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KULTURVOLKSFEST AM 1. MAI – AUFTAKT DER 72. RUHRFESTSPIELE

1. Mai-Demonstration zum Ruhrfestspielhaus beim Kulturvolksfest am 1. Mai
Foto: © KRUSEBILD

[Recklinghausen] Zum Auftakt der 72. Ruhrfestspiele findet am 1. Mai das traditionelle Kulturvolksfest statt. Das „Fest für alle“ mobilisiert alle Generationen. Rund um das Ruhrfestspielhaus erwartet die Besucher ein vielfältiges Programm aus Musik, Comedy und vielen Mitmach-Aktionen für Jung und Alt. Mit dabei ist auch wieder die Initiative „Kinder stark machen“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit ihrem Erlebnisland. Darüber hinaus nimmt beim diesjährigen Kulturvolksfest das Ende des Steinkohlebergbaus einen besonderen  Stellenwert ein. Ihm ist der diesjährige DGBDemonstrationszug zum Ruhrfestspielhaus unter dem Motto „Danke, Kumpel! Der Bergbau geht, der Kumpel bleibt!“ gewidmet.

Nach Eintreffen des Demonstrationszuges am Ruhrfestspielhaus findet um 11.15 Uhr die traditionelle Maikundgebung des DGB auf der BÜHNE VOR DEM RUHRFESTSPIELHAUS statt. Im Anschluss an das Grußwort von Bürgermeister Christoph Tesche hält Petra Reinbold-Knape, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der IG BCE, die diesjährige Mai-Rede. Schließlich werden die 72. Ruhrfestspiele durch den ehemaligen Gesamtbetriebsratsvorsitzenden der RAG Deutsche Steinkohle AG Norbert Maus und den Festspielleiter Frank Hoffmann offiziell eröffnet.
Im KLEINEN THEATER präsentieren die Neue Philharmonie Westfalen, das Jugendsinfonieorchester der Stadt Recklinghausen und die Jungen Vestsinfoniker ihr Konzert unter dem Titel „Was für ein Theater …!!“ mit Musik von Händel über Humperdinck bis Lennon/McCartney. Und musikalisch geht es weiter mit dem Süder Palastorchester und seinem Programm „Funk, Soul and more“ sowie Culture Pool und ihrem „RE-fugees Project“.

Im RECHTEN RANGFOYER IM RUHRFESTSPIELHAUS heißt es „Ein Blick zurück/nach vorn! Bergleute erinnern sich an den Steinkohlenbergbau im Bezirk Recklinghausen“.
Im LINKEN RANGFOYER laden junge Künstler aus dem Ruhrgebiet die kleinen Besucher zu den Gugelhupf Kinderliedern ein. Im LINKEN SEITENFOYER findet eine Ausstellung der Geschichtskreise zum Bergbau und der DGB-Treff statt.
Schaurig-schön wird es mit Rock ’n‘ Rabbit und ihrem Live-Hörspiel „Der schwarze Teufel“ im ZEPPELIN. Anschließend fragen Claudius Reimann und Katharina Bohlen in ihrer musikalischen Lesung „Ist das Jazz oder kann das aus?“.
Im THEATERZELT startet das Programm mit Swinging Brass und ihrer Mischung aus Rock-Pop und Kirchenmusik, gefolgt von der Choreographie „Meer. Leben“ der Schule für Bühnentanz Robin Lynn. Comedy-Fans kommen bei Maxi Gstettenbauers Programm „Lieber Maxi als normal“ auf ihre Kosten, während Chor Kumpane Lieder aus aller Welt und in verschiedenen Sprachen zum Besten geben. Schließlich präsentiert der Akkordeonklänge Vest Recklinghausen e. V. konzertante Akkordeonmusik.

Auf der MUSIKBÜHNE AN DER DORSTENER STRASSE treffen Newcomer-Bands aus dem Vest aufeinander, die sich in sieben Vorrunden für das Sparkassen-Clubraum-Finale qualifiziert haben: YOUTH IN RETROSPECT (Dorsten), TERMINUS (Recklinghausen), UNICORN RODEO (Recklinghausen-Süd), MOHITO ROYAL (Waltrop), TYLER LEADS (Datteln), PLAIN COOKING (Herten) und BIRDS ON PLANES (Marl). Vor der Siegerehrung heizt die Gewinnerband 2017 THE JUICY DOLLS noch einmal kräftig ein.
Auf der WIESE AM HIRSCHGEHEGE liefern Hendrik & Co aus Belgien Straßentheater voller Absurdität und die „Parada“ des Faber Theaters eine wandernde Theater- und Musikshow.

Singa Gätgens ist Moderatorin beim Kinderkanal KiKA und Botschafterin der
Mitmach-Initiative „Kinder stark machen“ Copyright „© BZgA“

Auf der MITTLEREN WIESE HINTER DEM RUHRFESTSPIELHAUS können sich die kleinen Besucher im Erlebnisland der Initiative „Kinder stark machen“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Kooperation mit der Drogenhilfe Recklinghausen und Ostvest e.V. (DROB) und dem StadtSportVerband Recklinghausen e.V. wieder auf Entdeckungstour begeben. An verschiedenen Mitmach-Stationen können Mut, Anerkennung, Teamgeist und Geschicklichkeit getestet werden. Mit dabei: Botschafterin und KiKAModeratorin
Singa Gätgens. Auf der WIESE AN DEN TENNISPLÄTZEN stellen Vereine und Initiativen an Info-Ständen ihre Arbeit, ihre Projekte und Ziele vor. Rund 20 Stände von beteiligten Gruppen sind Stationen einer Mitmach-Rallye im „Kinderrechte-Dorf“.Und ÜBERALL UND NIRGENDS tauchen schräge Typen und Akrobaten auf. Darüber hinaus sorgen auf dem gesamten Gelände Spezialitäten aus der heimischen Küche für das leibliche Wohl.

Information:

Die Vestische richtet zwischen dem Recklinghäuser Hauptbahnhof (ab 10.21 Uhr im 5-Minuten-Takt) bzw. dem Kreishaus (ab 10.30 Uhr im 15-Minuten-Takt) und dem Ruhrfestspielhaus einen Bus-Pendelverkehr ein. Darüber hinaus stehen an der Dorstener Straße und an der Ecke Cäcilienhöhe / Arenbergstraße bewachte Fahrradparkplätze
des ADFC zur Verfügung. Die Tagesgebühr beträgt 1,00 €, Fahrräder von Kindern, die mit ihren Eltern anreisen, werden kostenlos beaufsichtigt.

 

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Alle reden von Heimat, die Ruhrfestspiele auch

Dr. Frank Hoffmann (Intendant der Ruhrfestspiele) Foto: (c) Linde Arndt

[jpg] Heimat, ein Begriff der emotional Menschen in ein wohliges Gefühl versetzt, beim Anblick ihrer wohlvertrauten Gegend entwickelt sich ein gutes Gefühl. Hier bin ich geboren, hier bin ich aufgewachsen oder hier habe ich meine erste Liebe erlebt.
Heimat, kein anderer Begriff wird so verlogen benutzt um Menschen zu manipulieren.
Es werden Kriege geführt, Menschen vertrieben oder Menschen, fremd angesiedelt.
Heimat wird genutzt aber auch benutzt, sie wird besudelt, sie ist überfremdet und sie ist Kitsch und bleibt manchem immer fremd. Und, millionenfach ist der Mensch von heute auf morgen ohne Heimat und findet sich, wenn es gut geht, in einem Container wieder.
Die diesjährigen Ruhrfestspiele haben sich des Begriffs Heimat angenommen, und wie es für den scheidenden Intendanten Frank Hoffmann üblich ist, hat er die Festspielwochen ganz in diesen Begriff gestellt.

Anfangen werden die diesjährigen Ruhrfestspiele am 1. Mai mit dem Kulturvolksfest. Dieses Jahr steht dieses Fest im Zeichen des Kohlebergbaus, der durch die Schließung der letzten Zeche Prosper-Haniel in Bottrop für immer Geschichte ist.
Der Steinkohlebergbau ist damit ein Fall für das Museum geworden. Dieses mal wird der DGB zu diesem Kulturvolksfest einen Demonstrationszug des Dankes, für alle die Bergleute organisieren, die Losung: „Der Berbau geht, der Kumpel bleibt“. Denn dieser Kumpel war es der der Kultur, besonders in Hamburg, zur Seite stand. Kohle gegen Kultur.

Am 3. Mai wird es die Eröffnungspremiere mit Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt geben. Eine Koproduktion mit dem Burgtheater Wien unter der Regie von Dr. Frank Hoffmann mit Maria Happel und Burghart Klaußner in den Hauptrollen.

Es zeigt ein Stück über Menschen die für Geld und ihren eigenen Vorteil alles tun würden, selbst einen Mord. Die alte Dame, Milliardärin, besucht ihre ehemalige Heimat. Diese Heimat hat sie, als sie in Not war, vertrieben. Jetzt findet sie nur noch eine heruntergekommene Kleinstadt vor. Denn sie hat im Vorfeld mit ihrem Geld dafür gesorgt, dass die Stadt „Pleite“ wurde. Sie will Rache für das begangene damalige Leid, denn ihr damaliger Geliebter Alfred III, von dem sie ein Kind bekam, hat sie als Prostituierte aus dem Dorf gejagt.
Klar stellt sie die Bewohner vor die Wahl, einen Scheck über eine Milliarde für den Tod Alfred III. Der die Rettung für das Dorf bedeutet. Die Bewohner sind fassungslos und ignorieren dieses Ansinnen, gehen davon aus, letztendlich die Milliarden trotz allem zu bekommen.
Es klappt nicht, die alte Dame beharrt auf ihrer Forderung. Die Dorfbewohner scharen sich um Alfred III, enger und immer enger. Als der Kreis sich öffnet, liegt Alfred III tot am Boden. Der Amtsarzt und Bürgermeister stellt denn auch „Herzschlag“ und „Tod aus Freude“ fest. Die alte Dame gibt den Milliardenscheck, packt den Leichnam in einen Sarg und fährt ab nach Capri.

Fritz Eckenga Foto: © Ralf Rottmann

Ein Urgestein des Ruhrgebietes, FRITZ ECKENGA, mit seinem Programm: „NEHMEN SIE DAS BITTE PERSÖNLICH“, zeigt die ganze künstlerische Bandbreite des Festivals. Eckenga kommt eben komisch rüber, nicht komisch im klassischen Sinne, sondern wie es im Ruhrgebiet üblich, direkt und unverkrampft, bei dem der Witz schon mal im Halse stecken bleibt.

Dann ist da, ein westfälisch-türkischer Heimatabend mit den „Bullemännern Senat Duzcu und Murat Kayi“.
Beide versuchen verzweifelt zu klären wo den nun Heimat ist und stellen viele Orte fest, die Heimat sein könnten. Die Verzweiflung klärt sich auf; denn im Alten-und Pflegeheim , so meinen sie, wird sich auch die Heimat einfinden.

Wenn man über Heimat spricht, so darf der berühmteste und älteste Heimkehrer nicht fehlen – Odysseus. Er der 10 Jahre herumirrte und sich nach der Heimat sehnte, den unterschiedlichsten Prüfungen ausgesetzt und doch nie nachließ seine Heimat zu erreichen.
Der griechische Dichter Homer schuf mit seinem Epos Odyssee den Beginn der europäischen Kulturgeschichte.
Christian Brückner wird uns mit seinem warmen unverwechselbaren Timbre das Odyssee Epos in einer Lesung erfahrbar machen.

„Mein Vaterland“ eine sinfonische Dichtung von Bedrich Smetana. Der wohl bekannteste Teil dieser sinfonischen Dichtung ist die Moldau. Smetana komponierte damit eindrucksvoll quasi seine tschechische Heimat mit seiner Geschichte, Landschaft und Natur.
Die Neue Philharmonie Westfalen unter Generalmusikdirektor Rasmus Baumann wird damit den Beweis erbringen wie sich Heimat anhört.

Dr. Frank Hoffmann Foto: (c) Linde Arndt

Ja, und dann verliert am 17. Juni um 20:00 Uhr Dr. Frank Hoffmann, der Intendant der 14 Jahre die Ruhrfestspiele geprägt hat, seine Heimat oder einen Teil seiner Heimat. Ist Heimat eigentlich teilbar? Wie dem auch sei, es wird ein Abend der Rückbesinnung sein, mit Frank Hoffmann, Kollegen, Künstlern, Mitarbeitern, eben alle die ihn die Jahre begleiteten aber auch mit dem Publikum das ihm gerne folgte. Vielleicht wird es ein Abend mit sehr viel Taschentüchereinsatz werden, denn die Ankündigung: „In jedem Abschied wohnt ein Zauber inne“ verrät einen emotionalen Abschied.

„DIE PRÄSIDENTIN“,nach dem gleichnamigen Comicbuch von Francois Durpaire und Farid Boudjellal
Ich möchte diese Premiere der Uraufführung besonders herausstellen, weil die außergewöhnliche Schauspielerin Corinna Harfouch die Hauptrolle spielt.
Inhaltlich geht es um die (beinahe) französische Präsidentin Marine Le Pen die mit ihrer Partei Front National (FN) eine schreckliche Utopie uns monatelang vor Augen hielt.
Es ist ein Spiel um Macht, Abhängigkeiten und Unterwerfungen die nur für die Erlangung des höchsten nationalen Amtes gespielt wird. Die Widerwärtigkeiten, die inneren Kämpfe oder der Verlust einer menschlichen Facon verlangt eine Schauspielerin mit einer großen Bandbreite. Die persönliche Hölle leben und doch das menschliche erahnen. Corinna Harfouch ist hier die erste Wahl.

„LENZ“, von Georg Büchner Regie mit dem Théâtre National du Luxembourg, Regie Frank Feitler, Hauptrolle: Luc Feit.

Lenz ein heimatloser Wanderer zwischen der Realität und dem Wahnsinn, sucht seine eine Welt die ihm Halt gibt. Er findet sie in einer Vaterfigur, die ihn aber nach einiger Zeit abweist und an seinen eigenen Vater verweist. Diese Abweisung stürzt ihn in die Isolation, die anfängliche Schizophrenie führt ihn nun in ein sinnentleertes Leben – er resigniert.
Eindruckvoll spielt Luc Feit den Lenz, der sucht und der letztendlich im Nichts endet.

„UNENDLICHER SPASS“ Nach dem Roman von David Foster Wallace.

„Unendlicher Spass“, v.l.n.r: Jasna Fritzi Bauer, Ursina Lardi, Heiko Pinkowski, Sebastian Blomberg, Devid Striesow, Andr Foto: ©David Baltzer/ Agentur Zenit

Regie:Thorsten Lensing Es spielen: Jasna Fritzi Bauer, Sebastian Blomberg, André Jung,
Ursina Lardi,Heiko Pinkowski und Devid Striesow

Es sind tragische und komische Figuren, keine Witzfiguren, es sind Menschen die durch das Leben gehen springen ohne zu wissen. Voller Angst nichts in dieser Welt zu sein.
Es wird ein Fest der puren Komik, wie die drei Brüder das Publikum zum lachen bringen. Wenn Devid Striesow, als Football-Star Orin über postkoitale Verzweiflung redet oder Sebastian Bomberg glänzt als Konversationstherapeut und als Vogel, der nach einer Herzattacke im Whirlpool landet. Die Schauspieler können aufdrehen und manchmal meint man, sie verlieren sich in den Rollen; denn eines soll nicht rüber kommen, alle wollen kein Opfer sein, sie wollen nur dabei sein – berührend das Ganze.

Wie immer habe ich mir aus diesem Füllhorn der Aufführungen Stücke heraus gesucht die ich gerne sehen würde. Aber, wie gesagt es ist ein Füllhorn und ich müsste eine gespaltene Persönlichkeit sein, der Tag müsste mehr als 24 Stunden haben, um die Vielfältigkeit dieses Ruhrfestivals um alles zu sehen oder zu hören.
Deshalb zwei Links zum stöbern um letztendlich die Entscheidung zu treffen die etwas erbauliches, unterhaltendes oder auch komisches bereithält.

1. Die Veranstaltungen:

https://www.ruhrfestspiele.de/de/veranstaltungen/veranstaltungen.php

2. Der Festpielkalender

https://www.ruhrfestspiele.de/de/festspielkalender/festspielkalender.php?r=1

Dr. Frank Hofmann (li) und Maria Allnach, RWE (re) erläutern das Fringe-Programm 2018 Foto: (c) Linde Arndt

Aber halt, wir haben ja noch das seit 2005 bestehende Fringe Festival, welches vom
22. Mai 2018 bis 16. Juni 2018 außergewöhnliche Unterhaltung bietet.

„Einer tanzt aus der Reihe“ mit Killer und Killer

Eine Puppe erwacht zum Leben und geht auf Entdeckungsreise. Ihr Körper, die Beweglichkeit, ein Nießen führt sie in die Welt der Sprache. Mit einem Körper und der Sprache können die interessantesten Dinge entstehen, die einen zum staunen bringen.
Doch vorsichtig, es ist noch etwas dahinter hinter der tanzenden und sprechenden Person.

„LA GIGANTEA COMPAGNIE LES TROIS CLÉS“

Chile, Brasilien, Frankreich, Rumänien Figurentheater

Der Held Makou, ein Kind der Wüste, wird entführt und soll zum Kindersoldaten ausgebildet werden, er flieht. Auf der Flucht träumt er von dem Baum Gigantea, dessen Wurzeln blaues Gold spenden: Wasser.
Es ist großes Figurentheater das sich um die beiden Themen Wasser und Kindersoldaten dreht. Die Themen erinnern sofort an Themen die sehr bedrückend daherkommen müssten, trotz allem verstehen es die Spieler mit einfachsten Mitteln der Bühne und der Musik eine doch rührende Geschichte zu erzählen.

Auch hier der Link zu dem Programm:

http://www.fringefestival.de/de/download/fringe_2017_web.pdf

„Es sind vier Wochen mit Tanz, Theater, Musik und Performance, mal poetisch, mal berührend, mal hochkomisch und mal atemberaubend. Wir haben auch 2018 unsere Highlights des Off-Theaters nach Recklinghausen eingeladen, um Ihnen vier Wochen unvergessliche Stunden zu bieten“, so Dr. Hoffmann bei der Vorstellung des Programms.

Daten und Informationen:

Das Festival

85 Produktionen im IN Festival
182 Veranstaltungen im IN Festival

11 Spielstätten

Fringe Festival

26 Fringe Produktionen aus 14 verschiedenen Ländern
116 Veranstaltungen

8 Spielstätten

 

Vielleicht sehen wir uns ja im großen Haus oder im Fringe Zelt und kommen ins Gespräch über eine Heimat die örtlich nahe dem Herzen liegt.

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Recklinghausen

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Die Welt bricht zusammen, kein Halt für niemand

 

Intendant Dr. Frank Hoffmann Foto: (c) Linde Arndt

[jpg] Man muss nicht Gott sein, um zu sehen, wie die Welt verrückt spielt. Die Headlines spucken einen Aufreger nach dem anderen aus. Hier den ungewollten aber gewählten US Präsidenten, der ohne Zweifel ein Rüpel ist. Dort die Auflösungserscheinungen der EU, dem 70 jährigen Friedensprojekt schlechthin. Und da, den mit Lügen inszenierten Brexit. Kriege die von Parteien geführt werden, die nur ihre neuen Waffen ausprobieren wollen. Geltungssucht, Machtgelüste, Menschenverachtung und Auflösungserscheinungen die vielen Menschen Angst machen. Orientierungslosigkeit an allen Orten. Die Beruhigungsgesten der Eliten funktionieren nicht mehr. Ängste breiten sich überall aus. Das Chaos und die Chaoten feiern ungetrübte und feierliche Urstände.

Aktuell wie kein anderes Festspielhaus, kommen die Ruhrfestspiele Recklinghausen mit ihrer neuen 71. Spielzeit, die vom 1. Mai bis zum 18. Juni 2017 unter dem Motto „Kopfüber Weltunter“ unsere Welt künstlerisch reflektiert.

Und so wird der Intendant der Ruhrfestspiele Dr. Frank Hoffmann, wie seit 40 Jahren, mit einem Kulturfestival auf dem „Grünen Hügel“ die Festivalliebhaber*innen auf die folgenden Wochen einstimmen.

E.T.A Hoffmanns „Der Sandmann“ unter der Regie von Robert Wilson (2013 | Das Mädchen mit den Schwefelhölzern, Jahrhunderthalle Bochum) wird den Anfang, also die Eröffnungspremiere machen.

Es ist eine Weltpremiere, Robert Wilson erarbeitet auch das Bühnenbild und das Lichtkonzept und es ist eine Koproduktion mit dem Schauspielhaus Düsseldorf.

E.T.A.Hoffmann hat einen Thriller geschrieben und würde heute ohne Problem mit diesem Genre Thriller mit halten können.

Es geht um Angst und Kontrolle, Realität und Wahn, Mensch und Maschine Verhältnis. Man merkt die Anspielungen auf die heutige Zeit, in der mittels Angst die Kontrolle über Menschen hergestellt wird oder werden soll. Die Rolle des Sandmannes, der den „Kindern“ Sand in die Augen streut. Diese Handlung des „Sand in die Augen streuen“ verdirbt die Seele des Menschen, denn die Augen sind die Tore zu unserer Seele.

Sicher wird es niemandem verborgen bleiben, dass „Sand in die Augen streuen“ nichts anderes bedeutet oder heißt, wie jemanden täuschen oder belügen wollen. Also hochaktuell, wenn wir die Wege von Trump, Boris Johnson oder Marine le Pen beleuchten –  aber sie stehen nur stellvertretend für Viele.

Regisseur Wilson hat aber noch ein Sahnehäubchen für dieses Stück parat. Anna Calvi, die britische Sängerin und Songwriterin, die mit viel Emotionen und Mut, offenherzig und leidenschaftlich mit ihrem Gesang und ihrem Gitarrenspiel, welches mit selbstbewussten Gitarrenläufen überzeugt, die Dramatik dieses Stück verstärkt. Es ist ein grausiges Stück, was „Kinder“ in ihren Bann ziehen soll, dann voller Ängste sie zur Bewegungslosigkeit verdammt.

Erstaunt nimmt man zur Kenntnis, „Der Sandmann“ wurde 1816 geschrieben und stellt doch gewisse Analogien zu der heutigen Zeit fest.

 

Reiner Hoffmann und Frank Hoffmann / Screenshot Linde Arndt

Und mit Hoffmann³ lesen der Intendant Dr. Frank Hoffmann und Reiner Hoffmann (DGB Vorsitzender) E.T.A.Hoffmann „Lebensansichten des Katers Murr“. Es ist ein Roman, voller Satire und handelt von einem Kater Namens Murr und dem Kapellmeister Kreisler. Ein muss für jedes heimische Bücherregal. In diesem Roman erzählt Kater Murr, ein narzistisches und eitles „Genie“, wie man sich in autodidaktischer Weise, zu einer gewissen Größe heranbilden kann. Herauskommt jedoch nur ein Kater Murr, der fett und feist seine eigentliche narzistische Verwirklichung findet. Er ist ein typischer Spießer der sich um sein kleines Leben in einer Endlosschleife dreht und zu Beziehungen unfähig ist.

Anders Kapellmeister Kreisler, er strebt nach einer Selbstverwirklichung die ihn im musikalischen Bereich unsterblich machen soll (Was menschlich ist). Er leidet jedoch an seiner Unfähigkeit zu genialer Größe aufzusteigen, ja, er ist noch nicht einmal in der Lage Ziele zu definieren . Im Grunde ist er das Alter Ego des Kater Murr. Man kann sich schon vorstellen, dass dieser Roman, gut gelesen, bei allen Beteiligten ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert.

Ähnlichkeiten mit unseren heutigen Persönlichkeiten kann es sicher nicht geben, denn der Roman wurde 1819 und 1821 herausgegeben. E.T.A.Hoffmann kannte die heutigen Personen nicht. Oder doch?

Reden wir doch weiter über die Angst. Solange man von ihr redet, kann sie uns nichts anhaben, so sagt man. Der Schauspieler Mathias Brandt, Grimme- und Bambi Preisträger, hat sich mit dem mehrfach ausgezeichneten Pianisten Jens Thomas zusammen getan. Gruselige und nach Angst heischende Geschichten trägt Brandt vor um von Thomas musikalisch untermalt zu werden. Manchmal singen aber Brandt und Thomas zusammen, spontan, einfach so, nur zum Spaß. Beide sind inspiriert in einer konstruktiven Interaktion dem Publikum eine „schrecklich“ nette Vorstellung zu bieten. „Der Beifall toste nur so im voll besetzten Haus. Den brauchte man auch, um die Beklemmung abzuschütteln. „, so schrieb das Göttinger Tageblatt.

Berlin Alexanderplatz“ von Alfed Döblin, Regie und Bühne, Sebastian Hartmann, Deutsches Theater Berlin.

Ihnen ist die Globalisierung zuwider, die Zeiten zu schnell oder sie kommen einfach nicht mit?

Franz Biberkopf, dem Protagonist in „Berlin Alexanderplatz“, ergeht es genauso. Nach Jahren im Gefängnis kommt er in das Berlin der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts – die goldenen 20er.

Das gesellschaftliche Chaos was Biberkopf vorfindet, verunsichert ihn.  Lärm, Dreck, Verkehr, eine Vielschichtigkeit von Geräuschen und Eindrücken. Alles ist in Bewegung, nichts persönliches und keine soziale Bindung. Biberkopf möchte in der Metropole Berlin neu anfangen, anders und besser, sieht sich aber immer wieder vor einem Abgrund stehen und scheitert zwangsläufig. Er schließt sich wieder einer kriminellen Bande an, hier kennt er sich aus, hier sind die Regeln ihm bekannt. Aber auch hier muss er ein verändertes soziales Umfeld erkennen, er versucht sich dagegen zu stemmen und Orientierung zu erkennen. Er zerbricht.

Er landet in einer Irrenanstalt, wo er letztendlich geläutert wird. Biberkopf ist ein einfacher Mensch dem sein Scheitern auf der Stirn geschrieben steht, unfähig und unbelehrbar sieht der Zuschauer einen Menschen immer weiter sinken, bis von der Persönlichkeit nichts mehr übrig ist.

Hartmann inszeniert das Stück erfahrbar, indem er jedem die Frage aufgibt: Wie gestalte ich mein Leben? Hartmann hat in einem Interview gesagt: „Biberkopf steht auch beispielhaft für uns, für dich, für mich. Und steht für unsere Verzweiflung darüber, anständig sein zu wollen, in einer Ordnung leben zu wollen, es aber scheinbar nicht zu können.“

Sie merken geneigter Leser/User das diesjährige Festival dreht sich wieder einmal um uns, zeigt uns, es war alles schon mal dagewesen. Ob das nun die Angst ist, mit der wir immer wieder manipuliert werden sollen oder aber der Wandel und das quirlige Leben, was uns keinen Halt bieten will und auch nicht kann. Es liegt immer an uns, an unserem Geist, Willen, unserem Selbstvertrauen, wie und was wir einordnen wollen und können.

Maria Allnoch (RWE) und Intendant Dr. Frank Hoffmann stellen das Fringe-Programm 2017 vor Foto: (c) Linde Arndt

Das schräge Festival „Fringe“

 

Es war schon immer was besonderes über das Fringe Festival zu gehen, Eindrücke von ungeheurer Kraft, Harmonie aber auch Leichtigkeit zu erfahren. Bunt und leicht aber auch einladend geben sich die Künstler ihren Besuchern hin. Zum 13. male können wir wieder ein buntes Programm erleben.

Titi Tombe,Titi Tombe Pas“, ein Paar das schon beim großen Festival in Avignon auffiel.

Titi und Nana versuchen das Leben mittels des balancierens zu erklären. Die Welt im Gleichgewicht zu halten, ist das Ziel von Titi. Ist sie aber nicht – die Welt. Voller Liebe und Hingabe bringt Titi Tombe immer wieder die Welt ins Gleichgewicht.

Nana stolpert in die Welt von Titi und bringt alles durcheinander. Es entsteht ein wunderbares Programm über die Fragen des Lebens, viele werden beantwortet, wobei aber immer wieder neue Fragen von Nana gestellt werden, die Titi verzweifeln lassen.

Sehr große Poesie, mit viel Humor aber auch voller Spannung.

Finding Joy Vamos Theatre“, ein sehr berührendes Stück von und über ein ungleiches Paar.  Joy, 83 Jahre alt, verliert ihr Gedächtnis und findet zu ihrem viel jüngeren Enkel Danny. Danny wiederum ist ein Mensch der sich nicht richtig anpassen kann und ist darüber hinaus auch noch unstet. Danny will sich aber um Joy kümmern, die mit ihren 83 Jahren ihre Lebenslust immer noch in vollen Zügen genießt. Es ist ein wortloses Spiel von verlorener Vergangenheit und neu entdeckter Liebe zwischen zwei Menschen, die zu einem neuen gemeinsamen und erfüllten Leben finden. Man könnte meinen Demenz wäre irgendwie zwischen Gemütlichkeit und wunderbarer Welt angesiedelt, so schön ist diese Geschichte. Dieses Stück wurde 2016 mit Standing Ovation beim Edinburgh Festival bedacht. Es wird viel gelacht, geweint und am Ende gejubelt.

 

Wer sich Gefühle noch leisten kann, sich vielleicht verschämt eine Träne weg wischen kann und auch  manchmal noch lauthals loslachen kann, der sollte sich dieses Festival gönnen.

Wir haben jetzt einmal willkürlich ein paar Stück herausgenommen um ihnen, lieber User, einen gewissen Geschmack für dieses Festival zu geben.

Um ihnen aber einmal einen Überblick über die Größe dieses Festivals zu bieten führen wir nachfolgend die Daten über dieses Festival auf, welches doch in einer Reihe mit den großen und traditionellen Festivals, wie den Festivals in Avignon oder Edinburgh, steht.

In der Geschichte gab es immer die großen Umwälzungen, die mit einer Verunsicherung in den einzelnen Staaten und damit für den einzelnen Menschen einhergingen. Da gab es die Bauernaufstände, die französische Revolution, die russische Revolution, die mit unserer heutigen Zeit  vergleichbar sind. Darüber zu reflektieren und die Herausforderungen für jeden Einzelnen von uns zu erkennen, vermag dieses Festival mit seinen Spielen schon herüberzubringen.

 

Hier die nackten Zahlen des Ruhrfestivals Recklinghausen:

71. Ruhrfestspiele vom 1. Mai – 18. Juni 2017
13. Fringe Festival vom 23. Mai – 17. Juni 2017

 83 Produktionen im IN-Festival
189Veranstaltungen im IN-Festival
  10 Spielstätten

davon:

39 Produktionen zum Themenschwerpunkt
10 Uraufführungen
  1 Weltpremiere
  1 Europapremiere
  1 Deutsche Erstaufführung
  1 Deutschesprachige Erstaufführung
  5 Deutschlandpremieren
  4 Premieren der Inszenierung
18 Koproduktionen der Ruhrfestspiele
8 Kinder- und Jugendtheaterproduktionen
1 Open Air Konzert

Und die Zahlen für das Fringe Festival:

 25 Fringe Produktionen
122 Veranstaltungen
  12 Spielstätten

 

 

Infos:

 

Festspielkalender: https://www.ruhrfestspiele.de/de/festspielkalender/festspielkalender.php?r=1

Tickets: https://www.ruhrfestspiele.de/de/tickets/preise.php

Das Fringe Festival: http://www.fringefestival.de/de/download/rr_fringe_2016_web.pdf
    

 
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Recklinghausen

Die Ruhrfestspiele im 70. Jahr – eine Bilanz

Presseabschlusskonferenz Ruhrfestspiele 2016 Foto: (c) Linde Arndt

Presseabschlusskonferenz Ruhrfestspiele 2016 Foto: (c) Linde Arndt

 

[jpg] Die Ruhrfestspiele in Recklinghausen haben ihren festen Platz der großen europäischen Festspiele. Das Edinburgh international Festival, das Festival d’Avignon steht in einer Reihe mit dem Ruhrfestival Recklinghausen. Zum 70. Jubiläumjahr kamen die ehemaligen Intendanten mit eigenen Produktionen. Hansgünther Heyme, inszenierte „Am Rand“ von Sedef Ecer oder Frank Castorf inszenierte „Die Kabale der Scheinheiligen, das Leben des Herrn Molière“ von Michael Bulgakow was sehr gut ankam.

Intendant Dr.Frank Hoffmann bewies ein feines und sensibles Händchen in der Auswahl der Stücke in einem Jahr in dem das Mittelmeer (Mare Nostrum) zum namenlosen Massengrab tausender Kriegsflüchtlinge wurde. Der Wahnsinn des Krieges über ehemals friedliche Länder kam, wo Menschen mit ihrer Hände Arbeit sich und ihre Familie nicht mehr ernähren können.

„ Was ist das für ein Gott, der für sich muss kämpfen lassen?“ Ein Satz aus Nathan der Weise, ein Meisterwerk von Lessing. In der heutigen Zeit einen interkulturellen Dialog zwischen Christentum, Islam und Judentum mit Vernunft auf der Basis unserer humanen Werte zu fordern, scheint nur wie ein Märchen in der augenblicklichen Zeit. Trotzdem, Andreas Kriegenburg inszenierte mit dem Deutschen Theater Berlin ein Stück welches voller Humor und verspielt die heutigen Konflikte spiegelte.

Oder die „Unterwerfung“ von Michel Houellebecq, Regie: Karin Beier, Deutsches Schauspielhaus Hamburg. Edgar Selge las etwa 2 Stunden dieses Meisterwerk, was bei Herausgabe einen gesellschaftlichen  Aufschrei nach sich zog. Aber sind es nicht die Angstphantasien, die die westlichen Gesellschaften vielfach in Schockstarre versetzen?

Die Inszenierung von Christian Stückl (endlich wieder) mit dem Burgtheater Wien, Carlo Goldonis „Diener zweier Herren“ Ein Diener der nicht genug verdient um sich zu ernähren muss sich einen zweiten Job suchen. Na klingelts?

Dr. Frank Hoffmann inszenierte nach Calderon und Paolini „Das Leben ein Traum“.  Aktuell werden wahnhafte Wachstumsfantasien wieder gegeben, allerdings mit der vordergründig vermeintlichen progressiven Verbesserung der Gesellschaft.  Dr. Frank Hoffmann lässt die Träumenden neu erzählen indem er sie zu einem Dialog zwischen Calderon und Pasolini entführt.

Dr. Frank Hofmann, Intendant der Ruhrfestspiele Recklinghausen Foto: (c) Linde Arndt

Dr. Frank Hofmann, Intendant der Ruhrfestspiele Recklinghausen Foto: (c) Linde Arndt

Frank Hoffman hat die Ruhrfestspiele ´16 in die heutige Zeit fest und donnernd in den Boden gerammt, er hat der Kunst damit Mut gemacht, Kunst als gesellschaftliches Spiegelbild zu zeigen, manchmal codiert und manchmal ganz offen und revolutionär. Die Festivalkunst in Recklinghausen ehrt das deutsche Festival in Recklinghausen als einzigartig und kann sich stolz neben den großen Festivals in Edinburgh, Schottland oder d’Avignon, Frankreich sehen lassen. Einmal mehr zeigen die Ruhrfestspiele in Recklinghausen den Gedanken des Festspiels für alle und nicht wie in Bayreuth für eine elitäre Schicht, die der Kunst am liebsten den Atem nehmen würden.

Die Ruhrfestspiele haben aber bewiesen und beweisen es Jahr für Jahr, dass anspruchsvolle Inszenierungen, ich denke an Elfriede Jellineks „Schutzbefohlenen“ von Aischylos, ein breites Publikum erreichten. Das Schauspiel Leipzig provoziert den notwendigen gesellschaftlichen Wertediskurs, der die europäische Schande darstellt, die sich durch das vergiftete Klima in Europa im Kontext der Kriegsflüchtlingskrise zeigt.

Eines zeigt sich auch ganz deutlich durch das aktuelle und vielseitige Programm, es ist ein Hunger nach Sprache, nach dem Wort welches klar und deutlich benennt und nicht verbirgt. Das Leben kann so vieles sein. Die Ruhrfestspiele vertreiben mit roher Gewalt, und das ist gut so, dieses ewige einschläfernde Schwarz/Weiß Denken welches der Gesellschaft vorgegeben wird. Nicht einschläfernd oder gleichmachen wollen die Ruhrfestspiele sein, sondern ermunternd, ermutigend, bunt und vielfältig und manchmal laut.

Dr. Frank Hoffmann Foto:(c) Linde Arndt

Dr. Frank Hoffmann Foto:(c) Linde Arndt

„Wir hatten viele Erwachsende die mit ihren Kindern ins Theater kamen“, so Dr. Frank Hoffmann freudig. „Und noch etwas Statistik: 80.610 Besucher haben wir in diesem Jahr gezählt und damit sind wir wieder über die 80 tausender Marke gesprungen.“ Eine Auslastung von über 80% konnte Dr. Frank Hoffmann bilanzieren. Einen zufriedeneren Intendanten findet man zur Zeit in deutschen Landen wohl kaum.

Und noch etwas fiel aus dem Rahmen. Die Urauführung von Tankred Dorsts „Blau in der Wand“, ein Alterswerk; es handelt vom Zerfall des menschlichen Lebens im Alter, wobei der Tod in unsere Vorstellungen einzieht. Dem Stück wurde herzlichster Applaus zugedacht und dem, immerhin, schon über 90 Jahre alten Tankred Dorst half Intendant Dr. Frank Hoffmann auf die Bühne damit er seinen Applaus entgegennehmen konnte. Das möchte ich extra würdigen in einer Zeit wo solche Gesten unter Kosteneinsparungen gestrichen werden – bravo.

Bleibt eine Frage die uns Dr. Frank Hoffmann noch beantwortete: Warum solche Festspiele, warum reicht das ganz normale Stadttheater nicht aus? Die Festspiele geben die Impulse, die die Stadttheater benötigen um in neuen künstlerischen Räumen ihre Inszenierungen umzusetzen.

Festspiele sind nicht der Alltag oder die Einfalt, Festspiele sind die hohen Feiertage der Kultur und Kunst und zeigen die Vielfalt und Kreativität der Kultur und damit der Kunst.

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Recklinghausen

Mare Nostrum und 70 Jahre Solidarität in Recklinghausen

Vorstellung des Fringe-Programms der Ruhrfestspiele 2016 Foto: (c) Linde Arndt

Vorstellung des Fringe-Programms der Ruhrfestspiele 2016 Foto: (c) Linde Arndt

[jpg] Thema der Ruhrfestspiele 2016 „Mittelmeer – Mare Nostrum“ ist ganz bewusst gewählt worden. Das Mittelmeer ( Mare Nostrum, Unser Meer) die Wiege der europäischen Kultur,  Schnittstelle zwischen Orient und Okzident oder Weg für den Austausch von Wissenschaft. Mare Nostrum war und ist aber auch eine riesengroße Bühne der tragischen Ereignisse, wie der antike griechische Dichter  Homer in seinem Werk „Ilias“ beschrieben hat. Aber auch die aktuellen politischen Ereignisse in Syrien, Libyen oder Marokko lassen uns das „Mare Nostrum“ als ein tragisches Spannungsfeld erscheinen. Christen und Moslems haben hier immer schon um den wahren Glauben gerungen. Es lag auf der Hand, diesenRaum kulturell als auch künstlerisch auf einer Bühne zu bearbeiten.
Dr. Frank Hoffmann Festspielleiter weist auf das besondere Jahr hin; denn die Ruhrfestspiele haben 2016 ihr 70 jähriges Jubiläum. Frank Castorf, Hansgünther Heyme, als ehemalige Festspielleiter werden im Jubiläumsjahr wieder inszenieren. Das Hamburger Theater ist zu Gast, immerhin haben die Hamburger 1947 das Festival begründet. Zeit für eine kleine Bilanz der Ruhrfestspiele nach 70 Jahre.

Abenteuerlich könnte man den Beginn der Ruhrfestspiele nennen. Die Hamburger Theater, Deutschen Schauspielhäuser und Hamburgische Staatsoper, suchten im kalten Winterjahr 1946/1947 für ihre Häuser und die Bühnentechnik Brennstoffe und fuhren mit zwei LKW durch das Ruhrgebiet.

Die Kraftwerksanlagen der Zeche König Ludwig 4/5 an der A2 kamen in Sicht. Den Angehörigen der Zeche König Ludwig 4/5 wurde die Situation der Hamburger Theater erklärt. Es wurde nicht lange geredet und die beiden LKW waren voll mit Kohle. Mehrfach fuhren die Hamburger vor um sich die Kohle für ihr Theater zu holen. Bis die englische Militärpolizei die Aktion stoppte, weil keine Genehmigung der Besatzungsmacht vorlag.

Als Dank kamen 1947 einhundertfünfzig Schauspieler und führten unter dem Motto: „Kunst gegen Kohle“ im Städtischen Saalbau Recklinghausen die ersten, wenn man so will, Ruhrfestspiele durch.

Die Hamburgische Staatsoper mit dem Philharmonischen Orchester eröffnete am Abend des 28. Juni 1947 mit Mozarts Oper Figaros Hochzeit die damaligen ersten „Ruhrfestspiele“. Bis zum 2. Juli 1947 füllten die Hamburger den Kulturhunger der Recklinghäuser. Nun sollte man meinen, 70 Jahre danach wäre die Idee der Ruhrfestspiele in die Jahre gekommen und hätte sich abgenutzt, zumal die Kultur sich auf dem Rückzug befindet. Weit gefehlt. Die Ruhrfestspiele haben sich einen nicht mehr weg zu denkenden Platz bei den internationalen Festivals erobert. Die Ruhrfestspiele haben sich ihre „Jugend“ erhalten und sind als richtungsweisendes Theaterfestival international fest verankert.

Von der Programmgestaltung hatte das Festival immer einen Finger am Puls der Zeit ohne die Klassik oder die Antike zu vergessen.

So verwundert es nicht wenn mit der „Unterwerfung“ von dem Franzosen Michel Houellebecq ein brandaktuelles Stück auf die Bühne des Festpielhauses in Recklinghausen kommt. Michel Houellebecq hat mit diesem Roman einen gesellschaftlichen „Streit“ ausgelöst, der die französische Gesellschaft 2015 entsetzt aufschrien lies.

Unterwerfung / Edgar Selge Foto: (c) Janine Gulde

Unterwerfung / Edgar Selge Foto: (c) Janine Gulde

Unter der Regie von Karin Beier spielt Edgar Selge vom Deutschen SchauSpielHaus Hamburg einen Mann der im Frankreich von 2022 einen muslimischer Politiker als Staatspräsidenten entgegensieht. Die Parti socialiste (PS) geht mit den Konservativen und dem muslimischen Politiker Mohamed Ben Abbès ein Bündnis ein um den Aufstieg von Marine le Pen zu verhindern.

Es klappt, der muslimische Politiker Mohamed Ben Abbès wird französischer Staatspräsident.

François (Edgar Selge), ein Trinker und allein gelassen, denkt über das Angebot nach, an der renommierten Universität Paris III wieder zu arbeiten. Sicher er müsste zum Islam konvertieren aber er würde viel Vorteile aus dieser Machtübernahme ziehen.

Hier werden die Ängste Frankreichs (Aber nicht nur deren) vor der Islamisierung und dem Identitätsverlust durch den Untergang der christlichen Kultur thematisiert. Das Christentum als verweichlichte Religion die man um des persönlichen Vorteils zur Seite legen kann. Ist das Abendland so verkommen?

Romeo und Julia Foto: (c) Olivier Hoeix

Romeo und Julia Foto: (c) Olivier Hoeix

Romeo und Julia nach Motiven von William Shakespeare, Musik: Hector Berlioz, Choreographie: Thierry Malandain,Malandain Ballet Biarritz. Berlioz schrieb eine Musik die die Liebesbeziehung zweier Menschen, die weit über das normale hinausgeht,  bis zur Extase nachempfindet. Wobei die gesellschaftlichen Bedingungen nicht außen vor bleiben. Eine Musik als auch ein Ballett welches nicht loslässt.

 

Das sind nur zwei Stücke von 106 Produktionen die stellvertretend von unserer Redaktion für die Qualität der Ruhrfestspiele genannt werden.

Beginnen wird das Ruhrfestival am 1. Mai und endet am 19. Juni 2016.  Es werden 303 Veranstaltungen auf 18 Spielstätten zur Aufführung kommen.

 

Fringe das Off-Festival ist zum 12. Mal präsent. 4 Wochen wird um das Herzstück im Stadtpark, dem weißen Palastzelt, Musik, Tanz, Clownerie, Comedy und Akrobatik den Besucher unterhalten.

Internationale Künstler von Japan über Neuseeland bis zu den Ländern Europas werden auf diesem „Schrägen Festival“ auftreten.

Beginnen wird das Festival am 17. Mai und endet am 11.Juni 2016

Programmvorstellung der Ruhrfestspiele 2016 Foto: (c) Linde Arndt

Programmvorstellung der Ruhrfestspiele 2016 Foto: (c) Linde Arndt

Karten für die einzelnen Aufführungen erhalten sie einfach über das Internet über den Link https://www.ruhrfestspiele.de/de/tickets/bestellmoeglichkeiten.php der sie auch über die diversen Möglichkeiten informiert eine Karte zu bestellen.

Aber es geht auch anders:

Persönlich, telefonisch oder per Fax

Die Kartenstelle der Ruhrfestspiele Recklinghausen, Martinistraße 28 (am Hauptbahnhof, gegenüber Zufahrt Tiefgarage) berät und verkauft:

Tel.: (02361) 9218-0, Fax: (02361) 921818

Öffnungszeiten:

Montag – Freitag: 9.00 – 19.00 Uhr, Samstag: 10.00 – 14.00 Uhr

Karten für Rollstuhlfahrer

Rollstuhlfahrer buchen bitte ausschließlich über die Kartenstelle der Ruhrfestspiele.

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Recklinghausen

PROMINENTE GÄSTE DER ERÖFFNUNGSPREMIERE DER RUHRFESTSPIELE „ICH ICH ICH“

Frank Hoffmann, Intendant der Ruhrfestspiele Recklinghausen  Foto: (c) Linde Arndt

Frank Hoffmann, Intendant der Ruhrfestspiele Recklinghausen Foto: (c) Linde Arndt

[Recklinghausen 03.Mai.2015] Zur Eröffnung der Ruhrfestspiele 2015 unter dem Motto „Tête-à-tête. Ein dramatisches Rendezvous mit Frankreich“ am 3. Mai wurden auch in diesem Jahr zahlreiche besondere Gäste aus den Bereichen Kunst und Kultur, Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften begrüßt. Eröffnet wurden die Ruhrfestspiele mit der Komödie des französischen Dramatikers Eugène Labiche „ICH ICH ICH“ unter der Regie von Martin Kušej.
Aus dem Bereich Kunst und Kultur kamen: das künstlerische Team und das Schauspielensemble der Eröffnungsproduktion „ICH ICH ICH“, darunter Regisseur Martin Kušej sowie die Schauspielerinnen und Schauspieler Nora Buzalka, Thomas Gräßle, Markus Hering, Thomas Lettow, Oliver Nägele, Katharina Pichler, Wolfram Rupperti, Götz Schulte und Johannes Zirner, die Direktorin der Union des Théâtres de l’Europe Dr. Ruth Heynen, die Intendantin des Burgtheaters Wien Karin Bergmann, der Intendant des Theaters Dortmund Kay Voges, der Generalintendant des Musiktheaters im Revier Michael Schulz, der Geschäftsführer der Kultur Ruhr GmbH Lukaz Crepaz, der Künstler Daniel Buren, der Museumsdirektor der Kunsthalle Recklinghausen Prof. Dr. Ferdinand Ullrich sowie die Schauspielerinnen und Schauspieler Günter Lamprecht, Martin Brambach, Christine Sommer, Joachim Hermann Luger und Jürgen Mikol.
Aus dem Bereich der Politik konnten wir begrüßen: Prof. Dr. Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestages, Prof. Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien, Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Carina Gödecke, Präsidentin des Landtags NRW, Sylvia Löhrmann, Ministerin für Schule und Weiterbildung und stellv. Ministerpräsidentin des Landes NRW, Thomas Kutschaty, Justizminister des Landes NRW, Michael Groschek, Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW, Franz-Josef Lersch-Mense, Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei des Landes NRW, die Bundestagsabgeordneten Kai Gehring, Michael Groß, Philipp Mißfelder, Michelle Müntefering, Joachim Poß, Axel Schäfer, Rita Stockhofe, Oliver Wittke, die NRW-Landtagsabgeordneten Andreas Becker, Andreas Bialas, Simone Brand, Carsten Löcker, Michael Hübner, Norbert Meesters, Thomas Nückel, und Landrat Cay Süberkrüb.
Die Bezirksregierung Münster wurde vertreten durch den Regierungspräsidenten Dr. Reinhard Klenke und die Vizeregierungspräsidentin Dorothee Feller, Kulturdezernent Georg Veit sowie weitere Mitarbeiter der Bezirksregierung.
Bürgermeister Christoph Tesche und seine Stellvertreter heißen darüber hinaus zahlreiche Mitglieder des Rats und der Verwaltung der Stadt Recklinghausen willkommen.
Den DGB vertraten der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Reiner Hoffmann, die stellv. Vorsitzende Elke Hannack, Stefan Körzell, Aufsichtsratsvorsitzender der Ruhrfestspiele und Mitglied des geschäftsführenden DGB Bundesvorstandes sowie Andreas Meyer-Lauber, Bezirksvorsitzender des DGB NRW. Darüber hinaus werden Vertreter der DGB-Einzelgewerkschaften erwartet, darunter Egbert Biermann und Katja Marx, Mitglieder des IG BCE Hauptvorstandes, der stellv. IG BAU-Bundesvorsitzende Dietmar Schäfers und Willi Dzielak, Mitglied des Bundesvorstandes IG BAU, Vor-standsmitglieder der IG Metall sowie weitere Vertreter der Einzelgewerkschaften.
Die Regionaldirektorin des Regionalverbandes Ruhr Karola Geiß-Netthöfel und die Vorsitzende der RAG-Stiftung Bärbel Bergerhoff-Wodopia waren ebenso anwesend  wie Vertreter der Gremien der Kunststiftung NRW, der Hans-Böckler-Stiftung, der Otto-Brenner-Stiftung und der RAG-Stiftung.
Aus dem Kreis der Wirtschaft sowie Spendern und Sponsoren waren anwesend:
Dr. Klaus Engel, Vorstandsvorsitzender Evonik Industries AG (Hauptsponsor der Ruhr-festspiele), Bernd Tönjes, Vorstandsvorsitzender der RAG Aktiengesellschaft, Dr. Jürgen-Johann Rupp, Vorstand Finanzen der RAG Aktiengesellschaft, Dr. Arndt Neuhaus, Vorstandsvorsitzender der RWE Deutschland AG, Dr. Michael Schulte, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Vest, Ulrich Weber, Personalvorstand der Deutschen Bahn AG sowie weitere Vertreter der Sponsoren Evonik, RAG, VW, RWE, Sparkasse und Medienhaus Bauer.

Ruhrfestspiele Recklinghausen

Die 1946/1947 gegründeten Ruhrfestspiele Recklinghausen sind das älteste und zugleich eines der größten und renommiertesten Theaterfestivals Europas. Vom 1. Mai bis Mitte Juni verbinden sich alljährlich Inszenierungen namhafter Regisseure, Darbietungen preisgekrönter Schauspielgrößen sowie Aufführungen junger Talente der Theaterszene zu einem runden Gesamtkonzept. Seit 2005 leitet Intendant Frank Hoffmann die Ruhrfestspiele.
Mit freundlicher Unterstützung von Evonik Industries AG – Hauptsponsor der Ruhrfestspiele.

 

Der Krieg war uns schmerzhafte Lehre um heute den Frieden zu schätzen

Foto: Linde Arndt

vlnr. Petra Herrmann (Öffentlichkeitsrabeit), Alois Banneyer (Theaterpädagoge),Bernd Dreisbusch (Geschäftsführer Verdi), Jörg Schürmann (Vorstand Christlich-Jüdischen Gesellschaft)
(c) Linde Arndt

[jpg] 70 Jahre Frieden in Europa. Nein, Jugoslawien hat uns eines anderen belehrt, wie zerbrechlich der Frieden sein kann. Jahrelange friedliche Nachbarschaften führten von einem Tag auf den anderen wieder in die Barbarei. Wir sind so vergesslich. Und heute? In Europa stehen wir wieder vor einem Krieg, es kriselt wieder. Wieder sind Millionen Flüchtlinge unterwegs um dem Furor des Krieges zu entgehen. Schwache, Kranke oder Kinder müssen zurück bleiben, weil sie körperlich einer Flucht nicht gewachsen sind. Gegenseitige Schuldzuweisungen führen die Kriegshandlungen, den Mord, für jede Partei zu entschuldbaren Wahrheiten. Wahrheit oder Lüge, werden zu einem Begriff und beliebig. So wurden immer Kriege geführt, nicht für einen höheren Wert oder einen nachvollziehbaren Wert überhaupt, nur für die Macht und des persönlichen Vorteils willen.
Vor 70 Jahre am 8 Mai 1945 trat die bedingungslose Kapitulation aller deutschen Truppen in Kraft. Der zweite Weltkrieg war vorbei. Nachdem alles vorbei war, stellte man eine ungeheure Opferzahl in Europa fest. Polen 6 Millionen, Sowjetunion 27 Millionen, Ungarn 950 Tausend, Jugoslawien 1,7 Millionen, es gab keine Familie in Osteuropa die nicht mindestens einen Toten zu beklagen hatte. Viele der Osteuropäischen Länder lagen in Schutt und Asche, die deutschen hatten ganze Arbeit geleistet. Und Deutschland? Deutschland als Aggressor hatte 6,4 Millionen Tote zu beklagen, wobei in Deutschland kein Stein über dem anderen lag. Hunger, Not und Elend wurden noch Jahre später registriert. Bundespräsident Richard von Weizsäcker sprach 1985 in einer Rede vor dem deutschen Bundestag von der Befreiung vom Nationalsozialismus. Bis heute weiß niemand wie aus einem deutschen Volk ein verbrecherisches Regime entstehen konnte. Man weiß durch die Untersuchungen, welche Mechanismen angewendet wurden. Diese gab es aber schon immer ohne das dies zu solch einem Ergebnis führte.
Nun hat man in der Vergangenheit diesen 8 Mai als Erinnerungs- und Mahntag verstanden, hat an die Untaten oder die Taten der einzelnen Völker erinnert. An das „Nichtvergessen“ wurde appeliert und der Zeigefinger ging nach oben, so als wenn man eine heraufziehende Gefahr verhindern könnte. Wir haben aber vergessen die Zukunft für den Frieden zu sichern. Wir haben vergessen mit allen über die gemeinsame Zukunft zu reden, um sie dann auch zu gestalten.

Am 8. Mai 2015 um 12:00 Uhr

wird es eine andere Gestaltung dieses Tages vor dem Recklinghausener Festspielhauses im Festzelt geben.
An diesem Tage gedenken wir der Freiheit, die wir unter dem Naziregime nicht hatten.
Gemeinsam mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Recklinghausen e.V., dem Jugendsinfonieorchester Recklinghausen, dem ver.di-Bezirk Emscher-Lippe-Nord sowie den Kabarettisten Fritz Eckenga und René Steinberg wollen wir die Demokratie und die Freiheit feiern.
Freiheit und Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, es gilt sie immer wieder bewusst zu erarbeiten. Unterschiedliche gesellschaftliche Strömungen fordern immer wieder unser handeln heraus, indem wir uns evtl. von dem Ziel der Freiheit entfernen.
Die Kabarettisten Fritz Eckenga und René Steinberg werden sich an diesem Tage mit eben diesen Herausforderungen der Gegenwart auseinandersetzen und die Besucher mit ihren Erkenntnissen konfrontieren – nicht ohne Augenzwinkern. Die Poetin Lütfiye Güzel macht Ihren Standpunkt in Gedichten deutlich.
Die Gruppe JaSsO – junge Musikerinnen und Musiker des Jugendsinfonieorchesters – werden unter Leitung von Peter Nickel Musik von Glenn Miller spielen; Musik die man nicht immer in Deutschland hören durfte. Jazz und Swing waren während des NS-Regimes durch Repressalien wie Rundfunk- und Tanzverbote geächtet.
Weitere Schülerinnen und Schüler aus dem Vest tragen musikalisch und mit Wortbeiträgen zum Programm bei, sie werden die Zusammenhänge zwischen den beiden Weltkriegen herstellen.
Aus Wuppertal beteiligt sich die Projektgruppe „Dialog macht Schule“ ( Das Projekt schafft Möglichkeiten, trotz unterschiedlicher Kulturen, Religionen und individueller Lebensläufe an einem Ort Gespräche zu führen) .
In dieser Veranstaltung mit SchülerInnen, LehrerInnen, GewerkschafterInnen und Künstlern herrscht Gedankenfreiheit! Interessierte sind herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei.
Um Anmeldung wird gebeten.

RUHRFESTSPIELHAUS – THEATERZELT 12:00 Uhr
Otto-Burrmeister-Allee 1, 45657 Recklinghausen / Tel.: +49 (0) 23 61 / 9218-0

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Recklinghausen

„TÊTE-À-TÊTE. EIN DRAMATISCHES RENDEZVOUS MIT FRANKREICH“

v.l.: Ute Lemper, Dr. Frank Hoffmann, Markus Langer [Evonik]  Foto: Linde Arndt

v.l.: Ute Lemper, Dr. Frank Hoffmann, Markus Langer [Evonik] Foto: Linde Arndt


[jpg] Der 7. Januar 2015 in Paris hat uns allen bewusst gemacht, wie zerbrechlich wir sein können. Frankreich war uns an diesen Tagen so nahe und unsere Trauer um die Opfer so groß. Tatsächlich hat uns dieser Anschlag bis ins Mark getroffen; denn unsere Werte, wie die Presse- und Meinungsfreiheit, versuchten diese Verbrecher umzubringen. Eindrucksvoll gingen 4 Millionen Franzosen und weitere Menschen in ganz Europa auf die Straße um zu zeigen, wir lassen uns nicht unterkriegen.

!4 Tage später saß unsere Redaktion im Festspielhaus in Recklinghausen. Wie wunderbar fügte sich das diesjährige Programm der Ruhrfestspiele 2015 in die dramatischen Geschehnisse des 7. Januar 2015. Es ist die Aufklärung von Jean-Jacques Rousseau, Voltaire, John Locke, George Berkeley, David Hume oder des deutschen Immanuel Kant, die unsere heutigen Werte begründen. Ganz in diesem Sinne stellt sich auch die französische Kultur dar – epochal. So können wir die damalige Zeitenwende mit dem diesjährigen Programm erfahrbar machen.

Unter dem Motto „Tête-à-tête. Ein dramatisches Rendezvous mit Frankreich“ blicken die Ruhrfestspiele vom 1. Mai bis 14. Juni 2015 auf die Literatur und Dramatik Frankreichs. Durch die tragischen Ereignisse in Paris erhielt das diesjährige Festspielthema unerwartet eine neue Bedeutung. Gegensätze und Gemeinsamkeiten erscheinen plötzlich in anderem Licht. Dies lässt auch die Spielzeit 2015 nicht unberührt.

Ute Lemper  Foto: Linde Arndt

Ute Lemper Foto: Linde Arndt

Im Fokus des Programms stehen neben Klassikern wie Molière, Eugène Labiche, Gustave Flaubert und Émile Zola auch zeitgenössische Autoren à la Bernard-Marie Koltès, Yasmina Reza, Joël Pommerat, Olivier Py, Fabrice Melquiot und Florian Zeller. Renommierte Theater aus Frankreich wie das Théâtre de la Manufacture aus Nancy und das Festival d´Avignon sind in diesem Jahr bei den Ruhrfestspielen zu erleben. Und wer könnte die Theaterkunst Frankreichs auf der Bühne besser verkörpern als hochkarätige französische Schauspielgrößen wie Juliette Binoche, Michel Piccoli, Hervé Pierre und André Marcon? Darüber hinaus sind gefeierte internationale wie nationale Schauspielerinnen und Schauspieler wie Jane Birkin, Isabella Rossellini, Ute Lemper, Nina Hoss, Corinna Harfouch und Wolfram Koch auf der Ruhrfestspielbühne zu erleben. Auch die sehr prominent besetzte Lesereihe widmet sich fast ausschließlich dem Frankreich-Schwerpunkt.

Die Vestlandhalle wird 2015 zur Kulisse einer beeindruckenden Performance: „François & Claire“ lautet der Titel der unkonformistischen Kreation des renommierten französischen Künstlers und Regisseurs Jean Michel Bruyère, die bei den Ruhrfestspielen ihre Weltpremiere feiert. Darüber hinaus zeigt sich die Glasfassade des Ruhrfestspielhauses während der Festspielzeit in neuem Gewand – durch die schöpferische Hand des französischen Malers und Bildhauers Daniel Buren.

Spannende Uraufführungen von zeitgenössischen Autoren wie Albert Ostermaier, Christoph Nußbaumeder, Armin Petras und Dirk Laucke bereichern den Spielplan ebenso wie internationale Theater-, Tanz-, Musik- und Artistik-Produktionen, ob aus England oder Luxemburg, aus Tschechien oder Russland.

Das Fringeprogramm wird vorgestellt v.l.: Maria Allnoch [], Dr. Frank Hoffmann  Foto: Linde Arndt

Das Fringeprogramm wird vorgestellt
v.l.: Maria Allnoch [Regionalleiterin RWE], Dr. Frank Hoffmann Foto: Linde Arndt

Das diesjährige FRiNGE Festival entführt die Besucher vom 12. Mai bis 6. Juni 2015 in eine Welt jenseits des Alltäglichen. Schräg, schrill, rasant und experimentierfreudig geht es dabei zu, wenn 25 Ensembles aus 11 Ländern ihre innovative Kunst präsentieren, die von Pantomime und Figurentheater über Artistik und Clownerie bis hin zu Percussion und Jazz reicht.

„Was immer auch kommt“, das Festivalfinale feiern die Ruhrfestspiele gemeinsam mit ihrem Publikum beim traditionellen Abschlusskonzert. Diesmal zur mitreißenden Musik des Swing- und Jazzsängers Roger Cicero. Wer die ganze Nacht durchfeiert, darf sich am darauffolgenden Morgen auf ein weiteres Konzert-Highlight freuen: Dominique Horwitz singt Jacques Brel, begleitet von der Neuen Philharmonie Westfalen – unter freiem Himmel im Stadtgarten.

2015 präsentieren die Ruhrfestspiele so viele Produktionen wie noch nie: 110 Projekte in 317 Aufführungen und 17 Spielstätten.

Tickets:

Kartenstelle der Ruhrfestspiele, Martinistr. 28, 45657 Recklinghausen
Tel: 0 23 61 / 92 18 0, E-Mail: kartenstelle@ruhrfestspiele.de 
Weitere Infos unter www.ruhrfestspiele.de.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Recklinghausen

Ruhrfestspiele – INTENDANZ VON FRANK HOFFMANN UM WEITERE DREI JAHRE VERLÄNGERT

Ruhr-FSPDGB-BUNDESVORSTANDSMITGLIED STEFAN KÖRZELL UND BÜRGERMEISTER DER STADT RECKLINGHAUSEN CHRISTOPH TESCHE SIND NEUE VORSITZENDE IM AUFSICHTSRAT DER RUHRFESTSPIELE //
INTENDANZ VON FRANK HOFFMANN UM WEITERE DREI JAHRE VERLÄNGERT

[Recklinghausen] Im Rahmen der Aufsichtsratssitzung der Ruhrfestspiele am 12. Dezember 2014 wurden gleich zwei neue Aufsichtsratsmitglieder gewählt, die jeweils im Turnus von drei Jahren den Vorsitz übernehmen: Stefan Körzell, Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes, und Christoph Tesche, Bürgermeister der Stadt Recklinghausen (CDU) werden die Nachfolge von Claus Matecki, ehemaliges Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes, und Wolfgang Pantförder, ehemaliger Bürgermeister der Stadt Recklinghausen (CDU) antreten. Stefan Körzell wurde in der Sitzung zum neuen Vorsitzenden des Aufsichtsrates gewählt. Traditionsgemäß wechseln sich die beiden Gesellschafter der Ruhrfestspiele, der DGB und die Stadt Recklinghausen, mit dem Vorsitz ab.
Beauftragte des Aufsichtsrates sind Genia Nölle, Beigeordnete des Dezernat III für die Stadt Recklinghausen und Gottfried Feichtinger, Geschäftsführer der Vermögens-verwaltungs- und Treuhand-Gesellschaft des DGB mbH.

Dr. Frank Hoffmann  Foto: Linde Arndt

Dr. Frank Hoffmann Foto: Linde Arndt

Im Rahmen der Sitzung beschloss der Aufsichtsrat einstimmig, den Vertrag des Festspielleiters Frank Hoffmann bis einschließlich der Festspielzeit 2018 zu verlängern. Auf Grund der erfolgreichen künstlerischen Arbeit der vergangenen Jahre sprach der Aufsichtsrat dem Intendanten geschlossen sein Vertrauen aus. Frank Hoffmann ist seit 2005 Festspielleiter der Ruhrfestspiele. Seine Intendanz wurde 2011 bereits zum dritten Mal verlängert.
Im Anschluss berichtete Festspielleiter Dr. Frank Hoffmann über die Spielzeit 2014 unter dem Motto „INSELREICHE. Land in Sicht – Entdeckungen“. Mit mehr als 83.000 Besuchern wurde in der Festspielsaison 2014 das zweitbeste Ergebnis der Ruhrfestspielgeschichte erreicht. Der Aufsichtsrat dankte Dr. Frank Hoffmann und seinem Team für das überzeugende künstlerische Konzept.

Der vorgelegte Geschäftsbericht der Geschäftsführung wurde mit ausführlichen Statistiken zu den Kartenverkaufs- und Besucherzahlen der Festspielzeit 2014 ergänzt. Frank Hoffmann stellte den Aufsichtsratsmitgliedern im Anschluss seine konzeptionellen Überlegungen für die Spielzeit 2015 vor. Das Festspielprogramm wird am 21. Januar 2015 im Rahmen einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit präsentiert.
Verwaltungsdirektor und stellvertretender Geschäftsführer Jürgen Fiedler legte für die bevorstehende Festspielsaison 2015 einen ausgeglichenen Wirtschaftsplan vor. Geplant ist ein Haushaltsvolumen von 6.746.780 €, das damit um 180.080 € über dem Niveau des Vorjahres liegt. Der Wirtschaftsplan wurde vom Aufsichtsrat einstimmig verabschiedet.

Der Beginn der Moderne ist da wo unsere Gegenwart beginnt

 
 v.l.: Festspielleiter Dr. Frank Hoffmann / Ulrich Khuon / Oliver Reese / Markus Langer / Martin Kušej                 Foto:   © Linde Arndt
 

[jpg] Es ist wieder soweit. Die Ruhrfestspiele sind am Horizont zu sehen. Dieses Jahr werden die Festspiele vom 1. Mai bis 16. Juni 2013 stattfinden. Im Schlepptau wird wieder das „schräge Festival“ Fringe vom 21. Mai bis 8. Juni seine Zelte den Besuchern in der Innenstadt und am Festspielhaus öffnen. Seien sie wieder wie immer, nämlich, neugierig auf das was für uns gespielt wird. Hatte man in 2012 noch den Fokus auf das Thema: "Im Osten was Neues – Von den fernen Tagen des russischen Theaters in die Zukunft" gelegt, steht diesmal alles im Fokus des Themas „Aufbruch und Utopie.“

Es geht um die „Moderne“ die 1880/1890 bis 1933 einen ungeheueren Schub für die internationale Kultur brachte und damit auch für Deutschland. Wobei Deutschland eines der größten Zentren in der Kulturentwicklung war. Deutschland das große Land der Dichter und Denker, dieses Land welches immer weltbewegende kulturelle Impulse gab. Der Beginn wird in etwa an dem Dramatiker Gerhart Hauptmann festgemacht, Ibsen aber auch Fallada waren weitere Stationen und das Ende dieser Zeit markiert Ödön von Horváth in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts – deutschschreibende Künstler waren die Avantgarde. Es war aber auch die Zeit der aufkommenden Sozialkritik, der großen industriellen Entwicklungen und des wissenschaftlichen Sozialismus eines Karl Marx. Was aber die Festspielleitung geschickt in das Zentrum der Festspiele einbindet ist die neue Rolle der Frau in der Gesellschaft in der damaligen Zeit. Es waren Zeiten der Eitelkeiten, des Glamours neben Zeiten großer sozialer Spannungen. Das utopische war sowohl aufbauend als auch zerstörerisch. Danach fiel Deutschland zurück in die tiefste Barbarei der Nazizeit.

Der rote Faden der diesjährigen Festspiele ist der Aufbruch und die Utopie. Sie sind Teil einer Allgemeinbetrachtung, indem das Theater die damaligen Probleme aufgreift und sie in seinen Werken  umsetzt. Wo wir diese Zeit verherrlichen, öffnen uns die Dramatiker die Augen und führen uns die von uns geschaffene Welt vor.

Und so ist das Credo vieler Stücke: Wolltet ihr diese Welt? Und diese damalige  Welt könnte eine Blaupause der heutigen Welt sein. Äußerlichkeiten und Marginalien haben sich verändert, inhaltlich scheinen wir stehen geblieben zu sein.

Zu den Frauen in diesem diesjährigen Festival. Die Produktionen zeigen starke Frauen in den Stücken, die auch von starken Schauspielerinnen wie, Nina Hoss und Birgit Minichmayr, Sibylle Canonica, Cornelia Froboes, Jacqueline Macaulay, Angela Winkler oder Hannelore Hoger und Miriam Goldschmidt –  um nur einige zu nennen –  gespielt werden. Kennenlernen durften wir Maria Milisavljevic, die mit einer Uraufführung in der neuen Halle König Ludwig 1/2 ihres Stückes „Brandung“ sicherlich glänzen wird.

 
Plakat Brandung       Foto:  © Linde Arndt

Zum Festival und einzelnen Stücken.

Wir sprechen von starken Frauen, stark in vielerlei Hinsicht.

Da ist Ibsens „Hedda Gabler“ mit Nina Hoss und dem deutschen Theater Berlin.
Hedda eine Frau die einen hilflosen, unselbstständigen und durchschnittlichen Mann heiratet der ihr nichts bedeutet. Hedda eine stolze Frau fügt sich bis das Gegenteil von ihrem Mann in ihrer beider Leben eintritt. Es kommt wie es kommen muss, Lügen werden gewandelt, Verdrängtes bricht auf und Hedda will in diesem für sie wertlosen Leben nicht mehr sein.

Gerhart Hauptmann „Rose Bernd“ soll heiraten nur sie liebt einen anderen, nämlich den Mann ihrer Ziehmutter. Die junge Frau wird bei diesem Verhältnis erwischt und darauf erpresst. Sie erstickt an den nun folgenden Verhältnissen und zieht sich in den Wahnsinn zurück. Hauptmann interpretiert Sigmund Freud, den Begründer der modernen Psychologie.

„Geschichten aus dem Wiener Wald“ von  Ödön von Horváth hier eine Frau an der sämtliche Träume schon zerschellt sind. Desillusioniert schaut man auf ein Leben welches noch gelebt werden müsste aber nicht mehr gelebt wird.  Ödön von Horváth zeichnete die Akteure dieses Stückes in einem sozialen Umfeld, welches Menschen nur auf das Funktionieren reduziert. Dieses Stück macht auch in unserer Zeit nachdenklich.

Karl Schönherr „Der Weibsteufel“ , „Der Mann – sein Weib – ein junger Grenzgänger. Schauplatz: Die Stube“ Es geht um Geld, Macht und Sex, eine Frau die die Männer in ihrem Sinne manipuliert.
Männerrituale werden aufgebrochen und gegen Männer verwendet, die in ihrer Rückständigkeit in irgendeiner Vorzeit stehen geblieben sind.

Und das wollten sie sicher immer schon wissen. Carl Sternheim „Die Hose/Bürger Schippel“
Der typische deutsche Untertan der in der Öffentlichkeit ein sozial mitfühlender Mitbürger und hinter seiner Wohnungstür jedoch brutal und rücksichtslos ist. Nach unten treten nach oben bücken, so arbeitet sich Schippel zur Macht. Es ist das Monster welches die Nazis an die Macht gebracht  und den Rückhalt geboten hat. Ein Kind des Faschismus.

Sophie Rois liest im kleinen Haus aus „Die Geschichten von der 1002. Nacht“ von Joseph Roth.
Rois ist geradezu prädestiniert für diese Lesung. Das Freudenmädchen Mizzi wird durch einen Schah zu einer reichen Frau und die Welt verliert ihre Realität. Alles ist arabesk und verspielt, die Wirklichkeit hat einen Sprung bekommen.

Zwischendurch möchte ich noch eine Neuerung und zukünftige Umorganisation mitteilen, wir haben ja jetzt immerhin die 67. Ruhrfestspiele. In Zukunft wird es in der Halle König Ludwig 1/2 der  ehemaligen Lehrwerkstatt  an der Alten Grenzstrasse, die hergerichtet wurde während der Festspielzeit, alle Uraufführungen geben. Und leider wird der alte Saalbau, mit der die Ruhrfestspiele begonnen haben, abgerissen – schade.

  Und in dieser Halle König Ludwig 1 – 2 wird es mehrere spannende Uraufführungen geben, eben das oben beschriebene Stück „Brandung“ von  Maria Milisavljevic.

Hannelore Hoger wird im Theater Marl von Yasmina Reza ein weltweit viel beachtetes Stück „Ihre Version des Spiels“ mit dem St. Pauli Theater zur Aufführung bringen.

Und in der Vestlandhalle wird  von Franz Xaver Ott „Ein Dorf im Widerstand“ gespielt.
Das kleine Dörfchen Mössingen hatte als einzige Stadt in Deutschland dem nationalsozialistischen Regime mit einem Generalstreik Widerstand entgegen gesetzt.

Um es einmal klar zu sagen: Mit 100 Produktion und 318 Aufführungen in 16 Spielstätten haben die Ruhrfestspiele wieder die Redaktionen an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit getrieben. Nach Durchsicht aller Pressematerialien haben wir, wie alle anderen Redaktionen, ein Riesenproblem: Es gibt keine Aufführung die wir ablehnen wollten oder nicht empfehlen würden. Redakteure haben eine natürliche Neugier und diese Neugier würde uns in alle Aufführungen treiben um der Welt mitzuteilen welches faszinierendes Stück man gesehen hat. Es sind Stücke von denen man nur gehört hat; SchauspielerInnen deren Spiel man mit Freude mit erleben würde. Nur jeder Tag hat 24 Stunden und Artikel müssen auch geschrieben werden – nicht nur Festspielartikel.

Um unseren Lesern jedoch die Qual der Wahl zu lassen, haben wir das Festivalheft mit
de
m Ruhrfestival 2013: http://www.ruhrfestspiele.de/publikationen/downloads/rr_2013_web.pdf verlinkt.

Noch etwas. Die Koproduktion „Danses Nocturnes“ mit Charlotte Rambling und der US amerikanischen Cellistin Sonia Wieder-Atherton muss aus terminlichen Gründen entfallen. Stattdessen  wird „LE NAVIRE NIGHT/DAS NACHTSCHIFF von Marguerite Duras mit Fanny Ardant und der  US amerikanischen Cellistin Sonia Wieder-Atherton gezeigt.
Auch hier muss man sagen ein unnachahmlich sinnliches und intimes Stück, ein Dialog einer Stimme mit einem Cello, wurde von den beiden Damen konzipiert.

 
Die Macher des Fringe-Festival v.l. Sebastian Ackermann, Dr. Frank Hoffmann, Meinhard Zanger                      Foto:  ©  Linde Arndt
 

Aber es gibt ja noch ein zweites Festival, nämlich das 9. Fringe Festival

Hier vorab: Es sind  25 Produktionen aus 11 verschiedenen Ländern in 135 Aufführungen in 5 Spielstätten.

Dieses Festival hat sich gemausert. Neben Edinburgh und d’Avignon als ältere Off-Festivals hat sich  das Fringe Festival in Reklinghausen nunmehr etabliert. 200 Bewerbungen aus 32 Ländern standen zur Auswahl und haben der Jury Kopfzerbrechen gemacht.
Heraus gekommen sind liebevolle, fantasievolle oder auch fantastische Teilnehmer der freien Theaterszene die ihres gleichen suchen.

Da erzählt die National Peking – Opera Company Alexander Puschkins Erzählung vom „Fischer und seinem Fischlein“, eben eine Adaption des Grimmschen Märchens vom“Fischer und seiner Frau“.
Ein Stück für Kinder und junggebliebene Erwachsene.

Oder „Die Schneiderin Gardi Hutter“ eine schweizer Clownin die auf und absteigt und dadurch in den Fäden des Lebens sich verstrickt. Auch hier für Kinder und junggebliebene Erwachsene.

Irisch Dance mal anders mit  der post-pop-generation mit Elektro, Pop und zeitgemäßem Folk. Die Gruppe „ UP & OVER IT“ aus Irland, mit Suzanne Cleary und Peter Harding wird ein absolut neues Level von Irisch Dance eröffnen.

Musik und Kabarett  mit Cornelia Schirmer und Anne Weber. „Schuld daran sind wir,Jungs! Anne und Coco aufm Kiez“ im Foyer der Sparkasse Vest. Diesmal sind eben nicht die anderen Schuld.

Boggie und Blues spielt Siegfried Gerlich zum Gesang der beiden frechen Hamburgerinnen.

Ups, eine Sprachjonglage mit Marcus Jeroch. Po-ich, Poe-du, Poe-sie man sollte sich ruhig verhalten sonst verliert man sich in den gewundenen und wirren Worten und Sätzen.

Isobel Cohen/Großbritannien ein großes Talent des Physical Theatre zeigt „Within Range“  eine Performance über den Berliner Mauerfall von 1989. Es ist eine hochprofessionelle Choreografie.

Ein Puppenspiel und Maskentheater im Rohbau der Recklinghausen Arcaden. Perpetuum Mobile, Ton und Kirschen Wandertheater. Es ist ein bizarres Theater in der eine Szene in die nächste übergeht. Ein Spiel der Objekte, in der die Sinnlichkeit vorherrscht.

Auch das Fringe Festival ist so vielfältig und qualitativ hochwertig geworden, so dass es unmöglich wird eine Veranstaltung auszulassen. Schmerzhafte Entscheidungen werden hier abverlangt.

Man sollte im Programmheft selber stöbern und spontan entscheiden. Auch hier wollen wir nur Empfehlungen aussprechen und den Leser damit animieren sich ein paar schöne Stunden zu gönnen.

Hier der Link zum Fringefestival: http://www.ruhrfestspiele.de/publikationen/downloads/fringe_2013_web.pdf

Am Samstag, dem 15. Juni 2013, 20.00 Uhr findet als Open-Air-Veranstaltung im Stadtgarten das Abschlusskonzert mit den FANTASTISCHEN VIER statt.

Einmal mehr hat die Festivalleitung mit Dr. Frank Hoffmann gezeigt, der Geist der Ruhrfestspiele der vor 67 Jahre beschworen wurde lebt auch heute noch. Wie sagte Ulrich Khuon, Intendant des Deutschen Theaters Berlin in einem anderen Zusammenhang: Vielleicht sind wir die Verbinder. Wir, die  dem Besucher den Spiegel zeigen den er zur Orientierung oder Neujustierung im Hinblick auf Kultur und auch Theater braucht. Es soll ein produktives Rätsel sein, dass nicht unbedingt beantwortet werden muss.
Und Markus Langer von der Evonik Industries AG sieht durch das Theater einen Impuls von draußen um brennende wirtschaftliche Fragen anders zu beantworten als mit eingefahrenen Antworten.

 

Der Kartenvorverkauf hat schon begonnen.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Recklinghausen.