Denn sie wissen was sie tun
[jpg] Es ist zum Verzweifeln. Da finden in Frankreich und Deutschland bestialische Morde statt und uns fällt nur als Reaktion das ein, was unser terroristischer Gegner sich wünscht – die Ausrufung des Religionskrieges. Mal von den berechtigten Ängsten und dem breiten Sicherheitsdenken der meisten Menschen abgesehen, finden seit Monaten nur Simplifizierungen des Geschehens statt. Politik und Medien verkünden unisono einen Religionskrieg, den es gar nicht geben kann. So möchte der Daesch (IS) den Westen in einem Religionskrieg vereinen um alle Muslime in einen heiligen Krieg (Djihad) zu führen. Und der französische Staatspräsident Hollande und sein Premier Valls, verkünden nach jedem Anschlag einen bestehenden Krieg. Denn Krieg ist immer etwas, wo am Ende ein Sieger und ein Verlierer stehen muss aber Kriege werden zwischen Staaten geführt. Und die Ausrufung eines Kalifats durch Abu Bakr al-Baghdadi im Irak, heißt doch nicht, die Ausrufung eines Staates. Die großen Wüstenflächen und die unzusammenhängenden Städte machen noch kein Stadtgebilde aus. Der Daesch (IS) wird nun mit einer Koalition unter Leitung der USA, die im Mittelmeer Flugzeugträger aufgefahren hat, mit mäßigem Erfolg bekämpft. Was für eine Ehre für einen zusammen gewürfeltem Haufen von jungen Männern aus unterschiedlichen Nationen. Besser kann es doch nicht laufen für den Daesch (IS).
Nur, was machen wenn unsere europäische mit der arabischen Jugend in diesen „Krieg“ zieht? Bis jetzt steht eines fest, alle Verbrechen wurden von dieser Jugend verübt. Ob nun die Morde an der Redaktion von Charlie Hebdo oder in Nizza auf der „Promenade des Anglais“ über die Morde in München, Würzburg, Reutlingen oder Ansbach, bis zu dem Mord an dem 85 jährigen Priester Jaques Hamel, die Mörder waren alle Staatsbürger in dem Land in dem die Anschläge verübt wurden. Und im Irak und Syrien kämpft die Jugend Europas einen barbarischen Krieg, der an die Massaker im Mittelalter erinnert. Und was noch auffiel, die Mörder waren jung, sehr jung.
Die Mörder: Adel Kermiche war 19 Jahre, sein Freund Abdel-Malik Nabil Petitjean war ebenfalls 19 Jahre alt, sie hatten dem 85 jährigen Priester Jaques Hamel aus Saint-Étienne-du-Rouvray während einer Messe die Kehle durchgeschnitten.
Der sofortige öffentliche Reflex der deutschen Medien: es waren Anhänger des Islam oder Islamisten, Salafisten und sind vom Daesch (IS) ausgebildet worden.
In Frankreich existiert seit den Novemberanschlägen mit 130 Toten der Ausnahmezustand, der immer wieder verlängert wurde. Patrouillierende Soldaten und Polizisten gehören in Frankreich zum alltäglichen Straßenbild, die Franzosen finden jetzt, dieser Spuck müsse endlich aufhören. Der Ausnahmezustand sollte nicht zur Normalität in Frankreich werden, zumal er offensichtlich keine weiteren Anschläge verhindern kann, wie Nizza und Saint-Étienne-du-Rouvray gezeigt haben. So langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass solche Anschläge zum allgemeinen Lebensrisiko gehören. In Deutschland diskutiert man die Bundeswehr neben der Polizei auf den Straßen einzusetzen. Im Osten des Landes sollen Bürger als Hilfspolizisten gegen den rechten Terror eingesetzt werden. Was für Signale der Angst und Hysterie werden ausgesendet? Der Daesch (IS) hat ein zitterndes Deutschland vor sich. Die Rechnung des Daesch (IS) geht anscheinend auf.
Den Terror gab es in der Vergangenheit immer wieder einmalig
Die 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts brachten die RAF in Deutschland oder die italienische Brigate Rosse hervor, sie mordeten aus dem Untergrund heraus. Oder in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts mordeten die konservativen Freicorps, die Nazis und sonstige Feinde der Demokratie. Alle hatten eines gemeinsam, die politische Motivation musste für ihr Tun herhalten.
Unsere Vorfahren gewöhnten sich an den Terror, der ja auch irgendwann aufhörte. Wir sollten also nicht so tun, als wenn der Terror etwas ganz neues wäre.
Warum Frankreich und Deutschland den Anschlägen besonders ausgesetzt sind?
Frankreich ist in den Augen von Daesch (IS) ein Land in welchem die gesellschaftlichen Freiheiten dieser Steinzeitislamisten besonders ins Auge stechen. Die Trennung von Staat und Religion, die Gleichberechtigung aller Bürger, die Rolle der Frau in der Gesellschaft, die überwiegend gelungene Integration der Moslems oder der große Zuspruch der Moslems zu ihrem Staat Frankreich. Selbst in Deutschland, wo es wahrlich keine großen Integrationsleistungen zu beobachten gibt, stehen die Moslems hinter dem deutschen Grundgesetz. Und die französischen Moslems gelten dem Daesch (IS) inzwischen als Ungläubige (kuffar) weil sie mit dem französischen Staat zurecht kommen. Die Strategie des Daesch (IS), die französische Gesellschaft zu spalten, ging nicht auf.
So äußerte sich Dalil Bu-Bakr, Rektor der Grande Mosquée de Paris entsetzt über den Anschlag in einer heiligen Stätte – einem französischem Gotteshaus. Der Islam solidarisierte sich mit den anderen Religionen, wie auch dem Staat und stellte sich hinter Frankreich. Hollande hatte Vertreter der Religionsgemeinschaften in den Elysée-Palast geladen. Er traf mit den führenden Vertretern von Katholiken, Orthodoxen, Protestanten, Muslimen, Juden und Buddhisten zu Gesprächen zusammen. Die Konsequenz: Der Erzbischof von Rouen, Dominique Lebrun, begrüßte die Präsenz von muslimischen und jüdischen Gläubigen nebst hohen geistliche Würdenträgern aller Religionen bei der Trauerfeier. Was für eine Demonstration von Solidarität aller Franzosen, die damit zusammen gerückt sind.
Wesentlich waren bei diesen Anschlägen junge Menschen und Inländer als Attentäter zu registrieren, die nicht in Syrien ausgebildet wurden. „Schlagt dort zu, wo ihr seid. Und kommt nicht nach Syrien“, so wurden die Botschaften des Daesch (IS) abgefangen. Der Daesch (IS) ist in den letzten Wochen unter militärischen Druck geraten und auf dem Rückzug. Die neue Strategie des Daesch (IS) ist brillant und teuflisch zugleich. Kirchen oder öffentliche Veranstaltungen werden von dem Daesch (IS) als mögliche Ziele über Peer to Peer Netzwerke im Internet definiert, welche von den jugendlichen Sympathisanten ausgesucht werden.
Deutschland gerät wegen der aufgenommenen Kriegsflüchtlinge in das Visier des Daesch (IS); denn dies bedeutet ein positives Image für das christliche Deutschland. Darüberhinaus kann man ein fast gleiches Wertesysstem wie in Frankreich beobachten.
Die Strategie: Deutschland soll provoziert werden gegen die Muslime vorzugehen. Deutschland mit seinen Millionen von Muslimen hat bis jetzt noch keinen ernstzunehmenden Dialog wie in Frankreich angestoßen. Was in Deutschland fehlt ist eine zentrale Initiative der Muslime die von allen Glaubensrichtungen akzeptiert wird. Aber auch hier ist die Lebensart der Deutschen und der Muslime in einem deutschen Staat äußerst suspekt und kann nicht vom Daesch (IS) hingenommen werden. Deutschland ist aber im Gegensatz zu Frankreich angreifbarer; denn die politischen Parteien sind zu sehr mit den Flüchtlingen beschäftigt. Die Deutschen lassen sich besser durch den Daesch (IS) provozieren. Anstatt zusammen zu stehen macht man sich gegenseitig Vorwürfe um einen politischen Vorteil herauszuschlagen. Eine Vielzahl von Vorschlägen sind auf dem Markt, die allesamt geeignet sind die politische Führung zu schwächen. Es scheint als wenn alle deutschen Politiker dem Daesch (IS) und der rechtspopulistischen Partei AfD in die Hände arbeiten.
Wer ist der Daesch (IS), Gläubige des Islam?
Alle obersten Lehrer des Islam, in der Regel sind dies Großmuftis, haben dem Daesch (IS) abgesprochen, im Namen des Islam zu sprechen. Gleichzeitig haben sie sich gegen die Gewaltausübung des Daesch (IS) gewandt und diese als Sünde und Verbrechen gebrandmarkt. Die Koranexegese des Daesch (IS) wurde als falsch, spekulativ und unvollständig bezeichnet. Auch die Ausrufung des Kalifat durch Abu Bakr al-Baghdadi wurde zurück gewiesen. Höhepunkt dieser Zurechtweisung war der offene Brief von 120 führenden Islamgelehrten, darunter die Großmuftis von Jerusalem und Kairo die Abu Bakr al-Baghdadi und der Organisation Daesch (IS) die Kompetenz absprachen im Namen des Islam zu handeln oder zu sprechen.
Insofern entsprechen diese Äußerungen der obersten Gelehrten als Rauswurf aus der Religionsgemeinschaft des Islam, ähnlich der Exkommunikation in der christlichen Kirche.
Mit diesen Aufrufen der obersten Gelehrten konnten die Daesch (IS) Leute sich nicht mehr auf den Islam berufen.
Trotz allem hat der Daesch (IS) besonders aus Europa regen Zulauf und zwar von jungen Menschen, sehr zum Entsetzen der europäischen Eliten.
Allerdings muss man dem Daesch (IS) eine geniale Propaganda zugestehen, die sie von Anfang an über die Internetmedien verbreiteten. Dies führte zu dem regen Zulauf von jungen Menschen die in Europa keine Perspektiven sahen und sehen. Junge Menschen ohne Halt, denen der Daesch (IS) einen vermeintlichen Halt bietet. Letztendlich muss man die todesbejahende und damit lebensverneinende Philosophie des Daesch (IS) hervorheben. Der Hass auf jedes menschliche Leben in allen seinen Facetten hält den Daesch (IS) zusammen. Und die Anhänger dieser Gruppe fasziniert das grausame „Spiel“ mit dem Tod, ja, sie zelebrieren und inszenieren den Tod vieler Menschen. All dies hat mit dem Islam als Religion nichts zu tun. Der Islam wird nur als Etikett durch die Daesch (IS) Bande benutzt.
Die Mainstreammedien als Helfer der Terrorgruppe Daesch (IS)
Mainstream erfordert Auflage oder Quote um in der Wirtschaft überleben zu können. Wirklich? Auch der indirekt staatlich gelenkte Bereich von ARD und ZDF benötigt Quote um mit seinen Werbeeinnahmen signifikante Erlöse zu generieren. Wirklich?
Wenn also über einen Anschlag zu berichten sein wird, so ist die grausame Ausmalung dieses Anschlags eine Sache von Quoten oder Auflage. Bewusst wird dann über einen Religionskrieg, manchmal sogar über einen Kreuzzug spekuliert und insistiert, um die Spannung ins Unerträgliche zu erhöhen, um Ängste zu schüren, die letztendlich den Konsumenten an den Sender oder den Verlag binden sollen.
Das der Daesch (IS) genau diese Zielvorstellung von Anfang an kommunizierte und die Medien diesem Anspruch des Daesch (IS) „treu“ gerecht werden, wird dabei anscheinend übersehen oder als Paradoxon der Medien hingestellt (Seht her, wir können nicht anders). In so fern machen sich die Medien zum Erfüllungsgehilfen dieser Mörderbande Daesch (IS).
Dabei hat der Westen mehr zu bieten als die menschenverachtende Einstellung dieser Terrorbande, nämlich, die Freiheit der Entscheidung für das Leben. Und das beinhaltet auch die freie Entscheidung über Inhalte eines Artikels.
Es ist nicht die „heile Welt“ die uns die Mainstreammedien im Westen immer wieder vorgauckeln, vielmehr ist es die gelebte Welt mit allen ihren Herausforderungen die jeder einzelne Tag für Tag zu bestehen hat, die dieses Leben aber auch lebenswert macht. Und dieser „heilen Welt“, mit all ihrer Verlogenheit, wird diese Mörderbandenwelt mit all ihren Facetten gegenübergestellt um den Leser zu verleiten: Sei zufrieden mit unserer Welt, keine Kritik bitte; denn willst Du die Daesch (IS) Welt? Das ist das Paradoxon. Während der Mainstream Systemkritik ersticken wil,l indem er den Daesch (IS) als Gegenpol aufbaut, baut er den Daesch (IS) als Faszinosum für eine Jugend auf, die unter dem System leidet. Segregation oder Parallelgesellschaft ist das Stichwort nach der unsere Jugend in die Perspektivlosigkeit getrieben wird und das seit Jahren.
Was den einzelnen dieser Tage umtreibt ist die Frage: „Müssen wir mit dem Terror in Zukunft leben oder was können wir dagegen tun?“ Und von dieser Fragestellung sind Politik und Maimstreammedien weit entfernt, da sie noch beschäftigt sind, dass Grauen dieses Terrors zu verwerten ohne es jedoch zu verarbeiten.
Wie konnte der Daesch (IS) unsere Jugend so leicht vereinnahmen?
Jeder von uns kennt die Geschichte vom Rattenfänger von Hameln, der mit einer Melodie die Kinder und Jugendlichen der Stadt Hameln entführte.
Schaut man sich unsere westliche Gesellschaft näher an, so sieht man, die Jugend hat keinen Platz in der Gesellschaft. Sie geht fleißig in die Schule, macht ihre Abschlüsse und landet später hinter dem Steuer eines Taxis, bestenfalls finden die Jugendlichen sich mit Bachelorabschluss in einer Backstube als Bäcker wieder. Die alten werden ihnen sagen: Man muss sich auch anpassen können. In einer Zeit der Minijobs, der Aufstocker oder des Zweitjobs um die Miete bezahlen zu können, hat ein Jugendlicher keine Lebensperspektive. Mit dem Geld, was die Jugendlichen verdienen, sind keine großen Sprünge möglich. Die Bewerbungen gehen in die hunderte und werden in der Regel nicht einmal beantwortet. So drehen die Jugendlichen eine Runde nach der anderen bis sie frustriert aufgeben und sich mit dem schon von ihnen besetzten Job abfinden. Segregation oder Parallelgesellschaften tun sich in den sozialen Brennpunkten der Vorstädte auf. Ein Nährboden für die Botschaften des Daesch (IS) die von unseren Medien noch transportiert werden. Ein Dialog zwischen der Gesamtgesellschaft und der Jugend findet nicht statt, „Laissez-faire“ ist die Maxime, die Politik und Gesellschaft gegenüber der Jugend vorgibt. Die paar Sozialarbeiter in den Vorstädten sind überfordert und teilweise ausgebrannt um einen Dialog mit der Jugend zu führen. Dabei müsste dieser Dialog dringendst mit der Jugend geführt werden. Nur wie soll der Dialog aussehen und wer soll ihn führen? In Frankreich hat sich schon mal die Einsicht über solch einen Dialog durchgesetzt, in Deutschland weiß man allerdings nicht ob es eine Jugend außerhalb der „heilen Welt“ überhaupt gibt.
Fazit
Objektiv sollen wir Journalisten sein, so die Kollegen der etablierten Medien. Nur was ist das für eine Objektivität, die keine Emotionalität zulassen soll bei solchen grausamen Ereignissen. Wobei grausam ist da noch untertrieben, wenn der Westen so tut, als wenn er nichts mit dieser Entwicklung in Syrien oder im Irak zu tun hat. Nein, der Daesch (IS) ist ein ungewolltes Nebenprodukt der westlichen Politik im Orient. Und es ist keine Änderung dieser Politik in Sicht.
Solange die militärischen Aktivitäten des Westens auf den Orient beschränkt blieben war das in Ordnung. Nur, der Daesch (IS) hat diese Aktivitäten nach Europa getragen und denkt darüber nach, diese – seine Art der Gewalt – auszuweiten. Die Türkei trägt im Moment ihre politischen Probleme nach Europa.
Es macht die Europäer wütend, Entsetzen breitet sich aus. Wie können diese Völker die Geopolitik des Westen nicht akzeptieren und dann auch noch eine eigene Politik machen?
Nur, aus Europa eine Festung zu machen, löst diese Probleme nicht. Dieses Problem wurde von den USA herbei geführt und wir Europäer sollten uns hüten blind hinter den USA herzumarschieren, wie wir es bisher getan haben. Europa kann mehr als diese USA Cowboys, die nur rumballern können.
Eine eigenständige Politik der Europäer ist gefragt, die auf einen Ausgleich aus ist. Und sofern die USA nicht will, sollten sich die Europäer zurück ziehen, ehe sie ihre Glaubwürdigkeit verlieren.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik und europaen-mosaic