Leselust mit gaaaanz viel Freude
[jpg] Ich erinnere mich noch ganz genau an mein erstes Buch. Meine ältere Schwester ging immer in das Wohnzimmer und holte ein Buch aus dem Regal, wenn meine Eltern nicht da waren. Ich war fünf und meine Schwester war sieben und ging schon in die Schule.
Es war ein sehr dickes Buch und meine Schwester blätterte darin, verharrte auf einer Seite und blätterte weiter. Neugierig wie ich war, sah ich ihr über die Schulter und sah die Schrift aber auch die Illustrationen. Lies mir doch daraus vor, bat ich meine Schwester. Das verstehst Du nicht, meinte sie ganz ernst. Wenn Du mal so alt bist wie ich kannst Du das erst verstehen. Wenn unsere Eltern weg waren, war das zu einer Selbstverständlichkeit geworden.
Es war sehr geheimnisvoll und ich hatte sehr großen Respekt vor diesen Büchern. Auch ich gewöhnte mir an durch die Bücher unserer Eltern zu blättern. Ich sah die verschiedenen Schriften, Zeichnungen und Bilder in diesen Werken.
Für mich waren es die ersten Schritte hin zum Lesen. Irgendwann wollte ich alles lesen was zwischen den beiden Buchdeckeln Bestand hatte. Ich glaube damals war eine gewisse Sehnsucht das Lesen zu erlernen.
Jahre später war ich, ausgestattet mit einer Bücherkarte der Elberfelder Bibliothek, einer der eifrigsten Benutzer. Damals musste man noch Gebühren zahlen, deshalb ging auch viel von meinem Taschengeld für die Ausleihe drauf. Meine Eltern unterstützten uns nach Kräften und spornten uns noch an. Wenn ich einen Roman zu Ende gelesen hatte und mich mit meinen Eltern über den Inhalt unterhielt, ging das Gespräch meisten damit aus: Warum liest Du nicht mal diesen oder jenen Roman, der könnte Dir sicher auch gefallen. Als Geschenk bekam ich regelmäßig ein Buch zum Geburtstag oder zu Weihnachten.
Auch war das Vorlesen in unserer Familie durchaus eine unregelmäßige Übung. Unregelmäßig deshalb, weil das Vorlesen mehr eine spontane Aktion war.
Was passierte? Ich wurde ein Mensch der gerne liest und der sich auch mit Freude dazu bekennt.
An das erinnerte ich mich, als ich nach Gevelsberg zur Buchhandlung Appelt in der Mittelstraße fuhr. Es soll eine besondere Aktion werden die im Rahmen der Kooperation „Gevelsberg liest“ einen besondere Charme entwickeln soll.
Das unsere heutigen Kinder eine gewisse Leseschwäche haben, dieses haben uns die Pisa – aber auch die Iglu Studie bestätigt. Regelmäßig landen deutsche Kinder auf den mittleren bis unteren Plätzen. Warum wohl? Was läuft falsch im Land der Dichter und Denker?
Ganz einfach. Eltern lesen selber nicht mehr. Aber Eltern waren und sollten immer schon das Vorbild ihrer Kinder sein. Sind sie aber nicht mehr. Also was tun?
Da finden sich vier Firmen zusammen um dem entgegen zu wirken. Nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, vielmehr mit geheimnisvollen Koffern die prall gefüllt auf eine Reise gehen.
Da ist einmal Susanne Schumacher, Inhaberin der Buchhandlung Appelt die nach der Bekanntgabe der Idee total von der großen Nachfrage freudig überrascht wurde.
Vertriebsleiterin Susanne Weiß von der Verlagsgruppe Oetinger (Astrid Lindgren oder Christine Nöstlinger und andere) packte freudig spannende und unterhaltende Geschichten ein und schickte sie der Buchhandlung Appelt. Denn mit solch eine Idee kann man sicher erfolgreich die Begeisterung für das Lesen erwecken.
Aber auch Johannes Hauenstein, Geschäftsführer des Ravensburger Buchverlages (Rose Hill oder Die Zeitdetektive) fand: Nur wer als Kind tolle Leseerlebnisse hatte hat auch später Lust am Lesen. Auch er packte seine besten Bücher ein und schickte sie zur Buchhandlung Appelt. Beide Verlage fanden hier mit Frau Susanne Schuhmacher von der Buchhandlung Appelt einen kompetenten Partner der sich seine Liebe zu Büchern erhalten hatte.
Plötzlich standen riesige und sperrige Kisten, voll bepackt mit Büchern in der Buchhandlung herum. Wie die Bücher reisefertig packen und zu den Schulen bringen und dort sollten sie ja noch von Klasse zu Klasse wandern?
Nun sprang die vierte Firma mit Namen „Ranzenshop“ und dem Inhaber Bernhard Büschleb aus der Kölner-Straße in Gevelsberg in die Bresche und stellte ganz pragmatisch riesengroße Reiserollkoffer zur Verfügung.
Flugs wurden die Kisten geöffnet und auf die nunmehr fünf Koffer verteilt. Nebenbei bemerkt sind die Bücher altersgerecht, aber nicht kindlich naiv.
Und so standen wir da und warteten auf den ersten Besuch und Abnehmer. Eine Klasse der Pestalozzischule Gevelsberg mit ihrer Lehrerin Gudrun Neumann hatte sich angekündigt. Lustig schnatternd kamen die Kinder in Zweierreihen die Mittelstraße herauf um sodann kurzerhand die Buchhandlung Appelt zu „entern“. Zwei Koffer geschnappt und nach nebenan in den Raum transportiert, wo die Bücher durch viele Kinderhände geöffnet wurden.
Große Augen blätterten durch die Seiten der Bücher. Dem Nachbarkind wurde das eigene Buch gezeigt, man hörte die ersten halblaut gelesenen Worte. Bücher wurden getauscht.
Es war ein unbefangenes Treiben der Kinder mit diesem uralten Medium und Kulturgut Buch. Nun mussten wir noch ein paar Bilder machen um aller Welt zu zeigen: He, unsere Kinder lesen, wenn man sie nur lässt! Und sie haben wie ihre Väter und Großväter, Mütter und Großmütter Spaß am Lesen! Und das Schöne ist, dass Lesen animiert zum Erzählen und zum Reden miteinander |
Oh wundersame Wandlung von sogenannten Lesemuffeln und Computerfreaks zu Leseratten.
Und flugs wurden Bilder in den Geschäftsräumen gemacht und ein paar auf der Mittelstraße. Nach 30 Minuten zog diese Klasse fröhlich schnatternd gen Pestalozzischule, mit ihrem Bücherkoffer im Schlepptau. In der Schule geht es ja noch weiter, denn dort wandern die Bücher von Klasse zu Klasse. |
Die nächsten Schulen stehen schon in der Warteschleife. Es sollte aber nicht bei den Schulen bleiben. So schlossen wir uns Frau Kron von der Buchhandlung Appelt an um in die Stadtbibliothek zu gehen. Im Schlepptau was? Die Bücherkoffer. Kurz und gut, es tauchten die „Zwerge“ vom Kindergarten Habichtstraße auf. Auch hier ein großes oh und ah wobei die kleinen Hände sofort nach den Büchern griffen um darin zu blättern.
Jetzt könnten einige Leser sagen, aber Hallo, EN-Mosaik macht Werbung für Bücher! Erwischt!
Und was sagen wir dazu? Klar, und zwar bewusst machen wir Werbung für Bücher aber auch für das Lesen. Denn für uns alle ist klar, das Buch und damit das Lesen, sollte uns von Beginn an begleiten. Aber – und das ist auch wichtig – die Buchhandlungen von nebenan oder in meiner Stadt, so wie die Buchhandlung Appelt in Gevelsberg garantieren uns eine persönliche Sicht im Angebot der Bücher. Sie legen nicht nur die ganze Palette der Mainstreambücher in die Fenster.
Was bleibt?
Dieser ganze liebevolle Aufwand nützt jedoch nichts wenn die Eltern nicht mit spielen und ihre Kinder in ihren Bestrebungen zu lesen nicht unterstützen. Wenn ich dann höre, das Eltern zu ihren Kinder bei einem Buchwunsch sagen, "du hast doch schon ein Buch", so kann ich den Eltern nur sagen: He, der Trend geht nach einem Zweitbuch.. und weiter.
Nein, im Ernst.
Kinder die lesen können sind sowohl in der Schule als auch im späteren Arbeitsleben besser aufgestellt. Aber nicht nur das, es geht ihnen im Leben einfach viel besser, heißt, sie haben eine höhere Lebensqualität. Und das ist es was eine gute Mutter oder ein guter Vater für seine Kinder will: Es soll ihnen besser gehen. Also rein in die Kinderzimmer und ein Bücherregal aufgestellt, damit die Sammlung beginnt. Und glauben sie mir, Bücher sind die Begleiter die einem immer wieder Freude, Rat aber auch Trost bereiten, wenn man sie aufklappt und in ihnen liest.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Gevelsberg
alle Fotos © Linde Arndt
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