[jpg]Wir haben gelernt, die Parteien aber auch die Verwaltung mögen nicht so gerne über die letzten Jahre mit uns sprechen. Eher möchten sie ihre vollmundigen und sinnentleerten Wahlsprüche loswerden, die uns motivieren sollen am 30.08 09 an der richtigen Stelle ein Kreuz zu machen.
Im Grunde genommen ist es ihnen Wurst was wir wollen oder denken. Die BürgermeisterkandidatInnen sind da nicht anders und spielen das Wahlkampfspiel mit. Staunend hört man wie gut es uns doch geht und dass nur noch an diesem oder anderen kleinem Schräubchen gedreht werden muss, damit wir in Ennepetal das Paradies ausrufen können. Das diese paradiesischen Zustände noch nicht eingetreten sind, daran ist logischerweise der politische Gegner Schuld.
Da wir aber nicht so naiv sind, wie man uns nachsagt, stöbern wir natürlich weiter und bekommen inzwischen Informationen, die zwar allen zugänglich sind, jedoch das schön gemachte Bild der Mehrheitsparteien in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Vollmundig versichert immer wieder die CDU, Bürgermeister Eckhardt, der ja immerhin von der CDU, durch unseren guten Walter Faupel, auf das Schild gehoben wurde, aber auch der neue von der CDU, auch durch unseren guten Walter Faupel, erkorene Bürgermeisterkandidat, der parteilose Gevelsberger und unser erster Beigeordnete Wilhelm Wiggenhagen, wir haben die niedrigsten Gewerbesteuersätze im ganzen Kreis. Dies wird als absolutes Plus verkauft, was aber bei näherem Hinsehen ein dickes Minus ist. Vergessen wird dabei geflissentlich, dass die Steuern auch ein Verb steuern hat. So bedeutet es im Fall der Ennepetaler Fiskalpolitik, wir lenken Firmen auf unser Stadtgebiet um daraus Einnahmen zu generieren.Aber Einnahmen setzen auch Ausgaben voraus, weiß jeder Haushalt, ob privat oder öffentlich.
Jetzt müsste jeder sagen, toll, wir kriegen die Kohle und die anderen schauen in die Röhre. Es müsste uns doch gut gehen, sicher können wir vor Reichtum nicht richtig aus den Augen schauen. Wie dem auch sei, es ist wie beim billigen Jakob, der sich meinetwegen fehlerhafte Keramiken im Westerwald kiloweise einkauft und sie dann auf diversen Märkten teuer verkauft. Die eine oder andere Vase ist dann schon mal undicht und der Erwerber ärgert sich hinterher über Wasserringe auf dem guten Tisch im Wohnzimmer. Aber es war eben billig.
Nun lassen wir das mal alles aufdröseln, was dahinter steckt:
Die Hebesätze 2008 zur Gewerbesteuer der einzelnen Städte im EN-Kreis,
Stadt
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Hebesatz
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Stadt
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Hebesatz
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Ennepetal
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403
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Gevelsberg
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455
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Schwelm
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450
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Hattingen
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470
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Breckerfeld
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420
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Witten
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440
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Herdecke
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468
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Sprockhövel
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440
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Wetter
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450
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Quelle: Landesamt für Statistik NRW
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Oberflächlich betrachtet, muss jetzt jeder sagen, in Ennepetal hat sich die gesamte Industrie niedergelassen, die anderen kriegen sicher keine Schnitte. Weit gefehlt. Danach dürfte Hattingen, immerhin mit 470% der Spitzenreiter, keine Firma haben, hat sie aber. Dann, die Ennepetaler können vor Reichtum kaum aus den Augen gucken weil die gesamte Industrie viel mehr Gewerbesteuer durch die Menge der Ansiedlungen zahlt. Auch total daneben.
Nun muss man wissen, Gewerbesteuer ist erst ab rund Eur 25.000,– Gewinn eines Unternehmens fällig, die meisten Unternehmen, wie Einzelhändler, fallen also nicht darunter. Es betrifft also nur die mittleren und großen Unternehmen in einer Stadt, wobei teilweise Filialisten, wie Discounter, sogar über ihre Zentrale, eben eine andere Stadt, abrechnen.
Um das aber etwas weiter zu analysieren nehmen wir einmal die pro Kopf Verschuldung von Ennepetal und der beiden Nachbarstädte hinzu.
Stand der Erhebung: 2006
Schwelm Einwohner: 29.780 Schulden pro Kopf: Eur 738,55
Gevelsberg Einwohner: 32.628 Schulden pro Kopf: Eur 1.713,50
Ennepetal Einwohner: 32.034 Schulden pro Kopf: Eur 1.677,90
(Quelle: Statistisches Landesamt NRW)
Ups, wie das? Wieso sind wir fast so hoch verschuldet wie Gevelsberg? Und Schwelm nur halb soviel verschuldet?
Indem wir seit Jahren auf rund Eur 4 Millionen per Jahr durch den niedrigen Steuersatz (Hebesatz) verzichten, sind aber nicht die Aufgaben die eine Kommune hat weniger geworden. Strassen, die durch die höhere Zahl an Pendlern, oder des Güterverkehrs, schneller verschlissen werden, müssen in kürzeren Intervallen instand gesetzt werden.
Die Infrastrukturmaßnahmen im Gebiet Oelkinghausen zahlen sich auch nicht selber. Aber auch die unterschiedlichsten Ausgaben, die der Gesetzgeber einer Kommune "auf´s Auge" drückt, müssen geleistet werden, da besteht ein Rechtsanspruch.
Man kann also sagen, durch den niedrigen Steuersatz werden vermehrt Unternehmen an den Standort Ennepetal gebunden, das ist die eine Seite. Die dadurch entstehenden Kosten, wie Infrastrukturmaßnahmen, werden jedoch durch die zu zahlenden Steuern der Unternehmen nicht gedeckt. Es entsteht also ein Defizit. Und dieses Defizit wird schließlich durch unterschiedliche Maßnahmen ausgeglichen. Einmal durch die Aufnahme von Krediten, sprich Schulden, und zum anderen durch Vernachlässigung von Investitionen die für die Leistungserbringung der angesiedelten Unternehmen nicht unbedingt notwendig sind. Ein gutes Beispiel ist das Haus Ennepetal, das man gut und gerne wegen des fehlenden Erhaltungsaufwandes aber auch der fehlenden Modernisierungsinvestitionen als vernachlässigt einstufen kann. Dazu kommt durch die Schuldenaufnahme also durch Kredite, logischerweise auch Zinsen die bezahlt werden müssen, und die gehen nochmals in die Millionen. Da kommt schon eine erkleckliche Summe zusammen. Dazu kommen noch die Investitionen, die in den Innenbereichen der Stadt getätigt werden müssten um einen florierenden Handel aufzubauen und zu gewährleisten. Es sind soviel Aufgaben, die die Stadt aus Gründen der fehlenden Mittel nicht oder nur unzureichend getätigt hat. Denn 4 Millionen Euro per Jahr sind schon ein Sümmchen auf das die Stadt verzichtet.
Wenn also die Parteien, besonders die CDU, unisono sagen, wir wollen nicht die Haushaltssicherung, so möchte man sagen, die Haushaltssicherung ist das Beste was wir kriegen können. Denn offensichtlich braucht die Politik und die Verwaltung der Gemeinde Ennepetal Nachhilfe in nachhaltiger Haushaltspolitik. Haushalts- und Finanzpolitik ist halt nichts für Grobmotoriker, man sollte schon die Feinmotorik mit einsetzen können.
So schreibt das Innenministerium NRW:
"Kommunale Selbstverwaltung bedeutet Verpflichtung und Verantwortung jeder Gemeinde, den gesetzlichen Haushaltszielen und Haushaltsgrundsätzen nachzukommen. Der Gesetzgeber hat die Haushaltssicherung als Instrument vorgesehen, einen – trotz der Rechtspflicht zum Haushaltsausgleich – in Schieflage geratenen Kommunalhaushalt in eigener Verantwortung zu konsolidieren, um die Leistungsfähigkeit der Gemeinde (GV) wieder zu erlangen."
Was aber ist nun eine Haushaltssicherung? Das hört sich so bedrohlich an. Haushaltssicherung ist nichts anderes als das ein unabhängiger Dritter der Stadt Ennepetal sagt wie sie ihren Haushalt gestalten sollte und zwar auch im Bereich der Gewerbesteuer. Es kann also sein, dass der als Vorteil propagierte niedrige Gewerbesteuersatz der Stadt Ennepetal erhöht werden muss, wenn in Folge ein Haushaltssicherungskonzept erstellt werden muss.
Dieses Konzept erstellt aber die Gemeinde selber, welches sodann zur Prüfung vorgelegt werden muss, ist doch in Ordnung.
Dann wird der Regierungspräsident innerhalb eines Zeitraumes von 4 Jahre, dies ist die Regelzeit, zeigen, warum man nicht den billigen Jakob spielen sollte. Prahlhanse waren bei den Regierungspräsidenten noch nie gut gelitten.
In der Bilanz der letzten 5 Jahre scheint die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Verwaltung damit aber in einem recht diffusen Licht. Der Bringer ist es auf jeden Fall nicht.
Übrigens, die privaten Haushalte, also die Bürger Ennepetals wissen ihre Haushalte sehr gut in Ordnung zu halten, sie schneiden auf Grund der hohen Kaufkraft sehr gut ab. Offensichtlich ist da mehr Nachhaltigkeit vorhanden, aber die stehen ja nicht zur Wahl, haben aber eine Wahl.
Jürgen Gerhardt