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Der Schein trügt manchmal

v.l: X, Bürgermeister Claus Jacobi und Jasmin Breer  Foto: (c) Linde Arndt

Sie haben ein Auge auf die Flüchtlinge in Gevelsberg
v.l: Alexandra Konstantinopoulos, Bürgermeister Claus Jacobi und Jasmin Breer Foto: (c) Linde Arndt

[jpg] Gevelsberg hat einen guten Einstieg in die Flüchtlingsproblematik hin bekommen. Konzeptionell wurde ein eigenes Sprachkonzept entwickelt, wobei die Finanzierung auch direkt mit geklärt wurde. Nicht das die Stadt genug Spenden hätte, vielmehr werden immer noch Gelder gebraucht, so lange der Zustrom an Flüchtlingen anhält.

Zur Erinnerung blenden wir nochmals das Konto der Taubenväter ein:

Spenden-Sonderkonto Taubenväter – Menschen helfen Menschen e.V.

„Gevelsberg gemeinsam“

Konto 177 31
BLZ 454 500 50
Stadtsparkasse Gevelsberg
IBAN: DE50 4545 0050 0000 0177 31
BIC: WELADED1GEV

Aber, das ist ja nur eine Säule des Integrationsprojekt. Die zweite Säule war und ist genauso wichtig wie die erste Säule – Die Paten. Diese Paten sollen und sind die Begleitung der Flüchtlinge in der Stadt Gevelsberg. Der Weg zum Amt wird so mit einer Patin oder einem Paten ein „normaler“ Gang und Anträge gelingen ohne Stress für alle Beteiligten. So weit so gut. Nun könnte Gevelsberg die Hände in den Schoß legen und dem lieben Gott alles weitere überlassen. Es fehlt noch was, es fehlt die Nachhaltigkeit mit der Gevelsberg seine Projekte zielführend verfolgen kann.
Bürgermeister Claus Jacobi lud alle ehrenamtlichen Paten ein, damit sie über ihre Erfahrungen berichten konnten. 14 Paten mit rund 50 Patenkinder sind es bis jetzt, bei 170 Flüchtlingen, bis ende des Jahres werden es sicher noch mehr. Bürgermeister Claus Jacobi mit Fachbereichsleiter für Bildung, Jugend und Soziales Michael Pfleging, so wie Jasmin Breer und Alexandra Konstantinopoulos vom Büro für Vielfalt und Zukunftschancen, widmeten sich ganz den Ausführungen ihrer Paten.
Und es kam viel heraus. Da waren die kleinen Hilfen und Darreichungen, die von den Flüchtlingen dankbar angenommen wurden. Sprachprobleme mussten eigenständig überwunden werden oder kulturelle Eigenheiten wurden erfahrbar gemacht. Aber auch Eigenheiten der Flüchtlinge wurden einmal persönlich genommen. Der Austausch funktionierte untereinander, die Gruppe tastete sich langsam an die vielschichtigen Probleme heran. Vertrauen heißt das Zauberwort, welches man nicht herbeireden kann, sondern erarbeiten, erfühlen musste.
Sehr schnell stellte sich heraus es fehlen noch Paten in dem Team, die nach Einarbeitung mit den Flüchtlingen eine Vertrauensbasis aufbauen wollen. Geduld und Sensibilität sind dabei angesagt. Und, das wichtigste, die Paten werden nicht alleine gelassen Jasmin Breer und Alexandra Konstantinopoulos haben ihre Türen immer offen. Es ist eine Herausforderung, ohne Frage, nur es ist auch eine Erfahrung die man mit dieser Hilfe macht die man später nicht mehr missen möchte. Deshalb trügt der Schein; denn es ist mehr als nur Hilfe an Flüchtlingen, es ist eine positive menschliche Erfahrung.

Paten des Flüchtlings-Erfahrungsautausches bei Bürgermeister Claus Jacobi  im Rathaus Foto: (c) Linde Arndt

Paten des Flüchtlings-Erfahrungsautausches bei Bürgermeister Claus Jacobi im Rathaus Foto: (c) Linde Arndt

So betonte Bürgermeister Claus Jacobi, nicht die Stadt wolle der Mittelpunkt sein oder sich in diesen stellen, obwohl die Stadt für dieses Projekt geworben hat. Jacobi weiter:“ Wir wollten für das Patenprojekt werben und damit für die Menschen, die es verdient haben in unserer Gesellschaft eine Orientierung zu bekommen. Ich selber habe die konkreten Probleme erleben dürfen, weiß also aus eigener Erfahrung wie schwierig es sein kann eine Vertrauensbasis mit Menschen aufzubauen, die die deutsche Sprache nicht sprechen. Inzwischen haben wir 18 Dolmetscher mit verschiedensten Sprachen, die uns zur Seite stehen und auf die die Paten zurück greifen können.
Schritt für Schritt arbeiten wir uns an etwas heran, was man sicher einmal menschliche Integration nennen wird. Es wird nicht immer glatt gehen aber wir kommen uns alle näher.

Was wir aber dennoch brauchen, sind Spenden auch im Patenprojekt. Es sind die Kleinigkeiten die die Herzen öffnen, bei Menschen die sich teilweise verschlossen haben. Ein Fußball, ein Kleid, eine Jacke, spontan gegeben bringt die Paten sicher einen Schritt weiter.“

Diese Spendenmöglichkeiten können über

Frau Jasmin Breer
Tel.: 02332-771-280
Rathaus Zimmer: 28

oder über

Frau Alexandra Konstantinopoulos
Tel.: 02332 771-300
Rathaus Zimmer: 27

abgefragt werden.

Beide Damen freuen sich neue Paten in dem schon bestehenden Patenteam aufzunehmen. Sprechen sie einmal mit den Damen vielleicht gewinnen auch Sie eine neue menschliche Erfahrung. Es ist ein guter Schein der über und aus der Stadt Gevelsberg Strahlkraft entwickelt.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Gevelsberg

 

Gevelsberg mit Zwei-Säulen Flüchtlingspolitik

Collage "Flüchtlinge" Linde Arndt

Collage „Flüchtlinge“ Linde Arndt

 

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Bürgermeister Claus Jacobi beim Neujahrsempfang 2015 Foto: Linde Arndt

[jpg] In seinem Neujahrsempfang hatte Bürgermeister Claus Jacobi ein Flüchtlingskonzept skizziert. Nun wurde ein paar Tage später im Ratssaal ein Runder-Tisch durchgeführt um dieses Flüchtlingskonzept zu verifizieren. Aufgerufen waren alle Gevelsberger, insbesondere die Vereine, Institutionen, Firmen, Zusammenschlüsse und jeder Einzelne.
Die Flüchtlingsproblematik ist vielschichtig aber auch widersprüchlich und lässt sich sicherlich nicht auf lokaler Ebene final lösen.
Bürgermeister Claus Jacobi möchte jedoch den Flüchtlingen den Zugang in Gevelsberg erleichtern.
Dabei geht er offensiv mit der Flüchtlingsproblematik um indem er ein Konzept entwickelt hat, was über die Pflichtaufgaben, die der Bund vorgibt, hinaus geht. Das Konzept stützt sich auf zwei Säulen.

Die erste Säule – Sprache

Sprache ist der Türöffner in jeder Gesellschaft. Wie kann man kommunizieren ohne eine gemeinsame Sprache? Es soll deutsche Städte geben, in deren Mauern auf der einen Seite Ingenieure waren, auf der anderen Seite gab es Firmen die verzweifelt Ingenieure suchten und nicht fanden. Die Ingenieure wurden abgeschoben und die Firmen suchten weiter. Erst bei späterer Durchsicht der Akten in der Ausländerbehörde, erkannte man den Fauxpas. Das System hatte keinen beruflichen Abgleich mit der Flüchtlings- oder Asylantendatei vorgesehen. Es geht aber nicht nur um Ingenieure, es geht um Handwerker, um Dienstleister oder Akademiker. Bedenkt man, dass Jahr für Jahr rund 150.000 hochqualifizierte Fachkräfte ins Ausland abwandern, dass unsere Gesellschaft zunehmend älter wird, ist dieser Zustand unhaltbar. Deutsch ist nun keine Weltsprache. Warum sollte sich ein Nigerianer mit deutsch rumplagen, wenn ihm doch mit seinem englisch die ganze Welt offen steht? Französisch und spanisch ist da noch eine bevorzugtere Sprache. Also sollten die Deutschen sich schon etwas mühen um die Leute zu halten.

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Melanie Beinert, VHS Foto: Linde Arndt

Bürgermeister Claus Jacobi hatte sich mit Melanie Beinert von der VHS kurz geschlossen, die einen individuellen Sprachkurs erarbeitete. Sprache erlernen indem der Einzelne im realen Leben die Sprache anwendet. So wird der Einkauf, der Schwimmbadbesuch oder der Elternabend in der Schule zu einem Spracherlebnis mit Erfolgsgarantie.
Es ist mehr was die Kommune Gevelsberg leistet – viel mehr. Und weil das so ist und weil dieses Mehr von Berlin nicht vorgesehen ist, benötigt Gevelsberg Spenden. Spenden die eine Investition in die Zukunft darstellen, die letztendlich einen Flüchtling zum Bleiben animiert, der einen Arbeitsplatz besetzt und Steuern und Versicherung bezahlt. Man könnte dies erst einmal so betrachten und dann aufhören. Sollen wir das? Nein, denn es ist ja noch ein menschlicher und sozialer Aspekt ausschlaggebend mit dem Gevelsberg eine adäquate Willkommenskultur ihr eigen nennen darf.

Die zweite Säule – Patenschaften

Erinnern wir uns was Flüchtlinge sind, so definiert die UNHCR wie folgt: „…die infolge von Ereignissen, die eingetreten sind….., und aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will……“
Es ist bittere Not, Armut und Gefahr für Leib und Leben, wenn man Bilder aus den Kriegs- oder Kriesengebieten dieser Welt ansieht. Menschen die sich tausende Kilometer auf den Weg machen, machen das nicht um ein paar Dollars mehr zu verdienen. Und davon sind 50 Millionen zur Zeit auf dem Weg. Und es werden täglich mehr. So registrierte man am 26. Januar 2015, 173 Menschen aus 31 Nationen in Gevelsberg. Die Bezirksregierung in Arnsberg hatte Gevelsberg 106 Menschen in 2014 zugewiesen. Für 2015 rechnet Gevelsberg mit mtl. 10-15 Zuweisungen. Für die Stadt Gevelsberg eine Herausforderung. Mittelfristig fehlt es zu aller erst an schnell verfügbarem Wohnraum. Aber es fehlt das kompetente Auftreten der Flüchtlinge/Asylanten, die ihre Interessen vorbringen. Wie denn, wenn es mit der Sprache nicht klappt? Hier kommen die Paten ins Spiel. Paten, die die Flüchtlinge/Asylanten an die Hand nehmen, sie motivieren, beraten oder Wege aufzeigen. Unterschiedliche Kulturen führen zu unterschiedlichen Problemen, die aber überwindbar sind. Claus Jacobi könnte sich schon vorstellen, wie eine syrische Familie aus Homs mit einer Gevelsberger Familie in Kino, Konzerte oder auch nur in einer Großstadt gemeinsam bummeln gehen. Anfangs wird das Ganze, sprachbedingt, noch ein bisschen holprig über die Bühne gehen, zunehmend werden sich jedoch Beziehungen finden, die auf ein gegenseitiges Lernen oder Erfahren heraus laufen. Ein Gewinn also.

Jasmin Breer, Stadt Gevelsberg Foto: (c) Linde Arndt

Jasmin Breer, Stadt Gevelsberg Foto: (c) Linde Arndt

Wer kann das aber? Im Grunde genommen jeder oder jede GevelsbergerIn, es braucht nicht einmal Mut. Im Hintergrund steht das neue Büro „Büro für Vielfalt und Zukunftschancen. Kontakt: 02332/771-280, jasmin.breer@stadtgevelsberg.de, mit Jasmin Breer und einer weiteren Kollegin in der Stadtverwaltung mit Rat und Tat zur Verfügung. Hier soll alles zusammenlaufen, die Patenschaften aber auch die Spenden. Bei den Spenden haben sich die „Taubenväter“ ins Zeug gelegt, indem sie mit Bürgermeister Claus Jacobi eine Spendenaktion „Gevelsberg gemeinsam“ ins Leben gerufen haben. Das Spendenkonto wird über Frau Breer geführt.

Stichwort Ehrenamt.
Viele Flüchtlinge kommen traumatisiert zu uns. Hier ist es erst einmal wichtig, dass diesen Menschen jemand zur Seite steht um die Verarbeitung des Erlebten anzustoßen. Auch dies gehört zur Patenschaft.

Zugänge zur Gesellschaft

Eindrucksvoll hat Anette Bußmann „ihren“ Intergarten gezeigt, an dem die „grünen Finger“ von mehreren Nationen Nutz- und Zierpflanzen zum wachsen gebracht haben. Stolz zeigen die Mitglieder dieses Garten ihre schön gewachsenen Pflanzen. Nicht minder stolz waren alle internationalen Teilnehmer im Garten von Bürgermeister Ckaus Jacobi, als so an die 10 Nationen sich gegenseitig bekochten.
Und sieht man einige auf der Straße oder in der Stadtverwaltung wieder, so erkennt man schon die Sicherheit mit der sie sich in ihrer neuen Heimat bewegen.

Integration

Integration ist die Zielvorstellung in einer sozialen Stadt wie Gevelsberg. Es ist ein Zustand aber auch ein Prozess des gegenseitigen Lernens und Verstehens. Am Ende dieses Prozesses steht eine andere Gesellschaft ohne die eigene gruppenbezogene Identität zu verlieren. In der Regel ist die Gesellschaft die diesen Prozess durch laufen hat, reicher geworden indem sie die kulturellen Eigenarten des anderen übernommen haben.

Nachbemerkungen

Dieser pragmatische Gevelsberger Ansatz sollte jedoch nicht von der Wirklichkeit des Flüchtlingsproblems ablenken. Denn tatsächlich stehen mangels Perspektiven, und ich meine essenzielle Perspektiven, potenziell eine Milliarde Afrikaner bereit, ihren Kontinent zu verlassen. Für sie ist der Norden das „Schlaraffenland“ welches ihr Überleben sichern könnte. Wenn der Norden das endlich kapieren würde und eine Einwanderungs-, Entwicklungshilfe oder Wirtschaftspolitik betreiben würde, könnte die weitere negative Entwicklung gestoppt werden. Nur die Zentralstaaten des Nordens denken in anderen Kategorien. Die Staaten des Nordens sind hochentwickelte Staaten, die gewaltige Überschüsse produzieren, die es gilt an den Mann zu bringen. Entwicklung der Kundenmärkte ist da ein nachrangiges Ziel.
Und gerade Deutschland ist und war da nicht gerade vorbildlich; bis heute wartet man seit Jahrzehnten noch auf ein Einwanderungsgesetz aus Berlin. Berlin lässt alles laufen und denkt, alles würde sich von alleine regeln.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Gevelsberg