Ennepetaler Rat auch noch als Zyniker
[jpg] Die UNO hat das Recht auf Wasser im November 2002 mit dem allgemeinen Rechtskommentar Nr.: 15 beschrieben. 2010 wurde das Recht auf sauberes Wasser in den
Menschenrechtskatalog aufgenommen. Daraus wurde die Verpflichtung der Staaten, dies nunmehr als allgemeines Menschenrecht zu akzeptieren und dafür einzustehen. Hintergrund war und ist , dass Milliarden Menschen keinen Zugang zu einer annehmbaren Wasserversorgung und zu einer sanitären Grundversorgung haben. Die EU übernahm dieses Menschenrecht automatisch.
Jedes Jahr sterben Millionen Menschen durch diese nicht hinnehmbaren Zustände. Wasser ist Bestandteil der Ernährung und stellt auch somit durch den fehlenden Zugang eine Einschränkung der Würde des Menschen dar.
Man schätzt, dass 1- 2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu einer Wasserversorgung haben und 2 – 3 Milliarden Menschen keine oder nur eine unzureichende Abwasserentsorgung haben.
Für die Ärmsten der Armen schuf man ein Recht, welches jedoch nicht einklagbar war und ist. Seit 2002 haben sich die Probleme in keinerlei Weise entspannt, vielmehr musste eine Verschärfung der Situation registriert werden.
In den reichen Ländern trieb und treibt man analog ein zynisches Milliarden Monopoly Spiel mit dem Wasser. Der Gipfel dieses Spiels waren die Verkäufe der Wasserwerke in den Industrieländern. Es wurden und werden milliardenschwere Umsätze, sei es mit Preissteigerungen oder Werksverkäufen, mit Wasser getätigt. Deutschland steht da nicht abseits, sondern mischt bei diesen Geschäften kräftig mit – grenzüberschreitend.
Und weil die Wasserwerke ohne Regeln verkauft wurden und werden, kümmerte sich die EU Kommission um dieses Problem. Michel Barnier der EU Kommissar, sollte hierzu klare Regeln ausarbeiten, was er auch tat. Der Tenor dieser Regeln sollte denn sein: Wenn schon ein Wasserwerk verkauft werden soll, so sollte der Verkauf öffentlich ausgeschrieben werden. Womit dem in vielen Ländern vorherrschenden „Klüngel“ ein Riegel vorgeschoben werden sollte. Dass das den großen Versorgern und Großkonzernen die Zornesröte ins Gesicht trieb war nach zu vollziehen. Aus dem Nichts entstand eine Bewegung gegen die Privatisierungspläne. Wobei Deutschland und Österreich sich besonders hervor taten. Denn die Wasserwerke befinden sich in Deutschland und Österreich überwiegend in den öffentlichen Händen, wie z.B. der Kommunen. Im Februar 2013 zogen Abgesandte des deutschen Städte- und Gemeindetags und Vertreter der kommunalen und privaten Wasserwirtschaft vor die Kommission um gegen die Pläne Barniers zu protestieren. Kommissar Barnier versprach seine Pläne nochmals zu überdenken, was auch sonst.
So weit so gut. Und nun geht der Rat der Stadt Ennepetal her und stimmt über eine Resolution ab, die den Verkauf von Wasserwerken an die Privatwirtschaft untersagen soll. Alles soll so bleiben wie es ist. Wasserwerke in kommunale Hände, die mehr Verantwortung zeigen als Private. Der Antrag wurde von den Bündnisgrünen eingebracht. Nur sie verkennen, dass auch der EN-Kreis und damit Ennepetal den Versorger AVU zu 50% ( Wahrscheinlich 50% plus eine Aktie) an den Großkonzern RWE „verhökert“ hat. Und die RWE aus Essen kann und wird sicherlich auch die Geschäftspolitik beeinflussen.
Was aber noch schlimmer ist, ist die Wasserversorgung der Ärmsten mit der unseren (Industrieländer) gleichzusetzen, als wenn Deutschland Probleme mit der Wasserversorgung hätte; denn wie anders sollte der Hinweis auf die UNO zu verstehen sein. Eher ist das Gegenteil der Fall. Scheinheilig und zynisch ist dieser Antrag denn auch zu nennen. Oder haben sich die Bündnisgrünen gar von RWE oder anderen Großkonzernen mit Parteispenden instrumentalisieren lassen? Wie dem auch sei, der Rat nahm bei 5 Enthaltungen diesen Antrag an.
Wie inkompetent der Antrag auch ist zeigt, dass er auf die Landesregierung und den Landtag zeigt, die doch bitte in Brüssel vorstellig werden und diese Richtlinie verhindern sollen. Hier zeigt sich einmal mehr, wie wenig Ahnung dieser ganze Ennepetaler Rat von unserer Demokratie, respektive der EU, hat.
Erst mal dieses stupide und penetrante Zeigen auf die EU in Brüssel, die an allem Schuld sein soll um den Eindruck zu erwecken als wenn aus Brüssel alles Schlechte kommt.
Wenn Kommissar Michel Banier diese Richtlinie fertig hat, müsste er sie dort erst dem Rat zur Abstimmung vorlegen. Dieser müsste einstimmig diese Richtlinie absegnen. Der Rat besteht aus den Regierungschefs und evtl. Fachministern. In diesem Fall also der Bundeskanzlerin – oder diese delegiert an den zuständigen Fachminister.
Wenn alle der Vorlage zugestimmt haben, hat aber das europäische Parlament noch ein Einspruchsrecht. Erst wenn dieses nicht wahrgenommen wird, muss es in nationales Gesetz um gesetzt werden.
Das Land, hier also Nord-Rhein-Westfalen, hat in der Entscheidungskette nichts zu suchen.
Insofern ist dieser Antrag stümperhaft und scheinheilig. Dass die Ratsmitglieder dem zugestimmt haben, zeigt einmal mehr die Inkompetenz dieses Rates. Und die Stadtverwaltung? Sie hätte zumindest dem Rat die rechtlichen Konsequenzen aufzeigen müssen. Sie hätte auf die falschen Grunddaten dieses Antrages aufmerksam machen müssen. Und der Rat? Da fehlt es mächtig an Grundkentnissen.
Auch auf die Gefahr der Wiederholung: Brüssel verbietet die Privatisierung der Wasserversorgung nicht aber Brüssel betreibt sie auch nicht! Sie stellt es den Kommunen und Gebietskörperschaften frei, die Wasserversorgung bei sich zu belassen oder eine Privatisierung zu betreiben. Und wenn die Kommunen oder Gebietskörperschaften die Privatisierung betreiben, so sollten bestimmte Regeln vorherrschen. Und diese Regeln will Kommissar Barnier eben aufstellen. Macht doch Sinn, oder?
Ein Tipp für die Ennepetaler Grünen, womit sie im Bereich Wasser punkten könnten. Die Partei sollte sich einmal mit dem Import von Wasser befassen: Im Durchschnitt isst jeder Deutsche jährlich 22 Kg Tomaten. Das bedeutet jeder Deutsche importiert 4.000 Liter Wasser! (wovon allerdings 6% Eigenproduktion abgehen). Und dieses Wasser wird vom wasserarmen Süden Spaniens mit Hilfe von Bewässerungssystemen den Tomaten beim Wachstum zugesetzt. Noch schlimmer sieht es bei den argentinischen Steaks oder den afrikanischen Kakaobohnen aus, die wir alle gerne importieren.
Seit Jahren setzt sich das Water Footprint Network dafür ein. Die Grünen hatten mal die Idee, der regionalen Vermarktung dazu.
Heute scheint es Mainstream im Westen zu sein sich mit den Ärmsten der Armen an der Wasserstelle um die letzten Liter Wasser zu prügeln, indem man diesen Weltbevölkerungsteil als Argumentationshilfe benutzt. Toller Antrag.
Die Grünen haben sich sehr weit von ihren Ursprüngen entfernt.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal