Projekt „Chernobyl 30“ – ein Mahnmal in Bildern

Erstes Shooting in Tschernobyl unter großen Gefahren

[München, 27. AuGasmaske in einem Kindergartengust 2014] Am 26. April 1986 fasste Anatoli Stepanowitsch Djatlow den folgenschweren Entschluss, im Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl die Simulation eines vollständigen Stromausfalls durchzuführen. Es kam zu einem unkontrollierten Leistungsanstieg, der letztendlich zur Explosion des Reaktors führte. Die Folgen sind uns allen als der Super-Gau bekannt, der weite Teile der Ukraine, Weißrusslands, Russlands und Europa stark radioaktiv verseucht hat. Die Katastrophe von Tschernobyl jährt sich im Jahr 2016 zum 30. Mal, wird dann aber bereits für immer aus unserem Blickfeld verschwunden sein. Denn 2015 wird der havarierte Reaktorblock mit einem dauerhaften Schutzmantel gedeckelt.

 Waghalsiges Team

 Der aus Sydney/Australien stammende Starfotograf Heiko Roith verlässt nun für eine bewegende Arbeit die Welt der Reichen und Schönen. Sind sonst Prominente wie Alice Cooper, The Hooters, Roger Cicero oder Bonnie Tyler seine Auftraggeber, führt er nun ein besonderes Projekt komplett in Eigenregie durch. Er hat es sich zusammen mit seinem engagierten Team zur Aufgabe gemacht, die Auswirkungen des Super-Gaus von Tschernobbaeuerinyl für die Nachwelt in Bildern festzuhalten.

Das erste Shooting im August 2014 fand aufgrund der politischen Unruhen in der Ukraine und wegen der teils beträchtlichen radioaktiven Strahlung unter beklemmenden Bedingungen statt. Die Interviews mit der Bevölkerung verstärkten diesen Eindruck.Die nächsten Shootings finden voraussichtlich im Herbst und Winter 2014 sowie im Frühjahr 2015 statt. Ziel dieses Projekts: Ein Mahnmal in Bildern! Städte können sich darum bewerben, die Wanderausstellung in ihre Stadt zu holen. Die Ausstellungseröffnung ist für den 26. April 2015 in Nordbayern geplant – denn diese Region war damals massiv von radioaktiven Niederschlägen betroffen. Weitere Stationen sind dann Hamburg, München, Philadelphia und Schweden. Endstation ist am 26. April 2016 in Tschernobyl. Die Ausstellung wird zum 30. Jahrestag der Katastrophe an die Stadt übergeben und dort dauerhaft zu sehen sein.

Gemeinsam gegen das Vergessen

 Das Projekt wird ausschließlich durch Eigenmittel und Sponsoren finanziert. Große Firmen, Institutionen und Museen sowie namhafte Persönlichkeiten aus dem Show-Business und der Politik unterstützen dieses Projekt. Weitere Informationen sowie ein Formular zur Kontaktaufnahme für Sponsoren finden Sie unter www.chernobyl30.com. Auch Städte, die sich um die Wanderausstellung bewerben möchten, können über die Homepage Kontakt aufnehmen.

Bild 1:Nach dem Unglück wurden an Kinder einer Grundschule in Prypjat, der Nachbarstadt von Tschernobyl, Gasmasken verteilt. Diese liegen als Zeugen einer völlig wirkungslosen Gegenmaßnahme noch immer im Klassenzimmer.

Bild 2:Die Bäuerin Maria verbringt zusammen mit ihrem Mann Ivan ihren Lebensabend in unmittelbarer Reaktornähe. Sie sind nach der damaligen Zwangsumsiedlung wieder zurückgekehrt, leben unter ärmlichsten Bedingungen und ernähren sich vor allem von selbst angebautem, stark verstrahltem Gemüse.

Fotos: © Heiko Roith, Rock & Royalty

Die Freiheit nehme ich nur für mich

Collage Merkel-Obama  Fotos:©  Linde Arndt

Collage Merkel-Obama Fotos:© Linde Arndt

[jpg] Man muss dem derzeitigen globalen Drama verblüfft zusehen. Die halbe Welt steht in Flammen und allen gehen die Werte, die gestern noch so wichtig waren, am Allerwertesten vorbei. Nein, nicht ganz. In der Berichterstattung der westlichen Medien über den Krieg in Palästina wird nur noch über Tote gesprochen und nicht mehr nach Kindern, Frauen, alten Menschen, Kranken oder Zivilisten unterschieden. Es sollen eben keine Emotionen „geschürt“ werden. Auch sollen die verstümmelten Leichen von Kindern, die über Twitter oder Blogs kursieren, nicht bei den westlichen Medien unterkommen. In den USA feiert der Rassismus blutige Feste.

Es brennt in vielen Staaten, viele neue Organisationen, von denen man vorher nie gehört hat, treten auf einmal auf die Weltbühne. Religion spielt wieder eine große Rolle, Religionen von denen man bis heute nichts gehört hatte, werden jetzt verfolgt. Warum nur? Moslems verbieten genauso das Töten wie Christen. Abgesehen davon war die Religion noch nie ein Kriegsgrund. In der Regel war es immer der Reichtum des Anderen oder die eigene Armut die zu Kriegen führte. Der Mythos von der Heldenschlacht um Troja war unbegründet, es war eine ganz primitive Plünderung. Die Trojaner hatten von den auf den Dardanellen vorbeiziehenden Schiffen Zölle genommen, womit sie einen großen Reichtum ansammelten. Um die Plünderung nicht als Plünderung dastehen zu lassen, machte Homer diese wunderbare Sage um Odysseus, Paris, Achilles und Kollegen. Viele christliche Kreuzzüge und viele Kriege wurden mit Plünderungen finanziert.

Man kann also noch hoffen, wenn die westlichen Medien tote Kinder im Krieg nicht gesondert aufzählen, dass noch ein gewisses Maß an Moral vorhanden ist. Man sollte aber nicht zu viel hoffen; denn wenn es um Schuldzuweisungen geht, geht man ziemlich skrupellos damit um. Projektionen sind angesagt, der eigene Schuldanteil wird als unvermeidlich hingestellt weil alles auf eine Handlung des anderen zurückgeht. Der kausale Zusammenhang wird beschworen und herbei geschrieben und geredet und evtl. umgedreht. Sand in die Augen des Volkes streuen. Die Irrationalität des Handelns bei der Darstellung und Analyse des eigentlichen Problems schmerzt fast jeden von uns. Sie lastet auf unser aller Selbstwertgefühl, welches mit Anpassungsmechanismen versucht zu reagieren. Warum wird durch unsere politischen Entscheider solch ein manipulativer Aufwand betrieben? Und weiter, sind denn noch unsere politischen Entscheider auf unserer Seite? Man kann getrost sagen, unsere politischen Entscheider haben kaum mehr etwas mit uns zu tun. Denn sie versprechen etwas und wissen ganz genau, es kann nicht eingehalten werden. Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit – nur ein Aushängeschild?

Stichwort Wachstum.

Um keinen Abbau von Arbeitskräften zu bekommen, sollte ein Wirtschaftswachstum mindestens 3% in einer Volkswirtschaft betragen, so die gängige Lehrmeinung. Deutschland hatte 2013 nach Schätzung des IWF (April 2014) ein Bruttoinlandsprodukt von 3.635.959 Millionen Dollar, dabei ein Wachstum gegenüber dem Vorjahr von 0,54%. Zuwenig um bestehende Arbeitsplätze zu halten oder neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die Aussichten für die westlichen Volkswirtschaften sind für die nächsten Jahre trübe. Hat man sich doch noch lange nicht von der Krise 2008/2009 erholt. Trotz dieser Aussichten versprach die Politik ein Wirtschaftswachstum, welches zumindest den jungen Menschen ausreichende Ausbildungs- oder Arbeitsplätze zur Verfügung stellen sollte. Man wollte keine verlorene Generation und zumindest den Fachnachwuchs ausbilden können.

Aber es kam und kommt anders. In sämtlichen westlichen Staaten versprechen die prognostizierten Wachstumsraten von teilweise unter 1% kaum eine Belebung des Arbeitsmarktes. Selbst die führende Wirtschaftsmacht USA vermag nur für 2013 (geschätzt) 1,88% an Wachstum durch die FED zu melden.
Für die USA sind das dramatische Zahlen. Der hohe Schuldenberg (17,5 Billionen $), der sich durch die beiden Kriege aufgetürmt hatte und die hohen Militärausgaben (rund 600 Milliarden $ jährlich), nehmen den USA den Atem um sich zu entwickeln. Umsätze müssen her, die der US Wirtschaft zugute kommen.

Was aber tun, wenn alle Karten ausgereizt sind? Wenn die Märkte gesättigt sind und keine Produkte oder Dienstleistungen aufnehmen? Es müssen neue Regeln her. Regeln, die bis jetzt bestimmten Produkten der USA den Zugang zu den Märkten öffnen. Die Idee des Freihandels 2.0 wurde in den USA geboren.

Stichwort Freihandel vs. TTIP

Freihandel bedeutet, ungehinderten Handel zwischen den Staaten zu zu lassen. Zölle, Interventionen oder Subventionen, oder besser, alles was den freien Handel behindert, sind nicht erlaubt. Aber es gibt auch Ausnahmen. Beispiel – einen Wirtschaftsbereich, von dem viele Arbeitsplätze oder ganze Regionen eines Staates abhängen, kann der Staat mittels Zölle schützen. Macht ja auch Sinn. Um das Ganze vertraglich abzusichern treten Organisationen, wie die World Trade Organization (WTO) zwischen den Staaten auf. Eine wesentliche vertragliche Regelung zwischen den Staaten ist das Abkommen „General Agreement on Tariffs and Trade“ (GATT) . Nur dieses Abkommen ist nicht mehr zeitgemäß; denn durch das Selbstbewusstsein der Entwicklungs- und Schwellenländer wurden andere Aspekte sichtbar, die bis dahin nicht berücksichtigt wurden. Als Synonym steht das Scheitern der Doha Runde, hier stehen die USA mit einer aggressiven Politik des Marktzugangs bei den Schwellenländern Indien oder Brasilien für das Scheitern einer Regelung.

Die USA wandten sich denn auch von diesen Verhandlungen ab und streben jetzt eigene zwischenstaatliche Abkommen an. Als Beispiel mag das misslungene NAFTA (North American Free Trade Agreement ) Abkommen dienen, kein Vertragspartner hatte einen Vorteil mit diesem Abkommen. Im Gegenteil, es gab danach nur Verlierer. Die versprochenen Wachstumszuwächse blieben aus und Arbeitsplätze wurden abgebaut. Die USA hatten aber dadurch ihren Marktzugang bei den Vertragspartnern.

Jetzt soll mit der EU ein Freihandelsabkommen ausgehandelt werden, geheim, versteht sich. TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnershi) ist das Zauberwort der USA mit der die EU geködert werden soll. Auch wieder die gleichen Versprechen wie bei dem NAFTA Abkommen, absehbar werden diese Versprechungen nicht eingehalten werden können.

Aber es lohnt sich in die Verhandlungspapiere zu schauen, die bekannt wurden und in Brüssel überall unwidersprochen kursieren. TTIP ist das Schlaraffenland für Unternehmensverbände aller Branchen, es gibt nur zufriedene Gesichter. Geführt werden die Verhandlungen mit der europäischen Kommission, die übrigens nicht demokratisch legitimiert ist, sondern nur von den Regierungschefs ernannt wurde.

Beispiel Genmais

Genmais ist ein umgangssprachlicher Begriff für eine Maissorte, in die mehrere fremde Gene eingeschleust wurden.
Ein Gen hat eine Resistenz gegen das Pflanzenschutzmittel Glufosinat (Ein Herbizid einer Gruppe besonders gefährlicher Pestizide ) und ein zweites Gen bildet ein Gift in der Pflanze gegen den Maiszünsler und andere Schmetterlinge.

Dieser Genmais kann also den Schädling (Maiszünsler) bekämpfen und ist beim Aussprühen des Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat resident.

Hört sich gut an. In der Praxis passierte jedoch folgendes, die Unkräuter, die ja mit dem Herbizid weiter bekämpft werden müssen, entwickelten zunehmend eine Resistenz gegen die Herbizide, mehr noch, die Unkräuter wurden zu Super-Unkräutern. Amerikanische Farmer verloren über die Jahre rund 36 qkm an Ackerfläche auf denen bis auf weiteres nichts angebaut werden kann. Denn für die jetzt wachsenden Super-Unkräuter hat man kein Gift.
Die Kosten des genmanipulierten Mais waren nachher doppelt so hoch wie vorher. Das neue, teure Saatgut und die mehrfache Versorgung mit einem Cocktail von Pflanzenschutzmitteln und zu guter Letzt die Anbauflächenvernichtung sind das Ergebnis.

Die Saatguthersteller, wie Monsanto, Dow AgroScience oder Pioneer Agro Extracts Ltd . machten natürlich erheblichen Mehrumsatz mit Saatgut und den Pflanzenschutzmitteln.

Die Mehrheit der EU Staaten, wie auch die Bevölkerung, ist gegen die Einführung dieser genmanipulierten Saaten. Bei einer Abstimmung zur Einführung dieser Saaten im Rat der EU, enthielt sich Deutschland der Stimme, weil die CDU für eine Einführung und die CSU gegen eine Einführung ist. Aber das nur nebenbei.

Wesentlich ist jedoch mit dem TTIP folgendes. Verbietet ein Staat per Gesetz die Zulassung dieses genmanipulierten Saatgutes, würde dies eine Behinderung des Marktteilnehmers Saatguthersteller bedeuten. Diese Firma könnte den Staat verklagen und auf Zurücknahme der Gesetze pochen. Ansonsten kann diese Firma Schadenersatz für den entgangenen Gewinn verlangen und das auf Jahre, bis die einschränkenden Gesetze fallen gelassen werden. Halt, werden jetzt einige von den Usern sagen, noch haben wir unsere Gerichte bis zum Bundesverfassungsgericht. Das ist zwar richtig. Aber die TTIP Verträge sehen nur ein Schiedsgericht von meinetwegen 3 – 5 Leuten vor, die nur geheim tagen sollen. Und was dieses Schiedsgericht entscheidet ist bindend für alle Parteien. Die in einem Staat normale Gerichtsbarkeit wird damit außer Kraft gesetzt. Und die Verfassung? Die wird eben angepasst. Im Moment haben wir eine große Koalition mit einer Mehrheit weit über der vorgeschriebenen Zweidrittelmehrheit. CDU/CSU und SPD haben keine erkennbare Abneigung gegen diese Abkommen erkennen lassen, im Gegenteil.

Warum geht man in den USA nicht her und verbietet dieses Saatgut, wenn es doch diese Nachteile hat? Nun, man kann den Zusammenhang nicht nachweisen. Auffallend ist jedoch, diese Schäden traten alle nach der Einführung der genmanipulierten Pflanzen auf. Dies gilt jedoch wissenschaftlich nicht als Beweis. Eine Studie, und zwar eine Langzeitstudie (10 Jahre), müsste her. Jedoch in den USA weiß man seit den Studien im Zusammenhang mit der Tabakindustrie, wie die Institute alle von der Industrie „gekauft“ wurden, so dass die Studien dementsprechend ausfielen.

Und die US-Amerikanischen Landwirte? Meist haben sie langfristige Abnahmeverpflichtungen bei den Saatgutherstellern unterschrieben, aus denen sie kurz- und mittelfristig nicht rauskommen.

Die USA sind sauer; denn das Wachstum ihrer Nahrungsmittelindustrie ist am Ende, neue Märkte müssen her. Und Europa kommt mit seinen 500 Millionen Konsumenten und seiner Naivität da gerade recht.

TTIP ist jedoch ein viel größerer negativer Themenkomplex, als dass er sich an einer Warengruppe aufhängen lässt. Das Ziel ist jedoch klar, die USA wollen auf den europäischen Markt, um Kasse zu machen.
Die Europäer haben jedoch ihre eigenen Wachstumsprobleme die gelöst werden müssen. Denn gerade die Überproduktionen im Nahrungsbereich zwingt die Europäer mit oder ohne Subventionen neue Märkte zu erschließen.

Was nicht nachvollziehbar ist – der Warenverkehr zwischen den USA und Europa ist bis auf 2% der Waren vollkommen frei.
Der Vorteil für die USA ist, die europäischen Landwirte müssten bei Monsanto und Kollegen kaufen. Die deutsche Firma Bayer CropScience spielt da eher eine Nebenrolle auf dem Weltmarkt.
Es geht um Einfluss, es geht um Abhängigkeiten, die wieder zu „verdeckten Monopolen“ führen. Man sollte sich die Abhängigkeiten in der digitalen Welt vor Augen führen, wo ein paar US-Amerikanische Unternehmen den Europäischen Markt fest im Griff haben. Ein Versäumnis der europäischen Staaten, welches durch die NSA Vorkommnisse sichtbar wurde.

Rinder- und Schweinemast

Die USA mästen ihre Tiere mit Hormonen. Dadurch werden die Tiere schneller schlachtfertig.
In der EU ist das mästen mit Hormonen verboten. Wenn aber die Tiere schneller wie in den USA zum Schlachthof kommen, werden sie logischerweise billiger ( Bis zu 30% ). Logischerweise wird das billigere Fleisch besser verkauft.

Letztendlich entsteht ein Kampf um die Standards, wie Verbraucherschutz, Arbeitsbedingungen, Sicherheit oder Gesundheit, der zu Gunsten der USA ausgeht.

In den Verhandlungen wollen die USA solche europäische Standards, die ihnen zum Vorteil gereichen, natürlich gelten lassen. Warum wohl?

Sollte Karl Marx Recht bekommen? Denn er hatte ja diese Hingabe zu immer größeren Wirtschaftseinheiten schon beschrieben und mit dem Begriff Monopolkapitalismus vor über hundert Jahren unterlegt. Sollte es wirklich nicht möglich sein ein System zu reformieren, welches aus der Zeit von Pferdekutschen stammt? Wir haben in den letzten hundert Jahren sehr viel lernen müssen, bzw. können, teilweise sehr schmerzhaft, wenn man an die zwei Weltkriege denkt. Ist es uns nicht möglich das Gelernte umzusetzen? Müssen wir wie Sisyphus immer das Gleiche tun?

Wir haben die Freiheit uns ein System aufzubauen, welches jedem Menschen ein menschenwürdiges Auskommen garantieren kann. Dabei geht es nicht um die viel zitierte Gleichmacherei des Kommunismus. Unterschiede wird es immer geben und das ist auch natürlich.
Nur, das Menschen einen Reichtum auf der einen Seite anhäufen, der sich aus der Armut der Mehrzahl der Menschheit speist, ist nicht hinnehmbar.

Deshalb sollten wir gegen solche einseitigen Freiheitsbestrebungen die in den Abkommensverhandlungen TTIP oder TISA verhandelt werden unser aller Veto einlegen.
Diese Abkommen sind überflüssig wie ein Kropf.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel.

Muss der Westen so bigott sein?

Foto-Collage: Linde Arndt

Foto-Collage: Linde Arndt

[jpg] In diesen Tagen ist für viele der westlichen Medien das ganz große Geschäft zu machen. Da steigen die Auflagen oder die Quoten und man kann mit der Werbung mehr Kasse machen. Es geht um zwei Krisen die beschämend für den Westen, aber auch für die gesamte Menschheit sind.

Der Krieg in der Ukraine und der Krieg Israels gegen Palästina. Beide Kriege werden mit verschiedenen widersprüchlichen Maßstäben gemessen, es wird mit Unterstellungen, Halbwahrheiten und Verdrehungen gearbeitet um die Wahrheit nicht zu zu lassen.

Ukrainekrieg

Mit dem „Absturz“ des Fluges MH17 hat der Krieg einen neuen medialen Höhepunkt erreicht. Schämen muss man sich über den Verrat an den in Europa gemeinsamen Werten, wie z.B. der Rechtsstaatlichkeit. Anschuldigungen sollten zumindest mit konkreten Beweisen belegt werden. Zu diesem Zeitpunkt (29. Juli 2014) ist noch immer nicht eindeutig klar wie diese Maschine abgestürzt ist. Trotz allem denkt man nur in eine Richtung, Russland und Putin sind diejenigen die diesen Absturz verursacht haben. Obama spricht von eindeutigen Beweisen, die sich seine Geheimdienste über Twitter, Facebook und Co. besorgt haben. Demnach haben die Separatisten die BUK Raketen aus versehen abgefeuert, dieses konnte man genau auf den US-Amerikanischen Satelliten erkennen. Beweise, keine. Dabei ist das FLA-System BUK I oder II mit einem Erkennungssystem ausgestattet. Zivilflugzeuge, wenn der Transponder an ist, (Flugzeuge der Fluggesellschaften haben immer einen Transponder) werden erkannt. Auch Militärmaschinen (Freund/Feind Erkennung), weil auch mit Transponder ausgestattet, werden erkannt. In beiden Fällen zerstört sich die Rakete von selber. Wir müssen es  ihr (USA) also einfach so glauben. Die größte Macht der Welt mit einem Militärbudget von sage und schreibe über 600 Milliarden Dollar hat keinen Satelliten über der Ukraine? Und Russland mit seinem  läppischen Militärbudget von gerade mal 90 Milliarden konnte Satellitenaufnahmen vorweisen? Unglaublich.

Foto: Linde Arndt

Arseni Jazenjuk Foto: Linde Arndt

Dann die gezielte Desinformation der Leser und Zuschauer. Einmal wurde die Absturzstelle nicht bewacht, dann als die Bewachung auf zog wurden die OSZE Teilnehmer behindert. Wobei die OSZE sich an anderer Stelle  über die Gaffer und die Journalisten beschwert haben, die den Tatort „zertrampelten“.  Als die Separatisten die Bewachung lockerten, gingen die Journalisten auch sofort daran die Absturzstelle zu plündern. Ein BBC Journalist hatte sich zumindest danach entschuldigt. Aber, die Separatisten hatten in den Medien die Leichen gefleddert. Würdelos würde man mit den Leichen umgehen. Tatsächlich sammelten die Separatisten die Leichen von einem 35km² großen Gelände auf um sie in herbei georderte Kühlwagons zu legen. Mehrfach wurde erwähnt, es sind nur 200 Leichen. Verstanden wurden jedoch 298 Leichen. Später stellte der Niederländische Pathologe die 200 Leichen fest.
Um es kurz zu machen, jeder Tote in diesem Flugzeug kann sich meiner Trauer sicher sein. Ich kann nach empfinden wie es den Verwandten jetzt geht, die Schmerzen zerreißen einen förmlich und man ist mit diesem Schmerz so allein.
Aber es kann nicht angehen, dass auf dem Rücken der Toten und Trauernden Hetze betrieben wird, den Zuschauern schamlos und widerwärtig Halbwahrheiten aufgetischt werden. Um was zu erreichen? Den Russen ein schlechtes Image zu zu schreiben, um letztendlich die Russen zu isolieren und so dann besser bekämpfen zu können.

Die Höhe war der Aufruf in den Niederlanden, die Tochter Putins, die seit Jahren mit ihrem Partner in den Niederlanden lebt, solle ausgewiesen werden.
Der ukrainische Präsident Poroschenko ordnete für die Zeit, in der das Flugzeugunglück untersucht werden sollte, einen Waffenstillstand an. Tatsächlich wurde jedoch weiter gebombt. Alles nur Rhetorik. Während die Opfer auf der Absturzstelle aufgesammelt wurden, wurden weitere zivile Opfer – Kinder, Frauen und Alte – durch den Beschuss von Häusern registriert. Kaum ein Wort davon  in den westlichen Medien. Die ukrainische Armee feuerte mit Mehrfachraketenwerfern auf die Vorstädte Lugansk und Donez. Man muss sich das einmal vorstellen. Diese Mehrfachraketenwerfer feuern innerhalb von Minuten 40 Raketen sehr ungenau (große Streuung) auf die Städte. Aber  es trifft ja nur die russischen Bevölkerungsteile des Donbass.
Man darf natürlich nicht die russische Föderation als Heilige hinstellen. Aber das Bestreben eines ethnischen Volksteiles, sich von der Zentralregierung zu lösen und mehr Mitsprache zu bekommen, ist in der Völkergemeinschaft ein ganz normaler Vorgang. Südtiroler, Katalanen, Basken, Schotten oder Tschechen sind alles Volksgruppen die für ein größeres Mitspracherecht, ja  sogar für eine Loslösung aus dem Zentralstaat mit Erfolg gekämpft haben. In vielen Ländern ist der Zentralregierung sogar die Mehrsprachigkeit abgetrotzt worden. Und das alles sollte der russischen Minderheit in der Ukraine versagt werden? Auf der einen Seite wird den Minderheiten im Völkerrecht ein besonderer Raum gegeben der sowohl von der UNO als auch der EU ausdrücklich betont wird und auf der anderen Seite soll das nicht für die russische Minderheit in der Ukraine gelten? Wie scheinheilig ist das denn?
Zu guter Letzt, weil das ukrainische Militär weiter die eigene Bevölkerung ermordet, geht es noch um die Rolle von Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien. Der Präsident der russischen Föderation Putin hat im Februar 2014, nachdem der Ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch fliehen musste, sofortige Verhandlungen zwischen den Parteien gefordert. Im April kam auch eine recht vage Übereinkunft zustande, die jedoch nicht hielt. Weitere Verhandlungen wurden von Kiew abgelehnt, stattdessen wurde geschossen und wird noch weiter geschossen. Um von dem mörderischen Treiben abzulenken, werden die westlichen Medien nicht müde von den Sanktionen gegen die russische Föderation zu sprechen. Wie viele Zivilisten in der Ukraine inzwischen ermordet wurden, ist nicht bekannt. Man schätzt so an die 2000 bis 3000 Menschen.

Der Krieg Israel gegen Palästina

Über 1.000 Tote Zivilisten (darunter 221 Kinder und 121 Frauen (Quelle:HRW) ) soll es schon in den paar Tagen des Krieges Israel gegen Palästina gegeben haben. Ganze Stadtteile des Gazastreifens sind von den israelischen Bomben und Raketen in Schutt und Asche gelegt worden. Angefangen hat dieser neuerliche Waffengang mit dem Tod dreier israelischer Jugendlichen und dem Tod eines palästinensischen Jugendlichen. Dies waren grausam vorgeschobene Gründe der Parteien. Die Hamas, eine der palästinensischen Gruppen, hat sich in den letzten Jahren um eine weitreichende Aufrüstung gekümmert. Dazu gehört  ein kilometerweites 3 meter tief gelegenes Tunnelsystem in welchem Waffen innerhalb des Gazastreifens transportiert werden können. Die Enden dieser Tunnel gehen jedoch auch bis in das Kernland der Israelis. Parallel hat die Hamas eine weiterreichende Raketenwaffe bekommen die auch noch genauer trifft. Allerdings hat Israel mit Iron Dome eine Raketenabwehr, die die Raketen der Hamas zu 80% in der Luft zerstört.

Barack Obama  foto: Linde Arndt

Barack Obama Foto: Linde Arndt

So weit so gut. Man möchte sich abwenden, weil es eben der gefühlt tausendste Waffengang der Kriegsparteien ist. Wenn nicht, wie in der Ukraine, wieder die USA und ein bisschen die EU ihre Nasen mit im Spiel hätten.
Bald sind es 70 Jahre her da der Krieg begründet wurde. Für beide Seiten ist die Vergangenheit mit der Gründung des Staates Israel verbunden. Für die Araber bzw. Palästinenser ist der Krieg von 1948 die Katastrophe schlechthin und für die Israelis ist dieser Krieg immer die Begründung für das Misstrauen welches sie den Palästinensern aber auch Arabern entgegen brachten und bringen. Wenn die Palästinenser sich ruhig verhalten würden, würde sich nichts verändern. Sie könnten in ihrem Elend verkümmern.
Die Palästinenser würden im abgesperrten Gaza Streifen oder im Westjordanland, dass von 8 Meter hohen unzusammenhängenden Mauern umgeben ist, ihr Leben fristen. Perspektiven, wie durch weiterreichende Bildung oder eigene Arbeit einen Lebensstandard zu bekommen der den Einzelnen weiterbringt, gibt es nicht. Von der israelischen Regierung ist nichts zu erwarten, im Gegenteil – Tag für Tag gibt es weitere Einschränkungen gegenüber den Palästinensern. Im israelischen Kernland gibt es sogar Gesetze, die die Minderheitenrechte der Araber weitgehend einschränken, so im Norden Israels in der Gegend von Nazareth (Galiläa).
Warum flammt der Krieg immer wieder auf? Und zwar mit zunehmender Härte. Die israelische Regierung wurde und wird von den USA und dem Westen unterstützt. Maßgeblich, was für den Krieg wichtig ist, mit Waffen und technischen Bauteilen für den Waffenbau. Waffentechnisch ist der Staat Israel seinen Nachbarn haushoch überlegen. Jedes Land im Umkreis Israels könnte die israelische Armee spielend in die Steinzeit bomben ohne einen Kratzer abzubekommen. Weiter bekommt Israel umfangreiche Finanz-, Wirtschafts-und Militärhilfe durch die USA und die westlichen Staaten, insbesondere die EU. Dafür ist im Nahen Osten Israel die Ordnungsmacht für den Westen schlechthin. Warum also sollte Israel, und zwar die Regierung, eine Einigung mit den Palästinensern anstreben?
Anders sieht es bei der israelischen Bevölkerung aus. Hier sind viele Gruppen, wie Schalom Achschaw (Peace Now) oder „Breaking Barriers“ (Aktion „Ferien vom Krieg“), die endlich einen Frieden haben wollen. Viele Israelis erkennen wie die Palästinenser ihre eigene Regierung als repressiv und kolonial und finden die demokratischen Standards gegenüber den Arabern verletzt. Seit Jahren werden vorbedingungslose Friedensgespräche mit den Arabern gefordert. Das geht soweit, dass Israelis sich mit Palästineser an einer Tisch setzen um sich gegenseitig die Sprache beizubringen. Luftwaffenoffiziere verweigerten den Einsatzbefehl, weil nach ihrer Meinung die Palästinenser mehr zu leiden haben als die militärischen Gruppen der Palästinenser. Es gibt eine große ( 30-40%) israelische Gruppe, die jetzt endlich den Krieg beendet sehen will. Aber diese Gruppe hat keine Mehrheit in der Knesset. Der ehemalige verstorbene Ministerpräsident Ariel Scharon oder auch der heutige Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sehen es als eine Zumutung an überhaupt Friedensgespräche aufzunehmen.
Und die andere Seite, die Palästinenser? Auch hier sind die Entscheider der Gruppen für eine Weiterführung des Krieges. Die Palästinenser spielen sogar mit dem Gedanken, die Verwaltung des Gaza und des Westjordan mit den rund 8  Millionen Menschen der israelischen Regierung vor die Füße zu schmeißen. Dann wäre Israel Besatzungsmacht und könnte nicht so einfach die Armee einsetzen und darüber hinaus müsste die komplette Verwaltung durch die israelische Regierung gestellt werden.
Beiden Seiten sind die Opferzahlen vollkommen egal, auch ob Kinder oder Frauen ihr Leben lassen müssen kümmert niemanden. Und wie kommt man aus diesem Dilemma wieder raus? International aber auch bei den Kriegsparteien ist man sich einig, erst wenn die Unterstützer die Unterstützung versagen und die Parteien zu Verhandlungen zwingen, könnte ein nachhaltiger Frieden geschaffen werden.
Die Zweistaatenlösung sieht man als gescheitert an. Was bleibt die Einstaatenlösung mit mehreren Optionen. Aber  die USA hatten noch nie ein Interesse an der Lösung dieses Konfliktes. Wesentlich besser fahren die USA mit der Option durch Israel eine Drohkulisse gegenüber den arabischen Staaten bestehen zu lassen. Und Israel erfüllt die Wünsche der USA, man muss sich nur die Infrastruktur der Nachbarstaaten ansehen. Kein Land in der Nachbarschaft zu Israel kann behaupten, keine Raketen von israelischen Jets bekommen zu haben.
Übrigens, diese Politik hat nichts mit irgendeiner Religion zu tun. Es geht nur um Interessen des Kapitals der USA, die von Nordafrika große Mengen ihrer Rohstoffe beziehen – und zwar billigst.
Der Islam, das Judentum, der Zionismus oder der Semitismus, sind nur von allen Parteien vorgeschobene Begriffe, die sie noch nicht einmal verstehen, und von den Ursachen des Konfliktes ablenken wollen. Religion hat immer etwas mit Emotionen zu tun und über Emotionen kann man Menschen besser manipulieren.

Vergleiche Ukraine- und Nahostkonflikt

Es ist schon verwunderlich wie in beiden Konflikten mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen wird. In beiden Konflikten wird die Dämonisierung durch die USA und die EU vorgenommen. In der Ukraine ist der Dämon an Ministerpräsident Putin festgemacht, wobei das Volk unter ihm leidet.
Putin ist Aggressor und alles negative was man einem Menschen oder einer Gruppe zuschreiben kann, besitzt er. Im Nahostkonflikt ist es die Hamas, die der Fatah den Rang abgelaufen hat, die sich nicht mit dem Elend abfinden will. Man stuft die Hamas als Terrororganisation ein um den Level der diversen Tötungsaktionen ziemlich niedrig zu halten. Manchmal personifiziert man die Hamas, wie z. B. mit Ismail Haniyya, dem ehemaligen Führer der Hamas. Dies aber nur um dem Terror ein Gesicht zu geben.
So greift die Argumentation auf beiden Schauplätzen: Solange diese Dämonen das Sagen haben, werden wir kämpfen um sie zu beseitigen. Gut, möchte man meinen, und was dann? Danach ist nichts, die Menschen werden  in ihrem Elend weiterleben dürfen und Angst haben, dass ihnen morgen ihre zerschossenen Kinder vor die Tür gelegt werden.
In Kiew darf man Kinder erschießen, dient das ja nur der Freiheit. In Israel darf man auch Kinder erschießen, dient das ja nur der Selbstverteidigung des Staates. Allerdings ist dieses  Erschießen von Kindern, durch die andere Seite, wie prorussisch und durch die Palästinenser,  ein Verbrechen.

Bleibt noch die Frage, was verstehen die USA, EU oder die Russische Föderation unter Frieden? Nur die Abwesenheit von Krieg und die Anwesenheit von angepassten Machthabern der Großmächte? Das ist unerträglich aber es wird zunehmend enger für die Obamas, Merkels, Camerons oder Putins, „Not In Our Name (NION)“, so heißt ein Netzwerk welches den Nagel auf den Kopf trifft. Und das ist es, die derzeitige Politik wird nur von wenigen getragen, ist nicht demokratisch legitimiert.
Wenn zumindest diese Scheinheiligkeit aufhören würde, käme man mit diesem Morden besser klar.

Jürgen Gerhardt für european-mosaic und EN-Mosaik

 

 

Etwas mehr Respekt vor dem Wähler, Frau Merkel

links:Martin Schulz, rechts Jean-Claude Juncker im Schatten der EU und Angela Merkel   Fotos und Collage: © Linde Arndt

links:Martin Schulz, rechts Jean-Claude Juncker im Schatten von der EU und Angela Merkel
Fotos und Collage: © Linde Arndt

[jpg] Unsere Bundeskanzlerin ist die Kanzlerin des Ungefähren. Das ist erst einmal nichts Neues und jeder nimmt das mit einem Achselzucken zur Kenntnis. Bei dem Europawahlkampf und heute übertreibt Angela Merkel das Ganze jedoch. Erst schmückt sie wie ein Produkt die Wahlkampfplakate der CDU, als wenn sie in das Europaparlament gewählt werden könnte. Dann erfährt man, dass die Europäischen Volksparteien zu denen die CDU/CSU gehören, Jean Claude Juncker als Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten auserkoren haben. Dann taucht Frau Merkel mit David McAllister, dem abgewählten Ministerpräsidenten von Niedersachsen, als Spitzenkandidaten auf. Und wer stand auf dem Wahlzettel? Herbert Reul aus dem Bergischen war dort der Spitzenkandidat, der wählbar war. Allein schon diese Konstellation von widersprüchlichen Aussagen hinsichtlich der wählbaren Kandidaten, kann man nur als arglistiges Täuschungsmanöver der Wähler bezeichnen. Angela Merkel setzte aber noch einen drauf.

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Europa bedeutet mehr als nur ein paar Richtlinien

Tagung des Ausschusses bei der EU in Brüssel  Foto: Linde Arndt

Tagung des Ausschusses bei der EU in Brüssel Foto: Linde Arndt

[jpg] Vor Ostern sprach mich ein Kollege, der im lokalen Bereich arbeitet, an. Ob ich den neusten Schwachsinn der EU kennen würden. Nein, erwiderte ich. Die wollen jetzt nur noch Kaffeemaschinen produzieren lassen, die die Heizplatten nach 15 Minuten ausschalten, so mein Gesprächspartner. Dabei schaute er mich erwartungsvoll an. Über mein Smartphone sah ich den Bericht der EU ein um ihm dann zu antworten: Es geht um das Energiesparen. Und ob er denn wisse, wenn man diese Idee umsetze, das Europa tausende Tonnen von Co2 sparen könne? Er fand es trotzdem nicht so toll wenn er solch eine Kaffeemaschine hätte. So ist es wenn man die Zusammenhänge nicht wissen will und stattdessen sein Vorurteil pflegt.

Solche und andere Gespräche habe ich im letzten Jahr dutzendfach geführt und konnte niemanden von Europa und der EU überzeugen. Wie kommt das?

Es ist ein diffuses Gefühl was Menschen Brüssel ablehnen lässt. Es ist die größere Einheit von 28 Staaten und rund 500 Millionen Menschen die den Europäer zurück schrecken lässt. Und es sind die mangelnden Informationen über Brüssel, Straßburg, Frankfurt oder auch Warschau, eine gewisse Unaufgeklärtheit der Bürger. Sicher ist die EU an der Aufklärung nicht ganz unschuldig, wenn man sich manche Publikation ansieht.

Aber, und das ist für mich irritierend, die nationalen Politiker aller Parteien verstehen es den Bürger gegen Brüssel aufzuhetzen. Der Nationalstaat wird als hilflos gegenüber Brüssel dargestellt. Brüssel als Krake, die alles regulieren will.

Alles dummes Zeug der jeweiligen nationalen Politiker um die Menschen zu manipulieren. Denn wenn der Regierungschef eines Nationalstaates NEIN zu einer Richtlinie sagt, landet die Richtlinie in der Tonne. Alle Vorlagen müssen durch den Rat der Europäischen Union, der auf dem Consilium in Brüssel tagt. Mit Einstimmigkeit im Rat werden die Richtlinien verabschiedet, ein Staat der EU kann eine Richtlinie zu Fall bringen, wenn er NEIN sagt.

Die krumme Gurke und sonstige Einzelvorschriften wurden vom Rat abgesegnet, also von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten François Hollande oder dem britischen Premierminister David Camaron. Und das sind nur drei der 28 Regierungschefs.

v.l.: Angela Merkel, Francois Hollande und David Cameron  Foto: © Linde Arndt

v.l.: Angela Merkel, François Hollande und David Cameron
Foto: © Linde Arndt

Manchmal ist dieses Spiel unerträglich für die 751 Abgeordneten des europäischen Parlaments. Denn für die Fehler, die man noch nicht einmal gemacht hat, gescholten zu werden und für gute Ideen, die sich die Regierungschefs als Eigenverdienst ans Revers heften, nicht gelobt zu werden, macht den Parlarmentarier traurig und manchmal auch wütend.

96 deutsche Abgeordnete werden über die Listen nach der Europawahl 2014 nach Brüssel geschickt, 24 Parteien bewerben sich in NRW um Wählerstimmen. Neben den etablierten Parteien, wie CDU, SPD, FDP, GRÜNE und die Linke bewerben sich eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Parteien wie die NeoNazis oder christliche Parteien. Sperrklauseln, die in Deutschland fest verankert sind, wie die 5% Hürde des Bundestages, gelten für das Europaparlament ausdrücklich nicht – hier zählt am Ende jede Stimme. So hatte es das Bundesverfassungsgericht am 26. April 2014 unter Vorsitz von Richter Andreas Voßkuhle am Bundesverfassungsgericht gewollt.

Rund 60% der Vorlagen schaffen es durch den Rat, werden dann in nationale Gesetze der einzelnen Staaten umgesetzt. Die restliche 40% werden von Merkel und Co. abgelehnt.

Es sind Europawahlen am 25. Mai und wieder werden böse Spiele auf nationaler Ebene gespielt. So wird vorgegaukelt, der Kommissionspräsident, der derzeitige heißt Manuel Barroso, könne durch den Wähler bestimmt werden. Das ist falsch. Fakt ist, die Mitglieder des Rates, also die 28 Regierungschefs, bestimmen den Kommissionspräsidenten hinter verschlossenen Türen und zwar einstimmig.

v.l.: Martin Schulz und Jean-Claude Juncker  Foto: © Linde Arndt

v.l.: Martin Schulz und Jean-Claude Juncker
Foto: © Linde Arndt

Jean-Claude Juncker (Christlich Soziale Volkspartei), der ehemalige Eurochef und Martin Schulz (SPD) werden als wählbar für das Spitzenamt dargestellt. Sachlich ist auch das indirekt total falsch. Bei der deutschen CDU wird sogar noch einer drauf gesetzt, Bundeskanzlerin Angela Merkel wird indirekt als wählbar plakatiert. Ein Etikettenschwindel? Sicherlich erkennt man an solchen Verhaltensweisen nicht den Einsatz für Europa, den man sich wünschen würde. Europa ist für die Parteien nicht gerade ein Liebesprojekt für das man sich einsetzen sollte. Eben gerade sieht man in der Ukraine Krise wie die europäischen nationalen Spitzenpolitiker versagen und letztendlich den US-Amerikanern das Feld der Diplomatie in Europa überlassen. Mangels Selbstbewusstsein ist ihnen Europa egal. Wenn aber den Parteien Europa egal ist, wie soll sich denn dann der Wähler für Europa erwärmen?

Dann stellt sich doch die Frage, warum sollte der Wähler sich für Europa erwärmen und sein Parlament wählen?

 

Es gibt es, das Europa für das es sich einzusetzen lohnt.

Und aus dieser Behauptung kann man die Wahl am 25. Mai 2014 ableiten. Es ist das Europa, welches seit fast 70 Jahren Frieden hatte. Wenn man die ParlarmentarierInnen in den Ausschüssen und im Parlament beobachtet, was sie sagen, wie sie handeln und wie sie sich für eine Sache einsetzen, so sind sie sich der Verantwortung für unseren Kontinent bewusst. Sie sind engagiert und hochmotiviert etwas für Europa zu bewegen. Nicht alle, jedoch die überwiegende Mehrheit. Einige wenige sind noch mit Parteireflexen ausgestattet und denken in nationalen Kategorien, sie werden jedoch immer weniger.

Was ist mit den Grenzen? Auf dem Kontinent sehen wir an den Grenzen nur noch Ruinen der alten Grenzstationen und Wechselstuben aus längst vergessenen Zeiten. Womit wir das sind wo Europa hin wollte. Ein gemeinsamer Raum der gleiche Regeln hat, aber seine kulturellen Eigenheiten bewahrt. Die Vielfalt ist Europas Stärke.

Begonnen hat es mit der gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsunion ( WWU ) als konsequente Folge des Europäischen Binnenmarktes. Der Euro wurde eingeführt und die Verrechnung von Warenlieferungen und Dienstleistungen wurden vereinfacht. Kaum einer erinnert sich an die teilweise großen Kurssprünge der internationalen Währungen, die unsere Exporte und Importe manchmal unkalkulierbar machten. Heute haben wir trotz der Unkenrufe nach der Finanzkrise, einen harten Euro der stabil ist. Wobei der Euro in vielen Ländern die Leitwährung ist und den Dollar abgelöst hat. Was die USA nicht gerne sieht, da die Wechselkursgewinne nun in Europa anfallen.

Der Vorteil für die 500 Millionen Europäer? Wir können ohne Probleme, ohne Zölle in jedem Land der EU einkaufen oder verkaufen. Wir haben die Wahl, kein Papierkram mehr.

Nun das hört sich jetzt so an, als wenn alles so wunderbar und fehlerfrei laufen würde. Nein, weiß Gott nicht, es sind noch Fehler zu beseitigen. Die Finanzkrise hat uns Europäer gezeigt, dass wir die Hände nicht in den Schoß legen können. Ungeheure Anstrengungen der EU führen letztendlich zu einer starken Absicherung des Finanzsektors. Der letzte Schritt läuft noch – die Bankenunion.

Abgeordnete in einer Ausschuss-Sitzung   Foto: © Linde Arndt

Abgeordnete in einer Ausschuss-Sitzung
Foto: © Linde Arndt

Was war passiert? Ein Systemfehler, der sich aus dem Konstrukt der EU ergab, der die EU in den Abgrund hätte reißen können. Aber die EU hatte ja die EZB, die sich des Fehlers annahm und nachjustierte. Allerdings kann man heute sagen, hätten wir die EU und keine EZB gehabt, hätten wir in Europa eine Wirtschaftskrise erlebt, die einen weitaus größeren Schaden angerichtet hätte als der „schwarze Freitag“ von 1929. Die 500 Millionen Europäer solidarisierten sich und wehrten die Finanzkrise aus den USA erfolgreich ab.

Die Wirtschafts- und Währungsunion brachte aber noch andere Freiheiten, die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die bis heute zu immer mal wieder größeren Aufregungen führte, besonders und gerade nach der Osterweiterung der EU 2004 und 2007. Es wurde die Ausnahmeregelung „2-3-2-Formel“ eingeführt. Deutschland nahm denn auch mit Österreich das Recht in Anspruch, die aus dem Osten kommenden Arbeitnehmer 7 Jahre von ihren Arbeitsmärkten fern zu halten. Trotz allem hatte auch Deutschland und Österreich der Osterweiterung zugestimmt. Ein einfaches NEIN der beiden vorgenannten Länder hätte die Osterweiterung unmöglich gemacht.

Am 31.12.13 liefen alle Fristen ab, so dass Bulgarien und Rumänien jetzt auch die volle Freizügigkeit genießen. Beide Länder sind jedoch die ärmsten Länder in der EU. Wie vorauszusehen war, haben wir nunmehr das Problem der Freizügigkeit in Deutschland und Österreich obwohl nicht mehr Arbeitnehmer aus dem Osten in die Länder kamen. Aber auch hier wurden handwerkliche Fehler sichtbar. Unverständlich, zumal alle Regierungschefs ihre Fachbeamten zu den jeweiligen Sitzungen nach Brüssel mitbringen, denn es soll ja entschieden werden.

 

  • Kindergeld

Das Prinzip, wenn Leistungen eines Staates vorhanden sind, gelten die auch für die in diesem Staat vorhanden EU Ausländer, also für alle EU Bürger. Das gebietet die gemeinsame Wirtschafts- und Währungsunion, die auch die Deutschen wollten. Konkret: Wenn ein EU Bürger in Deutschland ist hat er auch ein Recht auf Kindergeld. Das Kindergeld bezieht sich nach dem Gesetz nur auf die Kinder, es ist egal wo sich ein Kind befindet. Beispiel, EU Eltern arbeiten als Spargelstecher in Deutschland, die Kinder sind bei der Oma in irgendeinem EU Land. Somit gibt es Kindergeld solange hier gearbeitet wird. Aber es gibt das Kindergeld auch, wenn die Eltern in Deutschland nicht arbeiten oder weiter gehend, es in dem anderen EU Land kein Kindergeld gibt. Ungerecht? Nein, wenn sich unsere Regierung was dabei gedacht hat, denke ich nicht. Nur unsere nationale Regierung äußert sich ja nicht, abgesehen davon macht sie ja keine Fehler. Eine Besonderheit von Fehlleistungen der 28 EU Nationen stellt die Problematik der Sinti und Roma dar. Immer wieder werden hier die bestehenden Problem der EU Brüssel angelastet um von dem eigenen Versagen abzulenken. Einmal sind die Sinti und Roma mehr oder weniger Asylanten und auf der anderen Seite kommen sie aus einem der 28 EU-Staaten. Welchen Status die Sinti und Roma bekommen ist manchmal verwunderlich. Letztendlich ist dieses Problem ein reines europäisches Problem, denn die Gebiete wo die Sinti und Roma herkommen befinden sich alle in Europa. Lösungen wurden in Brüssel erarbeitet, nur sie müssen auch von den Regierungschefs umgesetzt werden.

 

  • Aufenthaltsrecht

Es gehört zur Freizügigkeit der EU, ArbeitnehmerInnen können überall in der EU einen Arbeitsplatz suchen und auch annehmen. Im Gewerbebereich hat jeder EU Bürger Niederlassungfreiheit. Das hört sich gut an, in der Praxis waren jedoch ein paar Fehler sichbar geworden.

Wenn aus einem anderen EU Land ein Arbeitnehmer in einem anderen EU Land eine Stelle sucht und nicht findet, haben alle EU Staaten ein Problem. Irgendwann sind evtl. die finanziellen Reserven aufgebraucht und dieser Arbeitnehmer versucht über die Sozialsysteme seinen Lebensunterhalt zu sichern. Hat er eine gewissen Zeit in dem Land gearbeitet und in die Sozialsysteme eingezahlt, so wird er auch einen Beitrag zu seinem Lebensunterhalt aus den Sozialkassen bekommen. Ist das aber nicht der Fall steht er ohne auf der Straße. Der Gaststaat tut so als wenn er nicht da ist.

In der Regel passiert jetzt folgendes – der Arbeitssuchende wird versuchen sich am Arbeitsmarkt als Tagelöhner mit ganz niedrigen Hungerlöhnen zu verdingen um die Zeit zu überbrücken. Das geht eine kurze Zeit gut, dann wird er entweder obdachlos oder er rutscht ab in die Beschaffungskriminalität. Wo ist jetzt das Problem? Nun, er ist mittellos und ist nicht in der Lage die Heimfahrt zu finanzieren. Die Jobcenter oder Sozialämter können diesen Leuten keine Fahrkarte geben, weil die gesetzliche Grundlage fehlt. Bei den afrikanischen Flüchtlingen ist es da einfacher, die werden in einen Flieger gebracht und auf Staatskosten mit Begleitung nach Hause gebracht.

 

Beide Problemfelder sind Konstruktionsfehler der nationalen Staaten. Die Lösung wäre Brüssel. Denn Brüssel könnte zentral die in den 28 Einzelstaaten aufgetretenen Probleme vereinheitlichen und von dort auch die Umsetzung betreiben. So bekämen die Eltern ihr Kindergeld und die Arbeitnehmer ohne Arbeitsstelle würden wieder in ihre Heimatländer verbracht. Nur, das wollten die 28 EU Staaten nicht, sie wollten die Entscheidung in ihrem Machtbereich belassen.

 

Noch ein Wort zum Vorwurf über die „Regulierungswut“ der Brüsseler Administration. Die EU hat 28 Staaten und jeder dieser Staaten hat „Anspruch“ auf einen Kommissar in der Kommission. Selbstverständlich bekommt der Kommissar in der Kommission ein Büro mit Personal und ein Aufgabengebiet. Und das schafft Verordnungen und Regeln ohne Ende. Nur die Kommissare werden vom Rat, also wieder den Regierungschefs, eingesetzt.

 

Im Grund stehen die Parlamentarier des europäischen Parlaments immer außen vor und dienen der Kommission und dem Rat als Ideengeber und Problemlöser. Eine starke Position hat in diesem Spiel der Parlarmentspräsident, z.Zt. der deutsche Martin Schulz (SPD), sein Vorgänger war der Pole Jerzy Buzek (PO), beides Präsidenten des Ausgleichs, die sich nie gegen den Rat stellen würden. Beide wirken aber motivierend auf die Mitglieder des Parlaments ein. Und so kann man den Parlamentariern der EU eine gute handwerklich politische Arbeit attestieren.

Sie sind es, die Europa nach vorne bringen, die Europa leben, mit ihnen macht Europa Sinn. Wenn man einmal erlebt hat wie 4 – 5 Personen aus unterschiedlichen Staaten in den Ausschüssen über eine Sache diskutiert haben und letztendlich zu einem positiven Ergebnis kamen, geht man mit einem gewissen Stolz auf Europa aus dem Ausschusssaal.

Und deshalb sollte es für jeden überzeugend sein die 96 deutschen Abgeordnete für das europäische Parlament am 25. Mai 2014 zu wählen. Europa ist nirgendwo ein Problem, Europa ist die Lösung.

Schlussendlich muss man noch anmerken, viele Rechtspopulisten wollen ihr nationales Süppchen wieder kochen, aber auch unser westlicher Verbündete, die USA, steht der EU misstrauisch gegenüber. Denken ist Gott sei Dank noch nicht verboten. Wenn man etwas negatives über Brüssel erzählt sollte man immer an den römischen Staatsmann Cicero denken, der mit seinem Ausspruch „cui bono“ eine Verteidigungsrede verstärkte. Cui bono, wem nützt dieser vorgebrachte Sachverhalt? Europa braucht jedoch nicht nur Wähler, Europa braucht Menschen die sich für die europäischen Werte einsetzen. Der Jugendaustausch, der Studentenaustausch, die Städtepartnerschaften oder auch der Kulturaustausch, dies alles ist möglich um zusammen zu rücken, voneinander zu lernen oder aber nur mitzumachen.

 

Es ist unser und Ihr Europa, fühlen Sie sich angesprochen!

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel.

Man muss seine Freunde immer wieder bei Laune halten

 

v.l. Barroso, Barack Obama, Rompuy   Foto: © Linde Arndt

v.l. José Manuel Barroso, Barack Obama, Herman Van Rompuy
Foto: © Linde Arndt

 

[jpg] Ist ist eine schwierige Zeit für die USA. Die europäischen Verbündeten mögen nicht so recht auf die Linie von Präsident Obama einschwenken. Rhetorisch oder auch sprachlich mag man Russland bestrafen. Ein paar Kontensperrungen hier und ein paar Einreiseverbote dort und das Ganze dramatisch vor großem Publikum verkünden. Was Russland tatsächlich schmerzen würde, wären harte Wirtschaftssanktionen, wie die zwei Mistral Hubschrauberträger der Franzosen, die auf der bretonischen Werft von Saint-Nazaire kurz vor der Fertigstellung sind und die schon auf die Namen „Vladivostok“ und „Sébastopol“ getauft sind. Ein Milliardenauftrag, an dem auch Arbeitsplätze der angeschlagenen französische Schifffahrtsbranche hängen. Laurent Fabius, der französische Außenminister, verkündet in den letzten Tagen schon mal lautstark, den Vertrag mit den Russen zu annullieren. Sicher wird diese Ankündigung Barak Obama und die USA freuen. Allerdings haben die Europäer eine andere Kultur im Bereich von Ankündigungen. Wenn die Europäer etwas ankündigen muss das nicht unbedingt umgesetzt werden und wenn, kann diese Ankündigung mit einer sehr langen Verzögerung umgesetzt werden.

Die „Wildwest Politik“ der USA verträgt sich eben nicht mit der europäischen Politik-Kultur.

Auch sind im Moment berechtigte Zweifel im europäischen Raum entstanden, ob man auf die richtigen Personen in der Ukraine gesetzt hat. Dies alles nachdem der ukrainische Abgeordnete der “Swoboda” Partei, Igor Miroschnitschenko, den Fernsehchef des ukrainischen Staatsfernsehens mit Schlägen zur Kündigung gezwungen hat. Die frühere ukrainische Ministerpräsidentin Julija Tymoschenko legte aber noch eines drauf, indem sie den „Scheißkerl (Putin) in den Kopf schießen will“ oder die Russen in der Ukraine mit einer Atombombe entfernen will. Die ukrainische Armee auf der Krim musste nach dem Referendum unnötigerweise in ihren Kasernen auf der Krim verbleiben, es fehlten schlicht und ergreifend die Befehle des Verteidungsministers der Ukraine, Igor Tenjuch. Kurz darauf wurde der in die „Wüste“ geschickt. Dies verträgt sich alles nicht so recht mit den europäischen Standarts.

Kritische Stimmen sehen auf einmal keine legitime ukrainische Regierung mehr und verweisen deshalb auf die ukrainische Präsidentenwahl am 25.Mai 2014. Die Parlamentswahlen sollten auch zu diesem Termin abgehalten werden, so die Stimmen.

Lady-ashton

Im Vordergrund: Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton Foto: © Linde Arndt

In dieser Stimmung trifft sich der amerikanische Präsident Barak Obama mit dem Präsidenten der EU Kommission José Manuel Barroso, dem Ratspräsidenten des Europäischen Rates Herman Van Rompuy sowie der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Catherine Ashton. Es geht um die Ukraine und es geht um die gemeinsame abgestimmte Haltung gegenüber Russland. Die USA haben nicht viel zu verlieren, während Europa sehr viel mehr zu verlieren hat. Obama versucht jedoch die Europäer auf Linie zu halten und mehr Sanktionen gegen Russland zu erreichen. Was tun? Es bleibt nichts anderes übrige als immer wieder die bekannten Drohungen  gen Russland zu wiederholen. Es sind halt Symboldrohungen, die aber so langsam peinlich wirken. Wie kommen die Parteien Obama und die EU aus dieser Nummer wieder raus, denn richtigerweise sollte man sich an einen Tisch setzen und über die Probleme reden, wie es der Außenminister der Russischen Föderation, Sergei Lawrow,  anmerkte. Außenminister Sergei Lawrow schaut dem Treiben des Westens auch ruhig zu und wartet auf die Signale, die der Westen aussendet. In dieser verfahrenen Situation kommt den Deutschen ihre traditionell gute Beziehung zu Russland zu Hilfe. Nur, wo sind die diplomatisch und ausgleichenden Elemente einer guten Außenpolitik sichtbar? Kanzlerin Merkel und ihr Außenminister Steinmeier fallen nicht gerade mit diplomatischen Glanzleistungen auf die bei den Russen Vertrauen erzeugen könnten. Ob sich die Deutschen besinnen und endlich eine selbstbewusste, von den USA unabhängige, außenpolitische Rolle  annehmen?

Präsident Barack Obama Foto: © Linde Arndt

Präsident Barack Obama Foto: © Linde Arndt

Der EU-US amerikanische Gipfel brachte aber noch etwas anderes zutage. Es sind die Gegensätze, die das Handeln der beiden Gruppen bestimmen. Das Freihandelsabkommen (TTIP) stockt,  weil von den US-Amerikanern der Verbraucherschutz und die Qualitätsstandards der Europäer  nicht getragen werden. Klimaschutz, Cyberkriminalität, Außenhandel, Technologietransfer, Energietransfer, Verteidigungspolitik, überall sind Themen wo eine besondere US-Amerikanische Sicht fernab der europäischen Sichtweise auf einander prallen. Man hat den Eindruck Europa macht einen Emanzipierungsprozess durch. Als einzigen Erfolg können die US-Amerikaner die Wiederbelebung der Nato durch die Krim Krise für sich in Anspruch nehmen. So sollen jetzt Nato Truppen an die Ostgrenzen zu Übungszwecken verlegt werden um den russischen Truppen Präsenz zu zeigen. Da soll uns einer mal sagen der Kalte Krieg 2.0 hätte keine Chance.

Na ja, und weil sich das vor der Presse gut macht, hat man auch noch über die vielseitigen menschlichen Katastrophen gesprochen.

Barack Obama  Foto: © Linde Arndt

Barack Obama Foto: © Linde Arndt

Die Flüchtlingsproblematiken in Syrien, Sudan, Süd Sudan, Kongo oder Zentralafrika sollten besser koordiniert werden. Hier würde die Staatengemeinschaft eine weltweite humanitäre Krise erleben.

Auf den Fluren fragte man sich, darf Russland bei der Bewältigung dieser Krisen nicht mehr mitmachen?

In der abschließenden Pressekonferenz waren nur 2 Fragen zu gelassen. Warum wohl? Überzeugend war Obama in Brüssel nicht, vielleicht verlangen wir europäischen Journalisten ja auch zu viel von einem US-Amerikanischen Präsidenten. Obama flog denn auch weiter nach Italien um dem Papst einen Besuch abzustatten – eine wunderbare Symbolik.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel.

Solidarität in der EU sieht anders aus

pressesaal[jpg] Brüssel hat sich entschieden. Der Konfrontationskurs wird weiter gefahren. So hat heute morgen am 21. März die EU in Brüssel den politischen Teil des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine unterzeichnet.

Arseniy Yatseniuk Foto: Linde Arndt

Arseniy Yatseniuk
Foto: Linde Arndt

Ministerpräsident der Ukraine Arsenij Jazenjuk hat sich darin verpflichtet die politischen Werte der EU in der Ukraine einzuhalten. Absichtserklärung?

Aus dem wirtschaftlichen Bereich des Abkommens wurden einige Handelserleichterungen für die Ukraine in Kraft gesetzt, was der Ukraine einen finanziellen Vorteil von rund 500 Millionen durch den Wegfall von Zollschranken verspricht. Weiter wurden der Ukraine 11 Milliarden Euro von der EU als Hilfe (unabhängig von den Hilfen der USA ) zugesichert. Damit kann die Ukraine die kurzfristigen Verpflichtungen bedienen. Mittel- und langfristig benötigt die Ukraine jedoch einen Betrag um 300 Milliarden.

 

Abreise Ministerpräsident Jazenjuk Foto: Linde Arndt

Abreise Ministerpräsident Jazenjuk Foto: Linde Arndt

Nachdem alles unterzeichnet war reiste „Ministerpräsident“ Jazenjuk wieder ab. Kein Wort über die politische Legitimation der Regierung Jazenjuk.

Die Regierungschefs der EU mussten noch die Bannliste mit den Personen fertig machen, deren Konten eingefroren werden sollten und darüber hinaus im Westen als unerwünscht erklärt werden sollen. Es sind alles Russen und ukrainische Russen die dem Umfeld der derzeitigen Regierung von Wladimir Putin zugeschrieben werden. Diese Aktionen gehören noch zur Stufe 2 der EU. Von der russischen Seite hört man, dass die Russen die auf der Liste stehen, sich als geadelt sehen. Teilweise ist es lächerlich bis peinlich wenn zu erfahren ist, dass Personen auf der Liste stehen die überhaupt keine Konten im Westen haben oder auf diesen Konten keine Guthaben nachgewiesen werden können.

Gestern hat die EU Führung einhellig mit der dritten Stufe gedroht. Hier sollen Wirtschaftssanktionen in Kraft gesetzt werden. Die Kommission hat vom Rat den Auftrag, diese Wirtschaftssanktionen schon vorzubereiten und auszuarbeiten. Unter der Hand könnte da eine Summe von 400 Milliarden Umsatz der EU mit Russland zusammen kommen. Abgesehen von dem entgangenen Gewinn stehen hier einige hunderttausend Arbeitsplätze auf dem Spiel. Hier scheint die Solidarität jedoch an Grenzen zu stoßen. Die Engländer möchten ihren Londoner Finanzplatz damit nicht belasten. Immerhin setzen die Russen in London zig Milliarden an der Londoner Börse um. Bei den Franzosen stehen 2 Mistral Hubschrauberträger, die in der bretonischen Werft von Saint-Nazaire für über 1 Milliarde Euro vor der Fertigstellung liegen, vor der Stornierung durch die Franzosen. Dieses Muskelspiel von Hollande werden sich die französischen Arbeiter jedoch nicht gefallen lassen.

Interessant waren denn auch die Nebensätze in den Pressekonferenzen, nachdem offensichtlich die Krim schon verloren gegeben wird. Denn Stufe 3 wird nur in Gang gesetzt wenn die Russen sich an dem Osten der Ukraine zu schaffen machen werden. so haben prorussische Demonstranten in Donezk schon mal den Aufstand geprobt. Die Oblast Donezk, mit der Stadt Donezk als Mittelpunkt, ist eine der wirtschaftlich bedeutendsten Regionen der Ukraine, steht allerdings im Einfluss von Oligarchen. Hier ist es fraglich auf welche Seite die Oligarchen sich schlagen werden. Dem Vernehmen nach werden sich die mächtigsten Oligarchen Rinat Achmetow, Ihor Kolomojskyj, Serhij Taruta auf die Seite der Kiewer „Regierung“ schlagen. Denn wenn die Russen kommen würden müssten sie sich um ihre Pfründe Sorgen machen. Der Kiewer „Regierung“ soll das nur Recht sein; fordern sie doch die Oligrachen auf die Macht in den Bezirken zu übernehmen. Fakt ist jedoch, die dortigen russischen Ethnien streben gleichsam ein Referendum an. Sehen sie doch der Kiewer „Regierung“ misstrauisch entgegen und befürchten zumindest ihre Ausgrenzung.

Vertragsunterzeichnung

Vertragsunterzeichnung v.l.Mr David CAMERON, UK Prime Minister; Mr Arseniy YATSENIUK, Prime Minister of Ukraine; Mr Herman VAN ROMPUY, President of the European Council; Mr José Manuel BARROSO, President of the European Commission Foto: Der Europäische Rat, Brüssel

Kommen wir wieder zu der obigen Vertragsunterzeichnung. Da die EU das Völkerrecht immer wieder reklamiert, fragt man sich schon, wieso die EU mit einer „Putschregierung“ einen völkerrechtsfähigen Vertrag abgeschlossen hat? Zumal bei den Wahlen am 25. Mai eine legalisierte Regierung in der Ukraine als Vertragspartner zur Verfügung gestanden hätte. Die Eile war notwendig geworden, weil Zahlungen oder Umschuldungen kurzfristig fällig gestellt waren. Aus Regierungskreisen wurden die westlichen Banken genannt, die Abschreibungen in ungenannter Höhe bei Nichtzahlung hätten vornehmen müssen, was in den Bilanzen der Banken zu dementsprechenden Verlusten geführt hätte.

Letztendlich führte dieses Verhalten der USA und der EU zu Sanktionen, die diese Bezeichnung nicht verdienen, wobei die Verluste der USA nur als gering zu bezeichnen wären, da keine wesentlichen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Russland geführt wurden. Allerdings hätten die USA einen gewaltigen Vorteil wenn sie auf Grund eines Gasembargos durch Russland ihr Flüssiggas an die Europäer verkaufen könnten. Die Energiekosten würden in Europa nochmals steigen und der Wiedereinstieg in die Kohle- und Atomkraftwerke würde durch die Bevölkerung toleriert. Das führt jetzt zu weit? Lassen wir das also.

Bleiben wir bei der Solidarität des Westens, die ihre Grenzen dort hat wo die wirtschaftlichen Nachteile einer Sanktion keinen nennenswerten Effekt gegenüber dem Sanktionsgegner hat. Wir sollten uns erinnern, dass Russland zu Zeiten der Sowjetunion dem westlichen Währungs- und Finanzsystem nicht angeschlossen war. Trotzdem wurden Waren und Dienstleistungen damals ausgetauscht.

Jetzt rächt sich die arrogante Haltung des Westens, die nie eine Russlandpolitik definiert hatte. Russland wurde zur G7 eingeladen indem man eine G7+ benannte, wobei Russland das Plus darstellen sollte. Gleichberechtigung kennt der Westen nicht. Die USA sind unser „Führer“ so versteht sich der Westen. Im Grunde genommen hat die europäische Union alles falsch gemacht was man im Zusammenhang mit Russland falsch machen konnte. Es ist schon nachvollziehbar, wenn Putin heute von einer Demütigung des Westen nach dem Zerfall der Sowjetunion spricht.

Als Russland in die EU wollte, mochte die EU Russland deshalb nicht, weil Russland auch zum asiatischen Kontinent gehört. Gespräche zwischen der EU und Russland, in der Qualität wie man mit den USA sprach, fanden niemals statt. Stattdessen wurde das nationale Ego der Russen immer wieder gekränkt. Polen, Rumänien, die baltischen Staaten, der Balkan – alles Staaten, die im Einflussbereich der ehemaligen Sowjetunion lagen. Diese Staaten wurden wie selbstverständlich von der EU und teilweise von der Nato einverleibt. Eine Kränkung, zumal Absichtserklärungen des Westens und auch Vertragsbestandteile dies normalerweise nicht zugelassen hätten. Der Westen ging aber einfach darüber hinweg. Wieso hatte man nach dem Zerfall der Sowjetunion keine gemeinsame Sicherheits- und Konsultationsstrategie erarbeitet? Wohl deshalb nicht, weil man die Russen nicht ernst nahm. Die Frage ist aber auch: Wieso konnte man ein so rohstoffreiches Land wie Russland einfach so vernachlässigen? Mit einer freundschaftlichen Bindung zu Russland wäre ein Konflikt niemals möglich geworden.

v.l.Angela Merkel wird von Udo van Kampen vom ZDF in der Pressekonferenz befragt.  Fotos: Linde Arndt

v.l.Angela Merkel wird von Udo van Kampen vom ZDF in der Pressekonferenz befragt. Fotos: Linde Arndt

Ein anderer Aspekt zur Krim Krise wirft seine Schatten über Brüssel. Dieser Schatten macht der EU Angst. Es ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker, welches mit einem Referendum aus einem Staat zwei Staaten machen kann. Kann man einem Landesteil das Selbstbestimmungsrecht verweigern? Der Westen hatte mit dem Kosovo die Büchse der Pandora geöffnet.

Schottland steht vor der Volksabstimmung gegenüber Großbritannien. Dies führt zu einem neuen Staat auf der Welt, der aber, man höre, nicht automatisch Mitglied in der EU ist. Oder doch? Venetien probt schon mal online den Aufstand um sich von Italien los zu sagen, Katalonien und die Basken wollen nicht mehr zu Spanien gehören. Flandern und die Wallonen wollen nicht zu Belgien gehören und Korsika will mit Frankreich nichts mehr zu tun haben. Auch deshalb reagiert Brüssel so hysterisch auf die Unabhängigkeitsbewegung der Krim. Diese Art von Selbstbestimmungsrecht der Völker (Wilsonsches System ) ist in den meisten Verfassungen gar nicht vorgesehen und bringt den Zentralstaat in die Bredouille. So hat Brüssel zwar ein Committee of the Regions (COR) in der die Regionen ein Mitwirkungsrecht haben, aber eben nur eine Mitwirkung.

Der Vielvölkerstaat Russland mit seinen ehemaligen Satelliten hat genau die gleichen Probleme, man denke da an Tschetschenien, kann die Probleme aber besser systembedingt dominieren. Und die USA? Texas will sich von den USA lossagen, aber es wird nicht bei Texas bleiben.

Das Problem sind die großen Staatseinheiten in der der Einzelne sich in seiner kulturellen und wirtschaftlichen Selbstbestimmung nicht wieder findet. Der Riese Europa definiert sich zwar „In Vielfalt geeint“, nur, die einzelnen lokalen Landesteile sehen Brüssel als weit entfernte Zentrale, die sie fremdbestimmt. Brüssel sollte das Referendum der Krim als Weckruf sehen, Weckruf deshalb, weil den Europäern in Brüssel die Landesteile der Staaten weglaufen könnten.

Und die europäische Solidarität? Sie existiert nur in den Köpfen der Ratsmitglieder die nicht mitbekommen haben wie sich Europa verändert hat. Mit oder ohne Putin, die Welt dreht sich eben weiter.

Am Mittwoch, dem 26. März wird der US-Amerikanische Präsident Barak Obama in Brüssel zu Beratungen erwartet. Ungewöhnlich, man darf jedoch auf die Ergebnisse dieser Beratungen gespannt sein. Nach 14:00 Uhr wird es eine gemeinsame Pressekonferenz geben. Wir sind sehr gespannt.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel

Wird der Vernunft noch eine Chance gegeben?

Krisensitzung der EU-Aussenminister 3.3.2014 in Brüssel Foto: © Linde Arndt

Krisensitzung der EU-Aussenminister 3.3.2014 in Brüssel
Foto: © Linde Arndt

[jpg] Die Situation ist ziemlich verfahren. Der Westen, unter der Führung der USA, hat sich auf die neue ukrainische Führung eingeschworen die mit einem Umsturz ans Ruder kam. Man hat den Eindruck, alle gegen Russland. Nur was bringt das? Einen Nervenkitzel, der uns alle an den Rand eines neuen Krieges bringt? Man sollte dieser Tage ein gutes kalibriertes Koordinatensystem haben, welches einen gut durch das Geflecht von Lügen, Spekulationen und Halbwahrheiten führt.

Zur Erinnerung:

2013 wurden die Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine unterschriftsreif abgeschlossen. Die Unterschrift sollte auf dem EU Gipfel in Vilnius Ende Nov. 2013 von den Vertragspartnern vollzogen werden. Nebenbei sollte die ehemalige Ministerpräsidentin Julija Tymoschenko zur Therapie nach Deutschland ausreisen dürfen. Es kam nicht zu dieser Unterschrift. Die EU war bestürzt, mühte sich aber der Ukraine die Tür nicht vor der Nase zu zu schlagen. Der Grund: Der russische Präsident soll interveniert haben und der Ukraine ein Ultimatum gestellt haben, entweder die EU oder Russland, so wurde es kommuniziert. Die erste Halbwahrheit! Tatsächlich hatte Putin die Ukraine auf den Wegfall der Zollunion mit der von Putin als Gegengewicht zur EU angestoßenen Eurasischen Union hingewiesen. Die Konsequenz wäre für die Ukraine, dass sie nicht mehr die Zollfreiheit erhalten würde und könnte. Wirtschaftlich wäre dies für die Ukraine fatal, stand und steht sie doch vor der Entscheidung ihre Währung abzuwerten weil ihre Produkte zu teuer sind. Jahr für Jahr überstiegen „unbemerkt“ die Importe die Exporte. Ein weiteres Problem, Gas und Erdöl, welches von Russland eingeführt wird, wird durch die ukrainische Regierung seit Jahren subventioniert. Allein diese beiden Punkte führten zum immer schnelleren Verbrauch der Geld- und Devisenreserven. Für 2014 stehen 7 Mrd. Dollar Rückzahlungen oder Umschuldungen an, wobei von Russland Forderungen von 20 Mrd. Dollar aus Gaslieferungen fällig gestellt sind. Die Zahlungsunfähigkeit drohte und droht, wenn kein frisches Geld in die Kasse kommt.

Parallel demonstrierten tausende auf dem zentralen Majdan Platz in Kiew gegen die exorbitante Korruption der herrschenden Klasse. Seit der orangenen Revolution von 2004 hat sich jede ukrainische Regierung von Wiktor Juschtschenko über Julija Tymoschenko bis hin zu Wiktor Janukowytsch „bedient“. Das Ausmaß war und ist gewaltig; denn nicht nur die obersten Entscheider bedienen sich, es bedient sich auch der kleine Dorfpolizist von nebenan wie selbstverständlich. Die Unzufriedenheit der Ukrainer mit ihrem System nahm denn auch Ausmaße an, die man an brennenden Reifen oder Autos gut sehen konnte. Und die Möglichkeit der Manipulation war in dieser Atmosphäre ein Leichtes.

Verwundert rieb man sich die Augen als nach dem Gipfel in Vilnius die Demonstranten auf einmal alle in die EU wollten. Nicht die Korruption war jetzt das Problem, sondern das verhinderte Assoziierungsabkommen mit der EU. Und die Gewaltspirale drehte sich schneller. Die Staatsmacht griff ein und versuchte die Gewalt in den Griff zu bekommen, was misslang. Die ersten Schüsse fielen, Molotow Cocktails wurden gegen die Polizisten geworfen. Es gab Tote und Verletzte auf beiden Seiten. Die Anführer auf dem zentralen Majdan Platz bekamen ihre Gruppen nicht mehr in den Griff. Das Ganze lief aus dem Ruder. Zuletzt waren an einem Tag 100 Tote gezählt worden.

Und wieder wurde die Wahrheit untergraben; denn Tote wurden nur auf Seiten der „friedlichen“ Demonstranten gezählt. So konnte es nicht mehr weiter gehen.

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In dieser Situation machten die EU Außenminister Steinmeier und das sogenannten Weimarer Dreieck, Laurent Fabius aus Frankreich und Radoslaw Sikorski aus Polen einen dramatischen Schlichtungsversuch zwischen den Demonstranten und dem Präsidenten Wiktor Janukowytsch.

Er gelang, man einigte sich auf Neuwahlen spätestens zum März 2014, Beteiligung der Demonstranten an der Regierung innerhalb von 10 Tagen und eine Rückkehr zur Verfassung aus dem Jahre 2004. Die EU Außenminister waren es zufrieden, zeigten sich auf dem Majdan mit einigen ukrainischen Führern den Demonstranten und verschwanden.

Ein paar Stunden später war diese Vereinbarung keinen Cent mehr wert. Gegen Abend machte sich Präsident Wiktor Janukowytsch mit Hubschrauber „aus dem Staub“. Später wird er sagen, er und seine Familie wurden bedroht.

Das es diese Bedrohung gegeben hat, spricht dafür, dass kurz nach Abflug des Präsidenten ein Haftbefehl gegen Wiktor Janukowytsch wegen „Massenmords“ ausgestellt wurde. Und es wurde „der erste Stein“ gegen Russland geworfen. Nach einem eiligst aufgestellten Gesetz sollte russisch als zweite Amtssprache verboten werden. Eiligst wurde auch per Akklamation auf dem Majdan in Kiew die neue Regierung gewählt. Ob auf dem Platz Ukrainer oder wer auch immer standen, wen kümmerte es. Jeder durfte abstimmen, überprüft wurde da nichts. Man wollte unumkehrbare Fakten schaffen. Heraus kam denn auch eine „bunte“ Mischung von Mitte bis rechts außen Politikern, die die Regierungsgeschäfte übernahmen. Die Demonstranten oder wer auch immer das auf dem Majdan war, waren es zufrieden. Von Korruption war nunmehr keine Rede mehr. Ach ja, da war doch noch die Ministerialdirektorin im US Außenministerium, Victoria Jane Nuland in Kiew, die in einem Telefongespräch mit dem US Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt diesem gesagt hat: „Fuck the EU“.

[caption id=“attachment_2905″ align=“alignright“ width=“350″]Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik und Erste Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Catherine Ashton   Foto: Linde Arndt Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik und Erste Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Catherine Ashton
Foto: © Linde Arndt[/caption]

Nuland wollte mehr Härte gegenüber den Ukrainern und den Russen (?) im Lande, ihr waren die Gespräche, die die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik und Erste Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Catherine Ashton mit allen Beteiligten führte zu lang, zu weich und nicht zielführend. Nuland soll diesen Umsturz mit Geldern der USA finanziert haben und dafür sollte es jetzt Erfolge geben. Es sollten unumkehrbare Fakten geschaffen werden.

Das sich in Kiew der von den Deutschen favorisierte „Preisboxer“ Vitali Klitschko mit seiner 12% Partei rumtrieb und ab und an brav etwas zum Besten gab, mag als Marginalie in diesem Spiel erwähnt werden.

 

Dann verschoben sich auf einmal die Betrachtungen und damit das Krisenszenario auf die Halbinsel Krim. Dort leben rund 60% der Bevölkerung mit russischem Hintergrund, dort befindet sich im Hafen der Stadt Sewastopol die Schwarzmeerflotte Russland. Wie aus dem Nichts tauchten auf einmal Kombattanten auf. Ohne Hohheits- und Rangabzeichen waren sie keiner nationalen Gruppe zuzuordnen. Bewaffnet und in Camouflage-Uniform patrouillierten sie durch die Straßen der Krim Hauptstadt Simferopol und der Hafenstadt Sewastopol. Und es wurden immer mehr, zuletzt werden es an die 8.000 Mann gewesen sein. Sie bewachten die ukranischen Kasernen, Flughäfen, öffentlichen Gebäude aber auch den Regierungssitz. Die Unruhen in Kiew und die daraus entstandene Russenphobie schlug nicht auf die Krim über. Die Kombattanten wurden der russischen Bevölkerungsgruppe zu geordnet. Bis heute fielen nur Warnschüsse auf der Krim. Kein Mensch kam zu Schaden wie in Kiew, die Präsenz der kampfbereiten Kombattanten genügte. Während es im Georgienkonflikt 2008 noch zu Zerstörungen, Toten und Verletzten der Bevölkerung mit russischen Hintergrund kam, blieb es auf der Krim ruhig.

In dieser Situation wurde eine Sondersitzung der 28 Außenminister der EU in Brüssel anberaumt. Alle Pressevertreter erhielten die Pressemitteilung, dass am Nachmittag eine Pressekonferenz stattfinden würde. Unter Leitung der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik und Ersten Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Catherine Ashton wurde um 13:00 h die Sitzung im Justus-Lipsius-Gebäude, dem Sitz des Rates der europäischen Union eröffnet.

Alle internationalen Journalisten saßen auf heißen Kohlen, die Zeichen standen nicht gut für Europa. Die USA, Russland und die Umstürzler in Kiew diktierten die Abläufe. Erlöst wurden wir alle, als um kurz vor 19:00 Uhr Catherine Ashton vor die Presse trat. Sie verlas eine Erklärung in der sie Russland als Aggressor bezeichnete. Russland solle seine Armeesoldaten wieder in die Kasernen zurück beordern und den direkten Dialog mit der „Interimsregierung“ in Kiew suchen.

Dies und nur diese Art des Umgangs zwischen den Staaten würde die Unterstützung der EU finden.

Ansonsten wurde für Donnerstag, den 5. März der Rat der EU (Consilium ) tagen um weitere Schritte, wie Sanktionen, zu beschließen. Angedacht wurde die Bildung einer Fact-Finding-Mission um die unsichere Informationslage zu beseitigen und die Bildung einer Kontakt-Gruppe um eine Lösung des Konflikts herbei zu führen.

Das Leben geht weiter. Schon heute findet eine Sitzung im Rahmen der OSZE in Paris statt, der man den Status einer Kontakt-Gruppe zuschreibt. Gleichzeitig finden zwischen Russland und der Ukraine auf Ministerebene Gespräche statt.

Pressetermin  mit Lady Ashton  Foto: © Linde Arndt

Pressetermin des Außenministertreffens in Brüssel Foto: © Linde Arndt

Was allerdings alle beteiligten Journalisten am Montag störte, die EU hatte sich nicht aufraffen können eine Vermittlerposition einzunehmen, obwohl Catherine Ashton erste Gespräche mit der Ukraine geführt hatte. Das die weiteren Gespräche unter der Ägide der USA stattfinden sollen schränkt mal wieder die Selbstständigkeit Europas, seine eigenen Probleme zu lösen, ein.

Ach ja, 7 Milliarden Dollar haben die EU und die USA an Kreditzusagen und Bargeld der neuen nicht gewählten ukrainischen Regierung als Anschub Finanzierung in Aussicht gestellt. 1 Milliarde haben die USA als Kreditzusage mit gebracht. Nur, die Ukraine braucht schon 2014 37 Milliarden Dollar. Und das ist nicht alles, wenn wir uns die Krise in Griechenland betrachten. Ob die Ukrainer aber bereit sind, den Preis, Abwertung der Landeswährung bei gleichzeitigem Lohnverzicht, für die Abkehr von Russland zu zahlen, wagen viele zu bezweifeln. Schon jetzt ist die Ukraine destabilisiert, wie wird es morgen aussehen?

Jürgen Gehardt für EN-Mosaik aus Brüssel.

Es ist verdächtig ruhig in der Abhöraffäre von NSA und Co

Ausschuss der EU Brüssel  Foto: Linde Arndt

Ausschuss der EU Brüssel Foto: © Linde Arndt

[jpg] Ich habe nichts zu verbergen. So oder ähnlich schalt es aus allen Gassen der westlichen Welt wenn man über das Abhören der ausländischen Geheimdienste sprechen will. Julian Assange und Edward Snowden, die den ganzen Prozess in Bewegung gesetzt haben, sind fest gesetzt. Jedoch haben sie vorher dafür gesorgt, dass die von ihnen erworbenen Kenntnisse publik gemacht werden konnten. Die deutsche Bundesregierung hat mit ihren Ministern Pofalla und Friedrich diese Affäre mit dem Vermerk „erledigt“ zu den Akten gelegt. Berechtigt oder nicht berechtigt?

 

Es ist ein Schaden entstanden, das Vertrauen zwischen den Verbündeten ist nachhaltig gestört worden. Ende 2013 wollten der französische Präsident Hollande und die deutsche Kanzlerin Merkel in den USA ein aufklärendes Gespräch führen und in der letzten EU Rats-Sitzung 2013 berichten. Nichts dergleichen geschah. Wie so vieles in dieser Affäre wurde auch hierüber der Schleier des Schweigens gelegt. Nach neusten Nachrichten soll USA Präsident Obama die deutsche Kanzlerin Merkel im Rahmen eines Telefonates nach Washington D.C. zu einem Gespräch eingeladen haben. Thema? Schweigen.

Zeit, um sich einige Fragen zu stellen. Da ist zuerst einmal die Frage um welche Staatsform handelt es sich  in den USA und der BRD denn eigentlich? Legt man die Transparenzmesslatte an beiden Staaten an, so haben wir es eindeutig mit einer Diktatur zu tun. Denn nur in einer Diktatur werden die Bürger so im Unklaren gelassen mit den Regierungsentscheidungen die sie betreffen. Auch die Messlatte aus der Staatenlehre bringt kein Ergebnis für eine Demokratie hervor. Denn ein Staat ist nur dann ein Staat wenn er die Geschicke seines Staates selbstbestimmt umsetzen kann. Kann er das nicht, aus welchen Gründen auch immer, so kann man nicht von einem Staat sprechen. Er ist eben nur Teilstaat. Nimmt man den Begriff, „wehrhafte Demokratie“ hinzu, so löst das in Bezug auf Deutschland Irritationen aus. Denn wieso ist Deutschland nicht in der Lage über seine Daten selber zu bestimmen? Wieso ist ein Land wie Deutschland, ein Hochtechnologieland, nicht in der Lage geeignete Maßnahmen zu ergreifen um die Angriffe von Fremdstaaten zu unterbinden?

Warum findet , außer dem mehr oder weniger folkloristischen Auftritt des grünen Bundestagsabgeordneten Stöbele bei Herrn Snowden,  keine analytische Betrachtung des Schadens, der durch das Abgreifen von Daten angerichtet wurde, statt? Denn Wirtschaftsspionage mit einem nicht zu beziffernden Schaden ist nicht auszuschließen.

Da auch Europa betroffen ist haben wir uns auch in Brüssel umgehört. Überall Schweigen? Nein.

Das EU-Parlament hatte Mitte 2013 den Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) beauftragt einen Bericht schnellstmöglich über das Ausmaß des Datendiebstahls anzufertigen. Gleichzeitig sollten Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden um die Datenintegrität wieder herzustellen. Berichterstatter ist Claude Moraes, ein Abgeordneter der Labour Party aus London, der der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament (S&D) angehört.

 

Claude

Claude Moraes
Foto:© European Union 2013 – European Parliament

Auf dem jetzt vorgestellten 52 seitigen Bericht geht Moraes mit seinen Ko-Autoren dem Treiben der Geheimdienste nach. NSA und die anderen Geheimdienste haben darin eine unheilvollen Allianz gegen unsere westliche Demokratie geschmiedet. So soll der deutsche BND Metadaten an die NSA über eine Datensammelstelle weitergegeben haben. Der BND soll, um die Gesetze zu umgehen, das Internet zu einem „naturgemäß ausländischen Raum“ erklärt haben. Damit konnte man jeden deutschen Bürger ohne Probleme abgreifen. Ohne Scham sollen die Geheimdienste ihre Daten untereinander abgeglichen haben. Den Geheimdienstmitarbeitern, die sich dem Abgeordneten gestellt haben, war kein Unrechtsbewusstsein anzumerken. Massiv wurden die Grundrechte der EU Bürger verletzt, die gerade durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mehrfach verurteilt wurden.

Die Redefreiheit, die Meinungsfreiheit, die Religionsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit, den Datenschutz, das Recht auf ein faires Verfahren, den effektiven Rechtsschutz usw werden durch das Abgreifen der Daten ausgehöhlt. Als besonders besorgniserregend stellte sich bei den Untersuchungen die Beeinträchtigung der Pressefreiheit heraus. Journalisten, die Informationen liefern, die für eine fundierte Debatte benötigt werden, werden abgeschreckt durch Praktiken, die einschüchternd sind oder die Berichterstattung verzögern, so der EU-Berichterstatter Moraes. Es werden massenweise Gesetze gebrochen oder umgangen, wobei den USA es relativ leicht fällt; denn durch den Patriot Act und durch Geheimgerichte (Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC )) ist alles im Bereich des möglichen. Der ehemalige Präsident Carter sieht die USA denn auch nicht mehr als rechtsstaatliche Demokratie an.

Viele europäische Geheimdienste sollen sich von den USA sogar auf mehr Rechtsbrüche ein gelassen haben als notwendig, nur um dem großen Bruder USA zu gefallen. Es scheint dort ein gewisser Wettbewerb zu herrschen, wer ist der liebste Geheimdienst in den Augen der USA. Den USA soll es nur recht sein.

Und Europa, respektive Deutschland? Hier konnte man einen Dammbruch attestieren, indem alles was gemacht werden konnte auch gemacht wurde und weiterhin wird. Die Supermarktkasse wurde mit den Personendaten abgeglichen und ein Profil mit den Bankdaten erstellt. Ohne richterliche Genehmigung versteht sich.

Während man vor 40 Jahren körperlich Nähe herstellen musste um an solche Daten zu kommen, kann man dies heute viel einfacher über das Internet erledigen.

Ist das alles so hinzunehmen? Kann man sich mit dem „ich habe nichts zu verbergen“ in seiner Hilflosigkeit und Ohnmacht ergeben? Nein, es gibt Lösungen.

 

Die Lösungen sind etwas schwieriger; denn durch das Zusammenwachsen des Internets zu einem großen Ganzen sind die Grenzen des Einzelstaates verwischt. Die Radikallösung wäre demnach an den Grenzen Filter einzubauen die mit einer „White List“ ausgestattet sind. Damit wäre die Idee des globalen und freien Netzes allerdings beerdigt.

moraes-2Der Denkansatz von Claude Moraes wäre eine unabhängige Behörde, die sich mit der Kontrolle der Netze und der Dienste befasst. Es kann doch nicht sein, dass ,wie in Deutschland, der Datenschutz eine Aufgabe des Innenministeriums ist und die Kontrolle der Dienste eine Aufgabe des Bundeskanzleramtes ist. Beide sollten in unabhängigen Ämtern arbeiten können und weitreichende Befugnisse bekommen. Rechenschaft würden diese Ämter nur den nationalen Parlamenten ablegen müssen. Bleiben noch die Gedanken zur nationalen Sicherheit die den Freiheiten des Einzelnen gegenüber gestellt werden. Hier würden die „50 Tshwane-Prinzipien“ inspirierend helfen und die Journalisten gegenüber der Staatsmacht schützen. Denn nach den heutigen Normen würden Journalisten ins Gefängnis gesteckt wenn sie Folter und Mord, die als geheim eingestuft werden, öffentlich machen würden. Nach diesen „50 Tshwane-Prinzipien“ könnten sowohl Assange als auch Snowden von keinem demokratischen Staat belangt werden.

Was mich allerdings sehr stark irritiert ist die deutsche Haltung der Mainstream Medien und der deutschen Regierung, die diesen großen Einschnitt in unsere Demokratie zu lässt. Man muss sich nur die Headlines der letzten Wochen und Monate ansehen, so stellt sich einem die Frage: „Wie viel Wert ist uns unsere Demokratie?“

 

Da der Bericht Claude Moraes noch nicht final ist, wird er zumindest im europäischen Parlament noch debattiert. Die Abgeordneten des europäischen Parlament können zu diesem Bericht Änderungen bis zum 22. Januar 2014 einreichen. Europa ist halt mehr als nur 28 Staaten die sich einzeln nicht trauen, es ist eine streitbare Vision.

 

Jürgen Gerhardt für european-mosaic und für EN-Mosaik aus Brüssel.

 

 

Die Sowjetunion und Mauer müssen wieder her

Vorgeschichte

Bundeskanzlerin Angela Merkel nimmt  in der nächtlichen Pressekonferenz bei der EU in Brüssel am 24.10.2013 Stellung zur Abhöraffaire ihres Handys   Foto: © Linde Arndt

Bundeskanzlerin Angela Merkel nimmt bei der EU in Brüssel am 24.10.2013 Stellung zur Abhöraffaire
Foto: © Linde Arndt

[jpg]Ach was war das für eine schöne Zeit. Als die Mauer und die Sowjetunion noch existierte, waren die Bösen immer leicht auszumachen. Der KGB und die Stasi liefen Hand in Hand durch die Gegend um die halbe Welt zu belauschen,zu entführen oder gar mit einer Spritze im Vorbeigehen umzubringen. James Bond oder Rambo setzten sich dafür ein, um den Schaden, den das „Reich des Bösen“ uns zufügen könnte, in Grenzen zu halten. Die Präsidenten John F. Kennedy oder Ronald Reagan wurden zu Berlinern oder wollten gar die Mauer einreißen. Wir Europäer und gerade wir Deutschen waren gerührt, dass ein so starkes und großes Volk wie die USA uns zur Seite stand. Alles was die USA von uns wollte setzten wir in die Tat um.
Und dann fiel die Mauer, die Sowjetunion verabschiedete sich von der Geschichte. Wir hatten unsere besten Feinde verloren. In den 90ern tapperte der ewig alkoholisierte russische Präsident Boris Jelzin durch die Weltgeschichte. In der Zeit konnte der Westen die größten Geschäfte machen, es gab Rohstoffe zu Spottpreisen – Jelzin unterschrieb alles was nach einem Vertrag aussah.

Aber – und das war das Schlimme – wir hatten keinen Feind mehr! Wofür also die NSA, CIA oder MI6 und MI5 in den Ländern der Anglosphäre überhaupt noch beschäftigen? Zumindest in der Größenordnung. Dieses Innehalten der Dienste währte nicht lange; denn der Terrorismus in seiner vielfältigen Ausformung trat auf die Bühne der Geschichte. Und die vorgenannten Dienste wurden noch vergrößert. Heute sind die Dienste personell und finanziell doppelt so groß wie zu Zeiten der bösen Sowjets. Und das hat seine Gründe. Die digitale Revolution mit dem Internet drängte sich in den Vordergrund. Und je mehr die Marktdurchdringung dieser Revolution fort schritt taten sich Möglichkeiten auf, die man vorher nicht hatte. Es ging alles so schnell. Der Speicherplatz im privaten Bereich ist auf Terrabyte angestiegen, vielfach verkehren wir mit einer Hightspeed Anbindung von bis zu 50 Mb/sec. Mit unserem Notebook stellen wir uns unsere Fernsehprogramme zusammen, die wir in unserer Wohnung sehen wollen. Sendungen aus Neuseeland, USA, Frankreich sind kein Problem für die deutschen Wohnzimmer. Über Hilfsprogramme wie Skype fand man Freunde in der ganzen Welt mit denen man Probleme lösen konnte. Jetzt gehört Skype zu Microsoft und wird nicht mehr zu verwenden sein, weil Microsoft mit der NSA kooperiert. Videokonferenzen, Datenaustausch, gemeinsame Programmnutzung oder Diskussionen mit hunderten von Menschen rund um die Welt ist über tausende Kilometer eine Selbstverständlichkeit. Das ist aber noch nicht alles. Und diese Entwicklungen gingen in riesigen Schritten voran. Und Deutschland aber auch Europa war nicht dabei. Dabei waren viele Technologien von den Deutschen auf den Markt gebracht worden. Das Frauenhofer Institut brachte die Komprimierungssoftware für mp2, mp3 und mp4 (H264) heraus und arbeitet eng mit Microsoft und Cisco zusammen. Siemens, Suse und SAP stellten im IT Universum immerhin eine recht kleine Nische dar.

Nur die deutsche Politik sah in diesen Bereichen keine Zukunftspotenziale und tat diesen Bereich als Unterhaltungskram ab. Ein schwerwiegender Fehler; denn inzwischen läuft nichts mehr ohne diesen Bereich. Nur dieser Bereich ist fest in den Händen der USA. Apple, Microsoft, Sun, IBM, Google oder Icann sind US-amerikanische Firmen die den Weltmarkt beherrschen! Und wen wundert es, wenn in den Programmen dieser Weltfirmen Spionagesoftware einprogrammiert wurde? Auch die Standards, wie HTTPS oder VPN wurden mit Backdoorsoftware versehen, so dass die Kommunikation mitgeschnitten werden kann.

Möglichkeiten nutzen und Profile erstellen

Wen wundert es wenn die USA und UK diese Gelegenheit ausnutzen? Sicher waren am Anfang nur langweilige Datensätze mitgeschnitten worden. Man hat sie gefiltert und nach bestimmten Kriterien zusammen gefasst. Und heraus kamen Profile die man anpasste. Man ist von den immensen Datenmengen etwas überfordert – im Moment.

Und dann passierte etwas was so nicht vorgesehen war.
Nach WikiLeaks mit Julian Assange trat Edward Joseph Snowden mit dem Guardian auf den Plan. Snowden hatte Dossiers ohne Ende, die fein säuberlich sortiert, Stück für Stück präsentiert wurden. Namen, Programme oder konkretisierte Personenkreise wurden genannt. Verblüffend wie viel Länder abgegriffen wurden unter anderen auch der gesamte deutsche digitale Datenverkehr.
Die deutsche Regierung verfiel in den Verharmlosungsmodus und wies alles in den Bereich von Märchen und Fabeln.

Der Sündenfall

Bis eines Tages unsere Bundeskanzlerin selbst davon betroffen wurde. Es wurde in Brüssel während der Ratssitzung bekannt. Die Information, „die Kanzlerin ist von der NSA abgehört worden“, machte unter den Kollegen die Runde. Das Kanzleramt handelte schnell und sprach von einem ernsthaften Vorgang. (Allerdings wurde auch dieser Vorgang durch Snowden ins Spiel gebracht).

Hollande und Cameron  Fotos & Collage © Linde Arndt

v.l.: Francois Hollande und David Cameron Fotos & Collage © Linde Arndt

Regierungssprecher Steffen Seibert teilte denn auch telefonisch auf Anfrage mit, nur das private Handy von Merkel sei betroffen. Und abends stand die Reaktion des Rates fest. Hollande und Merkel werden sich auf den Weg machen und bis zum Jahresende eine Klärung der Abhöraktion mit den USA herbeiführen, so Ratspräsident van Rompuy. Merkel sprach denn auch recht friedlich in ihrer Pressekonferenz von den USA als Freunde, die uns ja befreit hätten und mit denen man in Afghanistan gemeinsam gekämpft hätte. Man müsse halt miteinander reden. Ratspräsident Herman Van Rompuy meinte es können sich auch andere Ratsmitglieder mit Frankreich und Deutschland auf den Weg nach den USA machen.

Premier David Cameron wollte der Presse zur Abhöraffäre keine Auskunft geben, obwohl UK fleißig die Leitungen abgreift und die gewonnenen Daten auswertet.

Es waren insgesamt peinliche Momente, die der Rat in Brüssel den versammelten Journalisten bot. Europa mit 500 Millionen Einwohnern hätte mehr Selbstbewusstsein seiner Regierungschefs erwarten dürfen, stattdessen Hilflosigkeit auf allen Kanälen.

Die Konsequenzen

Plötzlich war allen Teilnehmern klar, die EU hat bei den US-amerikanischen „Partnern“ keinen Respekt. Wofür auch? Wer sich so ohne Gegenwehr abhören lässt wie die EU muss sich über die mangelnde Respektlosigkeit der USA nicht wundern. Was sollte die EU auch tun? Das Swift Abkommen aussetzen oder die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen ruhen lassen? Das würde die Datenabgreiferei nicht stoppen. Ein Antispyabkommen mit den USA abschließen? Klar, aber wer sollte die Einhaltung kontrollieren? Alles untaugliche Mittel. Kurzfristig waren keine Optionen vorhanden.
Eine Option ist die Unabhängigkeit und eine Distanz zu den USA auf zu bauen.Wir erinnern uns: Bei der öffentlichen Ausschreibung für die US-amerikanischen Tankflugzeuge hatte Airbus mit seinem A330 /KC-45 in der dritten Ausschreibung gegenüber Boing das Nachsehen. Damals wusste Boing auf einmal wichtige Daten des Airbus Produktes und konnte sein Angebot dementsprechend anpassen. Ein Auftrag von immerhin 100 Milliarden ging für Airbus verloren. Wirtschaftsspionage? Schon damals hätte die EU eine dementsprechende Abwehr gegenüber Cyberangriffen aufbauen müssen. Hat sie aber nicht. Grotesk wird das ganze wenn die belgische „Belgacom“, die die gesamte digitale Infrastruktur in Brüssel bereithält, immer mal wieder von Trojanern der vorgenannten Dienste heimgesucht wird. Belgacom hat keine Techniker um den Trojaner aus dem Netz zu entfernen und heuert dann einen Spezialisten der NSA oder des britischen GCHQ (Government Communications Headquarters) an. Bis heute ist nicht geklärt wer die Schadsoftware freisetzt.
Dieser Vorfall der belgischen Belgacom ist aber typisch für die derzeitige digitale Situation in den 28 EU Staaten. Was fehlt ist eine gemeinsame digitale Agenda, die die europäischen Resourcen bündelt und als Gegenpol aufbaut. Es sind ja nicht nur die USA die sich in den europäischen Netzen tummeln. China und Russland, ja selbst Indien sind inzwischen in der Lage Daten abzugreifen. Was also fehlt ist entschlossenes Vorgehen um die Netze gegenüber anderen Mächten sicher zu machen.

USA versus Europa

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den USA und der EU ist die Vielfalt der EU. Während die USA sich wirtschaftlich auf nur wenige Industriebereiche mit einer nur geringen Tiefe konzentrieren, sieht man die EU mit einem riesigen Tableau von Industriebereichen, die mehr auf Qualität als auf Quantität ausgerichtet sind. Die europäischen Infrastrukturen, wie Energie oder Verkehr, sind in einem weitaus besseren Zustand als die der USA. Reserven werden wie selbstverständlich in der EU vorgehalten. In den USA bricht schon mal das Stromnetz für riesige Gebiete für einige Tage zusammen. Das Bewusstsein, dass unsere Wirtschaft an ihren Grenzen angekommen ist, ist in den USA nur in elitären Kreisen vorhanden. In der EU wird seit zwei Jahren über die Konzeption eines intelligenten Wachstums gesprochen. Erste Handlungsanweisungen sind auf dem Weg.

Es sind die unterschiedlichen Philosophien, die die USA von den Europäern trennen und die auf beiden Seiten zu Irritationen führt. Beispiel: Das Gesundheitssystem von US Präsident Obama ist für uns Europäer eine Alltäglichkeit die in Europa noch weiterführt. Erstaunt blicken die Europäer über den Atlantik wenn es regelmäßig zu Streitereien über dieses Gesundheitssystem kommt.

Epilog

Es muss den USA klar gemacht werden, dass die Europäer keine schwache Staatengemeinschaft sind. Und wenn die Europäer die komplette Infrastruktur aufbauen um ein Ausspähen zu verhindern, damit aber auch selber zum Ausspäher werden. In dem Moment liegen wir aber auch alle in einem Schützengraben, der mit Misstrauen gefüllt ist. Beide Parteien können nur eines – verlieren. Die USA mehr als die EU. Ob das aber der kurze Erfolg, den die USA durch diese Ausspäherei hat, wert ist, kann ruhig bezweifelt werden.

Im Verhältnis beider Parteien muss jetzt eine Kontrollinstanz installiert werden, die jederzeit Zugang zu den sensiblen Bereichen der Spionage und der Spionageabwehr hat um über die Aktivitäten zu berichten. Das geht, ohne konkrete Sachverhalte zu veröffentlichen.
Die Sowjetunion und die Mauer brauchen wir sicher dafür nicht.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik und european-mosaic aus Brüssel