Es ist alles ein bisschen schwierig
[jpg] Dieses mal hatte der Hauptausschuss mehrmals einen Vortrag des Kämmerers Kaltenbach über sich ergehen lassen müssen. Herr Kaltenbach ist ein trainierter Redner der ohne Punkt und Komma redet aber auch eine Atmung hat die es dem Gegenüber schwer macht ins Gespräch zu kommen. Solche Verhaltensweisen findet man, wenn jemand nicht an einem Dialog interessiert ist. Hierbei fällt es immer wieder auf, wenn Herr Kaltenbach in seine Ausführungen einfließen lässt oder beginnt mit: …es ist ja alles ein bisschen schwierig…. Im alten Sprachcode der Wirtschaft heißt das übersetzt: Ihr seid ein bisschen blöd für das was jetzt kommt und ich erwarte auch nicht das ihr mir folgen könnt. Ich bin aber zumindest so gnädig und lasse euch an meinem Denken teilhaben.
Was war so schwierig? Nun, Herr Kaltenbach wollte vom Rat 10 Millionen Euro auf Vorrat bewilligt haben. Und weil alle dies auch so schwierig fanden, bewilligten sie kurzerhand die 10 Millionen. Jetzt dürfen wir ( Ennepetaler ) zwar Bereitstellungskosten für die 10 Millionen zahlen, aber vorsorglich haben wir deshalb z. B. schon einmal die Kosten im sozialen Bereich gekürzt.
Bei der in der Vergangenheit z.B. vorgenommenen „Zockerei“, haben wir das mangelnde Verständnis der Stadtverwaltung für die anvertrauten Steuergelder „bewundern“ dürfen.
Im Laufe der Sitzung traten fast alle Ratsmitglieder den Beweis für die Einschätzung an, dass „…. alles ein bisschen schwierig..“ ist. Und zwar ging es darum, einen Antrag zur “Definition der Familien- und Kinderfreundlichkeit als Leitbild“ festzulegen. Das macht Sinn für eine Kleinstadt wie Ennepetal, stehen wir doch kurz davor als „Greisenstadt“ ohne Perspektive hin zu dümpeln. Die jungen Menschen suchen vermehrt das Weite und die Jungen die noch da sind versuchen wir durch Schikane ( Schutzwall gegen einen Kinderspielplatz) zum Gehen zu bewegen.
Kaum war der Antrag, der übrigens von den jungen CDU Mitgliedern eingebracht wurde, jedoch aufgerufen, erlebte man eine Kakophonie der meisten anwesenden Ratsmitglieder. Es waren die "Methusalixe", die zum ersten male einen richtigen politischen Antrag vor ihren Augen hatten. Denn Kinder und Familien kann Ennepetal bei den überwiegend überalterten Einwohnern ohne Ende gebrauchen. Mit diesem Antrag könnte man Weichen stellen, kostet dieser Antrag doch erst nur Gehirnschmalz. Die SPD mit ihrem Fraktionsvorsitzenden wollte erst einmal geklärt haben, dass sie dies oder so ähnlich schon früher vorgetragen hatte. Und im übrigen habe man ja kein Geld, wie die Verwaltung immer betonte. | ||
Volker Rauleff SPD |
Die CDU mit Herrn Faupel musste erinnern das es erst um eine Definition gehe. Es entstand eine kleine Schweigeminute. Dann aber waren die "Methusalixe" am zetern und krakelen. Was wäre denn kinder- und familienfreundlich, wie Kinder oder Familien zu definieren wären, das könne man doch nicht. Und der alte Herr Frey von der FDP setzte noch einen drauf und wollte Ennepetal als Stadt der Leitbilder einordnen. Es war schon beschämend was da ablief. Letztendlich wurde der Antrag an den Jugendhilfeausschuss der Frau Dr. Sieckermann überwiesen. | ||
Wolfgang Frey [FDP] / Rolf-Dieter Hüttebräucker [FWE] |
Das eine gute Familien- und Kinderpolitik auch Wirtschaftspolitik ist, kein Wort davon. Bei den Konservativen, wie Rauleff (SPD), Frey (FDP), Hofmann (Grüne) und Hüttebräucker (Freien) läuft sowas unter „Gedöne“, wie Altkanzler Schröder dies immer so schön abtat.
Im Rat der Stadt Ennepetal sah sich die konservative CDU auf einmal in der progressiven Ecke. Da aber die jungen Mitglieder der CDU Heymann, Christ oder Knüppel von der CDU jedoch nicht anwesend waren, schwiegen die alten CDUler vorsichtshalber. Es ist aber wirklich alles so schwierig!
Jürgen Hofmann [Bündnis Grüne] | Walter Faupel [CDU] |
Aber was ist so schwierig wenn Mensch + Mensch eine Familien ausmachen können, um das einmal auf die unterste Ebene herunter zu brechen. Oder Kinder, hier ist doch schon der Begriff Heranwachsender gesellschaftlicher Konsens. Die treiben sich doch schon in der Tiefgarage von Haus Ennepetal rum.Und jetzt müssten die Bedingungen erarbeitet werden unter welchen die beiden Kreise Familie und Kinder sich in Ennepetal wohl fühlen würden. Und dann gleicht man das an der Realität ab, stellt Fehlendes fest und erarbeitet dann einen Handlungsplan. So einfach kann Politik sein. So ein einfaches Ratsmitglied wie Volker Rauleff muss sich ja nicht direkt an das Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf heranwagen, wo er ja wahrscheinlich sowieso scheitern würde. Und das Thema Kinder? Reicht es wenn man ein Schild an einem Spielplatz (Lindenstraße) befestigt: „Wir kümmern uns“ oder so ähnlich? Oder wenn ein Ratsmitglied seine Kompetenz für Kinder mit seinen drei eigenen Kindern dokumentieren muss, wie das Ratsmitglied Herrmann (SPD). Ist das Familien-und Kinderpolitik? Kann man von der Familie des Ratsmitgliedes Herrmann (SPD) eine Blaupause für eine Familien- und Kinderpolitik anfertigen? Wohl kaum. Kaltenbach hatte also recht gehabt, es ist alles so schwierig für die Mehrzahl der Ratsmitglieder.
Es ging aber noch weiter. Unter Top 14 verbarg sich die Erörterung des „Handlungskonzeptes Wohnen“ durch das Büro InWis aus Bochum. Es sollte nach diesem „teueren“ Gutachten ( So ein Gutachten kostet gut und gerne schon mal schlappe 50 tausend Euro) ein Handlungskonzept abgeleitet werden. Also, was sollen wir jetzt tun? Heraus kam jedoch eine Unzufriedenheit über die Aussagen dieses Gutachtens. Herr Frey von der FDP wusste, dass dieses Gutachten nicht an der Realität gemessen werden darf. Verdammt, woran denn sonst? Weitere Vorgehensweisen, also ein Handlungskonzept, daran bestand bei den Ratsmitgliedern kein Bedarf. Gutachten fertig, Gutachten bezahlen und Gutachten ablegen, mehr ist bei der Qualität dieses Rates nicht drin. Gutachten werden anscheinend zur Unterhaltung der Ratsmitglieder angefertigt. Nur, wenn schon Unterhaltung, dann sollte der Steuerzahler auch Eintritt nehmen dürfen. Ach ja, die Stadt darf ja nicht als Unternehmer auftreten.
Vielleicht sollte man ein Gutachten anfertigen lassen, wie man die geistige Qualität des Rates erhöhen kann.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal
Alle Fotos © Linde Arndt