Man sollte eine gewisse Windschnittigkeit besitzen
[jpg] Unsere Kultureinrichtungen, wie Oper, Theater oder Museen, befinden sich in der Regel in den öffentlichen Händen. Öffentliche Hände sind nicht immer in der Lage diese Kultureinrichtungen finanziell so zu versorgen, um geregelte und attraktive Vorstellungen erbringen zu können. Die Sparhaushalte schlagen immer erst bei der Kultur zu. Sponsoren, Stiftungen, Förder- und Freundeskreise oder auch Kofinanzierungen entlasten die Kultureinrichtungen. Die finanzielle Unterausstattung konnte und kann jedoch nie beseitigt werden. Investitionen, welche die Einrichtungen attraktiver machen würden, bleiben außen vor. Selbst die laufenden Unterhaltungen, die für einen profitablen Betrieb notwendig sind, unterliegen den Sparbeschlüssen. Die privaten Finanziers sehen sich immer mehr überfordert und können die Lücken nicht schließen. Rücklagen oder Rückstellungen, die betriebswirtschaftlich geboten sind, sind nicht möglich. Ungewissheit statt Planungssicherheit sind der Alltag.
So wundert es nicht wenn sich Intendanten oder Direktoren einem ewigen Spagat zwischen den Sparanforderungen der Städte und dem kulturellen Auftrag ausgesetzt sehen. Von der Idee und Planung einer guten Ausstellung bis zur Ausstellungseröffnung in einem Museum vergehen Jahre.
Eine Oper oder ein Theaterstück ist auch nicht innerhalb eines Jahres zu realisieren. Planung und Ausführung benötigen jedoch einen sicheren Finanzrahmen, der sich innerhalb der Umsetzung des angestrebten Ereignisses auch verändern kann. Politik und Verwaltung stehen nicht gerade hilfreich zur Seite, vielmehr warten beiden auf den Worst Case.
So auch im Falle des Lehmbruck Museums. Professor Raimund Stecker musste nach einer sechsmonatigen Bewährungsphase als Direktor des Lehmbruck Museums gehen. Was war passiert? Im Jahre 2012 fielen dem Museum die Deckenplatten herunter, der Besucherverkehr musste unterbunden werden. Die Deckenplatten wurden allesamt deinstalliert. Im Zusammenhang mit diesem Schaden stellte die Stadt weitere notwendige bauliche Investitionen fest, die letztendlich zu einer vorläufigen Investitionssumme von rund 4 Millionen Euro führten. Das Museum liegt im Duisburger Kantpark der 40 Skulpturen beinhaltet. Die Rasenfläche des Parkes ist in einem erbarmungswürdigen Zustand und lädt sicher nicht zum Besuch des Museums ein. Professor Raimund Stecker ist nun seit Anfang 2010 Direktor des Lehmbruck Museums und beerbte damals Christoph Brockhaus, der in den Ruhestand trat. Stecker, der Kunsthistoriker ist, hat im Lehmbruckmuseum viel neues angestoßen um den Weg des international renommierten Lehmbruck Museums als Skulpturen Museum im Sinne von Wilhelm Lehmbruck zu begleiten und zu befördern. Das ihm dies zur Gänze nicht gelang, war der dramatischen finanziellen Situation der Stadt Duisburg geschuldet. Durch die Finanzkrise und die einhergehenden niedrigen Zinsen, konnte auch die Lehmbruck Stiftung nicht helfen. Stecker, der persönlich eher kein Diplomat ist und sich schon immer mal mit seiner direkten Art unbeliebt gemacht hatte, konnte letztendlich keinen Entscheider auf seine Seite ziehen. Was folgte waren unappetitliche, gegenseitige Schuldzuweisungen hinsichtlich der Situation des Museums. So gab es am Dienstag, 21.05.2013 die endgültigen Trennung auf Gegenseitigkeit mit sofortige Wirkung. Was folgte war noch ein „Nachtreten“ der Stadt, die über ihr Rechnungsprüfungsamt Stecker eine katastrophale kaufmännische Führung attestierte. Spesenbelege, die nicht ordnungsgemäß waren, wurden in dem Testat aufgeführt. Wie gesagt, es muss zwischen der Stadt und Stecker eine unappetitliche Runde gegeben haben. Oberbürgermeister Sören Link musste sich als Kuratoriumsvorsitzenden der Lehmbruckstiftung per Videobotschaft nochmals rechtfertigen. Was bleibt?
Professor Raimund Stecker geht und Frau Dr. Söke Dinkla wird neue Direktorin des Museums.
Ist Frau Dinkla eine Unbekannte? Nein. Sie ist Künstlerische Leiterin für Kunst im öffentlichen Raum der Stadt Duisburg. Macht sich doch gut, eine Stelle gespart. Ist doch sowieso kein Geld mehr für Kunst vorhanden; denn auch Duisburg steckt in der Haushaltssicherung. Und Frau Dr. Söke Dinkla? Von 1996 bis 2000 war Dinkla als Kuratorin am Wilhelm Lehmbruck Museum in Duisburg. In den Jahren 2000 bis 2007 arbeitete sie als Kuratorin für das Kulturfestival »Akzente« in Duisburg. Von 2005 bis 2007 war Dinkla Mentorin für »Public Art« bei der Bewerbung „Essen für das Ruhrgebiet“ Kulturhauptstadt Europas 2010. Sie übernahm im Mai 2007 die Leitung des Kulturhauptstadtbüros RUHR.2010 in Duisburg, daran anschließend ab 2012 die Leitung der Kunst im öffentlichen Raum der Stadt Duisburg. Sie kuratiert sowohl temporäre als auch permanente Projekte im urbanen Raum, wie zuletzt die begehbare Großskulptur „Tiger & Turtle – Magic Mountain“ (Ist eine einer Achterbahn nachempfundene Landmarke auf der Heinrich-Hildebrand-Höhe) von Heike Mutter und Ulrich Genth in Duisburg.
So fügt sich alles zum guten, dem mit Ecken und Kanten ausgestatteten Professor Stecker konnte man keine Windschnittigkeit angewöhnen. Und die Verantwortung für das Lehmbruck Museum?
Das Geld für die aufgelaufenen Investitionen wird jetzt aus dem Stiftungskapital genommen. Warum nicht gleich so? Vielleicht sind ja auch noch ein paar Euro für ein paar Tüten Rasen im Kantpark – sieht besser aus. Die Knieende von Lehmbruck würde dadurch besser präsentiert.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Duisburg
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