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Gastprofessur für Dr. Margot Käßmann im Namen von Max Imdahl

Sie war einmal die erste Frau in einem hohen Kirchenamt und ist nun die erste Gastprofessorin
die im Namen von Max Imdahl fachübergreifend an der RuhrUniversitätBochum
für ein Jahr Vorlesungen und Seminare anbietet.

Das Thema der Antrittsvorlesung „Multikulturelle Gesellschaft Wurzeln, Abwehr und Visionen“ zeigt schon in welche Richtung Frau Käßmann gehen will. Es wäre zu wünschen das sie zu den Begriffen Akzeptanz, Toleranz, Mitgefühl, Glaube und Liebe vieles an die Teilnehmer weitergeben kann. Wenn es notwendig erscheint auch über den Begriff „SozialEthik“ Gespräche führen, obwohl dieses Thema an jeder politischen Ecke fast täglich bemüht wird. Dies aber doch nur weil sie nirgendwo mehr vorhanden ist.

   
  v.l.: Prof.Dr.Isolde Karle Dekanin der Ev.-Theologischen Fakultät /  Prof. Dr. Margot Käßmann, Max-Imdahl-Gastprofessorin der RUB /
Prof. Elmar Weiler Rektor der RUB / Dr. Josef König, Pressesprecher der RUB                                                    Foto: © Zdena David
 

Im Sinne des Namensgebers zu arbeiten und zu lehren stellt an die Gastprofessoren eine große Herausforderung dar.

Max Imdahl lehrte von 1965 bis zu seinem Tod 1988 Kunstgeschichte als erster  Lehrstuhlinhaber für Kunstgeschichte an der neugegründeten RuhrUniversität Bochum. Er war zugleich auch Leiter der modernen Abteilung der Kunstsammlungen der RuhrUniversität.
Zu seinen Schwerpunkten in Forschung und Lehre zählten die Ottonik, die Malerei Giottos, die Malerei des niederländischen Barock und der französischen Klassik und die Kunstentwicklung seit dem späten 19. Jahrhundert.
(Wikipedia)

Wir wünschen Frau Käßmann nunmehr Seminarteilnehmer, die selber Denken oder es lernen
wollen. Darüber hinaus gute Gespräche über die wichtigen Themen unseres Lebens. Vielleicht
kann jetzt und hier der Grundstein gelegt werden, das zukünftige Studentengenerationen nicht
mehr Seminare zu dem Thema „Soft Skills“ besuchen müssen. Da sie das hierzu notwendige
Rüstzeug bereits mitbringen. Wir dürfen uns also auf ein spannendes Jahr mit der ersten
fachübergreifenden Gastprofessorin freuen.

 
v.l.:Prof.Dr.Isolde Karle Dekanin der Ev.-Theologischen Fakultät /
Prof.Dr. Margot Käßmann, Max-Imdahl-Gastprofessorin der RUB

                                                                      Foto: © Zdena David
  Will Rumi im Gespräch mit Prof.Dr. Margot Käßmann
                                                                    Foto: © Zdena David

Denen die immer wieder die Vergangenheit bemühen sei gesagt;
„Der einzige Unterschied zwischen dem Heiligen und dem Sünder ist, dass jeder Heilige eine
Vergangenheit hat, jeder Sünder eine Zukunft“
(Oskar Wilde)

In diesem Sinne Glück Auf.

Will Rumi für EN-Mosaik aus Bochum

Achtung und Respekt für Bischöfin Margot Käßmann

[jpg] In meiner Jugend hatte ich es leicht. Warum? Ich hatte Vorbilder, die gab es damals noch. Diese Vorbilder wurden auch in der Öffentlichkeit hoch gehalten. Ihre Vita war uns Ansporn, ihnen nach zu leben und ihr Wort, sofern es übermittelt wurde, galt uns allen etwas. Viele gesellschaftliche Bereiche hatten diese Vorbilder. Ich will jetzt nicht in Bereiche vordringen, die so manch einem heute fremd sind. Nehmen wir nur den Sport aus der damaligen Zeit. Wer kennt nicht die Namen Fritz Walter oder Uwe Seeler? Beide sind bekannt als Sportler die aus dem Lehrbuch für den Fußballsport entsprungen sein könnten. Politiker aller Parteien schmückten sich mit beiden Sportlern um einen Transfer herzustellen.

Auch die Kirche hatte damals Vorbilder. Bischof Niemöller, Dietrich Bonhoeffer, Kardinal von Galen, Kardinal Frings, Bischof Hengstbach sind nur einige, die den Gläubigen aber auch  allen Anderen Halt und Zuspruch gegeben hatten.

Und dann war eine ganze Weile nichts mehr zu hören und zu sehen. Man dachte es wäre vorbei mit den Vorbildern und damit mit der Vorbildfunktion. Wort und Tat fallen immer mehr auseinander, Beliebigkeit ist angesagt. Was uns danach vorgesetzt wurde lohnte keiner Zeile, die heutigen Vorbilder sind eher Zerrbilder zwischen einem Anspruch und der tatsächlichen Wirklichkeit.

Da wurde 1999 eine Margot Käßmann zur Bischöfin der Hannoverischen Landeskirche gewählt.
Nach Maria Jepsen, die 1992 zur Bischöfin in Hamburg gewählt wurde, die zweite Frau die die evangelische Kirche gewählt hatte.

Jepsen ist jedoch nie so radikal wie Käßmann gewesen und ist immer auf Ausgleich und Harmonie besonnen.

 

 Käßmann stellte sich an die Seite der Friedensbewegung und der Jugend und begleitet sie. Sie wollte raus unter die Menschen. Käßmann begeisterte, sie wollte die neue Kirche, die moderne Kirche sein. Sie ging offensiv auf die Öffentlichkeit zu, scheute nicht den Streit, eine Streiterin für das Wort. Ehrgeizig wie sie war trat sie 2003 gegen den Brandenburger Bischof Huber zur Wahl des Vorsitzenden der evangelischen Kirche Deutschlands an und verlor. Die Zeit war eben noch nicht reif. Als Bischof Huber 2009 in den Ruhestand trat, war es soweit, einstimmig wurde sie von den Synodalen zur neuen Ratsvorsitzenden der EKD am 28.10.2009 gewählt.

Nur diese Frau war seit sie Bischöfin war, der Widerspruch schlechthin. Ihren Brustkrebs machte sie öffentlich, auf eine Art, die so manch einer Frau neue Hoffnung gab. Die Botschaft: Du kannst damit fertig werden, ich wurde auch damit fertig. Es ist schwer, aber es geht. Nach dem Brustkrebs ließ sie sich von ihrem Mann scheiden, mit dem sie 26 Jahre verheiratet war und vier Kinder hat. Der Rat der evangelischen Kirche war etwas konsterniert, die Bischöfin stellte ihr Amt zur Verfügung. Der Rat stellte sich aber hinter die Bischöfin.

Es war alles öffentlich, nichts wurde verschwiegen. Dann stellte sie sich kritisch gegen den Afghanistankrieg, der ihr als Christin suspekt war. Das war richtig, denn Christen sollten die Friedfertigen sein. Sie wurde öffentlich gescholten, sie würde den deutschen Soldaten in den Rücken fallen, so hieß es. Sie ließ sich nicht beirren in ihrer Position, erläuterte und erklärte das Warum – geduldig. Damit nahm sie ihren politischen Widersachern den Wind aus den Segeln. Komischerweise hatte der katholische Bischof Mixa sinngemäß die gleichen Äußerungen getätigt, er aber blieb unbehelligt. Ja, wir Deutschen haben ein Frauenproblem. Auf der unteren und mittleren Ebene lassen wir die Frauen ja, aber die Führungsebene, nein bitte, da soll es doch ein Mann sein.

Da zeigt sich einmal mehr, wie weit die Emanzipation gekommen ist, die Frauen haben es geschafft, die Männer haben es noch nicht einmal gemerkt, dass auch sie sich emanzipieren sollten. Da stellt sich doch die Frage, können Männer sich überhaupt emanzipieren?

Und dann kam der 20.02.2010  – Margot Käßmann wurde mit 1,54 Promille am Steuer angetroffen als sie bei Rot eine Ampel überfuhr. Da schlug die Männerwelt zurück, allen voran die BILD mit F. J. Wagners, der einen für die Bild typischen Kommentar abgab. http://www.bild.de/BILD/news/standards/post-von-wagner/2010/02/24/post-von-wagner.html Nichts desto trotz stellte sich der Rat der evangelischen Kirche geschlossen hinter seine Vorsitzende.

Das sind so Momente, die in einem  große Zweifel aufkommen lassen. Man möchte wegsehen und die Tat von der Person trennen um nur die Person mit ihren positiven Leistungen zu sehen. Man ist versucht die Tat klein zu reden, weil die Person so groß ist. Dann vergehen die Tage, es wird verdrängt, die Tat wird immer kleiner, bis sie der Vergessenheit übergeben wird. Der Rat der evangelischen Kirche überließ die Bewertung dieser Tat der Bischöfin selber. Kein ernsthafter Mensch möchte in der Haut von Margot Käßmann gesteckt haben. Und was tat sie? Sie trat zurück, in einer nur für sie unnachahmlichen Art, klar, radikal und konsequent.

So schreibt sie auf der Seite der EKD:

"Am vergangenen Samstagabend habe ich einen schweren Fehler gemacht, den ich zutiefst bereue. Aber auch wenn ich ihn bereue, und mir alle Vorwürfe, die in dieser Situation berechtigterweise zu machen sind, immer wieder selbst gemacht habe, kann und will ich nicht darüber hinweg sehen, dass das Amt und meine Autorität als Landesbischöfin sowie als Ratsvorsitzende beschädigt sind. Die Freiheit, ethische und politische Herausforderungen zu benennen und zu beurteilen, hätte ich in Zukunft nicht mehr so wie ich sie hatte. Die harsche Kritik etwa an einem Predigtzitat wie "Nichts ist gut in Afghanistan" ist nur durchzuhalten, wenn persönliche Überzeugungskraft uneingeschränkt anerkannt wird. …..

Denn vollen Wortlaut können sie hier entnehmen.

Sie hätte es sich so einfach machen können, wie Otto Wiesheu  (CSU) der 1983 betrunken einen Menschen mit seinem Auto tötete und einen verletzte oder Dieter Althaus (CDU) der 2009 fahrlässig den Tod eines Menschen herbeiführte. Beiden gelang es nie mit ihrer Schuld angemessen umzugehen oder sich zu bekennen. Beide sind mit ihrem Verhalten derart beschädigt, dass sie bis an ihr Lebensende unglaubwürdig sind. Aber diese beiden haben auch andere Politiker damit beschädigt. Und das schlimme ist, denen ist es egal.

Bischöfin Käßmann ist wieder eine einfache Pastorin in der hannoverischen lutheranischen Landeskirche.
Damit beweist sie einmal mehr: "Wir fallen nie tiefer als in Gottes Hand".

Alle Achtung und Respekt, Frau Käßmann, hoffentlich bleiben sie uns noch lange erhalten.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik