus als erwartet
„Die JobAgentur EN konnte im vergangenen Jahr 3.704 Menschen auf den ersten Arbeitsmarkt vermitteln, rund 400 weniger als im Vorjahr. Angesichts der schwierigen Lage ist dies aber als Erfolg zu werten. Gemessen an den Erwartungen zu Jahresbeginn, die angesichts der Wirtschaftskrise eher düsterste Befürchtungen gewesen sind, kann man mit der Entwicklung nur zufrieden sein. Auch wenn man leider festhalten muss, dass sich insgesamt die Integrationschancen verschlechtert und das Risiko, hilfebedürftig zu werden, deutlich erhöht haben.“ Unter dem Strich fällt die Jahresbilanz der JobAgentur EN für Landrat Dr. Arnim Brux positiv aus. Als weiteres Zeichen für die bisher eher milden Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Zusammenhang mit Hartz IV wertet er die Zahl der Bedarfsgemeinschaften. Sie lag Ende 2009 bei 13.548, 841 mehr als ein Jahr zuvor, aber 400 weniger als noch im Frühsommer prognostiziert.
Wer nach Einschätzung der JobAgentur EN aufgrund seiner persönlichen und beruflichen Fähigkeiten sowie der aktuellen Lebenssituation geringe Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt hat, dem werden zunächst andere Angebote gemacht. Dazu zählen beispielsweise Bildungsgutscheine, Einstiegsqualifizierungen für Jugendliche, außerbetriebliche Ausbildungen, betriebliche Praktika oder Lohnkostenzuschüssen. „Die damit verbundene Aktivierung der Betroffenen ist neben der Vermittlung ein weiteres Maß für erfolgreiche Arbeit“, machte Heiner Dürwald, Leiter der JobAgentur EN, deutlich. Insgesamt begannen 2009 17.107 Empfängern von Arbeitslosengeld II eine Maßnahme. Im Vergleich zum Vorjahr ein deutliches Plus.
Besondere Erfolge konnte die JobAgentur EN 2009 bei Jugendlichen und älteren Langzeitarbeitslosen verzeichnen. Bei den unter 25-jährigen ging die Zahl der Betroffenen um mehr als 15 Prozent auf 526 zurück. „Hier schauen wir noch genauer hin, was die Jugendlichen können und was nicht, wir nutzen neue Arbeitsmarktinstrumente und wir kümmern uns noch intensiver und individueller um die Betroffenen. Mehr Personal macht es glücklicherweise möglich, dass der Betreuungsschlüssel heute bei 1 zu 75 liegt. Ein Fallmanager ist damit für deutlich weniger junge Menschen zuständig“, nannte Dürwald Gründe, warum die JobAgentur EN inzwischen in der Lage ist, jedem jungen Menschen ohne Wartezeit etwas anzubieten. Bewährt hat sich auch die Beratung von Schulabgängern, die nur bedingt ausbildungsfähig sind. Um sie gezielt zu unterstützen, stehen kreisweit inzwischen rund 1.000 Plätze in verschiedensten Projekten zur Verfügung.
Bei den über 50-jährigen konnte die JobAgentur EN 2009 dank der Beteiligung am Beschäftigungspakt für Ältere Zeichen setzen. Mit 344 Vermittlungen, davon 203 auf den ersten Arbeitsmarkt, war der „heimische“ Pakt auch 2009 unter den bundesweit agierenden 62 Pakten der erfolgreichste. Damit konnte der Titel aus 2008, als im Ennepe-Ruhr-Kreis insgesamt 310 Vermittlungen zu verzeichnen waren, erfolgreich verteidigt werden. „Jeder Fall ist ein Erfolg, denn es ist zukunftsweisend, wenn über 50-jährige die Chance erhalten, ihre Erfahrungen und Qualitäten an einem neuen Arbeitsplatz einzubringen“, zeigte sich Brux zufrieden.
Sorgen machen dem Landrat die wachsenden Ausgaben für Hartz IV, die der Kreis vor allem im Bereich Kosten der Unterkunft zu tragen hat. Die steigende Zahl der Bedarfgemeinschaften und ein sinkender Anteil des Bundes an diesen Ausgaben haben 2009 zu Mehrausgaben von 5,2 Millionen Euro geführt, die zum größten Anteil aus kommunalen Mitteln bezahlt werden müssen. Hier bestehe dringender Beratungs- und Handlungsbedarf zwischen Kommunen und Bund.
Ähnliches gelte für die gesetzlichen Grundlagen für die Betreuung und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen. „Wir wissen zwar bereits, dass es für uns in bewährter Form weitergehen soll und die Betroffenen von uns auch in Zukunft Dienstleistungen aus einer Hand erwarten dürfen. Rechtlich umgesetzt ist das auf Bundesebene aber noch nicht, rein formal läuft unsere derzeitige Zuständigkeit damit Ende 2010 ab. Was wir jetzt brauchen, sind zügige und verlässliche Entscheidungen darüber, wie es ab 2011 weitergeht. Dies auch im Interesse von rund 130 Mitarbeitern der JobAgentur EN, die derzeit nur über befristete Arbeitsverträge verfügen“, unterstrich der Landrat.
Klarheit müsse im Gesetzgebungsverfahren insbesondere über die Aufsichts- und Haftungsregeln zwischen Bund und Kommunen geschaffen werden. Hier gelte es für eine Gleichbehandlung von Optionskommunen und Jobcentern zu sorgen. „Liegt alles vor, können die zuständigen politischen Gremien im Kreis entscheiden, wie es mit der JobAgentur EN weitergeht. Ich sehe eine deutliche Mehrheit dafür, dass wir Langzeitarbeitslose auch weiterhin in alleiniger Zuständigkeit betreuen und vermitteln“, so Brux abschließend.
Stichwort Optionskommune/Hartz IV
Im Regelfall werden Langzeitarbeitslose durch Arbeitsgemeinschaften aus Agenturen für Arbeit und Kommunen in Jobcentern betreut und vermittelt. Davon abweichend setzt der Ennepe-Ruhr-Kreis diese Aufgabe seit 2005 wie bundesweit 68 andere Kommunen in alleiniger Zuständigkeit um. Nach derzeitiger Rechtslage wäre damit Ende 2010 Schluss. Momentan arbeitet das Ministerium für Arbeit und Soziales daher am notwendigen Gesetzgebungsverfahren für die Zeit ab 2011. Grund dafür ist auch die Vorgabe des Verfassungsgerichtes, die Jobcenter neu zu organisieren. Die rechtlichen Grundlagen dafür sollen bis Mitte 2010 geschaffen werden.
Die JobAgentur EN betreut und vermittelt die Empfänger von Arbeitslosengeld II in sechs Regionalstellen, die in jeder der neun Städte Anlaufbüros bieten. 2009 wurden 180 Millionen Euro bewegt. Den Löwenanteil machten dabei das Arbeitslosengeld II (85 Millionen Euro) und die Leistungen für Unterkunft und Heizung (60 Millionen Euro) aus. Dazu kamen 33 Millionen an Eingliederungshilfen und für Personal- und Verwaltungskosten. Die Gelder wurden für rund 26.000 Hilfebedürftige in knapp 14.000 Bedarfsgemeinschaften aufgewendet.
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