Beiträge

Ankunft! In Deinen Augen mein Leben

 

[jpg] Die Zeit der Ruhrtriennale mit Prof. Willy Decker war und ist noch in diesem Jahr eine bunte, nachdenkliche und inspirierende Zeit. Nachdenklich aber auch, weil man sich an die vielen schönen Momente der Intendanz von Prof. Willy Decker erinnert und den Abschied etwas gemildert betrachtet. Angebote der Metropolitan Opera und des Neuen Nationaltheaters, Tokio versüßen sicher den Abschied. So wird es ein freund- und friedliches Übergehen auf die Intendanz von Prof. Heiner Goebbels geben. Deshalb lassen Sie uns doch die restlichen Tage mit dem Intendaten Decker im Ruhrgebiet geniessen.

 

Prof. Willy Decker nahm als roten Faden für seine Intendanz drei Weltreligionen als Thema. Zu Beginn 2009 das Judentum mit Aufbruch! – Suche nach dem Wort,  2010 dann den Islam mit der Wanderung!- Suche nach dem Weg und nun 2011 den Buddhismus die Ankunft! – Suche nach dem Jetzt.

In einer Zeit in der das religiöse mal wieder die Gewalt hervorbringt, befasst sich Prof. Decker mit der Religion. Nicht das spaltende war Grundlage seiner Aufführungen, vielmehr zeigte er, was für einen kulturellen Wert die Religion hervorbringt. Wie die immerwährenden Fragen der Menschheit durch die Religion im Ansatz auf eine annehmbare Weise beantwortet werden.

Es ist der Glaube der die Menschheit zusammenhält und das Sinnhafte des Handelns erkennen lässt.

 


Willy Decker                               Foto: © Linde Arndt


Ministerin Ute Schäfer Foto: © Linde Arndt
  Nicht Gewalt ist die Triebkraft des Menschen, die Liebe bringt die Kraft hervor um ihn in dem Morgen bestehen zu lassen.
So ist es auch Prof. Willy Decker gelungen Geschichte für die Ruhrtriennale zu schreiben und damit das Ruhrgebiet zur Bühne einer herausragenden Kunst hervorzuheben, findet auch die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen Ute Schäfer vor der internationalen Presse in der Jahrhunderthalle in Bochum.

Wie in den beiden vorhergehenden Jahren, so wird es auch in diesem Jahr bis zum 9.Oktober über 130 Vorstellungen mit 600 beteiligten KünstlerInnen in den Spielstätten des Ruhrgebietes geben..

  Zur Zeit haben die Vorstellungen eine Auslastung von 80%. Nur für wenige Vorstellungen sind noch Karten zu haben. Die Internetseite http://www.ruhrtriennale.de mag Ihnen ein Führer durch die Veranstaltungen sein.

Professor Willy Decker wagte etwas mit doppeltem Risiko, er führte Regie in einer Industriehalle mit einer Oper die sowieso als unspielbar eingeschätzt wird – mit der Oper „Tristan und Isolde“ von Richard Wagner. Verwundert schaute man zum Ruhrgebiet als man diese Nachricht hörte. Voller Spannung und neugierig wartete man auf die Premiere.

     
v.l.:  Anja Kampe [Isolde] /  Willy Decker [Intendant] / Ministerin Ute Schäfer / Kirill Petrenko [Dirigent]
Foto: © Linde Arndt
 

Decker, der bekennender und praktizierende Buddhist ist, sieht diese Oper als logisches Bindeglied zu dem fernöstlichen Buddhismus. Wagner, aber auch andere Künstler haben sich mit dem Buddhismus befasst, es war ihnen also nichts Fremdes. Und so beschreibt auch Wagner seiner Freundin Wesendonk seine Bedenken hinsichtlich der Oper Tristan und Isolde in Verbindung mit dem Buddhismus und der Aufführbarkeit der Oper.

Nun um es vorweg zu nehmen, es hat trotz vieler Hindernisse geklappt einen Tristan zu spielen der die Zuschauer in ihrem Innersten packt und sie auf sich selber zurück wirft.

Zur Oper wollen wir etwas später kommen.

Professor Decker hat die Premiere von Tristan in einen ganzen Köcher von Hintergrundveranstaltungen gepackt, die für sich schon alleine jeweils eigene Veranstaltungen sind.

So wurde eine Gesprächsrunde mit Prof. Decker, Regisseur Luk Perceval, Hans Günter Golinski dem Leiter des Kunstmuseums Bochum und Prof. der Religionswissenschaften Michael Brück etabliert.

„Suche nach dem Jetzt“ war das Thema in der Turbinenhalle Bochum. Es sollte eine große Besinnung und gemeinsame Verortung aller Teilnehmer für ein gewaltfreies Leben gegenüber der Umwelt und der Natur werden. Solche Gespräche gibt es meines Erachtens leider viel zu wenig.

 
Gesprächsrunde                            Foto EN-Mosaik

 


Oberbürgermeisterin
Dr. Ottilie Scholz
Foto:EN-Mosaik
  Das Kunstmuseum Bochum eröffnete mit der Bochumer Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz die Austellung „Buddhas Spur“.

Im Vorfeld konnte man die Gedanken zum Buddhismus von verschiedensten Persönlichkeiten der buddhistischen Philosophie erfahren.

Die Ausstellung selber, die so prominente Besucher wie unseren Bundestagspräsidenten Dr. Norbert Lammert vorzuweisen hatte, zeigte die heutige zeitgenössische Kunst aus Asien.

Prof. Decker betätigte sich hier zum ersten mal als Kurator. Die Exponate beschäftigten sich in der Vielzahl mit dem Inhalt des Buddhismus.

 Heitere Gelassenheit, die Anwesenheit des Nichts oder das Füllen der Leere, diese Begrifflichkeiten aus dem Buddhismus wurden in den zu sehenden Artefakten verwirklicht.

Es war ein meditierendes Gehen und Sehen der Ausstellung im Kunstmuseum Bochum. Hier der Link zu dieser wunderbaren Ausstellung, http://www.bochum.de/kunstmuseum, wo Sie auch weitere Informationen erhalten werden. Bis zum 13. November kann diese Ausstellung noch besucht werden.

   

Die Kunst der Kalligraphie mit dem Zenmeister Sasaki Gensô Rôshi war nur etwas für Kenner. Diese Kunst ist uns Europäern fremd und doch auch vertraut. Rôshi verstand es den Besuchern Einblicke in den Buddhismus über die Kalligraphie zu vermitteln. Die kalligraphischen Werke, die das Thema der Ruhrtriennale reflektierten, wurden danach in der oberen Etage dem Publikum zugänglich gemacht. „Schnee in einer Silberschale“ sind elf Kalligraphien in der der Meister seine Erfahrung mit dem Ruhrgebiet wieder gibt. Wir haben sie als pdf für Sie zur Verfügung gestellt .

Die gesamten Veranstaltungen habe ich mit den Kollegen auch wirklich als heitere und gelassene Veranstaltungen erlebt. Die Zeit verging wie im Fluge, die Worte waren wie Schwalben die ihre Botschaft trugen und die künstlerischen Werke eröffneten sich den sie ansehenden Menschen.

 

    

 
  vl: Anja Kampe (Isolde) und Christian Franz (Tristan)                    Foto: © Paul Leclaire  

Und dann kam dieser Tristan, diese Aufführung die jeden packte und an seinen Ursprung zurück führte. Vielen blieb die Luft weg in und von dieser Aufführung des Tristan.

Vorweg etwas, was Decker immer wieder betonte, die Funktion des Punktes auf dem alles sich vereinigt aber von dem auch alles ausgeht. Dieser Punkt ist ein Element der Bühne, auf welchem verdichtet wesentliche Aussagen begleitend oder auch erläuternd erscheinen. Überhaupt das Bühnenbild von Wolfgang Gussmann ist eine gelungene Reduktion des Tristan Stoffes. Gussmann und Decker passen in dieser Hinsicht vorzüglich zusammen. Gussmann hat die bestehenden Aufbauten der Industriehalle aufgenommen, die dadurch nicht störend wirken. Vielmehr fließen sie in die Abstraktion der Bühne ein. Die Bühne selber besteht aus drei nach allen Seiten beweglichen Teilen, zwei Ebenen die Räume schaffen und eine Kugel (Punkt!). Die untere Ebene ist das worauf man steht. Man steht fest oder man kommt ins trudeln, je nachdem was auf einen einwirkt. Die obere Ebene dient als Element was an äußeren Einflüssen einwirkt – sozialer Druck. Die Kugel dient der Projektion der eigenen Phantasien aber auch der Rückbesinnung. Gussmann hat mit Susana Mendoza aber auch die Kostüme gemacht. Auch hier die Reduktion auf den Inhalt des Stückes. Die Beleuchtung von Andreas Grüter schaffte mit den Videoinstallationen der "fettfilm" zusammen eine gute und stimmungsvolle unter die Haut gehende Atmosphäre.

Den schwersten Part hatten allerdings Kirill Petrenko mit den Duisburger Philharmonikern und dem Chor Werk Ruhr. Die Tristan Partitur gilt nicht nur als ambitioniert, vielmehr löst sie auch in großen Häusern öfter Irritationen aus, Irritationen; wie sollen wir den Tristan umsetzen. Gilt es doch äußerste Disziplin zu wahren, der kleinste Patzer bringt der Aufführung die schwersten Probleme. Deshalb gab es im Vorfeld auch die berechtigte Frage, warum Decker nicht den Parzival von Wagner für sein buddhistisches Jahr genommen hat. 

Nun, Decker entschied und stellte sich dieser, auch für ihn, neuen Tristan Aufgabe. Für den Tristan stimmte in dieser Halle nichts im Sinne einer Anforderun an ein  Theater. Mit Petrenko hatte er sich einen, wenn nicht gar den Partner, geholt, der dieser Aufgabe nicht nur gewachsen war. Vielmehr löste er die vorhandenen musikalischen Probleme par excellence um einer brillianten Aufführung gerecht zu werden. Die Duisburger Philharmoniker sind ein hervorragender Klangkörper, welcher in Zusammenarbeit mit Petrenko keiner manchmal bei anderen Orchestern vorhandene Selbstverliebtheit der eigenen Musik nachgeht, sodass die Sänger mit einem Wagnerstoff erdrückt werden. Sänger und Philharmoniker taten das was sie immer bei Wagner tun sollten – sich unterstützen um eine Oper wirken zu lassen.

So ging Petrenko während der Proben immer wieder mal in verschiedene Positionen der Halle um den Ton zu überprüfen. Auch die Sänger hatten Probleme die sie durch Neupositionierungen auf der Bühne lösten.

Alles in allem hat Kirill Petrenko mit den Duisburgern eine außerordentlich hervorragende und ungewöhnliche Arbeit gemacht. Er hat Wagners herausragende Tristan Oper in der Jahrhunderthalle Bochum für jeden Menschen nahe gebracht – kurz, er hat die Menschen berührt.

Nur eines sollte man nicht vergessen, die Jahrhunderthalle ist kein Opernhaus mit all seinen Möglichkeiten. Ich denke mir jedoch, dass Decker mit Petrenko den Tristan in dieser Industriehalle, mit seinen restlichen Aufbauten, den Tristan dem Publikum inhaltlich näher bringen konnte als es in einem renommierten Hause möglich gewesen wäre. Und demnächst sehen wir Kirill Petrenko ja als General Musikdirektor in München an der Staatsoper.

 
Kirill Petrenko Foto: © Linde Arndt

 

Nun zum Stück selber.

 

Die Tristan Sage ist eine alte Variation der Artus Sage. Es war Gottfried von Straßburg, der im Mittelalter immer andere Variationen dieser alten Sage in die Welt setzte. Die Tristansage selber existiert nur in Fragmenten und wurde Wagner nahe gebracht. Dieser war von dem Stoff begeistert und komponierte dann in seiner Züricher Zeit diese Oper. Er unterbrach sogar seine Arbeit am Siegfried.

Die Handlung dieser Sage ist selbst für heutige Zeiten eine ungemein spannende und packende Geschichte, Hollywood könnte solch eine Spannung nicht bringen.

 

…. er sah mir in die Augen, so sagt Isolde. Isolde wollte sich rächen und Tristan töten. Und dann dies, dieser Blick der sie nie mehr verlässt, der alles bedeutet und alles sagt aber auch alles eröffnet. Dieser eine Blick der für Beide die ganze Welt bedeutet – nicht mehr und nicht weniger. ( Dies ist der Punkt für Willy Decker) Und jetzt erst setzt die Oper Wagners ein, es hebt sich also jetzt erst der Vorhang. Im Grunde ist ja schon alles geschehen! Aber es braut sich jetzt eine Ungeheuerlichkeit sonder gleichen zusammen. Isolde wird von Tristan als Braut für seinen König geholt. Beide erkennen sich mehr oder weniger.

Isolde ist wütend und voller Zorn. Tristan den sie doch am Leben ließ erkennt sie nicht, ja, behandelt sie so ganz von oben herab? Ihre Liebe die durch seinen Blick entstand sollte keinen Bestand haben? Sie sinnt auf Rache und will diese mit einem Todestrank in die Tat umsetzen. Ihre Dienerin Brangäne soll ihr bei einem Treffen mit Tristan diesen Trank bringen. Isolde will sodann in diesem Gespräch die Sühne. Als Zeichen dieser Sühne soll er mit ihr einen Sühnetrank trinken. Brangäne bringt diesen vermeintlichen Sühnetrank der ja ein Todestrank sein soll. Beide trinken diesen Trank und meinen nun zu sterben. Nur, Brangäne hat diesen Trank durch einen Liebestrank ausgewechselt. Im nun vermeintlichen Angesicht des Todes bekennen sich die Beiden zu ihrer Liebe. Alle gesellschaftlichen Zwänge die auf Beiden lasten fallen von ihnen ab. Was bleibt ist eine Leere die mit ihrer beiden Liebe gefüllt wird. Eine Liebe die nur ein Ziel hat, eins zu werden. Diese Liebe geht über diesen einen Blick hinaus, sie schafft etwas was man das Urvertrauen nennen kann. Ängste, Eitelkeiten oder auch Stolz haben keinen Sinn mehr. Tristan und Isolde können das machen was sie zwar dachten und sich wünschten, es aber nicht konnten. Den Neubeginn, indem das Ich abfällt und nur das Sein vorhanden ist. Körper, Geist und Psyche sind in dieser Leere nicht mehr vorhanden. Den anderen und sich selber zu erfahren und mit ihm zu verschmelzen um eine ganz andere Körperlichkeit zu erreichen. Ohne Sinn und ohne Ziel nur mit der Unendlichkeit der Liebe.

Beide erwachen aus dieser Welt und finden sich in der realen Welt unsanft wieder. Es hätte nicht sein dürfen. Tristan und Isolde waren in der realen Welt doch nicht für einander bestimmt! Was haben die beiden nur getan? Das ganze Tun der Beiden ist natürlich nicht verborgen geblieben. So kommt Melot und klagt König Marke die Schuld der Beiden. Der König ist enttäuscht und entsetzt. War es doch Tristan der ihn zu dieser Heirat überredet hat. Er, der König, wollte doch nicht mehr heiraten. Tristan, der treuste der Treuen, sieht sich in einer tiefen Schuld. Sein Ausweg: Er stürzt sich in das Schwert des Melot. Isolde versucht verzweifelt Tristan nochmals zu retten – vergebens. Isolde kann nicht anders als dem Geliebten in den Tod zu folgen.

Das Wagner einer der herausragendsten Komponisten der Weltgeschichte war, darüber sollten wir keine Unterhaltung führen. Auch sollten wir uns nicht über seine weiter reichenden politischen Ansichten unterhalten. Seine Genialität in der Musikgeschichte ist es die wir uns anhören sollten. Seine Herangehensweise an solch eine Handlung wie die des Tristan wie er die Handlung befördert, wie er aber auch die Sänger fordert.


Anja Kampe                        Foto: © Linde Arndt
  Hier ist es die Ausnahmekünstlerin Anja Kampe der man diese Isolde ohne Fragen abnimmt. Ihr Zorn, ihre Liebe und das Fallen lassen, sie ist das Weib schlechthin, welches in den Sagen zu Hause ist. Sie dominiert mit klarer Stimme die Szene, es gibt hier kein Überhören.

Dagegen wirkt Christian Franz (Tristan) nicht gerade als Held. Stimmlich kann er allerdings überzeugen.

Vielleicht liegt es daran, dass Anja Kampe eine  (gottseidank) zu starke Isolde ist. Sicher hätte Wagner Anja Kampe jederzeit für seine Opern verpflichtet. Sie singt ja Wagners Frauenrollen, wie zum Beispiel die Sieglinde, mit besonderer Bravour.

Ob es nun Stephen Milling als braver und altersmüder König Marke, Claudia Mahnke als quirlige und treue Brangäne, der treue Kurwenal von Alejandro Marco-Buhrmeister und Boris Grappe als undurchsichtiger Melot ist. Alle Sänger konnten ihre Rollen überzeugend dem Publikum nahe bringen.

Einige Gedanken müssen wir noch über den Buddhismus verlieren. Einen Buddhismus als Religion gibt es nicht. Vielmehr ist der Buddhismus eine Art von Philosophie. Es gibt auch keinen Buddha, wie einige glauben machen wollen. Es gibt nur eine Buddhaeigenschaft die jeder in sich trägt. Die Lehre spricht nur von einem Kreislauf der Widergeburten aus dem es gilt auszuscheiden und ins ewige Nichts einzutauchen. Dieses Nichts ist kein Paradies, wie es die anderen Religionen „versprechen“. Vielmehr ist es ein Nichts indem die Leiden nicht mehr anwesend sind. Es ist der reine unverfälschte Geist anwesend. dem nichts anhaftet. Jetzt hat die Lehre des Buddha nur ein Problem. In dem großen Buddhaversprechen kann jemand der die Buddhaeigenschaft erreicht hat nicht ins Nichts eintauchen. Vielmehr hat er versprochen nicht eher ins Nichts einzutauchen bis er allen Wesen geholfen hat diese Buddha-Eigenschaft erreicht zu haben. Dazu gehört sicherlich eine unendliche Liebe aber auch ein genau so großes mit  Leiden. Und hier haben wir die Analogie zur Oper Tristan und Isolde. Das Werden des einzelnen der dann eine Ebene erreicht der alles anhaftende (i.S. von Normen und Regeln) zerfließen und abfallen lässt. Dieses Eintauchen, dieses Stille halten, geschieht nur im Zustand der Meditation. (Im Zen nennt man das Zazen) Es ist ein Schwebezustand der einen in eine Zeit die nicht Tag und nicht Nacht ist, hinein versetzt. Form, Funktionen und Farben sind nicht wahrnehmbar. Vollkommener Geisteszustand ist vorhanden, die Dualität der Dinge gibt es nicht mehr. So singen denn auch beide im Duett: …gib Vergessen, dass ich lebe (!) …löse von der Welt mich los..Stille. Der zweite Akt von Tristan, reines Dämmerlicht, die Protagonisten sich zugewandt, sich wie Kinder alles erklärend. Alles fließt bei den Beiden, nichts bleibt stehen.

Es ist die Abwesenheit von Leben im herkömmlichen Sinne, welches keinen Bestand haben kann. Es ist das Leben auf einen winzigen Augenblick und Punkt reduziert – ein nicht wahrnehmbarer Moment der nun ewig dauert.

 

Weitere Vorstellungen : 9., 13., 17., 20. September 2011.

 

Ich möchte noch auf die „Macbeth“ Aufführung des Regisseur Luk Perceval in der Maschinenhalle Zweckel/Gladbeck hinweisen. Auch hier ein Thema welches die buddhistische Philosophie hervorragend reflektiert. Das Shakespeare Drama in der Maschinehalle zur Aufführung zu bringen hat sicherlich einen ungemeinen Reiz. Aus zeitlichen Gründen konnten wir einer der Vorstellungen nicht persönlich folgen.

 

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Bochum

 

 

RUHRTRIENNALE 2011: WANDERUNG – SUCHE NACH DEM JETZT

[EN-Mosaik] Während der dritten Spielzeit unter der künstlerischen Leitung von Willy Decker zeigt das Festival vom 26. August bis 9. Oktober 2011  34 Produktionen mit über 130 Vorstellungen in Bochum, Duisburg, Essen, Gladbeck und Oberhausen.

So konnte EN-Mosaik 2010 bei der Welturaufführung von Hans Werner Henze´s Oper Gisela in der Maschinenhalle "Zweckel" in Gladbeck im Rahmen des Henze Projektes darüber schreiben.

Im letzten Jahr der Intendanz Willy Deckers, weiter auf der Suche nach den Urmomenten künstlerischer und religiöser Inspiration, widmet sich die Ruhrtriennale dem Buddhismus.
 

Nach der Erforschung der Kultur des Judentums und des Islams in den vergangenen zwei Spielzeiten steht 2011 ausdrücklich eine nicht-theistische religiöse Tradition im Mittelpunkt der künstlerischen Auseinandersetzung – eine Tradition, in deren Zentrum die Überwindung des Ichs als Voraussetzung für bedingungslose Mitmenschlichkeit und absolute Gewaltlosigkeit steht. So wird beispielsweise dem Königreich Bhutan, als einzigartigem Modell eines real existierenden Staatswesens, welches sich vollständig auf die Philosophie des Buddhismus bezieht, ein besonderer Raum innerhalb des Programms geschaffen.

Den Schwerpunkt aber bildet das Entdecken buddhistischer Wahrheiten in den theatralen, musikalischen und literarischen Werken unseres Abendlandes.

Neben nationalen und internationalen Gastspielen bietet die Triennale Lesungen, Symposien, Konzerte, Aktionen und Ausstellungen.

Intendant Willy Decker inszeniert die Eröffnungspremiere Tristan und Isolde, Richard Wagners Adaption der keltischen Sage, die mit radikaler Ausschließlichkeit von Liebe und Tod handelt. In Kirill Petrenko als Dirigenten hat Willy Decker einen musikalischen Partner von Weltrang gefunden. Als zweite Musiktheaterproduktion kommt die Kammeroper Hanjo des japanischen Komponisten Toshio Hosokawa in einer Neuinszenierung des spanischen Regisseurs Calixto Bieito in Koproduktion mit der Staatsoper Berlin zur Aufführung. Nach dem überragenden Erfolg ihrer Produktion Verrücktes Blut widmen sich Nurkan Erpulat und Jens Hillje mit dem Ensemble des Deutschen Theater Berlin der Dramatisierung von Franz Kafkas berühmtem Romanfragment Das Schloss. Luk Perceval inszeniert in Gladbeck Macbeth von William Shakespeare in Koproduktion mit dem Thalia Theater Hamburg.

Der Regisseur, der vor über zehn Jahren mit dem neunstündigen Shakespeare-Projekt Schlachten bei den Salzburger Festspielen Triumphe feierte, begreift die Tragödien des Elisabethaners als Auseinandersetzung mit der Relativität des Lebens.

Zudem kommt Samuel Becketts Das letzte Band in einem Gastspiel der Münchener Kammerspiele unter Regie von Jossi Wieler, mit dem großartigen André Jung als Krapp, zur Aufführung. Die geplante Neuinszenierung Don Juan kommt aus dem Krieg, die als Koproduktion mit der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin, und den Wiener Festwochen geplant war, muss aufgrund einer Erkrankung von Luc Bondy leider entfallen. Kurzfristig konnten wir eine im Herbst 2010 entstandene Arbeit Bondys als Gastspiel einladen: Eugène Ionescos Les Chaises – Die Stühle. Diese Inszenierung setzt sich auf besondere Weise mit einem zentralen Thema unserer Spielzeit, der Suche nach dem Jetzt, nach dem besonderen Augenblick in den Erinnerungen der Menschen auseinander.

Mit Buddha goes to Bayreuth bringt das Chorwerk Ruhr eine Auftragsproduktion für die Ruhrtriennale von Robert Moran zur Erstaufführung. Werbeplakat RuhrtrienaleJohn Cale setzt sich gemeinsam mit den Bochumer Symphonikern mit seinem Frühwerk auseinander. Der Pianist Francesco Tristano plant exklusiv für die Ruhrtriennale ein zweitägiges Gastspiel mit einem Programm für Soloklavier und einem Abend mit Clubmusik. Der musikalische Dialog von Künstlern und Genres zeichnet auch andere Konzerte der Ruhrtriennale besonders aus:
Das europäische Musikerkollektiv zeitkratzer trifft auf den japanischen Avantgarde-Musiker
Keiji Haino und Christina Pluhar begibt sich mit der Fado-Sängerin Mísia auf eine musikalisch- tänzerische Reise. Das englische Hilliard Ensemble arbeitet erstmals mit dem Shakuhachi-Spieler Tadashi Tajima zusammen. Die Virtuosen des Schlagquartett Köln erschaffen eine mal pochend trockene, mal glitzernd metallische Klangwelt. In ihrem ersten Gastspiel in Deutschland führt Shichiseikai, eine Gruppe japanischer Mönche, in die buddhistische Gesangstradition Schomyo ein.
Nach ihrem spektakulären Installationsprojekt The Defenders kehren William Forsythe und seine Kompanie mit der Uraufführung von Now This When Not That in die Jahrhunderthalle Bochum zurück. Bei PACT Zollverein gastieren der israelische Choreograph Emmanuel Gat mit seiner Produktion Brilliant Corners und die japanische Performancegruppe chelfitsch mit The Sonic Life of a Giant Tortoise. Studenten des California Institute of the Arts verwandeln das gesamte Gelände für vier Tage in den Spielort eines interdisziplinären Kunstfestivals.

 

Die Literaturreihe mit bekannten Schauspielerinnen und Schauspielern wie André Jung, Irene Kugler, Jörg Pohl, Martin Wuttke, Michael Prelle und Martin Schwab widmet sich zentralen buddhistischen Texten, Zen-Lyrik, Texten der Beat-Generation, der deutschen Romantik, aber auch zeitgenössischer Literatur. Durs Grünbein und Yoko Tawada lesen aus ihren eigenen Werken.

 

In einer Matinée zur Eröffnungspremiere loten Intendant und Regisseur Willy Decker, Dirigent Kirill Petrenko und Philosoph Andreas Dorschel die Spannung zwischen dem Stoff Tristan und Isolde und der Weite der Bochumer Jahrhunderthalle aus. In der Gesprächsrunde Suche nach dem Jetzt diskutieren Künstler, Wissenschaftler und spirituelle Lehrer über schöpferische Prozesse, Inspiration und Kreation. Das diesjährige ZEIT Forum Kultur widmet sich, ausgehend vom Beispiel des buddhistischen Landes Bhutan und seinem Konzept des Bruttonationalglücks, dem Thema Glücksforschung.

Im Programm der diesjährigen Filmreihe, die zum ersten Mal in Duisburg, Essen und Bochum gleichzeitig stattfindet, begegnen sich europäische und asiatische Perspektiven. Beim Kinderfest Jetzt und hier zeigen Barbara Wollrath-Kramer und Theater Total die Performance Siddhartha. Bundestagspräsident Norbert Lammert spricht mit Kindern und Jugendlichen Über das Glück, die Liebe und den Tod. Paco Gonzalez begibt sich in den Klangsprüngen III zusammen mit Kindern auf die Suche nach dem Clown in einem selbst.
Zwei Ausstellungen ergänzen in diesem Jahr das Programm: Kalligraphien des japanischen Zen-Meisters Sasaki Gensô Rôshi werden im Foyer der Jahrhunderthalle Bochum zu sehen sein. Die Ausstellung des Kunstmuseum Bochum, Buddhas Spur, zeigt Werke zu Aspekten des Buddhismus in der zeitgenössischen Kunst.

 

Feierlichen Abschluss findet die diesjährige Ruhrtriennale und damit die Intendanz Willy Deckers schließlich in der Zerstörung eines großen Sandmandalas, das zuvor von Mönchen aus Bhutan in meditativer Konzentration aus gefärbtem Sand in die Jahrhunderthalle gestreut wurde.

 

RUHRTRIENNALE 2011 VOM 26. AUGUST BIS 9. OKTOBER
Karten ab 5. Mai über die Ticket-Hotline 0700.20 02 34 56 (0,14 €/Min. aus dem
Festnetz der deutschen Telekom, Mobilfunktarife max. 0,42 €/Min.), bei über 2.000 CTS
Eventim angeschlossenen Vorverkaufsstellen in ganz Deutschland und im Internet über

 

 

Umjubelte Silvesterpremiere

[jpg] Willy Decker der weltbekannte Opernregisseur und Intendant der Ruhrtriennale feierte bei der Silvesterpremiere der Oper Traviata an der Metropolitan Opera in New York einen umjubelten Erfolg.
Die New Yorker gaben minutenlangen stehenden Applaus.

  2005 war Willy Deckers Inszenierung von Giuseppe Verdis La Traviata bei den Salzburger Festspielen der Sensationserfolg: Anna Netrebko in der Rolle der Kurtisane Violetta und Rolando Villazón als ihr Geliebter Alfredo begeisterten durch ihre intensive Darstellung. Diese Inszenierung hat inzwischen Kultcharakter.

An diesen Erfolg kann Willy Decker mit dieser Produktion nun in New York voll und ganz anknüpfen: Am 31. Dezember 2010 feierte La Traviata an der Metropolitan Opera in New York ihre umjubelte Silvesterpremiere. In der von Wolfgang Gussmann ausgestatteten Produktion singen nun Marina Poplavskaya, Matthew Polenzani und Andrzej Dobber. Sowohl Publikum als auch amerikanische Presse zeigen sich einhellig begeistert:

Willy Decker Foto:© Kirsten Neumann    

Pressestimmen:

“Traviata triumphant!” – “Traviata triumphierend!”
Poplavskaya "is perhaps the finest Violetta of our time." – Poplavskaya “ist die vielleicht beste Violetta unserer Zeit.”
New York Post

Willy Decker’s new staging is “an involving and theatrically daring production that belongs at the Met”. – Willy Deckers neue Inszenierung ist “eine mitreißende und wagemutige Produktion, die an die Met gehört”.
New York Times

"Poplavskaya gave a dauntlessly athletic, expressive, magnetic performance." – “Poplavskaya lieferte eine unerschrocken kraftvolle, ausdrucksstarke, anziehende Performance.”
Financial Times

Willy Decker’s production "demands to be seen." – Willy Deckers Produktion „muss man gesehen haben.”
Los Angeles Times

Weiter Aufführungen am am 7., 12., 15, 19., 22., 26. sowie 29. Januar 2011.

 

Professor Paul Willy Decker wurde am 17. Oktober 2007  zum neuen Intendanten der Ruhrtriennale berufen, die er als Nachfolger von Jürgen Flimm von 2009 – 2011 leiten wird. Decker hat an vielen großen internationalen Häuser, wie der Wiener Staatsoper, der Hamburgischen Staatsoper, an der Semperoper in Dresden, beim Maggio Musicale Fiorentino, am Royal Operahouse Covent Garden in London, beim Drottningholm Festival in Stockholm, an der Lyric Opera in Chicago, an den Opernhäusern in Brüssel, Amsterdam, Genf und Madrid sowie am Gran Teatre del Liceu in Barcelona, gearbeitet und ist ein international bekannter Opernregisseur. Für die Metropole Ruhr gibt er wichtige Impulse im Bereich der Oper und bedeutet ein Glücksfall für die Opernhäuser der Metropole Ruhr.

Die Ruhrtriennale wird durch die Kultur Ruhr GmbH betrieben, die evtl. die Nachfolge der Ruhr.2010 GmbH sein wird. Die Gespräche sind aber noch nicht abgeschlossen. (die Redaktion)

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal