Mehr gesellschaftliche Werte brauchen wir

[jpg] Die Sparkasse Gevelsberg lud Dr. phil. Richard David Precht zu einem Referat ins Zentrum für Kirche und Kultur in der Südstraße ein. 400 Gäste hörten den Worten des Philosophen den der Philosophen Kollege Peter Sloterdijk in einem Interview einen Popularisator  nannte. So versuchte Precht die Philosophie dem Publikum verständlicher zu machen und wartete mit anschaulichen Beispielen aus der Moralphilosophie auf. Beispiel gefällig?

Ein Mensch steht auf einer Brücke über einem Gleis und ein Waggon rast völlig außer Kontrolle über das Gleis auf fünf Gleisarbeiter zu.  Wenn der Waggon weiter fährt würde er vier Gleisarbeiter überfahren. Vor dem Menschen steht ein dicker Mann. Dieser dicke Mann kann evtl. diesen Unfall verhindern wenn der Mensch ihn von der Brücke und vor den Waggon  stoßen würde. Ein sechstel der Menschen würde den dicken Mann von der Brücke stoßen – und zwar weltweit. Überall waren die Ergebnisse des Moralphilosophen Marc D. Hauser gleich. Da die Ergebnisse überall auf der Welt gleich waren, kommt man in der Studie zu dem Schluss, dass der Mensch ein „moralisches Gen“ haben muss.

 Dr. phil. Richard David Precht                                                                                                                         Foto: © Linde Arndt

Precht plädierte in seinen Ausführungen für mehr Werte in der Gesellschaft, wie Anerkennung oder Zuneigung die für ihn die eigentlichen Zahlungsmittel sind. Mit immer mehr Geld und mehr Konsum von Produkten kann man die Menschheit nicht mehr motivieren und zu entwickeln. Auch ist das Credo des immer weiter, höher und größer nicht länger haltbar.

Precht trug recht kurzweilig und zeitweise witzig vor und hatte die Lauscher und manchmal auch Lacher immer auf seiner Seite. Insofern war dies ein gelungener Abend an einem dementsprechenden Ort. Der Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Gevelsberg Thomas Biermann übergab Precht zum Dank zwei Flaschen Wein und einen Blumenstrauß, nicht ohne einen Seitenhieb, indem er anmerkte: Precht würde sicherlich auf eine monetäre Entlohnung verzichten.

v.l.: Thomas Biermann (Vorstandsvorsitzender Sparkasse Gevelsberg] / Dr. phil. Richard David Precht  Foto: © Linde Arndt

Übrigens, Precht ist ein Verfechter einer Bürgergesellschaft und steht dem amerikanischen Kommunitarismus nah, also der Idee das sich die Gesellschaft durch mehr selbst erarbeitet Werte selber zu bestimmt. Im Herbst wird Richard David Precht „Das Philosophische Quartett“, mit den Philosophen Peter Sloterdijk und seinem TV-Gefährten Rüdiger Safranski ablösen, allerdings weiß man beim ZDF noch nicht wie das neue Format aussehen wird.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Gevelsberg

Verliebt in die verrückte Welt

[jpg] Die Sparkasse Gevelsberg eröffnete eine wunderschöne Ausstellung unter dem Titel, Hermann Hesse , „Farbe ist Leben“, Aquarelle, die sicherlich für einige Menschen ein Kleinod in einer Kleinstadt wie Gevelsberg darstellen.

Es ist das 50. Todesjahr des Autors und ( nicht so bekannt) Malers Hermann Hesse. Thomas Biermann führte neben dem Altbürgermeister Klaus Solmecke  in die Ausstellung ein.

Darüber hinaus blieb es Klaus Solmecke überlassen auch das Grußwort des Bürgermeisters Claus Jacobi zu übermitteln, der sich dringlichst entschuldigte. Ich will jetzt nicht auf die Inhalte der Einführungsreden der einzelnen Redner eingehen und meine eigene Sicht der Ausstellung übermitteln.

   
 Thomas Biermann Sparkasse Gevelsberg    Altbürgermeister Dr. Klaus Solmecke    Volker Michels (Hesse Herausgeber)

Jeder Mensch hat sein eigenes Zugangserlebnis zu einem Dichter, Maler oder allgemein gesagt, zu einem Künstler. Und so habe ich dieses Zugangserlebnis mit der relativ kurzen Erzählung „Die Morgenlandfahrt“ von Hermann Hesse erfahren dürfen. Es stimmt einfach nicht, dass man Hippie sein musste um Hermann Hesses Werke zu lieben. Es waren die 60er und 70er Jahre des 20sten Jahrhunderts die eine, wie auch heute wieder, starke Aufbruchstimmung bei der damaligen Jugend hervor rief. Alles war möglich und jeder von uns konnte sich die bessere Welt vorstellen die für alle greifbar schien. Irgendwie gipfelten diese damals vielen Bewegungen, auch die der Hippies, in der Forderung „We shall overcome“ auf der Straße und der damalige Kanzlerkandidat Willy Brand forderte, „Wir wollen mehr Demokratie wagen“ in seinem Wahlkampf . Auch heute erfahren wir solch eine ähnliche Forderung mit dem Ausruf, Yes we can“ durch den amerikanischen Präsidenten Barack Obama. Wir wollten die Welt verändern und diese Veränderungsbemühungen bleiben immer nur den jungen Menschen der Nationen vorbehalten. Die USA mussten unter diesem enormen Druck der Massen den Vietnam Krieg beenden. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau machte einen Riesen Schritt nach vorne. Im Bildungsbereich aber auch in der Gesellschaft schlechthin wurden die autoritären Strukturen total verändert. Selbst in dem damaligen Ostblock sahen sich die Führer der Nationen Forderungen dieser Bewegungen gegenüber.

   
  Besucher der Ausstellung: "Farbe ist Leben" in der Kundenhalle der Sparkasse Gevelsberg  

Was aber hat das mit Hermann Hesse und seiner Erzählung „Die Morgenlandfahrt“ zu tun? Nun, jede Bewegung braucht seine geistigen Führer und einer dieser geistigen Führer war nun einmal Hermann Hesse ( Neben einigen Anderen) mit seiner Prosa und Lyrik. In der Erzählung „Die Morgenlandfahrt“ erzählt Hesse von einem H.H. der geistig verarmt nach höherem strebt- dem Reinen oder über persönlichen Ganzen. Diese Erzählung, vielleicht auch Märchen, ist ein ganz besonderes Kleinod in Hesses umfangreichem Œuvre. Hesse schreibt dazu in einem Brief: Die Symbolik selbst braucht dem Leser ja gar nicht ‚klar’ zu werden, er soll nicht verstehen im Sinn von ‚erklären’, sondern er soll die Bilder in sich hineinlassen und ihren Sinn, das was sie an Lebensgleichnis enthalten, im Vorbeigehen erfahren.“

Hermann Hesse hat dies mit allen seinen Werken gemacht. Und als ich mir die 60 Aquarelle und Illustrationen ansah, kamen mir in einem warmen Gefühl des Wiedersehens die Bücher von Hermann Hesse in Erinnerung.


Hannah Lindmaier (Österreich) und
Katharina Godolt (Deutschland)
  Den musikalischen Rahmen wusste das „Arabesque Guitare Duo“, die beim Jugendwettbewerb Gevelsberg 2012 für Gitarrenensembles in der Studenten-Kategorie den 1. Preis gewonnen haben, der Ausstellung angemessen und der Stimmung gemäß umzusetzen. Hannah Lindmaier (Österreich) und Katharina Godolt (Deutschland), also das „Arabesque Guitare Duo“, spielten:

„Arabesque“ von Claude Debussy

„Sonatina Canonica Op. 196“ von Mario Castelnuovo-Tedesco

„Valses poéticos“ von Enrique Granados

Beide Frauen übrigens Meisterschülerinnen, die dem Anspruch "Meister"  in hohen Maße gerecht wurden.

Fast mühelos wussten beide die zahlreichen ZuhörerInnen in ihren Bann zu ziehen und ernteten sehr starken Applaus. Ein sympathisches und virtuoses Duo wovon wir sicher nicht nur in Gevelsberg noch viel hören werden.

Die eigentliche Einführungsrede hielt Volker Michels der die erste Hesse-Gesamtausgabe (21 Bände, zirka 15000 Seiten) zusammenfasste und herausgab. Er verwaltet den bildnerischen Nachlass von Hermann Hesse, der immerhin aus mehr als 3000 Aquarellen besteht.

 Und die Bilder? Es sind Bilder die die Landschaft des Tessins darstellen. Damals wohnte Hermann Hesse in Montagnola zuerst in der Casa Camuzzi und ab 1931 in der Casa Rossa. Alle Bilder zeigen deutlich den Einfluss des Expressionismus aber auch der Moderne um Macke, Marc, Klee oder Delaunay. Wenn man die Bilder betrachtet, so kann man eine Morgenlandfahrt beginnen die einen zum träumen bringt. Man soll jedoch nicht meinen,Hesse wäre nur ein Träumer gewesen. Nein er war ein sehr sensibler Mensch der sehr oft im Leben schwer gezeichnet wurde. Und so schrieb er in seinem Lesebuch: "‚Und allem Weh zum Trotze bleib ich verliebt in die verrückte Welt’".

Eine wunderschöne Idee solch eine Ausstellung zu kuratieren, die noch bis zum 8.Juni 2012 während der Öffnungszeiten im Sparkassen Center zu sehen ist.

 

   
     

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Gevelsberg

[Alle Fotos © Linde Arndt]