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40.000 Flüchtlinge zu 500 Millionen Europäern, geht das klar?

Syrische kurdische Flüchtlinge auf dem Weg in die Türkei   Foto: © UNHCR / I. Prickett

Syrische kurdische Flüchtlinge auf dem Weg in die Türkei Foto: © UNHCR / I. Prickett

 [jpg] Parlamentspräsident Martin Schulz besuchte neulich eine Grenzstadt in der Türkei. Rund 100.000 Einwohner hatte diese Grenzstadt aufzuweisen, nur, diese türkische Grenzstadt hatte 125.000 Flüchtlinge aufgenommen.

Seit zwei Wochen wird das Flüchtlingsproblem zerredet. Die Schlepper sollen bekämpft werden und ihre Boote vom Militär zerstört werden. Allerdings könnten die Boote noch Flüchtlinge auf dem Schiffsboden haben, also lieber nicht. In Libyen will man ein Lager aufbauen, mit Antragsstelle für Asyl. Doch halt, Libyen hat kein funktionierendes Staatswesen mehr – Bürgerkrieg halt. Nordafrika ist eben ein unsicheres Pflaster. Libanon und Jordanien haben zusammen 10,9 Millionen Einwohner und gehören zu den armen Ländern, sie nehmen zusammen 3 Millionen Flüchtlinge auf. Drei Millionen Flüchtlinge!

Und Europa? Nach dem Auslaufen der italienischen Rettungs-Operation „Mare Nostrum“, mussten erst einmal 700 Menschen ihr Leben durch ertrinken lassen, ehe die EU reagierte. Frontex, die Grenzer der EU, wurden ins Mittelmeer geschickt, die allerdings die Flüchtlinge abwehren sollten und nur den, dem internationalen Seerecht zutreffenden Schiffsnotstand, Schiffbrüchigen zur Hilfe eilen sollten. Und wieder fanden Schiffsbrüchige den nassen Tod, die EU reagierte und schickte nun mehrere Kriegsschiffe die sich an der Rettungsaktion beteiligen sollten. Hunderttausende sind inzwischen seit 2013 an den Küsten der EU an Land gebracht worden. Die Lager in Griechenland und in Italien sind überfüllt, die Flüchtlinge haben sich auf den Weg in den Norden gemacht. Kein Mensch kümmert sich darum oder hält sie auf. Dublin sah was anderes vor. Auf der Straße, auf Bahnhöfeb und in Elendsquartieren überall übernachten sie, auf dem Weg nach Norden. Und der Strom der Flüchtlinge reißt nicht ab. Und wieder reagierte die EU. 40.000 Flüchtlinge (plus 20.000) sollen nach einem Schlüssel auf ganz Europa verteilt werden. Nur 16 von 28 der EU Staaten wollen keine Flüchtlinge zugeteilt bekommen. Brüssel ist anscheinend nicht in der Lage ein derartiges Problem zu lösen. Sonntagsreden ja, aber Probleme beherzt anpacken und lösen? Eher nicht.

Gott sei Dank überlagert das Griechenland Problem alle andere Probleme. Es ist etwas ruhiger um das Flüchtlingsproblem geworden, dadurch das die Griechen ein Plebiszit angekündigt haben. Brüsseler Kalkül?

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Menschen fliehen vor Krieg und Elend über internationale Grenzen Photo: © UNHCR / A. Harper

So können wir uns der Ursachenrecherche widmen, warum die Menschen des Balkans oder aus Afrika sich nach Europa auf den Weg machen.

Hal Far/Malta, Amygdaleza|Lesbos/Griechenland, Lampedusa|Palermo|Messina/Italien, das sind nur sechs Camps innerhalb der EU in denen tausende von Flüchtlinge unter unwürdigen und unmenschlichen Bedingungen „hausen“ müssen. Die UNO mit der Flüchtlingsorganisation UNHCR hat die EU ermahnt ihren Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Einhaltung, der auch von der EU unterzeichneten „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ nach zu kommen.

UNHCR-Sondergesandte Angelina Jolie spricht mit syrischen Flüchtlingen in Domiz Camp, das rund 50.000 Menschen beherbergt.  Foto: © UNHCR / A. McConnell

UNHCR-Sondergesandte Angelina Jolie spricht mit syrischen Flüchtlingen in Domiz Camp, das rund 50.000 Menschen beherbergt. Foto: © UNHCR / A. McConnell

Die Sonderbotschafterin für das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) Angelina Jolie rief im Uno-Sicherheitsrat die internationale Gemeinschaft zum besseren Schutz von Flüchtlingen aus dem Bürgerkriegsland Syrien auf. „Es ist abscheulich zu sehen, wie Tausende Flüchtlinge vor der Haustür des reichsten Kontinents der Welt ertrinken“

Seit 2013 brennt das Flüchtlingsproblem der EU auf den Nägeln. Eine grundsätzlich Regelung dieses Problems ist noch nicht einmal im Ansatz in Sicht. Wie selbstverständlich werden die Leistungen der Südländer der EU in Anspruch genommen. Bei Griechenland, das tausende Flüchtlinge aufgenommen hat, klingt es sogar zynisch, wenn Brüssel den Rotstift im sozialen Bereich ansetzen will, Griechenland aber die Flüchtlinge nach den Dublin Verträgen versorgen muss.

In der Zwischenzeit hat sich noch eine weitere Flüchtlingsroute aufgetan, die Bulgarien und Ungarn tangieren. Deutschland, Belgien, Holland oder Frankreich zucken mit den Schultern, denn sie haben ja keine Probleme und verweisen auf die Südländer. Solidarität einer Wertegemeinschaft sieht anders aus.

Wieso machen die Flüchtlinge sich jetzt auf einmal vermehrt auf den Weg? Und warum nach Europa?

Der Balkan

  • Dem Zusammenbruch der Sowjetunion, folgte der Zusammenbruch des ehemaligen Jugoslawien. Was folgte waren blutige Kriege. Das Land zerfiel in mehrere Einzelstaaten, die Wirtschaft brach ein und eine hohe Arbeitslosigkeit konnte man registrieren. An der Neuordnung der Staaten war maßgeblich die EU beteiligt, wobei die europäischen Staaten auch militärisch unter dem Schild der Nato eingriffen. Wir erinnern uns an die hunderten von Jagdbomber, die ihre zerstörerische Last über dem ehemaligen Jugoslawien abwarfen. Viele der Staaten des ehemaligen Jugoslawien sind heute nicht überlebensfähig und besitzen keine Zukunftsperspektiven, weil die wirtschaftliche Infrastruktur und deren Basis fehlt oder zerstört wurde. Aufgrund der fehlenden Zukunftsperspektiven fliehen viele der Menschen, überwiegend aus dem Kosovo und Bosnien-Herzegowina,  in den EU Raum. Da aber die Staaten des ehemaligen Jugoslawien als „sichere Herkunftsländer“ eingestuft wurden, werden alle Flüchtlinge wieder in ihre Heimatländer zurück geschickt. Da gibt es Kroaten, Serben, Slowenier, Montenegriner, Mazedonier, Albaner, Kosovaren und Menschen aus Bosnien-Herzegowina in Deutschland die inzwischen schon in Deutschland eingebürgert wurden.Fakt ist jedoch, Deutschland und die EU haben aufgrund der Vorgehensweise im damaligen Jugoslawien Krieg eine Verantwortung übernommen, die mit dem Abzug der Jagdbomber nicht aufhörte. Europa hatte 1991 damit zum ersten mal versucht eine ernstzunehmende Rolle zu spielen, was in einem Fiasko endete. Die jetzigen Flüchtlinge sind eine Spätfolge des damaligen Eingreifens der EG (Heute EU); denn bis heute haben diese Staaten nicht wieder Tritt gefasst. Kroatien ist zwar EU Mitglied, tatsächlich gehört es jedoch zu den „Zwergen“ der EU. Die restlichen Beitrittskandidaten des ehemaligen Jugoslawiens, müssen wohl erst einmal warten da die EU-Kommission eine Konsolidierungsrunde einlegt. Trotz allem oder gerade weil es so ist, werden wir weiter mit Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien rechnen müssen.
  • Das nächste Problem ergibt sich aus dem weit zurückliegenden Kolonialismus in Afrika. Die europäischen Staaten und die USA hatten sich in Afrika das geholt was sie brauchten. Die USA ihre Sklaven und die Europäer die Rohstoffe. Die Afrikaner wurden wie Leibeigene behandelt und waren rechtlos, sie waren ja Untermenschen für die westliche Welt. Als im Zuge der afrikanischen Aufstände eine Kolonialmacht nach der anderen die afrikanischen Staaten in die Unabhängigkeit entließen, ließen die Europäer eines zurück – europäisches Chaos. Das einzig positive was man den Europäern anrechnen konnte, war das eingeführte Bildungssystem und rudimentäre Teile eines Gesundheitssystems. Es gab zwar ein europäisch ausgerichtetes Wirtschafts- und Finanzsystem, womit die Afrikaner jedoch nichts (noch nichts) anfangen konnten. Schnell stellten die ehemaligen afrikanischen Kolonien fest, dass ihre Abhängigkeiten zu ihren ehemaligen Kolonialmächten noch Bestand hatte. Das Postkoloniale Zeitalter brach an und der Neokolonialismus tat sein übriges um die alten Abhängigkeiten in neuer Form wieder aufleben zu lassen. Nehmen wir zwei Beispiele:

Republik Kenia

Die Republik Kenia wurde 1963 von Großbritannien in die Unabhängigkeit entlassen. Die wirtschaftlichen Infrastrukturen haben sich bis heute kaum verändert. Die Briten haben Tee, Kaffee und Blumen von den Einheimischen anpflanzen lassen. Touristik ist ein weiteres Wirtschaftsfeld mit 53% des BIP. Tatsächlich ist Kenia aber nicht in der Lage sich selber zu ernähren. Die fruchtbaren Böden sind alle für Tee, Kaffee oder Blumen in riesigen Monokulturen angebaut. Die restlichen Böden taugen nur bedingt zum Anbau von Nahrungsmitteln. Die Einfuhren übersteigen die Ausfuhren und die angebauten landwirtschaftlichen Erzeugnisse können nicht zu Ernährung der Bevölkerung herangezogen werden. Nennenswerte Industrie ist nicht zu registrieren. Die Arbeitslosenquote liegt bei rund 40% und das seit Jahren.

Dies führt dazu, dass die Jugendlichen oder jungen Erwachsenen keine Lebens-Perspektiven haben und sich auf den Weg machen. In Europa werden sie dann als Wirtschaftsflüchtlinge wieder nach Afrika abgeschoben. Ach ja, und noch eines. Die Touristik bringt eine hohe HIV/Aids Quote < 6,9% und damit eine Absenkung der durchschnittlichen Lebenserwartung auf < 59,8 Jahre. (Alle Zahlen CIA World Fact Book )

Elfenbeinküste (Republik Côte d’Ivoire)

Die Elfenbeinküste wurde 1960 von Frankreich in die Unabhängigkeit entlassen. Auch hier haben sich die wirtschaftlichen Strukturen nicht und nur unzureichend verändert. Hier werden Kakaobohnen, Kaffee oder auch Palmöl angebaut. < 25 % der Menschen leben von der Landwirtschaft. Daneben gibt es noch einen kaum nennenswerten Industriebereich. Und neuerdings die Erdölproduktion die Geld in die Kassen der Eliten spült. Trotz allem gehört die Elfenbeinküste zu den hochverschuldeten Ländern, auch nachdem 2008 ein Schuldenschnitt gemacht wurde.

Vergleicht man die Wirtschaftsstrukturen des Jahre 1960 mit denen des Jahres 2013 sind kaum Veränderungen in der Entwicklung festzustellen. Dazu hatte die Elfenbeinküste mehrere Bürgerkriege zu überstehen, die die Entwicklung des Landes zurück warf.

Demokratische Republik Kongo

Der Kongo wurde 1960 von Belgien in die Unabhängigkeit entlassen. In der Folge wurde das Land von unzähligen Kriegen zerrissen und ist bis heute nicht zur Ruhe gekommen.
Wirtschaftlich besitzt der Kongo ungeahnte Mengen an Rohstoffe, wie Diamanten, Gold, Kupfer, Blei oder Zinn sowie Holz und Kaffee aber auch weitere landwirtschaftliche Produkte. Und was noch wichtiger erscheint ist die Coltan Produktion. Coltan aus dem Niob und Tantal gewonnen wird ist für die Produktion von Elektrogräten von großer Bedeutung.

Aber auch hier muss man feststellen, der Kongo kann seine Bevölkerung nicht ernähren; denn es reicht nicht Landwirtschaft zu betreiben, vielmehr müssen die Erzeugnisse einen Preis haben den die Bevölkerung auch entrichten kann.

Flüchtlinge, die vor der Zentralafrikanischen Republik vor Jahren flohen pflügen ein kleines Stück Land, das verwendet wird, um neu angekommene Flüchtlinge zu ernähren  Foto:  © UNHCR / C. Fohlen / Mai 2014

Flüchtlinge, die vor der Zentralafrikanischen Republik vor Jahren flohen pflügen ein kleines Stück Land, das verwendet wird, um neu angekommene Flüchtlinge zu ernähren Foto: © UNHCR / C. Fohlen / Mai 2014

Ich gebe zu, ich habe die Übersicht über die drei Länder verkürzt dargestellt, es geht aber um den Sachverhalt, warum Menschen aus vermeintlich sicheren Staaten keine Perspektiven mehr sehen und sich tausende Kilometer unter unsäglichen Bedingungen auf den Weg machen. Viele dieser Flüchtlinge landen in Containern in meinetwegen Jordanien, viele in Zelten in der Türkei oder landen unter Pappkartons auf den Klippen am Rande des Hafens von Calais.

Zurück zu dem Skandal, der ein Skandal der Europäer gegenüber den Ländern ist wo die Flüchtlinge herkommen.

Alle Balkan- oder afrikanische-Staaten bekommen gebetsmühlenartig mitgeteilt, kommt ihr zum Westen werdet ihr „blühende Landschaften“ erhalten. Das Gegenteil ist der Fall. Es gibt nur „blühende Landschaften“ für die korrupten Eliten. Die Eliten in Afrika wohnen in schwer befestigten Stadtteilen mit bewaffneten Sicherheitskräften. In der Regel sind die Eliten korrupt, werden von Transparency International im Ranking auf den hinteren Plätzen geführt. Die Balkanländer sind zwar nicht so korrupt, jedoch funktioniert auch hier der Staat nicht.

Das zweite Problem ist die Bildung. Die Bildungseinrichtungen sind meistens nicht kostenfrei. Nur zahlen, können nur die Eliten. Folge: Analphabetismus.

2.000 Milliarden Dollar oder 2 Billionen Dollar sind in den letzten 50 Jahren von den reichen Ländern in den armen Süden an Hilfsgeldern geflossen. Und was ist passiert? Wirtschaftliche Entwicklung oder ein irgendwie gearteter Wirtschaftsaufschwung? Fehlanzeige. Das Bildungssystem oder das Gesundheitssystem beide Systeme wurden nicht weiterentwickelt. Das Geld wurde nur dazu verwendet um die bestehenden Strukturen zu erhalten, die uns unsere Rohstoffe oder landwirtschaftlichen Erzeugnisse garantieren. Und was auch wichtig ist, die Absatzmärkte sollen erhalten bleiben oder bereitet werden, um den westlichen Produkten den Boden zu bereiten. 50,– Dollar/Monat verdient ein Landarbeiter, trotzdem hat er mit seinen Produkten keine Chance gegen die subventionierten Produkte der EU anzukommen.

Die Alimentierung der Völker führt nur bedingt zu einer Ruhigstellung der Länder. Denn, ob Europäer, Asiaten oder Afrikaner, alle wollen eine bessere Perspektive. Und nach über 50 Jahren haben die Völker es einigermaßen kapiert, es gibt keine Perspektive für sie. Die einzige Perspektive ist das Leben in den Slums der Großstädte, teilweise ohne Wasser und unter hygienischen Verhältnissen die für uns Europäer unvorstellbar sind. In den Dörfern Afrikas kann es keine Entwicklung geben, weil das Land Großgrundbesitzern gehört. So werden Nahrungsmittel aus  Europa oder den USA ins Land gebracht um den Menschen den Tagesbedarf an Nahrung zu ermöglichen. Das der fruchtbare Boden nebenan für Tee, Kaffee oder Kakao verwendet wird oder nicht bewirtschaftet wird, wird da übersehen.

Der dritte Grund sind die ewigen Kriege die geführt werden. Kinder werden nachts aus den Dörfern entführt und zu Soldaten ausgebildet, andere Dörfer werden überfallen, die Frauen misshandelt um sie aus dieser Gegend zu vertreiben, weil dort Rohstoffe vermutet werden.

Um es kurz zu machen, die Länder die im Würgegriff des Westens sind, können sich nicht entwickeln, der Kolonialismus war nie weg gewesen.

Die Folge ist eine riesige Völkerwanderung von sage und schreibe 60 Millionen Menschen, die nichts aber auch gar nichts zu verlieren haben. 20 Millionen leben in Flüchtlingscamps, sei es in Containern oder Zelten und werden von der UNHCR versorgt. Jedes Jahr läuft die UNHCR den Staaten hinterher, weil das Geld auszugehen droht. Trotz allem verhungern jedes Jahr Menschen die auf der Flucht sind. Mütter mit ihren Kleinkindern liegen im Straßengraben vollkommen ausgezehrt, weil sie es nicht geschafft haben ein Flüchtlingscamp zu erreichen.

Viele sehen den Weg nach Europa als Ausweg für sich und ihre Angehörigen, es sind die stärksten die es geschafft haben, die schwächeren mussten zurückbleiben oder sind verhungert, verdurstet.

Sie nehmen jede Chance wahr, um sich aus dieser Misere zu befreien.

Boat-People auf einem überfüllten Boot. Photo: © UNHCR

Boat-People auf einem überfüllten Boot. Photo: © UNHCR

Sie kommen seit 2012 mit Booten verschiedenster Art, die überladen sind, über das Mittelmeer. In dieser Zeitspanne haben schon 15.000 Menschen ihr Leben gelassen. Im Mittelmeer ertrunken, begraben ohne Namen, Maltas Premierminister Joseph Muscat nannte in Brüssel das Mittelmeer den Friedhof Europas. In der Zwischenzeit gibt es mehrere Routen über die Europa erreicht werden kann.

Da geht Brüssel her, und verhandelt über 60.000 Flüchtlinge die unter den EU Staaten verteilt werden sollen. Da werden Kriegsschiffe ins Mittelmeer geschickt um Schlepperboote zu zerstören.

Außenbeauftragte Federica Mogherini  Photo:  ©  Linde Arndt

Außenbeauftragte Federica Mogherini Photo: © Linde Arndt

EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos erklärte den Schleppern den Krieg und die Außenbeauftragte Federica Mogherini erarbeitet ein neues Konzept, welches nun humanere Züge trägt. Das eigentliche Problem, die Ursache dieser „Völkerwanderung“, wird jedoch ausgesessen.

Viele Ökonomen fordern ein Ende der derzeit gescheiterten Entwicklungspolitik des Westens. Umdenken ist angesagt. Die Afrikaner sind keine „kleine Kinder“ die strahlend ein gebrauchtes Smartphone zeigen und glücklich mit dem Erreichten sind. Sie wollen gefordert und ernst genommen werden nicht alimentiert werden, ein Sack Hirse und der Monat ist gerettet? Sie wollen ihr Land bewirtschaften, dafür bedarf es aber einer Landverteilung. Die europäischen Großgrundbesitzer weg und Kleinbauern ran. Und sie brauchen keine hochsubventionierten Produkte der EU die die afrikanischen Märkte kaputt machen.

Europa ist der reichste Kontinent, reich nicht nur im monetären Sinn, sondern Europa hat Köpfe die weit schwierigere Probleme gelöst haben und lösen könnten. Und diesen Köpfen gelingt es nur 60.000 Flüchtlinge unter 500 Millionen Europäern zu verteilen? Was für ein Armutszeugnis. Als Europa 1945 zwei bestialische Kriege hinter sich hatte, halb Europa in Schutt und Asche lag, machten sich Millionen von Menschen auf den Weg um neue Perspektiven zu suchen und fanden sie bei den Nachbarn. Während der Kriege nahmen viele Staaten europäische Flüchtlinge auf, auch hier wieder waren es Millionen. Und heute sind wir nur für 60.000 Flüchtlinge gut?

Die Länder des Balkans und die afrikanischen Länder sind in diese Situation gekommen, weil der Westen und damit auch Europa den Kopf in den Sand gesteckt hat. Europa sollte Verantwortung übernehmen und sich mehr einfallen lassen, als eine Verteilung von 60.000 Flüchtlingen die ja doch nur als eine Alibiveranstaltung gedacht ist.

Jean-Claude Juncker  Photo:  ©  Linde Arndt

Jean-Claude Juncker Photo: © Linde Arndt

Europa hat großes Glück; denn mit der Griechenlandkrise ist das Flüchtlingsproblem winzig klein geworden, wen interessieren schon die paar Ertrunkenen im Mittelmeer. Ich denke die Berliner Regierung und die Brüsseler Administration würden gerne über die Wochen die Griechenlandkrise in den Schlagzeilen der Mainstreammedien oder Hofberichterstatter sehen. Alexis Tsipras als Dämon Europas, verdrängt jede andere Schlagzeile, auch tausende ertrunkene Flüchtlinge.

Unsere Verteidigungsministerin Ursula Gertrud von der Leyen macht einen lustigen werbewirksamen PR Besuch bei den deutschen Kriegsschiffen die just ein paar Flüchtlinge aufgefischt haben. Damit ist das Problem für unsere Regierung erledigt? Und unser Innenminister Karl Ernst Thomas de Maizière hat das Bleiberecht etwas geschmeidiger gemacht, jetzt können (Kriminelle) Flüchtlinge schneller abgeschoben werden oder in Abschiebehaft genommen werden. Schön das wir noch andere Probleme haben, als diese Flüchtlinge.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel




Chaotisches mit der Ratssitzung in Brüssel

Hollande - Merkel  Foto: Linde Arndt

Francois Hollande und Angela Merkel Foto: © Linde Arndt

[jpg] Soldaten des belgischen Militärs streifen bewaffnet durch die Straßen des Europaviertels in Brüssel, dazwischen fahren Spezialeinheiten der Polizei mit Blaulicht herum. Das alles wegen der Terroranschläge in Paris vom 7.1.2015. Präsenz des Staates war angesagt, und zwar nicht zu knapp. Allerdings wussten die Soldaten und Polizisten sich dezent im Hintergrund zu halten. Beschaulichkeit war diesmal nicht auf der Agenda.

Dazu wurde das Consilium, also der Rat der Europäischen Union, von 13:00 Uhr auf 15:00 Uhr verschoben, weil Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande in Minsk einen Friedensplan für die Ukraine verhandelten. 17 Stunden dauerten die Marathonverhandlungen bis OSZE Botschafterin Heidi Tagliavini, der ehemalige Präsident der Ukraine, L. D. Kuchma, der Botschafter der Russischen Föderation in der Ukraine, M. Yu. Surabov, A.W. Sakharchenko für das Donezk Gebiet und I.W. Plotnitski für das Luhansker Gebiet ihre Unterschriften unter das erarbeitet Dokument gesetzt hatten.Die Präsidenten Poroschenko (Ukraine), Hollande (Frankreich), Putin (Russische Förderation) und Bundeskanzlerin Merkel unterschrieben wohlweislich das ausgefertigte Dokument nicht.

Poroschenko   Foto:  ©  Linde Arndt

Poroschenko Foto: © Linde Arndt

Der ukrainische Präsident Poroschenko, drohte fortwährend mit dem Kriegszustand. Übrigens sprach keiner von einem Kessel Debalzewo, nicht einmal der Ort wurde erwähnt, obwohl in dem Kessel „fleißig“ getötet wurde. Danach ging es ab in den Flieger und rund 1.600 km nach Brüssel.

Der Bundeskanzler der Republik Österreich Werner Faymann hat es am Eingang des Ratsgebäudes auf den Punkt gebracht: „Es ist ein besonderer Tag indem der erste Schritt für einen Friedensplan in der Ukraine gemacht wurde, man muss jetzt mal sehen wie es weiter geht.“  Ab Sonntag sollen in der Ukraine die Waffen ruhen, die schweren Waffen sollen von der Front zurück gezogen werden. Und man hatte sich auf eine Frontlinie geeinigt. Allerdings waren die Verträge noch nicht einsehbar. Aus dem Umfeld der beiden Parteien waren über die einzelnen Punkte keine begeisterten Kommentaren zu hören. Alexander Sachartschenko, Präsident der Donezk Republik, wollte mit seinen Leuten die Unterschrift unter dem Vertrag verweigern. Überhaupt waren viele Punkte des Vertrages, so wie sie bekannt wurden, als zu schwach formuliert. Zu viele Interpretationsmöglichkeiten sind schon immer für Verträge schlecht gewesen. Minsk I hielt auch aus diesem Grund nicht lange. Auch soll kein Folge-Terminplan und Umsetzungs-Plan existieren. Wer die Vereinbarungen kontrollieren soll, wurde auch nicht festgelegt. Nur eines wurde klar festgelegt, die Zentralregierung in Kiew erhält 17,5 Milliarden Dollar an Hilfsgeldern vom IWF. Wesentlich ist jedoch, die Europäer haben ihr europäisches Problem alleine gelöst. (Haben sie das?) Es scheint so, als wenn ein größerer europäischer Krieg, der nicht in den  Griff zu bekommen wäre, vorerst einmal mit diesem Friedensplan abgewendet wurde.

Normalerweise wäre dieses Problem für jeden genug, nur die EU bekam noch ein nicht unwesentliches Problem dazu – Griechenland. Beide Themen korrelierten sogar mit einander, indem der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras gedanklich die Russische-Föderation als Ersatz-Geldgeber ins Spiel brachte.
320 Milliarden Euro Schulden hat Griechenland bei EU, IWF und EZB. Im Gegenzug hat sich Griechenland verpflichtet umfangreiche Reformen durchzuführen, die von einer Troika überwacht werden. Griechenland ist gut bei den Reformen voran gekommen, nur es entstand kein Effekt im Hinblick auf eine Schuldensenkung – im Gegenteil. Nach Jahren stellt sich heraus, die Austeritätspolitik der EU hat bei den Griechen versagt. Es sind in Griechenland umfangreiche soziale und wirtschaftliche Verwerfungen zu beobachten, die absehbar den Griechen keine Luft für eine Investitionspolitik lassen. Der Schuldenabbau geht aber auch nicht voran, im Gegenteil.

Die Bevölkerung hat reagiert und die alte konservative Regierung von Antonio Samaras ( Nea Dimokratia ) wurde abgewählt und von der 2012 gegründeten linken Syriza abgelöst. Alexis Tsipras hat auch direkt nach der Vereidigung als Ministerpräsident sofort alle Verträge gekündigt und Neuverhandlungen gefordert. Die „verhasste Troika“ die, Tsipras Meinung nach, dem griechischen Volk die Würde nimmt, die möchte er in seinem Land nicht mehr sehen. Nach diesen spektakulären Ankündigungen tourte Ministerpräsident Alexis Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis erst einmal durch die EU Mitgliedsstaaten um Verbündete zu suchen. Er fand sie in Italien oder Spanien, wobei Spanien mit der neuen linken Partei Podemos eines Pablo Iglesias Turrión die Mehrheit im spanischen Parlament in diesem Jahr übernehmen könnte. Tsipras mit seinem Finanzminister Yanis Varoufakis fordert nicht mehr und nicht weniger als einen Pradigmenwechsel im Hinblick auf den Schuldendienst eines Staates.

Es kann doch nicht sein, dass in einem Staat wie Griechenland ohne Ende Suppenküchen aufgemacht werden müssen, die Menschen von heute auf morgen keine Krankenversicherung mehr haben, ihr wohl verdientes Einfamilienhaus verlieren und sich auf der Straße wieder finden, ohne jemals Aussicht auf eine Besserung der Lebenssituation zu haben. Die Suizidrate bei Erwachsenen und bei Kinder  steigt signifikant. In Griechenland ist vieles schief gelaufen ohne das eine Troika dies jemals registrierte.

Was Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis wollen, ist ein vernünftiger Mix aus sparen und investieren. Es kann nicht mehr gespart werden als das, was ein Land erwirtschaftet. Und, die Wirtschaft ist für den Menschen da und nicht umgekehrt.

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble haben in ihren Äußerungen schon erkennen lassen, dass sie nicht auf der Seite der neuen griechischen Regierung sind. Für sie gilt, die Griechen sollen weiter so verfahren, wie mit der Vorgängerregierung abgemacht. Das hört sich so an wie Operation wird gelingen, auch wenn der Patient dabei sterben wird.

Rsipreas - Renzi  Foto: © Linde Arndt

Alexis Tsipras und Matteo Renzi Foto: © Linde Arndt

Ein weiterer Aspekt ist die Jugend der neuen Politiker-Generation aber auch das viel umfangreichere Wissen. Die Generation Schäuble ist mit 72 Jahre, gegenüber der Generation Alexis Tsipras oder Matteo Renzi, die rund 40 Jahre sind, in die Jahre gekommen. Die europäische Linke ist radikaler als die Sozialisten der europäischen Party of European Socialists (PES).  Zu lange haben die europäischen Sozialisten mit der Mitte immer mehr an Stimmen verloren. Die Generation Alexis Tsipras oder Matteo Renzi sind frisch und unverbraucht und könnten einer europäische Sozialpolitik mehr Kraft geben.

Selbst Parlamentspräsident Martin Schulz verhehlt nicht seine Sympathie mit der neuen griechischen Regierung und plädiert dafür ihnen eine Chance einzuräumen, damit sie sich zuallererst einmal findet um in eine klarere Linie hinein zu wachsen.

Am Rande des Treffens wurde auch über das Massengrab Mittelmeer gesprochen. Über 300 tote Flüchtlinge wurden von den Italienern aus dem Wasser gezogen. Parlamentspräsident Schulz mahnte zum wiederholten mal eine Flüchtlingspolitik an. Allerdings sagte er in der gleichen Konferenz, dass die Grenzen der EU, und dazu gehören auch die Seegrenzen im Mittelmeer, besser bewacht werden sollten.

Die EU bleibt eine riesengroße politische Baustelle, die nicht wesentlich weiter kommt als wie zu einer Wirtschafts- und Währungsunion (WWU). Migrationspolitik ist für Brüssel nur ein Fremdwort.

Jürgen Gerhardt für european-mosaic aus Brüssel.

 

 

Etwas mehr Respekt vor dem Wähler, Frau Merkel

links:Martin Schulz, rechts Jean-Claude Juncker im Schatten der EU und Angela Merkel   Fotos und Collage: © Linde Arndt

links:Martin Schulz, rechts Jean-Claude Juncker im Schatten von der EU und Angela Merkel
Fotos und Collage: © Linde Arndt

[jpg] Unsere Bundeskanzlerin ist die Kanzlerin des Ungefähren. Das ist erst einmal nichts Neues und jeder nimmt das mit einem Achselzucken zur Kenntnis. Bei dem Europawahlkampf und heute übertreibt Angela Merkel das Ganze jedoch. Erst schmückt sie wie ein Produkt die Wahlkampfplakate der CDU, als wenn sie in das Europaparlament gewählt werden könnte. Dann erfährt man, dass die Europäischen Volksparteien zu denen die CDU/CSU gehören, Jean Claude Juncker als Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten auserkoren haben. Dann taucht Frau Merkel mit David McAllister, dem abgewählten Ministerpräsidenten von Niedersachsen, als Spitzenkandidaten auf. Und wer stand auf dem Wahlzettel? Herbert Reul aus dem Bergischen war dort der Spitzenkandidat, der wählbar war. Allein schon diese Konstellation von widersprüchlichen Aussagen hinsichtlich der wählbaren Kandidaten, kann man nur als arglistiges Täuschungsmanöver der Wähler bezeichnen. Angela Merkel setzte aber noch einen drauf.

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Es ist Zeit für eine politische Bilanz und die Perspektive im EN-Südkreis

Europaplakat Merkel/Martin Schulz und Jean-Claude Juncker

Europaplakat Merkel/Martin Schulz und Jean-Claude Juncker

 

[jpg] Kommunalpolitik funktioniert anders als die Landespolitik. Sie ist nicht so sehr parteienorientiert, vielmehr ist diese Politik mehr problem- und an der Sache orientiert. Da kann es schon mal passieren, dass ganz links mit rechts temporär zusammen geht. Auch gilt die Phrase, „If it ain’t broke, don’t fix it!“ vielen deutschen bekannt als „Never change a running system“, was nichts anderes heißt als, wenn es funktioniert, lass es in Ruhe, ein wesentlicher Punkt in der Kommunalpolitik. Vom kommunalen Bereich kommen die Politiker, die man später auf höherer Ebene wieder trifft. Die haben nicht immer das demokratische Rüstzeug mit gebracht und stehen manchmal verwundert in ihrer neuen politischen Umgebung orientierungslos herum. Aber was soll es. Demokratische Regeln sind auf allen Ebenen gefragt, denn diese allseits bekannten Spielregeln sind es, die unsere Demokratie ausmachen. Da ist die Transparenz, die das Vertrauen der Wähler befeuert. Da ist die Teilhabe an dem städtischen Gemeinwesen, so wird eine hohe Identifikation erreicht. Es sind noch viele Punkte die eine wesentliche Rolle spielen. Ein Punkt sollte man nicht außer Acht lassen, die Lokalpresse, die mit ihrer kritischen Distanz (So vorhanden) einen wesentlichen Faktor für die Wahrhaftigkeit des lokalen politischen Systems darstellt.

Die Organtreue darf nicht unerwähnt bleiben, hier steht die Verwaltung gleichberechtigt neben der Politik. Die eine bedingt die andere, mit einem sehr hohen Maß an Vertrauen.

 

Am 25. Mai 2014 haben wir neben der Europawahl die Kreis- und Kommunalwahl. In der Europawahl erleben wir das erste mal, dass eine Wahl mit Gesichtern versehen wurde. Debatten fanden statt zwischen den Spitzen der europäischen Parteien. Jean-Claude Juncker (EVP), Martin Schulz (SPE), Guy Verhofstadt (ALDE), Ska Keller (Europäische Grüne) und Alexis Tsipras (Europäische Linke) stellten sich den Fragen von Isabelle Kumar, Chris Burns und Mark Davis von Euronews und Monica Maggioni von RAI mit Conor McNally von der RTE in bisher zwei Sendungen. Zum ersten mal wurden auch Moderatoren für die sozialen Netzwerke in die Sendung einbezogen. Über Twitter kamen bis zu 60.000 Tweets in die Sendung, die grafisch mit einer Cloud dargestellt wurden.

So weit würde man in der Kommunalwahl nicht gehen, haben wir doch  auf dieser Ebene das Internet erst entdeckt und die Schiefertafel noch nicht ganz weggelegt. Wobei die eine Stadt etwas weiter ist als die andere, in der Regel wird das Internet mehr als Bürgermeister PR Seite gepflegt.

Und die Parteien? Auch die sind seit Wochen mit ihren Plakaten, Kugelschreibern oder Luftballonen unterwegs um Wähler zu akquirieren. Selbstredend haben alle alles richtig gemacht und der politische Gegner hat alles falsch gemacht oder einen daran gehindert alles richtig zu machen.

Selbsttäuschungen über die letzte Sitzungsperiode kann man in allen von uns beobachteten Städten erleben.

 

Ausschuss-Sitzung Schwelm Foto: © Linde Arndt

Ausschuss-Sitzung Schwelm Foto: © Linde Arndt

Schwelm

Hier registriert man im Rat eine bürgerliche Mehrheit von CDU/FDP/BfS/SWG mit 20 Stimmen, der eine Minderheit mit SPD/Grüne/Linke mit 18 Stimmen gegenüber stehen.

Geschafft hat die bürgerliche Mehrheit in der vergangenen Sitzungsperiode rein gar nichts, außer wenn man die Blockadehaltung als Schaffensprozess einstuft. So ist es auch der destruktiven Haltung der bürgerlichen Mehrheit geschuldet, wenn das Brauereigelände heute als Wunde in der Stadtmitte die Stadt als solche abwertet. Die Diskussionen um die Schulreform, um Investitionen oder auch die Haushaltsberatungen zeigen nur eines, der Rat hat kein Vertrauen zu seiner Stadtverwaltung. Dabei hat der Rat viele handwerkliche und atmosphärische Fehler gemacht die den Eindruck erwecken um die Stadt Schwelm sollte man einen großen Bogen machen. Die beiden Parteien BfS und SWG sind ein gutes Beispiel wie eine mal sicher mit sehr viel Energie angetretene Partei von „unten“ nach einer gewissen Zeit verbrannt ist. Beide saßen zuletzt nur noch im Rat um auch nur mal was zu sagen, konstruktives konnte man nicht mehr bringen, also hängte man sich an die Bürgerlichen dran und war nur noch eingeschränkt verbal anwesend. Ich denke die Initiative „Bürger“, die noch frisch und unverbraucht ist, wird die Nachfolge antreten. Die CDU und die FDP mit ihren Frontmännern Flüshöh und Schwunk sollten doch endlich entscheiden ob sie bis zur Bürgermeisterwahl, die ja erst in einem Jahr stattfindet, weiter Entwicklungen für die Stadt Schwelm verhindern wollen oder endlich mit der politischen Arbeit beginnen wollen. Was die FDP betrifft muss sagen, es reicht nicht immer nur zu sparen um sich dann mit einem Kunstrasen oder einer Dreifachsporthalle bei den Sportlern beliebt zu machen. Die SPD hat es offensichtlich verlernt für eine Sache zu kämpfen, allerdings muss man einschränkend sagen, es fehlen die Mehrheiten. An der Schulreform konnte man schon sehen wie unterschiedlich die Betrachtungen waren. Die Hauptschule und Förderschule ist nun weg. Ausgegliedert. So hat Schwelm nur ein eingeschränktes Schulangebot.

Transparenz der politischen Entscheidungen: kaum

Teilhabe an den politischen Prozessen: nur einseitig und dann nur rudimentär

Empfehlung: Den Schwelmern würde ich mit einem Magenkneifen die SPD empfehlen, damit endlich Mehrheiten vorhanden sind, um die Stadt nach vorne zu bringen. Aber auch um der SPD die Gelegenheit zu geben endlich einmal zu zeigen wie man verantwortungsbewusst Politik betreibt.

CDU und FDP traue ich eine verantwortungsbewusste Politik wegen der gezeigten Widersprüchlichkeit nicht zu. Nur Sparen oder Sport reicht nicht für eine Stadt.

Ausschuss Ennepetal Foto: © Linde Arndt

Ausschuss Ennepetal Foto: © Linde Arndt

 

Ennepetal

In Ennepetal läuft es im Gegensatz zu Schwelm genau anders herum. Hier hat der Rat nichts zu sagen, er ist ein reiner Abnickverein für die Stadtverwaltung. Da kommen zwar ab und an die richtigen Fragen oder auch Anträge, wenn der Stadtverwaltung dies nichts nutzt, kommen solche Fragen oder Anträge nicht in den Bearbeitungsmodus. Auch werden die öffentlich gestellten Fragen oder Anträge nicht öffentlich beantwortet – Rhetorik ist angesagt. So hat unsere Redaktion viele gestellte Fragen und Vorgänge notiert, die nicht wieder auftauchten. Wahrscheinlich hat die Stadtverwaltung dies in einem „netten“ persönlichen Gespräch mit dem Frage- oder Antragsteller geklärt – oder auch nicht. Im übrigen war und ist die Stadtverwaltung mit sich selber beschäftigt, Autokratie schlägt die Demokratie.

Bedingt durch das hohe Gewerbesteueraufkommen, war Ennepetal sehr anfällig gegen Wirtschaftskrisen. 2009 wurde die Stadt denn auch in das Haushaltssicherungskonzept (HSK) getrieben. Weil die Ennepetaler das aber nicht verstehen wollten (konnten), mussten sie erfahren, wie ihr vorgelegter Haushalt ihnen von der Aufsichtsbehörde um die Ohren geschlagen wurde. Wenn es nicht für gutes Geld Firmen geben würde, die alles wieder richten können. Und so musste einer der ersten Adressen in Deutschland, die Firma PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft („PwC“) für sehr, sehr viel Geld Ennepetal zur Seite stehen um den Haushalt bei der Aufsichtsbehörde durch zu bekommen.

Dann regte man sich über die L699 auf, Straßen NRW wollte diese Straße nicht herrichten. Nach drei Jahren ist die L699 endlich bis zur Peddenöde erneuert. Rat und Stadtverwaltung hatten anscheinend die Tonart gewechselt. Ach ja, aus uralten Zeiten (2006) kamen auf einmal die Zockergeschäfte (Swap Geschäfte) zum Vorschein. Hatte man einmal Gewinne eingesteckt, so wurden auf einmal Verluste sichtbar. Die Klage läuft heute noch. Die FUZO ist ein Dauerthema, hier werden die Folgegenerationen noch Spaß haben.

Und dann wurde ein „Filetstück“ an die Firma Berlet im Innenstadtbereich „verhökert“. Millionen wird der Rat und die Stadtverwaltung für diese Firma an Subventionierung zahlen, obwohl zu Anfang erklärtermaßen keine Subvention fließen sollte. Was solch ein Geschäftsmodell taugt muss man nicht näher erläutern.

Kleine Unternehmen können in Ennepetal von solchen Subventionen nur träumen.

Die AÖR habe ich vergessen. Es ist eine Gesellschaftsform im politischen Raum, die einer Gelddruckmaschine gleich kommt. Es gibt einen Verwaltungsrat der seine Sitzungsgelder (steuerfrei) selber bestimmen kann, es werden Aufgaben vom Rat in die AÖR verschoben. Transparenz? Fehlanzeige, ausgesuchte Ratsmitglieder können genüsslich der „Mauschelei“ nachgehen. Und der Rat? Der hat es  durchgelassen. Es winkten ja Sitzungsgelder?

Der Generationswechsel ging bei der CDU total schief, Walter Faupel hatte die Situation falsch eingeschätzt und die Fraktion flog ihm um die Ohren. Die anderen Fraktionen freute es natürlich, Häme und Schadenfreude machte die Runde. Verständlich. Was aber hatte die SPD zu bieten? Außer Anträgen die nicht verfolgt wurden, wusste sie nichts zu bringen. Auch die FDP, die wie überall nur an das sparen dachte, aber letztendlich mit dem Spargedanken kaum was am Hut hatte.

Die 5 Jahre vergingen wie im Flug und eine Katastrophe nach der anderen reihte sich aneinander, wobei die Lokalpresse dies nicht interessierte.

In der letzten Ratssitzung reflektierte Walter Faupel (CDU) seine vergangenen 39 Jahre Rat, nur Gutes wusste er über sich zu berichten – was denn sonst. Wilhelm Wiggenhagen musste denn auch über die vergangene Sitzungsperiode von 5 Jahre berichten, die, logischerweise für ihn doch recht gut ausgefallen waren. Und der Rat? Schweigen.

Transparenz der politischen Entscheidungen: Diffus wäre das richtige Wort für Ennepetal

Teilhabe an den politischen Prozessen: Ist nicht gewollt, man will unter sich bleiben.

Empfehlung: Im letzten Jahr kristallisierte sich ein Neuanfang bei der CDU heraus. Das Unversöhnliche ist gewichen und man spricht wieder miteinander. Das ist gut, so sollte es in einer lebenden Demokratie auch sein. Gleichzeitig hatte Daniel Heymann (CDU) die Fraktions- und Parteiarbeit aufgenommen. Ob diese Arbeit 5 Jahre anhält ist nicht auszumachen. Fakt ist es gibt einen positiven Neuanfang, der die polterige Art des Generationswechsel vergessen macht. SPD, FDP, Grüne und FWE konnten keine lokalpolitischen Themen platzieren, die mitreißend von den Wählern wahrgenommen werden könnten.

Eindeutig würde ich die CDU als Partei empfehlen.

 

Ratssitzung in Gevelsberg Foto: © Linde Arndt

Ratssitzung in Gevelsberg Foto: © Linde Arndt


Gevelsberg

Im Grunde könnte Gevelsberg als Blaupause für viele Kleinstädte dienen. Bürgermeister Claus Jacobi vereinigt in seiner Person das Amt mit seiner Persönlichkeit. Er ist Bürgermeister von Gevelsberg aus Überzeugung, was anderes will er auch nicht sein. Seine Führung würde man in der Wirtschaft als „Management by Exception“ einordnen. Er kann es halt, er wirkt motivierend, er integriert, er regt an aber nicht nur einseitig, vielmehr lässt er es zu wenn Gevelsberger was machen, bringt sich moderierend ein, wenn es irgendwo hakt. Und die Parteien? Die Ratsparteien haben in der vergangenen Sitzungsperiode eine gute politische Zusammenarbeit gepflegt. Unstimmigkeiten wurden durch Kompromisse ausgeräumt. Unangefochten hat die SPD mit ihrem Fraktionsvorsitzenden Gerd Vollmerhaus ihre Mehrheit nicht dazu genutzt die anderen Ratsparteien zu unterdrücken. Man ist in Gevelsberg, wie im lokalen Bereich üblich,  zuerst einmal Gevelsberger und dann Parteimitglied. FWE und FDP haben sich zusammen geschlossen und die politische Losung, wir wollen sparen, heraus gegeben. Nur wofür und wo will diese neue Partei sparen, das weiß sie nicht zu beantworten. CDU, die übrigens in der vergangenen Sitzungsperiode eine Häutung vor genommen hatte, betont wie überall die Gemeinsamkeit, was ja auch in Gevelsberg zutrifft. Es ist ein gut funktionierendes politisches System des Gebens und Nehmens. Augenscheinlich sind auch die Gevelsberger mit ihrem Rathaus zufrieden. Also, „Never change a running system“, kommt hier klar zum tragen.

Transparenz der politischen Entscheidungen: Sehr hohe Transparenz

Teilhabe an den politischen Prozessen: Offen in allen Bereichen

Empfehlung: Die SPD ist hier klarer Favorit. Hat sie doch in der vergangenen Zeit gute Politik gemacht und die sollte sich mit einem dementsprechenden Kreuz auch auszeichnen.

 

Presseplätze beim Kreis  Foto: © Linde Arndt

Presse beim Kreis Foto: © Linde Arndt

EN-Kreis

Hier kann man nicht viel sagen, den Kreis in zwei Ausschüssen erleben zu dürfen, war alles. Das einzige was einem als Pressevertreter auffällt, die Arbeitsbedingungen für die Presse sind eher schlecht. Heißt man will die Presse nicht?

 

Ausschuss in Brüssel  Foto: © Linde Arndt

Ausschuss in Brüssel Foto: © Linde Arndt

Europa

In Deutschland fährt die CDU einen Wahlkampf mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel, was das soll konnten mir die Abgeordneten der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) (EVP) auch nicht schlüssig erklären. Hatten sie doch Jean Claude Juncker zu ihrem Spitzenkandidaten ausgewählt. Aber dieser Umstand ist in Brüssel nur eine Petitesse, die nicht diskutiert wird. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich gegen einen Automatismus zwischen der Spitzenkandidatur von Schulz und Juncker und der Besetzung des Posten des Kommissionspräsidenten ausgesprochen. Und Merkel hat in Brüssel ein starkes Mitspracherecht. Eher werden die europäischen Probleme diskutiert, wie eine soziale europäische Agenda die in eine soziale Union übergeleitet werden könnte. Eine gemeinsame Flüchtlings- und Asylpolitik die diesen Namen auch verdient. Die Bankenunion und der noch ausstehende Stresstest der Banken wird mit Spannung gesehen. Auch die Verhandlungen über das gemeinsame Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) oder das parallel verhandelte Dienstleistungsabkommens (TiSA) werden mit sehr gemischten Gefühlen von Parlament und Kommission beobachtet. Der Euro, der in den letzten Jahren so viel gescholten wurde, ist letztendlich doch eine europäische Erfolgsgeschichte, der es Europa ermöglichte den monetären Angriff auf das europäische Finanzsystem abzuwehren. Und was ist mit Airbus, mit Galileo oder Kopernikus aber auch Erasmus, sie stehen für eine erfolgreiche EU Politik in Brüssel und Straßburg. Horizon 2020, ein 80 Milliarden Projekt welches jetzt in Brüssel angestoßen wurde, googlen sie mal und lesen sie diese Vorlage, sie werden sich wundern was einfache EU Abgeordnete sich so alles ausdenken.

Was aber bei allen Abgeordneten und der Kommission schlecht ankommt, ist die Wiedererstarkung des Nationalismus einzelner Nationen. Die EU entwickelt Europa nur so langsam, wie der Schwächste Staat es erlaubt. Ein Europa auf Biegen und Brechen sollte es nicht geben, denn Europa wird keinen zurücklassen.

Über allem dominiert die Ukraine Krise das politische Tagesgeschehen. Dabei werden die Ereignisse in der Ukraine sehr differenziert gesehen, jeder ist bestrebt keine neuen/alten Feindbilder aufzubauen, in Brüssel, und nur dort.

Trotz allem ist Europa nicht das Problem, sondern die Lösung. Sehr gut sieht man das an der Ukraine Krise; denn wenn von Anfang an Brüssel, und nur Brüssel, die Krise ohne die USA gemanagt hätte, hätten wir heute sehr viele tote Ukrainer weniger. Die Ukraine ist ein europäisches Problem und kein US-Amerikanisches Problem. Denn Brüssel und die USA haben nicht unbedingt die gleichen Interessen oder Probleme.

Vielleicht sehen wir uns ja am Sonntag bei einer der drei Wahlfeten in Schwelm, Ennepetal oder Gevelsberg.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik und european-mosaic aus dem EN-Kreis

Europa bedeutet mehr als nur ein paar Richtlinien

Tagung des Ausschusses bei der EU in Brüssel  Foto: Linde Arndt

Tagung des Ausschusses bei der EU in Brüssel Foto: Linde Arndt

[jpg] Vor Ostern sprach mich ein Kollege, der im lokalen Bereich arbeitet, an. Ob ich den neusten Schwachsinn der EU kennen würden. Nein, erwiderte ich. Die wollen jetzt nur noch Kaffeemaschinen produzieren lassen, die die Heizplatten nach 15 Minuten ausschalten, so mein Gesprächspartner. Dabei schaute er mich erwartungsvoll an. Über mein Smartphone sah ich den Bericht der EU ein um ihm dann zu antworten: Es geht um das Energiesparen. Und ob er denn wisse, wenn man diese Idee umsetze, das Europa tausende Tonnen von Co2 sparen könne? Er fand es trotzdem nicht so toll wenn er solch eine Kaffeemaschine hätte. So ist es wenn man die Zusammenhänge nicht wissen will und stattdessen sein Vorurteil pflegt.

Solche und andere Gespräche habe ich im letzten Jahr dutzendfach geführt und konnte niemanden von Europa und der EU überzeugen. Wie kommt das?

Es ist ein diffuses Gefühl was Menschen Brüssel ablehnen lässt. Es ist die größere Einheit von 28 Staaten und rund 500 Millionen Menschen die den Europäer zurück schrecken lässt. Und es sind die mangelnden Informationen über Brüssel, Straßburg, Frankfurt oder auch Warschau, eine gewisse Unaufgeklärtheit der Bürger. Sicher ist die EU an der Aufklärung nicht ganz unschuldig, wenn man sich manche Publikation ansieht.

Aber, und das ist für mich irritierend, die nationalen Politiker aller Parteien verstehen es den Bürger gegen Brüssel aufzuhetzen. Der Nationalstaat wird als hilflos gegenüber Brüssel dargestellt. Brüssel als Krake, die alles regulieren will.

Alles dummes Zeug der jeweiligen nationalen Politiker um die Menschen zu manipulieren. Denn wenn der Regierungschef eines Nationalstaates NEIN zu einer Richtlinie sagt, landet die Richtlinie in der Tonne. Alle Vorlagen müssen durch den Rat der Europäischen Union, der auf dem Consilium in Brüssel tagt. Mit Einstimmigkeit im Rat werden die Richtlinien verabschiedet, ein Staat der EU kann eine Richtlinie zu Fall bringen, wenn er NEIN sagt.

Die krumme Gurke und sonstige Einzelvorschriften wurden vom Rat abgesegnet, also von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten François Hollande oder dem britischen Premierminister David Camaron. Und das sind nur drei der 28 Regierungschefs.

v.l.: Angela Merkel, Francois Hollande und David Cameron  Foto: © Linde Arndt

v.l.: Angela Merkel, François Hollande und David Cameron
Foto: © Linde Arndt

Manchmal ist dieses Spiel unerträglich für die 751 Abgeordneten des europäischen Parlaments. Denn für die Fehler, die man noch nicht einmal gemacht hat, gescholten zu werden und für gute Ideen, die sich die Regierungschefs als Eigenverdienst ans Revers heften, nicht gelobt zu werden, macht den Parlarmentarier traurig und manchmal auch wütend.

96 deutsche Abgeordnete werden über die Listen nach der Europawahl 2014 nach Brüssel geschickt, 24 Parteien bewerben sich in NRW um Wählerstimmen. Neben den etablierten Parteien, wie CDU, SPD, FDP, GRÜNE und die Linke bewerben sich eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Parteien wie die NeoNazis oder christliche Parteien. Sperrklauseln, die in Deutschland fest verankert sind, wie die 5% Hürde des Bundestages, gelten für das Europaparlament ausdrücklich nicht – hier zählt am Ende jede Stimme. So hatte es das Bundesverfassungsgericht am 26. April 2014 unter Vorsitz von Richter Andreas Voßkuhle am Bundesverfassungsgericht gewollt.

Rund 60% der Vorlagen schaffen es durch den Rat, werden dann in nationale Gesetze der einzelnen Staaten umgesetzt. Die restliche 40% werden von Merkel und Co. abgelehnt.

Es sind Europawahlen am 25. Mai und wieder werden böse Spiele auf nationaler Ebene gespielt. So wird vorgegaukelt, der Kommissionspräsident, der derzeitige heißt Manuel Barroso, könne durch den Wähler bestimmt werden. Das ist falsch. Fakt ist, die Mitglieder des Rates, also die 28 Regierungschefs, bestimmen den Kommissionspräsidenten hinter verschlossenen Türen und zwar einstimmig.

v.l.: Martin Schulz und Jean-Claude Juncker  Foto: © Linde Arndt

v.l.: Martin Schulz und Jean-Claude Juncker
Foto: © Linde Arndt

Jean-Claude Juncker (Christlich Soziale Volkspartei), der ehemalige Eurochef und Martin Schulz (SPD) werden als wählbar für das Spitzenamt dargestellt. Sachlich ist auch das indirekt total falsch. Bei der deutschen CDU wird sogar noch einer drauf gesetzt, Bundeskanzlerin Angela Merkel wird indirekt als wählbar plakatiert. Ein Etikettenschwindel? Sicherlich erkennt man an solchen Verhaltensweisen nicht den Einsatz für Europa, den man sich wünschen würde. Europa ist für die Parteien nicht gerade ein Liebesprojekt für das man sich einsetzen sollte. Eben gerade sieht man in der Ukraine Krise wie die europäischen nationalen Spitzenpolitiker versagen und letztendlich den US-Amerikanern das Feld der Diplomatie in Europa überlassen. Mangels Selbstbewusstsein ist ihnen Europa egal. Wenn aber den Parteien Europa egal ist, wie soll sich denn dann der Wähler für Europa erwärmen?

Dann stellt sich doch die Frage, warum sollte der Wähler sich für Europa erwärmen und sein Parlament wählen?

 

Es gibt es, das Europa für das es sich einzusetzen lohnt.

Und aus dieser Behauptung kann man die Wahl am 25. Mai 2014 ableiten. Es ist das Europa, welches seit fast 70 Jahren Frieden hatte. Wenn man die ParlarmentarierInnen in den Ausschüssen und im Parlament beobachtet, was sie sagen, wie sie handeln und wie sie sich für eine Sache einsetzen, so sind sie sich der Verantwortung für unseren Kontinent bewusst. Sie sind engagiert und hochmotiviert etwas für Europa zu bewegen. Nicht alle, jedoch die überwiegende Mehrheit. Einige wenige sind noch mit Parteireflexen ausgestattet und denken in nationalen Kategorien, sie werden jedoch immer weniger.

Was ist mit den Grenzen? Auf dem Kontinent sehen wir an den Grenzen nur noch Ruinen der alten Grenzstationen und Wechselstuben aus längst vergessenen Zeiten. Womit wir das sind wo Europa hin wollte. Ein gemeinsamer Raum der gleiche Regeln hat, aber seine kulturellen Eigenheiten bewahrt. Die Vielfalt ist Europas Stärke.

Begonnen hat es mit der gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsunion ( WWU ) als konsequente Folge des Europäischen Binnenmarktes. Der Euro wurde eingeführt und die Verrechnung von Warenlieferungen und Dienstleistungen wurden vereinfacht. Kaum einer erinnert sich an die teilweise großen Kurssprünge der internationalen Währungen, die unsere Exporte und Importe manchmal unkalkulierbar machten. Heute haben wir trotz der Unkenrufe nach der Finanzkrise, einen harten Euro der stabil ist. Wobei der Euro in vielen Ländern die Leitwährung ist und den Dollar abgelöst hat. Was die USA nicht gerne sieht, da die Wechselkursgewinne nun in Europa anfallen.

Der Vorteil für die 500 Millionen Europäer? Wir können ohne Probleme, ohne Zölle in jedem Land der EU einkaufen oder verkaufen. Wir haben die Wahl, kein Papierkram mehr.

Nun das hört sich jetzt so an, als wenn alles so wunderbar und fehlerfrei laufen würde. Nein, weiß Gott nicht, es sind noch Fehler zu beseitigen. Die Finanzkrise hat uns Europäer gezeigt, dass wir die Hände nicht in den Schoß legen können. Ungeheure Anstrengungen der EU führen letztendlich zu einer starken Absicherung des Finanzsektors. Der letzte Schritt läuft noch – die Bankenunion.

Abgeordnete in einer Ausschuss-Sitzung   Foto: © Linde Arndt

Abgeordnete in einer Ausschuss-Sitzung
Foto: © Linde Arndt

Was war passiert? Ein Systemfehler, der sich aus dem Konstrukt der EU ergab, der die EU in den Abgrund hätte reißen können. Aber die EU hatte ja die EZB, die sich des Fehlers annahm und nachjustierte. Allerdings kann man heute sagen, hätten wir die EU und keine EZB gehabt, hätten wir in Europa eine Wirtschaftskrise erlebt, die einen weitaus größeren Schaden angerichtet hätte als der „schwarze Freitag“ von 1929. Die 500 Millionen Europäer solidarisierten sich und wehrten die Finanzkrise aus den USA erfolgreich ab.

Die Wirtschafts- und Währungsunion brachte aber noch andere Freiheiten, die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die bis heute zu immer mal wieder größeren Aufregungen führte, besonders und gerade nach der Osterweiterung der EU 2004 und 2007. Es wurde die Ausnahmeregelung „2-3-2-Formel“ eingeführt. Deutschland nahm denn auch mit Österreich das Recht in Anspruch, die aus dem Osten kommenden Arbeitnehmer 7 Jahre von ihren Arbeitsmärkten fern zu halten. Trotz allem hatte auch Deutschland und Österreich der Osterweiterung zugestimmt. Ein einfaches NEIN der beiden vorgenannten Länder hätte die Osterweiterung unmöglich gemacht.

Am 31.12.13 liefen alle Fristen ab, so dass Bulgarien und Rumänien jetzt auch die volle Freizügigkeit genießen. Beide Länder sind jedoch die ärmsten Länder in der EU. Wie vorauszusehen war, haben wir nunmehr das Problem der Freizügigkeit in Deutschland und Österreich obwohl nicht mehr Arbeitnehmer aus dem Osten in die Länder kamen. Aber auch hier wurden handwerkliche Fehler sichtbar. Unverständlich, zumal alle Regierungschefs ihre Fachbeamten zu den jeweiligen Sitzungen nach Brüssel mitbringen, denn es soll ja entschieden werden.

 

  • Kindergeld

Das Prinzip, wenn Leistungen eines Staates vorhanden sind, gelten die auch für die in diesem Staat vorhanden EU Ausländer, also für alle EU Bürger. Das gebietet die gemeinsame Wirtschafts- und Währungsunion, die auch die Deutschen wollten. Konkret: Wenn ein EU Bürger in Deutschland ist hat er auch ein Recht auf Kindergeld. Das Kindergeld bezieht sich nach dem Gesetz nur auf die Kinder, es ist egal wo sich ein Kind befindet. Beispiel, EU Eltern arbeiten als Spargelstecher in Deutschland, die Kinder sind bei der Oma in irgendeinem EU Land. Somit gibt es Kindergeld solange hier gearbeitet wird. Aber es gibt das Kindergeld auch, wenn die Eltern in Deutschland nicht arbeiten oder weiter gehend, es in dem anderen EU Land kein Kindergeld gibt. Ungerecht? Nein, wenn sich unsere Regierung was dabei gedacht hat, denke ich nicht. Nur unsere nationale Regierung äußert sich ja nicht, abgesehen davon macht sie ja keine Fehler. Eine Besonderheit von Fehlleistungen der 28 EU Nationen stellt die Problematik der Sinti und Roma dar. Immer wieder werden hier die bestehenden Problem der EU Brüssel angelastet um von dem eigenen Versagen abzulenken. Einmal sind die Sinti und Roma mehr oder weniger Asylanten und auf der anderen Seite kommen sie aus einem der 28 EU-Staaten. Welchen Status die Sinti und Roma bekommen ist manchmal verwunderlich. Letztendlich ist dieses Problem ein reines europäisches Problem, denn die Gebiete wo die Sinti und Roma herkommen befinden sich alle in Europa. Lösungen wurden in Brüssel erarbeitet, nur sie müssen auch von den Regierungschefs umgesetzt werden.

 

  • Aufenthaltsrecht

Es gehört zur Freizügigkeit der EU, ArbeitnehmerInnen können überall in der EU einen Arbeitsplatz suchen und auch annehmen. Im Gewerbebereich hat jeder EU Bürger Niederlassungfreiheit. Das hört sich gut an, in der Praxis waren jedoch ein paar Fehler sichbar geworden.

Wenn aus einem anderen EU Land ein Arbeitnehmer in einem anderen EU Land eine Stelle sucht und nicht findet, haben alle EU Staaten ein Problem. Irgendwann sind evtl. die finanziellen Reserven aufgebraucht und dieser Arbeitnehmer versucht über die Sozialsysteme seinen Lebensunterhalt zu sichern. Hat er eine gewissen Zeit in dem Land gearbeitet und in die Sozialsysteme eingezahlt, so wird er auch einen Beitrag zu seinem Lebensunterhalt aus den Sozialkassen bekommen. Ist das aber nicht der Fall steht er ohne auf der Straße. Der Gaststaat tut so als wenn er nicht da ist.

In der Regel passiert jetzt folgendes – der Arbeitssuchende wird versuchen sich am Arbeitsmarkt als Tagelöhner mit ganz niedrigen Hungerlöhnen zu verdingen um die Zeit zu überbrücken. Das geht eine kurze Zeit gut, dann wird er entweder obdachlos oder er rutscht ab in die Beschaffungskriminalität. Wo ist jetzt das Problem? Nun, er ist mittellos und ist nicht in der Lage die Heimfahrt zu finanzieren. Die Jobcenter oder Sozialämter können diesen Leuten keine Fahrkarte geben, weil die gesetzliche Grundlage fehlt. Bei den afrikanischen Flüchtlingen ist es da einfacher, die werden in einen Flieger gebracht und auf Staatskosten mit Begleitung nach Hause gebracht.

 

Beide Problemfelder sind Konstruktionsfehler der nationalen Staaten. Die Lösung wäre Brüssel. Denn Brüssel könnte zentral die in den 28 Einzelstaaten aufgetretenen Probleme vereinheitlichen und von dort auch die Umsetzung betreiben. So bekämen die Eltern ihr Kindergeld und die Arbeitnehmer ohne Arbeitsstelle würden wieder in ihre Heimatländer verbracht. Nur, das wollten die 28 EU Staaten nicht, sie wollten die Entscheidung in ihrem Machtbereich belassen.

 

Noch ein Wort zum Vorwurf über die „Regulierungswut“ der Brüsseler Administration. Die EU hat 28 Staaten und jeder dieser Staaten hat „Anspruch“ auf einen Kommissar in der Kommission. Selbstverständlich bekommt der Kommissar in der Kommission ein Büro mit Personal und ein Aufgabengebiet. Und das schafft Verordnungen und Regeln ohne Ende. Nur die Kommissare werden vom Rat, also wieder den Regierungschefs, eingesetzt.

 

Im Grund stehen die Parlamentarier des europäischen Parlaments immer außen vor und dienen der Kommission und dem Rat als Ideengeber und Problemlöser. Eine starke Position hat in diesem Spiel der Parlarmentspräsident, z.Zt. der deutsche Martin Schulz (SPD), sein Vorgänger war der Pole Jerzy Buzek (PO), beides Präsidenten des Ausgleichs, die sich nie gegen den Rat stellen würden. Beide wirken aber motivierend auf die Mitglieder des Parlaments ein. Und so kann man den Parlamentariern der EU eine gute handwerklich politische Arbeit attestieren.

Sie sind es, die Europa nach vorne bringen, die Europa leben, mit ihnen macht Europa Sinn. Wenn man einmal erlebt hat wie 4 – 5 Personen aus unterschiedlichen Staaten in den Ausschüssen über eine Sache diskutiert haben und letztendlich zu einem positiven Ergebnis kamen, geht man mit einem gewissen Stolz auf Europa aus dem Ausschusssaal.

Und deshalb sollte es für jeden überzeugend sein die 96 deutschen Abgeordnete für das europäische Parlament am 25. Mai 2014 zu wählen. Europa ist nirgendwo ein Problem, Europa ist die Lösung.

Schlussendlich muss man noch anmerken, viele Rechtspopulisten wollen ihr nationales Süppchen wieder kochen, aber auch unser westlicher Verbündete, die USA, steht der EU misstrauisch gegenüber. Denken ist Gott sei Dank noch nicht verboten. Wenn man etwas negatives über Brüssel erzählt sollte man immer an den römischen Staatsmann Cicero denken, der mit seinem Ausspruch „cui bono“ eine Verteidigungsrede verstärkte. Cui bono, wem nützt dieser vorgebrachte Sachverhalt? Europa braucht jedoch nicht nur Wähler, Europa braucht Menschen die sich für die europäischen Werte einsetzen. Der Jugendaustausch, der Studentenaustausch, die Städtepartnerschaften oder auch der Kulturaustausch, dies alles ist möglich um zusammen zu rücken, voneinander zu lernen oder aber nur mitzumachen.

 

Es ist unser und Ihr Europa, fühlen Sie sich angesprochen!

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel.

Die EU und die Schweiz, eine ambivalente Beziehung

[jpg] Feierabend war in Brüssel angesagt. Feierabend? Als wir auf dem Weg waren die Parlamentsgebäude zu verlassen, bekamen die anwesenden Pressevertreter noch eine Erklärung mit auf den Heimweg. Die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, brachte uns ihre Verärgerung über die einseitige Beschränkung des freien Personenverkehrs, der durch den Schweizer Bundesrat entschieden wurde, nahe.

Catherine Ashton Foto: © European-Union.eu

Catherine Ashton Foto: © European-Union.eu

Gerade das Abkommen über Personenfreizügigkeit, dass am 1. Juni 2002 in Kraft getreten ist, ist nach EU Meinung ein Abkommen, welches durchaus Vorteile hat – sowohl für die Schweiz als auch die EU-25 ( Für Bulgarien und Rumänien bestehen noch Übergangsfristen ).
In diesem Abkommen über Personenfreizügigkeit ist eine Schutzklausel ( Ventilklausel) aufgeführt, die es der Schweiz erlaubt, die Zuwanderung nach ihrem Gutdünken zu begrenzen.
Die Begrenzung wird dann aufgerufen wenn die Zahl der neuen Aufenthaltserlaubnisse für Arbeitnehmer und Selbständige aus der EU in einem bestimmten Jahr 10 Prozent über dem Durchschnitt der drei vorangegangenen Jahre liegt.

Aber wie gesagt, es ist eine Kann-Bestimmung, und ob das letzte Wort hier schon gesprochen wurde, wird sich erst Ende Mai 2013 ergeben, wenn die neuen Zahlen der Statistiker vorliegen.

Zur Information die ungekürzte Meldung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik Catherine Ashton:

„Ich bedauere die heutige Entscheidung der Schweizer Regierung, die einseitigen Beschränkungen des freien Personenverkehrs für EU-Bürger aus acht Mitgliedstaaten vom letzten Jahr fortzusetzen und diese auf Bürger anderer Mitgliedstaaten auszudehnen.
Das Abkommen über die Personenfreizügigkeit erlaubt dieses Jahr zum letzten Mal eine Anrufung der Klausel für EU-Bürger aus EU-25 Mitgliedstaaten. Voraussetzung ist, dass die Anzahl der Aufenthaltsbewilligungen für die Bürger dieser 25 Mitgliedstaaten in ihrer Gesamtheit den entsprechenden Schwellenwert überschreitet. Die Maßnahmen, welche die Schweizer Regierung heute beschlossen hat, widersprechen dem Abkommen, da sie zwischen unterschiedlichen Gruppen von Mitgliedstaaten unterscheiden.
Die EU misst der Personenfreizügigkeit im Kontext der gesamten Beziehungen zur Schweiz eine hohe Bedeutung zu. Diese Maßnahmen missachten die großen Vorteile, welche die Personenfreizügigkeit den Bürgern in der Schweiz und in der EU bringt. Ich bedauere die Entscheidung der Schweizer Regierung, vom Vorgehen in 2008 und 2009 abzurücken, als die Ventilklausel nicht angerufen wurde, obwohl die Möglichkeit dazu bestanden hätte.“

Martin Schulz Foto: Linde Arndt

Martin Schulz
Foto: © Linde Arndt

Martin Schulz, der Präsident des Europäischen Parlaments, hält diesen Schritt der Schweiz für nicht akzeptabel, zeigte aber auf der anderen Seite Verständnis in der Behandlung dieser Zuwanderungsprobleme.

o-karas

Othmar Karas Foto:
© europarl.europa.eu

Othmar Karas, österreichischer Vizepräsidenten des Europaparlaments und damit Ranghöchster Österreicher in Brüssel, den man zumindest ein freundschaftliches Verhältnis zur Schweiz nachsagt, diktierte auch sein Bedauern über diesen Schweizer Schritt.

 

 

 

 

 
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel.

 

Eine europäische Liebesgeschichte ist das nun gerade nicht

[jpg]  Das europäische Parlament fühlt sich nicht genügend geachtet. Der Haushalt für 2014 bis 2020 – 960 Milliarden Euro an Verpflichtungen, wovon  908 Milliarden an Zahlungen genehmigt wurden –  ist ja mit ach und Krach am 7./8.Februar 2013  durch die Regierungschefs verabschiedet worden. Es sollte ein Sparhaushalt werden und es wurde auch einer, wobei die Deutschen und die Briten sich vehement für diesen Haushalt einsetzten. Dieses Mantra des Sparen wird es jetzt sicher über Jahre geben. Nur, mit diesem Sparen kann man kein Wachstum generieren, keine Impulse  oder geschweige denn Signale setzen.

Dabei gehen die Menschen inzwischen auf die Straße und man sieht, der soziale Frieden ist in Gefahr,  indem in vielen Ländern der Ruf nach dem alten Nationalstaat durch dringt. Nationalstaaten? Da war doch noch was? Klar, das waren die Staaten, die sich in den vergangenen Jahrhunderten blutige Kriege erlaubt haben. Deutschland hat sich da besonders hervor getan. Vor diesem Hintergrund des sozialen Unfriedens hat sich das Europaparlament mit 506 Stimmen, durch alle Parteien (Auch die der Konservativen), eindrucksvoll gegen diesen Haushalt gestellt. Das Parlament will mehr,  nicht zwangsläufig mehr Geld, zumindest will das Parlament, dass es mit Europa weiter geht. Weiter geht im Sinne von mehr Verantwortung für die 500 Millionen Europäer und weiter geht mit den demokratischen Strukturen im gemeinsamen Europa – ein tieferes Europa halt. In Folge haben die Parlamentarier ein Junktim hergestellt. 6,5 Milliarden fehlen in der Europakasse aus dem Vorjahr, die normalerweise durch einen Nachtragshaushalt gedeckt werden müssten. Nur die Regierungschefs lassen sich bei dem Nachtragshaushalt einen Dummen angehen und spekulieren auf eine Verrechnung mit dem Haushalt  2014.

   

So erläuterte denn auch der Präsident des Europäischen Parlaments  Martin Schulz den Regierungschefs in der Ratssitzung vom 14. März den ablehnenden Beschluss des Parlamentes.Während der folgenden  Pressekonferenz machte der  Präsident des Europäischen Parlaments  Martin Schulz jedoch den anwesenden Journalisten  deutlich, dass die Regierungschefs schweigen, denn nach seinem Vortrag kam kein irgendwie gearteten Dialog mit dem europäischen Parlament zustande. In normalen Demokratien werden die Haushalte den Parlamenten zur Beratung vorgelegt, hier wurden die beschlossenen Haushalte durch die Regierungschefs  dem Parlament zum abnicken auf die Tagesordnung gesetzt, so Schulz. Das hat nichts mit Demokratie zu tun. Schulz fühlt sich und das Parlament übergangen und nicht ernst genommen.
Zum Thema Ungarn mit seinem Premier Viktor Orbán, wollte Schulz die aus seiner Sicht vermeintlichen Brüche im Grundrechtekatalog durch die EU-Kommissarin Viviane Reding sehr genau prüfen lassen. Zum Verständnis: Ungarn hat mit einer 2/3 Mehrheit Rechte der Justiz beschnitten und andere Artikel in den Verfassungsrang erhoben, die einen diskriminierenden Charakter haben. Ob diese Prüfung der EU nach Artikel 7 zum Erfolg  führen kann, ist umstritten. Ungarn hat schon mehrfach mit seiner 2/3 Regierungsmehrheit Artikel seiner Verfassung „verschlechtert“. Mehrfach wurde Ungarn mit seiner regierenden Fidesz Partei die Aushöhlung der Bürgerrechte vorgeworfen.

 

 

Abends am 14. März 2013 stellten sich EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und der Präsident des Europäischen Rates Herman Van Rompuy abschließend der Presse. Rompuy sprach von Zielvorgaben….es gäbe keine einfachen Antworten..von einer ernsten Diskussion im Rat….man wolle die Stabilität wieder herstellen oder auch die Nachfrage erhöhen um ein priorisiertes Ziel – Senkung der Arbeitslosigkeit zu erreichen. Dies alles hörte sich aber doch wie folgende Botschaft an: Wir haben ein Umsetzungsproblem! Denn Probleme werden doch nicht dadurch gelöst, indem man sie gebetsmühlenartig monatelang wiederholt und/oder durch andere neue Begriffe überlagert.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso steigert dies alles, indem er von einer „geschäftsmäßigen Diskussion“ sprach. Geschäftsmäßig, nicht engagiert? Also, kann man davon ausgehen, dass die Regierungschefs sich wieder vor Entscheidungen "gedrückt" haben. Die Schlüsselprioritäten, also was schon seit Jahren auf der Agenda stand, wurden bestätigt. Man wolle von der EU schnellere Wachstumseffekte. Schnellere Wachstumseffekte bekommt man aber doch nur mit mehr Investitionen, also mit mehr an Haushaltsmitteln. Und das gerade wollen die Regierungschefs doch gerade nicht; 6 Milliarden auf 7 Jahre für die Jugendarbeitslosigkeit sind da eindeutig zu wenig. Auch hat man sich nicht mit konzertierten Aktionen auseinander gesetzt. Diese Art der Vorgehensweise bietet sich doch an, bei den vorherrschenden Ängsten der Regierungschefs vor Entscheidungen. Denn wenn 27 Nationalstaaten gemeinsam und abgestimmt sich mit allen Mitteln gegen die Jugendarbeitslosigkeit stemmen würden, käme schon ein eindrucksvoller Effekt heraus. Aber was soll es, wenn die Regierungschefs kein Vertrauen zueinander haben?
Um dieses Problem nicht noch mehr zu vertiefen, nahm man dankbar den Fall Ungarn an. So wurde wenigstens von den vordringlichen Problemen abgelenkt. Das ungarische Problem ist nun in einer Debatte des Rates die dahin führen soll, dass Ungarn bei konkreten Verstößen gegen die Werte der EU, diese Verstöße  durch die EU-Kommissarin Viviane Reding geprüft werde um danach gegebenenfalls Änderungen bei den Ungarn angemahnt werden.Ob die Ungarn diese Änderungen dann umsetzen, erscheint jedoch sehr fraglich. Also, die EU hat schon Sorgen im Zusammenhang mit Ungarn, hat sich aber in den Prüfmodus zurück gezogen. Abgesehen davon, dass es keine Definition der einzelnen Werte in der EU gibt. Auch das Zypernproblem war willkommen um von den Wirtschaftsproblemen abzulenken. Und weil das nicht genug war, hat man sich das Syrienproblem auch noch angesehen.

Abschließend kann man sagen, die EU hofft mit seinen Regierungschefs auf einen Wirtschaftsaufschwung, der ja von alleine kommen soll. Was für eine Botschaft an die arbeitslosen Jugendlichen oder die Langzeitarbeitslosen!
Ein Kollege fragte, ob es nicht kräftigere Initiativen gibt; denn die Arbeitslosigkeit hat sich im vergangenen Monat noch weiter beschleunigt? Zurück kam ein eindeutiges NEIN.
Tja, so kann man Europa etwas vormachen, man muss nur zwei Schilder vor sich führen, eines mit SPAREN bedruckt und ein anderes auf dem WACHSTUM steht. Und schon lösen sich alle Probleme von selber.

 

Und Deutschland mit Bundeskanzlerin Angela Merkel? Nun, Merkel hat ihre Liebe zu den Briten, sprich Premierminister David Cameron, entdeckt. Beide verbindet eines, das Sparen. Nur, inzwischen macht sich Unzufriedenheit breit.  Die anderen Staaten sehen das ganze als Spardiktat. Dazu kommen noch die rund 8 Millionen Niedriglöhner in Deutschland. Hier sehen viele europäische Staaten Lohndumping, andere sehen in den Niedriglöhnen eine versteckte  Wirtschaftssubvention  der Deutschen. Europa ist weit von einer Wirtschafts- und Währungsunion entfernt mit den derzeitigen Regierungschefs. Die Briten haben sich in der EU auch nicht gerade beliebt gemacht, indem  ihre Immobilienkrise als hausgemacht angesehen wird.  Die europäischen Ausschüsse haben ihre Arbeit längst gemacht. Nur was nützt dies wenn die Regierungschefs dieser Arbeit ablehnend gegenüber stehen?
So kann man sicher nicht von einer Liebesbeziehung zwischen Parlament, Rat und den EU Bürgern sprechen. Hinterher versteht niemand warum die Bürger sich von der EU abwenden.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel
                                                                                       

[Alle Fotos: © Linde Arndt]