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„drei-mal-tanz“, Ballettabend von Marcelo Moraes, Young Soon Hue und Can Arslan

 "drei-mal-tanz", Ballettabend von Marcelo Moraes, Young Soon Hue und Can Arslan, am 5. Februar 2011 um 19.30 Uhr im Großen Haus

Der zweite Ballettabend der Saison ist wieder dreigeteilt und zeigt Arbeiten von drei verschiedenen Choreographen. Dabei gibt es ein Wiedersehen mit der vor zwei Spielzeiten für ihr "Glashaus" gefeierten Young Soon Hue und mit einem Mitglied der Ballettcompagnie auf der Choreographenseite. Erstmals vorstellen in Hagen wird sich Can Arslan.

Augen (UA)
Tanzstück von Marcelo Moraes
Ausstattung: Peer Palmowski
Musik von Simon Panter
Nach dem Stück "Behind the Wall", das beim "Junge Choreographen-Abend" 2009 zu sehen war, ist dies nun die zweite eigenständige Choreographie von Tänzer Marcelo Moraes. Er hat sich für "Augen" – so der Arbeitstitel – inspirieren lassen von den Werken Emil Schumachers im Hagener Kunstquartier. Er möchte das, was die Augen Schumachers gesehen haben und was der Maler auf seinen Bildern festgehalten hat, wiederum durch seine Augen gefiltert in Tanz umgesetzt auf die Bühne bringen. Der befreundete Musiker Simon Panter wird ihm die eigens komponierte Musik dazu beisteuern.

 
  Giulia Fabris    Ensemble

Waves of Emotions
Tanzstück von Young Soon Hue
Ausstattung: Peer Palmowski und Young Soon Hue
Musik von Philipp Glass und Johann Sebastian Bach
Nachdem Young Soon Hue dieses Stück 2009 mit dem Seoul Ballet Theatre in Korea zur Uraufführung brachte, wird sie es jetzt mit den Tänzern des balletthagen einstudieren.
Die Choreographin schreibt zu ihrem Stück: "Ich wuchs in der Nähe des Meeres auf. Als ich jung war, gingen mein Vater und ich oft zum Fischen mit dem Boot. Ich mochte die Wellen, die gegen das Boot schlugen…Nach dem Fischen saßen wir gerne am Ufer und sahen aufs Meer. Ich sah eine sehr ruhige

See, nichts bewegte sich. Ich sah kleine Wellen hier und da. Ich sah eine große Welle von weit her kommen. Ich sah zwei Wellen ineinander schlagen, die größere Wellen entstehen ließen. Und dann war da ein sehr heftiger Sturm… und als der Sturm vorbei war, entstand eine unglaubliche Stille und Ruhe. Für mich sind diese Wellen wie menschliche Empfindungen."

 

 Yoko Furihata, Clémentine Herveux, Carla Silva,
Andre Baeta, Giulia Fabris

  Yoko Furihata, Clémentine Herveux

A Far Cry (UA)
Tanzstück von Can Arslan
Ausstattung: Peer Palmowski
Musik von Yoko Kanno, Ludovico Einaudi und Armand Amar
Der gebürtige Münchner Can Arslan absolvierte seine Ausbildung an der Münchner Ballett Akademie und trat sein erstes Engagement an der Oper Berlin an. In der Folgezeit hat er mit vielen wichtigen Choreographen gearbeitet, z.B. mit Maurice Béjart, Heinz Spoerli, Jirí Kylián, Nacho Duato und Olga Roriz. 2002 schuf er seine erste Choreographie für die Jungen Choreographen in Berlin. Seine Stücke waren u.a. beim Festival von Madeira, beim Zypern Ballett-Festival oder beim Macedonian National-Ballett zu sehen. In dieser Spielzeit arbeitet er beim St.Petersburg Ballett, beim Moscow Classic Ballett – und mit dem balletthagen.
Can Arslan erzählt in "A Far Cry" eine Geschichte aus dem griechischen Mythos um den Titanen Atlas, der das Himmelsgewölbe am westlichsten Punkt der damals bekannten Welt stützte. Atlas hatte mit mehreren Frauen eine ganze Reihe von Kindern, meistens Töchter, die in vielerlei Gestalt bekannt sind, u.a. als Sterne…

     
  Clémentine Herveux     Andre Baeta, Hayley Macri

 

Premiere – 5. Februar 2011 um 19.30 Uhr im Großen Haus
Weitere Termine:  am 8.2., 13.2. (15 Uhr), 16.2., 27.2. (18 Uhr), 11.3., 19.3., 25.3., 26.3., 6.4., 8.4. (Gastspiel in Hameln), 17.4. (15 Uhr), 21.4., 28.4., jeweils um 19.30 Uhr, wenn nicht anders angegeben.

Karten unter 02331/ 207-3218 oder www.theater.hagen.de

Alle Fotos Stefan Kuehle

Ein beschwingter, heiterer Premierenabend im Theater Hagen

 

[jpg] Es deutete sich in der Pressekonferenz am 20.September im Theaterkaffee schon an, es sollte eine reizende und erfrischende Premiere werden. Mit Florian Ludwig (Musikalische Leitung), Ricardo Fernando (Choreographie und Inszenierung), Peer Palmowski (Kostüme und Bühnenbild) sowie Maria Hilchenbach (Dramaturgie) stellte sich ein Team vor, welches nicht besser für das Ballett Moliere sein konnte.

      
  v.l.n.r.: Maria Hilchenbach (Dramaturgie) / Peer Palmowski (Kostüme und Bühnenbild) / Florian Ludwig (Musikalische Leitung) /  Ricardo Fernando (Choreographie und Inszenierung)                                           Foto: © Linde Arndt  

Da der erste Teil der Aufführung, "Le disperazioni del Signor Pulcinella", von Hans Werner Henze war, wurde von dem Team eine gewisse Traurigkeit artikuliert, dass Henze zum Hagener Premierenabend am Freitag nicht kommen konnte, zumal dieses Stück dem Henze Projekt der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 gewidmet ist. Und wie es sich so ergab, trafen wir Hans Werner Henze zwei Tage später in Gladbeck, wo er seine neue Oper "Gisela! oder: die merk- und denkwürdigen Wege des Glücks"  in einer Pressekonferenz vorstellte (Wir berichteten darüber). Es war nicht schwer Hans Werner Henze zu überzeugen, dass das Theater Hagen sich freuen würde, wenn er zumindest an der Hauptprobe teilnehmen könnte, zumal er seine Neufassung von 1995 noch nie selber gesehen hatte. Es wurden kurz Termine umgelegt und Henze kündigte sein Kommen in Hagen an. Wir fanden es ist immer wieder für jedes Haus ein Ansporn, eine Ehre und  Freude im Beisein des Komponisten dessen Aufmerksamkeit für das Werk zu haben. Dies wurde uns auch in der Premierenfeier von Generalmusikdirektor Ludwig und dem Choreographen Fernando bestätigt.

Um das Ballett "Moliere" weitergehend verstehen zu können, sollte man sich in die Zeit versetzen als es entstand, das 17. Jahrhundert. Die Person Moliere war in der französischen Gesellschaft eine total widersprüchliche Person. Auf der einen Seite hatte Moliere die "Gunst" Ludwig des XIV, einem absoluten Herrscher, auf der anderen Seite bekämpfte die Gesellschaft  Moliere mit allen Mitteln bis hin zum Rufmord. Da der König ihn schützte konnte Moliere sich am Hof des Königs halten. Was hatte Moliere getan? Nun, einesteils hatte er die französischen Theatertraditionen der "Farce" mit der italienischen Tradition der "Commedia dell‘ Arte" vereinigt und andererseits hatten seine Stücke als Akteure den gemeinen Mann, den Bourgeois, also den Bauer, den Kaufmann usw.. In vielen seiner Stücke ist indirekt aber auch direkt dieser einfache Mann sogar der Held und der Adelige ist der Dumme. In der damaligen Zeit gab es schlicht und ergreifend kein Volk in der Geschichtsschreibung. Und überhaupt gab es in der Geschichtsschreibung Frankreich erst ab dem 17. Jahrhundert. Moliere war es zu verdanken das er Frankreich animierte sich seiner Geschichte zu besinnen und damit letztendlich zu einer eigenen Identität zu kommen.

Moliere war für mich ein Universalgenie, so reiste er mit dem berühmten Scaramouche durch Frankreich und erarbeitete seine Komödien und brachte sie zur Aufführung. Es blieb nicht aus, dass diese Theatertruppe auch in Paris auftrat, wo sie auch direkt Gesprächstoff in der Gesellschaft war. Es war nur ein kurzer Weg und Moliere war am Hof Ludwig des XIV. Dort kam er mit dem Italiener Giovanni Battista Lulli, der sich in Frankreich verständlicherweise Jean-Baptiste Lully nannte, zusammen. Fortan arbeiteten beide zusammen. So weit einige wenige Hintergrundinformationen.

Das Ballett Moliere das in Hagen zur Aufführung gebracht wird gliedert sich in zwei Teile.
Der erste Teil "Le disperazioni del Signor Pulcinella" (Die Verzweiflung des Herrn Pulcinella) ist der Henze Teil. Man muss die Musik Henzes, die im übrigen sehr wohl "hörfähig" ist, nicht verstehen, man muss sich nur auf die Handlung und die Musik einlassen und schon bekommt man eine spannende und anregende Handlung vorgesetzt, die man nicht mehr missen möchte. Also zurücklehnen, Augen und Ohren auf und auf sich einwirken lassen. Denn Henzes Musik begleitet und verstärkt die Erzählung.

Die Handlung:

Herr Pulcinella (Andre Baeta), ein einfacher aber reicher Mann, ist mit Smeraldine (Hayley Macri), aus der gehobenen Gesellschaft, verheiratet. Smeraldine betrügt ihn mit Salvatore Lupino einem Kavalier der ihrem Stand angemessener erscheint. Pulicinella merkt dies, zumal die Beiden ihre Betrügereien nicht gerade versteckt ausüben, und beschwert sich bei seinen Schwiegereltern Herrn Bellavista (Leszek Januszewski) und Frau Bellavista (Giulia Fabris). Smeraldine ist jedoch eine gewiefte Betrügerin und dreht den Spieß einfach um indem sie die Treue Pulcinellas in Frage stellt. Dies bewirkt nun, dass Pulcinella unglaubwürdig wird. Als Pulcinella Salvatore und Smeralda in Flagranti erwischt holt er seine Schwiegereltern um sie mit dem Beweis zu konfrontieren. Das Ergebnis ist für Pulcinella ernüchternd – er wird verhöhnt und ausgelacht. In seiner Verzweiflung sieht er nur einen Ausweg – den Freitod.  In einem anderen Leben findet er nun zu dem zurück, wonach er sich so sehnte, der einfachen und reinen Liebe.

     

André Baeta      
Fotos: Foto Kühle; Rechte theaterhagen

 

Hayley Macri, Marcelo Moraes  
Fotos: Foto Kühle; Rechte theaterhagen          

   

Baeta (Pulcinella) tanzt einen Leidenden der nicht nur überzeugt, man leidet förmlich mit und möchte am liebsten auf die Bühne springen um ihm zu Hilfe zu eilen. Rührend wie er sich um Smeraldine kümmert. Hayley Macri (Smeraldine) stellt dieses "Biest"  dar indem sie zwar Pulcinella nicht ganz abweist (denn sein Geld ist ihr ja gut) aber doch klar sich für Salavatore (Marcello Moraes)  entscheidet, der ihr mehr gesellschaftlichen Glanz verspricht. Marcelo Moraes als Salvatore könnte die Oberflächlichkeit der gehobenen Gesellschaft nicht besser darstellen. Ihm ist es egal ob Smeraldine verheiratet ist, er lebt nur dafür eine neue Eroberung gemacht zu haben. Liebe ja, aber doch nur bis zum Bett. Mit Leszek Januszewski (Herr Bellavista) und Giulia Fabris (Frau Bellavista) tanzen zwei Schwiegereltern die nur das Aufgesetzte lieben, es ist lachhaft was sie zu bieten haben, nämlich nur Äußerlichkeiten. Diese Gesellschaft die Pulicinella in den Tod treibt kann sich der Verachtung sicher sein. Tänzerisch wird durch kurze Schrittfolgen und Hebefiguren sowohl das Leid als auch in einer anderen Szene die Zerrissenheit sehr gut dargestellt. Die Konfliktsituationen werden in ihrer Dramatik sowohl tänzerisch als auch musikalisch exzellent umgesetzt. Hier zeigt sich die Stärke von Henzes Musik wenn sie gut umgesetzt wurde, das Publikum brennt darauf einzugreifen.


Der zweite Teil des Abends ( es ist eine Uraufführung)  gliedert sich in drei Teile und ein Rahmenteil:

Auf der Bühne steht ein riesengroßes Buch, welches aufgeschlagen, also erzählt, werden will.
Jean Baptiste Moliére (Marcello Moraes), Louis XIV (Vladimir Freitas) und Jean-Baptiste Lully erscheinen auf der Bühne und kommen überein die Erzählungen Moliéres zu inspizieren, die Musik ist hier von Richard Strauß.

Le Bourgeois gentilhomme (Der Bürger als Edelmann), Musik: Jean Baptiste Lully

                       
              Ensemble                                                                       Fotos: Foto Kühle; Rechte theaterhagen  

Jourdain (Leszek Januszewski) ein reicher einfacher Bürger will aufsteigen, sein Status ist ihm nicht gut genug. Er will sich die Regeln der Adligen aneignen. Dazu will er fechten, tanzen und  musizieren lernen. Keine geringeren als Louis XIV( Vladimir de Freitas) Lully (Shaw Colemann) und Moliére (Marcelo Moraes) wollen ihm das beibringen. Aber es klappt nicht, er ist ein wahrer Tollpatsch. Unbemerkt von seinen Bemühungen hat sich seine Tochter Lucile (Yoko Furihata) mit Cleante (Malthe Clemens) nicht nur befreundet, sondern sie wollen gar heiraten. Nur Jourdain und seine Frau (Noemi Martone) sind gegen diese Verbindung, weil diese für sie nicht standesgemäß ist. Cleante und sein Freund Dorante (Andre Baeta) überlisten jedoch Jourdain indem sie sich als Prinz und dessen Abgesandter ausgeben um Jourdain den Titel eines Paladins anzutragen und verlangen dafür Lucile als Frau. Jourdain fällt darauf herein und gibt die Hand seiner Tochter dem Prinzen. Die Liebenden haben sich gefunden. Die Moral von der Geschichte: Schuster bleib bei deinen Leisten.
              

Januszewski entwickelt einen Tollpatsch und einen Neureichen der nicht nur überzeugt, nein mit diesem komödiantischen Talent treibt er einem die Tränen vor lachen in die Augen. Er stolpert von einem Fettnäpfchen in das andere. So ist es nicht verwunderlich das Cleante ihn auch überlisten kann. Wunderbar und reizend erzählt.

               

Le Malade imaginaire (Der eingebildete Kranke) Musik: Darius Milhaud

      
   Ensemble                                                                       Fotos: Foto Kühle; Rechte theaterhagen  

Argan (Matthew Williams) ein Hypochonder hat nur seine Krankheiten im Sinne. Diese Krankheiten werden immer mehr, die Kosten für diese Krankheiten jedoch auch. So kommt Argan auf den Gedanken seine Tochter an einen Arzt zu verheiraten, was diese jedoch nicht will, sie liebt einen anderen. Argan soll sich tot stellen um in den nun folgenden Gesprächen herauszuhören, wer ihn wirklich liebt. Es stellt sich heraus, dass nur seine Tochter ihn wirklich liebt, als er als vermeintlich Toter die Gespräche mithört. Argan überlässt nun seiner geliebten Tochter die Wahl des Ehemanns.

Es ist schon eine Freude wie ein Matthew Williams (Argan) sich als eingebildeter Kranker mit seinem Krankenbett über die Bühne fahren lässt. Immer wieder tanzt er szenisch über die Bühne und hopst und plumpst zum Abschluss in sein Krankenbett, nicht ohne vorher das überdimensionale Thermometer in den Mund zu stecken. Mit großen Augen schaut er auf seine ihn versorgenden Krankenschwestern. Und diese Krankenschwestern haben es doch recht leicht mit ihm und seinen vermeintlichen Krankheiten. Ein bisschen abhören, ein bisschen antippen und schon ist eine neue Krankheit diagnostiziert.  Eine Phase der Genesung gönnen sie ihm allerdings nicht, schon wackeln sie wieder zu ihm hin. Die Szene könnte gut und gerne in einem Schönheitsinstitut, nein, es heißt ja heute einer plastischen Chirugie,spielen. Für diese Art von Kranken gibt es in der Regel kein Entkommen.

Dom Juan ou le Festin de pierre (Dom Juan (Spanisch Don Juan)) Musik: Christoph Willibald Ritter von Gluck 

       
     Carla Silva, Leszek Januszewski               



               Fotos: Foto Kühle; Rechte theaterhagen



 

Dom Juan (Leszek Januszewski) hat Elvire (Carla Silva) entführt und will sie heiraten um sie danach wieder fallen zu lassen. Dom Juan ist ein Mensch der keine Normen kennt und ewig Grenzüberschreitungen begeht. So ist es nicht verwunderlich das er keine Freunde hat, jedoch unzählige Feinde. In Elvire hat er jedoch zum ersten mal eine Frau die seinem drängenden Werben widerstehen könnte. Dieser Widerstand stachelt ihn jedoch nur an; denn ein Nein kennt ein Don Juan nicht. Letztendlich kommt es wie es kommen muss, die ehemals Herabgesetzten treten auf um über ihn zu richten.

In diesem Moment steht Jean Baptist Moliére auf und findet sich mit dem sich abzeichneten Ende der Geschichte nicht ab. Er bricht die Geschichte ab.

Leszek Januszewski und Carla Silva zeigen in ihrem  Pas de deux sehr anschaulich den Kampf um eine Moral und die guten Sitten. Das sich fordernde Nehmen und das sich wehren um und gegen die Moral. Zügelosigkeit auf der Seite von Juan der aber nur die  Ehrlosigkeit des anderen erbringt. Das Vereinen wollen und doch nicht können, drückt sich in vielen Figuren der Beiden aus. Eine sehr ausdrucksvolle Darbietung die nur durch das Eingreifen Moliéres beendet wird. Tja, Moliére konnte anscheinend nicht alles ertragen, wie man an seinem Lebenslauf auch sehen konnte.

Das große Buch wird geschlossen, die Geschichten sind erzählt. Vielleicht haben sie den Einen oder Anderen nachdenklich gemacht. Berührt haben sie auf jeden Fall.

Die Vorstellung endete mit tosendem Beifall und nicht endend wollenden Verbeugungen der Akteure.

Das Ballett war ein durch und durch Spitzenballett, das Corps war gut aufgelegt und brachte in Verbindung mit der Musik beste Erzählkunst in  Form einer Komödie aber auch Tragödie dem Publikum dar. Die Kunst Komödie mit der Tragödie zu vereinen ist nicht jedem vorbehalten, das Hagener Ballett hat es jedoch geschafft. Auch wurden Ansätze mit unserer heutigen Gesellschaft offensichtlich aufgezeigt. Erwünscht? Lassen wir es stehen. Dank an  eine hervorragende Leistung aller Beteiligten. Und diese Beteiligten wurden anschließend nochmals in der folgenden Premierenfeier berechtigterweise vom Intendanten Norbert Hilchenbach gewürdigt.

   
  Hans Werner Henze (Zweiter v.l. zweite Reihe) bei seinem Besuch im Theater Hagen                                                  Foto: Foto Kühle  

 Weitere Vorstellungen:

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Hagen.

 

 

 

Zwischen zwei Welten

Premiere von "Undine" ein Ballett von Stijn Celis im Aalto Theater Essen

[jpg] Hans Werner Henze war zur Premiere selber anwesend und empfing den begeisterten minutenlangen Applaus des Premierenpublikums. Undine ein uraltes Thema, welches auch Hans Werner Henze in seinen Bann zog. So tat er sich mit Frederick Ashton, der das Libretto schrieb, zusammen, komponierte ein Ballett in drei Akten und brachte es 1958 in London zur Uraufführung. Keine geringere als die unvergessene Margot Fonteyn tanzte damals die Undine am Londoner Royal Opera House, Covent Garden. Es war eine umjubelte Uraufführung die von Henze selber dirigiert wurde.

Am 18. September 2010 fand dieses sinnliche Ballett im Rahmen des "Henze Projekts" der Ruhr2010  im Essener Aalto Theater zu einer neuerlichen Premiere. Stijn Celis Choreographie, Jann Messerli Bühne, Catherine Voeffray Kostüme und Volker Perplies Dirigent mit den Bochumer Symphonikern, schufen ein Ballett nach der Musik von Hans Werner Henze das dem Undine Thema gerecht wurde. Ja, sie gingen einen Schritt weiter und entführten es in die heutige Zeit der Yuppies. Die Henze Musik gibt dies allemal her, ist sie doch gerade für dieses Ballett komponiert worden.

Zur Handlung: Palemon (Marat Ourtaev) ist mit Beatrice (Ana Sánchez Portales) verlobt und schickt sich an zu heiraten. Die Hochzeitsgesellschaft trifft ein, eine uniformierte übersättigte Gesellschaft die ein sicher rauschendes Hochzeitsfest erwartet.

 

Palemon, der auch ein Finanzberater sein könnte, steht vor einem neuen Lebensabschnitt, Familienbindung, Hausbau und vielleicht auch Kindersegen.

Er zweifelt an seinem Schritt. Ist Beatrice die Richtige?

Ist das die Liebe nach der er sich in seinen Träumen gesehnt hat? Da erscheint ihm Undine (Yoo-Jin Jang) und zieht ihn sofort in seinen Bann. Das andersartige von Undine lässt ihn seine Verlobte vergessen, wie von einer Magie besessen folgt er Undine in einen Wald.

Foto: Mario Perricone    

Dieses Andersartige scheint für Palemon die Liebe zu sein die er sich in seinen kühnsten Träumen vorstellte, es ist die Unausweichlichkeit der jeder Mensch erliegen würde. Beartrice und die Hochzeitsgesellschaft sind in Sorge und suchen Palemon.

 Jedoch Palemon ist schon soweit gegangen, dass er sich Tirrenio (Breno Bittencourt) dem Vater Undines vorstellt. Dieser ist jedoch mit dem Liebespaar Undine Palemon nicht einverstanden und versucht mit seinen Nymphen und Tritonen (Die als Matrosen auftreten) das Paar zu trennen.

 
    Foto: Mario Perricone

Er weiß um die Liebe zwischen einer Unsterblichen und eines Sterblichen. Vergeblich sind seine Bemühungen. Die Liebenden flüchten und wollen ihre Vereinigung besiegeln. Der nun verzeifelt auftauchenden Beatrice weißt er den Weg des entflohenen Liebespaares um diesen Bund noch zu verhindern. Zu spät. Der Eremit (Dragan Selakovic) hat die beiden Liebenden schon getraut. Da taucht Beatrice mit der Hochzeitsgesellschaft auf und erinnert Palemon an die versprochene Liebe. Für Palemon entsteht ein Konflikt der ihn zwischen der Welt der Undine (Unsterblichkeit) und der irdischen Welt Beatrice (Sterblichkeit) hin und herreißt. Undine ist es die spürt dass sie für die irdische Liebe nicht geschaffen wurde.

 

Ein Sturm bringt Beatrice und Palemon wieder zusammen und lässt sie auf einem Felsen stranden.

Die irdische Liebe als ein auf sich zurückgeworfenes Eiland, welches die Rettung bedeutet? Palemon kann Undine jedoch nicht vergessen und einfach zum Alltag zurückkehren; denn er hat die übersinnliche Liebe kennen gelernt. Aber nun soll die irdische Hochzeit stattfinden. Tirrenio, Undines Vater mischt sich mit seinem Volk (Nymphen und Tritonen) unter die Hochzeitsgesellschaft, wo sie als Harlekine verkleidet die Hochzeitsgesellschaft dämonisieren und unterhalten.

Foto: Mario Perricone    

Beatrice spürt das Palemon sich nach Undine sehnt und versucht ihn abzulenken. In diesem Moment erscheint Undine noch einmal mit einem schwarzen Schleier um sich für immer von Palemon zu verabschieden. Palemon ist entrückt und versucht Undine die  Liebe näher zu bringen. Undine wehrt ab, da sie die Unhaltbarkeit dieser Liebe einsieht. Palemon will jedoch nicht lassen. So vereinigen sich die beiden in einen Kuss, der zum Todeskuss für Palemon wird.

Das Bühnenbild von Jann Messerli ist sparsam entworfen und bringt den Zuschauer sehr gut in das Geschehen, dadurch steht die Handlung im Vordergrund. Die Kostüme von Catherine Voeffray verstärken die Symbolik der handelnden Akteure, wie Beatrice mit langem rotem Gewand, was offensichtlich das Rot der irdischen Liebe versinnbildlicht. Oder auch Undine, die in einem weißen kurzen Kostüm auftritt, welches die absolute Reinheit der übersinnlichen Liebe symbolisieren soll. Dann die Harlekine und Nymphen, die in ihren bunten Kostümen die bunten Träume unseres Ichs darstellen, die uns manchmal auf eine Reise schicken die nur durch das Erwachen beendet wird.

Die Musik von Hans Werner Henze ist so emotional, dass sie uns erst den Besuch in diese andere Welt ermöglicht. Das fast Körperlose in der anderen Welt, die übermenschliche Liebe der Undine zieht  mit einer Musik die teils sphärisch ist jeden Menschen in seinen Bann. Palemon der Zweifler. Ist das Liebe? Musikalisch hin und her gerissen, keine Ruhe sein Grübeln findend, welches in einem neuen Auftakt beendet wird um sich in den Armen der beiden ihn Liebenden wieder zu finden. Und dann Undine, dieses überirdische Wesen, welches so leicht und beschwingt dahin gleitet, die Musik verleitet sie immer wieder zu neuen größeren Anstrengungen Palemon für sich zu gewinnen. Der Tanz einer einzelnen Nymphe (Adeline Pastor) gerät zu einem Tanz der jedem die Faszination dieser Welt aufdrückt. Man kann sich dieser Welt nicht entziehen.

Es ist ein klassisches Handlungsballett dass man nicht missen möchte, welches durch das Corps de ballett des Aalto Ballett Theater Essen bravourös zur Aufführung gebracht wurde. In einer kleinen Premierenfeier nach der Vorführung waren alle Teilnehmer voll des Lobes und konnten sich in der vielfältig möglichen Interpretation ergehen.


 

Das Ballett findet seine Wiederholung: 21., 23. September 2010 | 2. Oktober 2010 | 5., 7., 20. Januar 2011

Tickets unter Tel.: 0201/8122-200 oder Fax: 0201/8122-201
email: tickets@theater-essen.de
Werkeinführungen jeweils 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn in der Aalto-Cafeteria

 

Gallery mit Fotosvon Mario Perricone


 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Essen