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Bürgermeisterwahlen ´15 im EN-Südkreis, was ist da gelaufen?

 

[jpg] Am Sonntag gab es Überraschungen und viel Erwartetes bei den Wahlen.

Vorbemerkungen:

Es steht nicht gut um die gute „alte Tante SPD“ in NRW. Unwillig sich der heutigen Zeit zu stellen, scheint sie mit ihren über 150 Jahren wie ein Fossil. Seit Jahren und Monaten dümpelt die Bundes-SPD mit 25% vor sich hin. In Berlin hat sie sich der CDU versprochen und weiß dabei keinen einzigen Punkt bei den Demoskopen zu machen.

Das war der erste Punkt der bei dieser Wahl eine Rolle spielte, die sogenannte politische Großwetterlage. Hier gab es keine Volkspartei SPD mehr, die auf die Kommunalwahlen abstrahlte.

Das zweite Problem ist ein Imageproblem, für eine Partei aber auch für die agierenden Personen.

Bei der EN-Landratswahl ´15 war alles klar, Schade | SPD und Bolle | CDU bauten von Anfang an kein Image auf. Sie standen für nichts und der Wähler wählte das, was er kannte, SPD war immer vorne im Kreis, also wählte man SPD um nichts falsch zu machen. Das Flüchtlingsproblem, welches die Republik überall in seinen Bann zieht, hatte man tunlichst vermieden. Die SPD in Düsseldorf, Berlin und Brüssel machte da keine gute Figur und die CDU konnte mit Merkel und Seehofer in Münschen, Berlin und Brüssel nicht überzeugen.

Das dritte Problem waren die Themen. Es gab keine Themen, an denen sich die KandidatInnen abarbeiten konnten. Eine Aufbruchstimmung (Wohin) war auch nicht auszumachen.

Und das vierte Problem bestand im Wähler selber, dem das Geschachere um Posten, Macht und Vorteile schlicht egal war, er blieb zu Hause.

 Wahlparty im Haus Ennepetal, SPD wo bist Du? (C) Linde Arndt

Wahlparty im Haus Ennepetal, SPD wo bist Du? (C) Linde Arndt

Das alles führte zu diesem Wahlergebnis, welches die Sieger zwar freute, welches aber bei näherem Hinsehen unserer Demokratie einen großen Schaden nehmen lässt. Zieht man in Ennepetal die Briefwähler ab, so erhält man eine Wahlbeteiligung von rund 33,6% und mit Briefwählern können wir gerade einmal 42,7% verbuchen. Weit über die Hälfte der Einwohner blieben der Wahl fern und waren desinteressiert. Der landesweite Durchschnitt liegt bei 40,9 %, beschämend für eine lebende Demokratie. So brachte es Unna mit 25,5 % auf einen sicherlich traurigen Rekord.

Aber, wie gesagt, dass ist nur für Ennepetal. In anderen Kommunen war das nicht viel besser.

Man könnte jetzt fragen: Ist die deutsche Demokratie ein Auslaufmodell?

Ennepetal

Anita Schöneberg | SPD hatte von Anfang an die besten Chancen die erste weibliche Bürgermeisterin zu werden. Wiggenhagen der, wenn er angetreten wäre, mit einem Amtsbonus in die Wahl gegangen wäre, war ja weg. Ihre Mitbewerberin Imke Heymann | CDU war den Ennepetalern Eingangs total unbekannt.

Heymann hatte eine Wahlkampfstrategie die der von Schöneberg in fast allen Belangen überlegen war. Schöneberg setzte auf, ich-bin-von-hier und den guten alten Einzelgesprächen auf den Plätzen (Das haben wir ja schon immer gemacht), was nicht falsch ist, aber sie vernachlässigte sträflich eine heute übliche Crossmediale Vermarktung in Wort und Bild, die Heymann jedoch anwendete. Auf der Agenda von Schöneberg standen „nur“ die alten Werkzeuge und die alten Inhalte aus dem „vorigen Jahrhundert“.

So holte Imke Heymann in den Monaten auf. Als Schöneberg den warmen Atem von Heymann im Nacken verspürte, interpretierte Schöneberg dies als die ersten warmen Sonnenstrahlen. Die semiprofessionelle weit gehend statische Wahlkampfberatung von Schöneberg tat ihr übriges, sie konnte die Strategie nicht mehr ändern. Im Internet 2.0 der sozialen Medien konnte man die ersten Gehversuche der Kandidatin Schöneberg beobachten – Dynamik Fehlanzeige, Retrospektive war angesagt.

Zum vierten Male musste sich Anita Schöneberg | SPD ganz knapp mit 291 Wählerstimmen geschlagen geben. Das ist bitter. Denn Wilhelm Wiggenhagen hatte sie ja schon 2009 mit 357 Wählerstimmen nur knapp geschlagen.

Es ist aber auch bitter und blamabel für die SPD, indem sie ihrer Kandidatin mit keiner schlüssigen und sicheren Wahlkampfstrategie zur Seite stand. Auch der Zusammenhalt der SPD war verbesserungswürdig. Im Gegensatz zur SPD hatte sich die Kooperative von CDU,FDP,Bündnis90/Die Grünen und FWE als sehr schlagkräftig und homogen erwiesen. Vielleicht wird es diese Kooperative, nicht Koalition (!), bis 2020 weiter geben.

Was dies jetzt alles für Ennepetal bringt, ist nicht ganz richtig auszumachen. Nach den Gesprächen und Analysen die Frau Heymann ankündigte müssen irgendwann Entscheidungen gefällt werden.

So bleibt noch das Ergebnis: Imke Heymann | CDU 51,4 % und Anita Schöneberg | SPD 48,6%

 


 

Schwelm

Solch ein Ergebnis hatte keiner erwartet, denn Gabriele Grollmann | parteilos holte 62,3% und der amtierende Jochen Stobbe | SPD nur 37,7 %. Es war ein Erdrutschsieg den Frau Grollmann einfuhr.

Woran hat es gelegen? Nun, 5 Jahre hatte der Rat mit seiner bürgerlichen Mehrheit eine fundamentale Diffamierung des Bürgermeisters mit seiner Stadtverwaltung gefahren. Die Rechnung ging offensichtlich auf. Nach außen musste der Eindruck entstehen, Bürgermeister Stobbe hat nichts im Griff. Jochen Stobbe hielt diese Schmähungen und Herabsetzungen mit seiner Stadtverwaltung auch aus. Das Problem, er war immer in der Defensive und stand unter Rechtfertigungsdruck, was von den Bürgerlichen ja auch gewollt war. Stobbes Partei, die SPD, fand nie eine Möglichkeit ihn zu entlasten um damit in den Offensivmodus zu schalten. Dazu kam noch, dass Stobbe durch die Medien kritisch begleitetet wurde und die Bürgerlichen als Saubermänner dastanden. Was in Ennepetal ohne Problem bei den Medien noch durch ging, wussten die Schwelmer Medien den gleichen Vorgang wirksam auszuschlachten. Wobei einige Sottissen abgefeuert wurden, die die Schwelmer Medien besser vorher hinterfragt hätten.

Ausschlaggebend war jedoch, die Wähler wollten einen wehrhaften Bürgermeister und keinen Bürgermeister der alles aushielt. Das Stobbe den Ausgleich suchte, wurde als Schwäche ausgelegt und auch kommuniziert. Wollten die Schwelmer eine 6 jährige Schlammschlacht?

Aber auch hier konnte man eine denkbar niedrige Wahlbeteiligung von 43,7% (33,1%) registrieren.

Über 50% der Schwelmer haben keine Lust sich mit der Wahl an dem politischen Leben Schwelms zu beteiligen. Es stellt sich die Frage nach der Legitimation der Gewählten. Denn in einer Demokratie sollte die Mehrheit und nicht die Minderheit bestimmend sein.

So bleibt nochmals das Ergebnis: Gabriele Grollmann | parteilos 62,3 % und Jochen Stobbe | SPD 37,7 %

 


 

Überraschungen:

60 Jahre regierte die SPD in Oberhausen. Daniel Schranz | CDU entschied die Wahl mit klaren 52,5 Prozent gegen seinen Mitbewerber Apostolos Tsalastras | SPD, mit 37,7 %, immerhin der Erster Beigeordneter, Kämmerer und Kulturdezernent der Stadt, für sich.

In Bonn holte der indischstämmige Kandidat Ashok-Alexander Sridharan | CDU mit 50,06 Prozent der Stimmen knapp die nötige Mehrheit. Der Kandidat Peter Ruhenstroth-Bauer | SPD kam lediglich auf 23,7 Prozent, selbst der Grünen-Bewerber Tom Schmidt | Bündnis90/Die Grünen kam auf immerhin 22,1 Prozent. Einen Oberbürgermeister mit Migrationshintergrund hätte man eher bei der SPD erwartet aber doch nicht bei der CDU. Damit gingen 21 Jahre SPD Ob in Bonn verloren.

Armin Laschet Vorsitzender der CDU Nordrhein-Westfalen und CDU-Landtagsfraktionsvorsitzender und damit Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag sieht seine CDU für Landtagswahl 2017 gut aufgestellt. Zur Ehrenrettung der SPD muss man allerdings auch die Lichtblicke für die SPD erwähnen; denn mit den Städten Neuss und Leverkusen wussten sich SPD Kandidaten durchzusetzen. Armin Laschet | CDU sagte es richtigerweise, bei der Kommunalwahl kommt es auf den Kandidaten an. Wie wahr.

Nochmals zurück zum EN-Kreis.

Witten hatte noch eine Überraschung zu bieten die amtierende Bürgermeisterin Sonja Leidemann | parteilos  und Frank Schweppe | SPD/CDU gehen am 27. September in die Stichwahl, die Wittener müssen dann endgültig entscheiden, wer Witten bis 2020 regieren soll. Der amtierenden Bürgermeisterin Sonja Leidemann, wurde von der Wittener SPD nach 11 Jahren erfolgreicher Bürgermeisterarbeit der Stuhl vor die Tür gesetzt. Sie hatte es gewagt, ohne die SPD zu fragen, ihre Kandidatur aus dem Bürgermeisteramt bekannt zu geben. Sonja Leidemann sollte von der SPD nicht mehr als Bürgermeister Kandidatin unterstützt werden. Dies hatte Frau Leidemann frühzeitig erfahren und sich aus dem Amt als Bürgermeisterin aufgestellt. Sie konnte aber nicht als SPD Kandidatin gelten, da die Parteistatuten nur einen Kandidaten vorsahen. Diese Wittener „Sperenzkes“ der SPD, hatten in der ganzen Republik hohen Unterhaltungswert.

CDU und SPD beschlossen daraufhin einen eigenen Kandidaten, den Ersten Beigeordneter und Sozialdezernenten  der Stadt Witten, Frank Schweppe | SPD, also einen Kollegen der amtierenden Bürgermeisterin, aufzustellen.

Es ist schon verwunderlich wie eine Frau Leidemann ohne die beiden Apparate von CDU und SPD solch einen hervorragenden Sieg einfahren konnte. Alle Achtung, Hut ab.

Das Ergebnis der Beiden: Sonja Leidemann | parteilos 44,3 % und Frank Schweppe | SPD 36,3 %

Die Stichwahlen am 27. September 2015 werden sicherlich in Witten eine spannende Angelegenheit werden. Wir werden dran bleiben.

 

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus dem EN-Südkreis

 

Melancholie an einem „Starken Ort“

[ jpg] Abschied nehmen ist nicht leicht, es kommt etwas wie Trauer auf. Und so fand die Finissage des Ausstellungsprojektes "Starke Orte" in der Ausbildungsstätte des Wittener Weichenwerks statt. Rund 150 Künstler kamen zusammen um das Projekt der "Starken Orte" zu beenden.

  • Dr. Gert Buhren (Wittener Künstlerbund)
  • Klaus Nixdorf (Bochumerkünstlerbund)
  • Sonja Leidemann (Bürgermeisterin Stadt Witten)
  • Prof. Dr. Oliver Scheytt (Geschäftsführer Ruhr.2010 GmbH)

Die Moderation übernahm: Erik Schönenberg (Projektleiter Starke Orte)

          
     

Es war ein Blick zurück aber auch ein Blick in die Zukunft.

Das Gute jedoch vorab.
Es wird in 2011 das Projekt "Starke Orte" wieder geben, zwar etwas abgespeckt, aber es wird weiter gehen.

Was am 6. März 2010 in Herne- Sodingen im Luftschutzbunker (Wir berichteten darüber) begann, endete nun in Witten. Es waren 13 Starke Orte die nacheinander bespielt wurden, es waren 15 Künstlerbünde und Vereinigungen mit hunderten von Künstlern die sich in einem einmaligen Netzwerk zusammenfanden um sich zu präsentieren. Die Ausstellungen wurden von über 10.000 Besuchern besucht, wobei alleine Witten fast 1.500 Besucher anzog.

2007 wurde der Impuls durch den Bochumer Künstlerbund gegeben und es war ein schweres Stück Arbeit was bis vor der ersten Ausstellung geleistet werden musste.

Der Herner Künstlerbund musste zwei Etagen des Luftschutzbunkers in Sodingen herrichten. Die Räumlichkeiten wurden teilweise als Lager genutzt, die jahrelang ungenutzten Räumlichkeiten sahen ziemlich "bescheiden" aus. Die Wittener waren zuerst auf der Suche geeignete Räumlichkeiten zu finden und mit der Ausbildungsstätte des Weichenwerkes sah es Eingangs nicht gerade zum Besten aus. Es wurde geräumt, entrümpelt, Wasseranschlüsse verlegt, kurz, es war Kernerarbeit die die Künstler zu leisten hatten, dies schilderte Dr. Gert Buhren vom Wittener Künstlerbund recht anschaulich stellvertretend auch für die anderen Vereinigungen.

Das Gute war jedoch, sie konnten sich immer der Unterstützung ihrer Städte und vieler Unternehmen sicher sein. Finanzielle Unterstützungen hielten sich jedoch in einem überschaubaren Rahmen. Professor Scheytt betonte das gerade und auch das Projekt "Starke Orte" den Kulturhauptstadtgedanken symbolisierte indem sich über 200 Künstler aus dem gesamten Ruhrgebiet zusammentaten um die  Möglichkeiten welche die Metropole Ruhr bietet sichtbar zu machen. Bürgermeisterin Sonja Leidemann fand, dass diese Ausstellung für das Ruhrgebiet identitätsstiftend gewesen war und dem Einzelnen die Schönheit seiner Region nahe gebracht hat. Und weiter: Wenn dieses Projekt es geschafft hat 25 Künstlerbünde unter einen Hut zu bringen, so ist das für die Städte ein Signal dem nachzueifern; denn die Finanzen der einzelnen Städte zwingen uns gerade dazu.

Klaus Nixdorf vom Bochumer Künstlerbund betonte den Gedanken des Netzwerkes von Künstlern im Ruhrgebiet. Dieses Netzwerk hat sich als tragfähig  und belastbar erwiesen, sowohl ideell als auch personell. Wichtig war jedoch die Individualität der einzelnen Bünde, die es  unbedingt zu erhalten galt. Die einzelnen Bünde als auch Künstler haben über die gemeinsame Arbeit hinaus auch persönlich zueinander gefunden, so dass man für 2011 mit guten Gedanken in die Zukunft schauen kann.

Es werden vielleicht nicht mehr die gleichen Orte sein wo man die Ausstellungen macht, neue Orte sind schon anvisiert worden, Termine sind im Gespräch aber auch andere Künstlerbünde wollen sich beteiligen. Und das ist das Ruhrgebiet, wo man sich zusammenfinden und auch einmal neu formieren kann, eben eine Dynamik die die Metropole Ruhr bietet. Es geht also weiter.

Es war eine widersprüchliche Stimmung die sich bei den Beteiligten einstellte, ein bisschen Abschied aber auch ein bisschen Aufbruch.  Bürgermeisterin Sonja Leidemann will sich dafür einsetzen, dass die Klammerfunktion die die Ruhr 2010 eingenommen hat in den folgenden Jahren Bestand haben soll. Denn gerade diese Klammerfunktion hat uns immer wieder das Gemeinsame vor Augen geführt.
Auch EN-Mosaik hat in diesem Zusammenhang eine zweite Rolle eingenommen, indem wir eine Mediatorenrolle eingenommen haben. So hat der Kunstraum-EN e.V.  den ersten Kontakt zum Bochumer Klaus Nixdorf genutzt und die Ennepetaler Möglichkeiten einer Ausstellung dargelegt. Ennepetal hat vom ideellen mehrere Spielorte, wie das Industriemuseum, das Hülsenbecker Tal oder auch die Räumlichkeiten bei Stockey&Schmitz um solche Ausstellungen zu erbringen. Und wo die Ennepetaler Künstler sich aufraffen, so werden die Gevelsberger und Schwelmer nicht abseits stehen wollen; denn auch hier sind ungeheure Potenziale.  Neugierig sind durch dieses Projekt inzwischen alle geworden. Und künstlerische Ideen haben die Künstler im Südkreis des EN-Kreises zuhauf, man muss sie nur nutzen.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Witten.