[jpg] Wenn man unsere Republik beobachtet hat man den Eindruck wir wären in einem Irrenhaus. Auf der einen Seite laufen Politiker herum die offensichtlich sediert sind und auf der anderen Seite welche die etwas geraucht oder gespritzt zu haben scheinen. Sachverstand, der für die Politik unabdingbar ist, scheint nur noch in homöopathischen Dosen vorhanden zu sein. Normale Fragen werden nur noch mit eintrainierten Sprachhülsen beantwortet. Dialoge oder gar Erörterungen sind überhaupt nicht mehr möglich, außer man befindet sich in einer Altersregion (Geißler/CDU) wo man nichts mehr zu verlieren hat.
Nur, die Probleme eines Gemeinwesens lassen sich mit solchen Verhaltensweisen nicht lösen. Und Probleme haben wir genug, dass geht von Brüssel bis hinunter in die lokalen Gefilde. Sorgen hat sich nunmehr auch einer unserer großen Denker gemacht und zwar Jürgen Habermas Professor für Philosophie und der Sozialwissenschaften. (Bezeichnend für unsere Zeit ist, es gibt nur noch ernst zu nehmende Denker in der Großvatergeneration.) Habermas kritisiert die Politik, indem er ihr vorwirft nur nach der Demoskopie zu handeln. Ja, er geht noch weiter indem er der Politik Opportunismus gegenüber der demoskopischen Zunft vorwirft. Politik löst keine Probleme mehr sondern schafft sie nur noch. Stichwort: Währungsunion. Es wurde 1999 eine gemeinsame Währungszone mit dem Euro geschaffen. Was jedoch fehlt sind klare Regeln die für diesen Raum gelten. Es gibt nur Regeln auf nationaler Ebene. So ist es heute nicht verwunderlich, wenn wir diese riesigen Probleme haben. Die Konservativen die gerade an der Macht sind, haben aber inzwischen einen Schwenk gemacht – zurück zum Nationalstaat. Unüberhörbar sind die Stimmen die nach der DM oder gar dem Franc rufen. Nur das zurück würde teuer, sehr teuer. Die Demoskopen attestieren jedoch eine Nationalstaatslösung. Und die Demoskopen attestieren den Parteien ihren Untergang, eine gefährliche Botschaft. Dies alles zusammen könnte dazu führen, dass diese Parteien die Nationen mit in den Untergang reißen. Hin zu partizipativen Demokratien, das würden die Parteien nicht mit tragen.
Es scheint so, als wenn unsere Parteiendemokratie am Ende wäre. Europa verändert sich zunehmend indem es sich mehr den konservativen Parteien zuwendet und den progressiven Parteien den Laufpass gibt. Aber stimmt das so wirklich? Nein, natürlich nicht. Denn die Konservativen gibt es im Sinne einer konservativen Politik nicht mehr. Konservativ heißt real einer Partei anzugehören die der politischen Untätigkeit nach geht. Und die Progressiven? Sie haben sich inzwischen mit den Konservativen zu einem Block der Mitte vereint. Sie, die konservative oder „Mitte“ Partei, wartet auf die nächsten Umfragen um daraus Politik zu machen. Die Medien verstärken die durch Umfragen gewonnenen Erkenntnisse noch.
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NRW-Innenminister Ralf Jäger [2.v.l.] bei einer Pressekonferenz im Landtag wegen der Loveparade-Tragödie
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Cameron in England macht es vor, er schlägt keine andere Politik ein als einen rigiden Sparkurs. Aber es ist ja nicht nur Cameron in England, vielmehr sind es fast alle Regierungschefs in der Eurozone die diesen Sparkurs einschlagen. Die Folge: Die Wirtschaft geht am Stock und die Gesellschaft zerbricht in ihrem sozialen Zusammenhalt. Aber die Medien melden doch eine gut laufende Wirtschaft. Klar, jedoch zu was für einem Preis? Hunderttausende von Menschen arbeiten in Jobs die so schlecht bezahlt werden, dass sie keine Steuern zahlen müssen. Und der Verdienst ist zu gering um davon die Grundbedürfnisse zu befriedigen, also muss der Staat sehr viele Arbeitnehmer alimentieren. Und wenn Sozialbeiträge bezahlt werden, sind dies lächerliche Beträge. In 40 Jahren werden diese Menschen als Sozialhilfeempfänger auf die Gemeinschaft zu kommen. Bis dahin sind aber die Merkels, Camerons, Orbans oder Sarkozys längst tot und begraben.Und die Sozialisten, Liberalen oder Nationalisten? Sie alle halten still? Nein, natürlich nicht. Alle tummeln sich in der sogenannten Mitte die seinerzeit Margret Thatcher definiert hat. Es ist inzwischen egal welche Partei an die Macht kommt, die Politik ist die gleiche. Es ist eine Politik der Lemminge die geradewegs in den Selbstmord führt. China, Indien, Brasilien und Andere wollen von dem Reichtum etwas mit haben den die westliche Gesellschaft angehäuft hat. Nur langsam bricht sich die Erkenntnis Bahn, dass keine 4 Milliarden Menschen zusätzlich den westlichen Lebensstandart haben können. Denn dann müssten wir 5 Erden haben. Das hoch gepriesene System des Kapitalismus mit seiner Marktwirtschaft ist am Ende. Die politischen Eliten sind aber nicht bereit das System zu reformieren.
Habermas bemängelt mit seiner Wortmeldung das kurzfristige Denken der politischen Entscheider. Da werden Entscheidungen nicht über eine Wahlperiode hinaus getroffen. Schlimmer noch, von einer Umfrage zur anderen werden Entscheidungen gekippt. Da werden Weichen gestellt deren Mehrwert entweder gar nicht vorhanden, ja, sogar Nachteile zukünftiger Generationen werden bewusst in Kauf genommen. Stuttgart 21 ist so ein Beispiel. Der unterirdische Bahnhof sollte nur Vorteile bringen. Abzusehen ist schon heute nach dem Stresstest der Schweizer Gutachter, dass dieser Bahnhof nur Nachteile bringt und das auf Jahrzehnte. Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer hat den Verantwortlichen von Stuttgart 21 den Stresstest am 4. August süffisant um die Ohren gehauen. Die rund 700 anwesenden Personen kamen aus dem Staunen nicht heraus mit welchen dummen Politikern wir in der Republik rechnen müssen. Da sollten hundert Punkte geprüft werden, wovon 90 Punkte ausgelassen wurden weil diese zu kritisch waren. Die 10 restlichen wurden als gut befunden und damit wurde das ganze Gutachten als bestanden eingestuft. Die Mafia ist danach nur ein Kaffeekränzchen. Der Bahnhof wird nur um den Vorteil eines riesigen Gewinnes einiger weniger Personen und Firmen gebaut. Den Mut nein zu sagen hat im Moment niemand, obwohl den Bahnhof so recht niemand mehr mag. Im Gegenteil die Politik hat sich mit Regeln und Vorschriften ein eigenes Gefängnis gebaut aus dem sie nicht ausbrechen kann. Die anderen brechen die Regeln reihenweise, die Politik jedoch nicht. Also werden Milliarden verpulvert für einen fragwürdigen Mehrwert der kein Mehrwert darstellen kann.
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Spielplatz Voerde Foto: EN-Mosaik |
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Spielplatz Schwelm Foto: EN-Mosaik |
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Und was hat das jetzt mit der kommunalen Politik zu tun? Diese Denke die man in Brüssel, Berlin oder auf anderen Ebenen und Orten beobachten kann, sie kann man auch auf kommunaler Ebene beobachten. Es ist quasi eine Blaupause für alle.
Das Denken und Handeln nach der Farbenlehre, das unpolitische Handeln und Denken, kein strukturelles lösen von Problemen, Festhalten an althergebrachten Strukturen auch wenn die Bedingungen weggefallen sind, verweigern der realen Gegebenheiten, dies alles sind Verhaltensweisen die allseits zu beobachten sind.
Zwei Beispiele:
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Niedrige Steuern = Höheres Wachstum = Höheres Steueraufkommen – eine Theorie.
Diese Theorie stammt von Arthur B. Laffer, die sich der 40. Präsident der USA Ronald Reagan in seiner Amtszeit 1981 bis 1989 zu eigen gemacht hat. Es war eine Revolution der Reichen, die einen nie gekannten Umverteilungsprozess von unten nach oben auslöste. Aber, und das muss man auch sagen ein sehr hohes Wirtschaftswachstum. Als alles vorbei war, standen die USA jedoch mit 2 Billionen mehr an Staatsschulden da. Bush junior wiederholte dies alles noch einmal, obwohl die Theorie schon längst durch die Praxis widerlegt war. Die Folge? Nach diesen beiden Präsidenten stehen die USA als der größte Schuldner der Welt da; 6 Billionen US$ Schulden haben die USA nun angehäuft. Der derzeitige Präsident Obama versuchte gegen zu steuern und scheiterte, weil die Reichen sich an ihre Privilegien gewöhnt haben. Ein Nebeneffekt! Noch nie war die Steuerkriminalität in den USA so hoch. Man könnte meinen, je niedriger die Steuern, desto höher die Steuerkriminalität.
Und was hat das mit Ennepetal zu tun?
Auch hier hängt der Rat der Stadt mit seinen Bürgermeistern an dieser Theorie. Auch hier mit den bekannten Folgen. Ennepetal ist hoch verschuldet, weil die Gewerbesteuereinnahmen durch den niedrigen Hebesatz so niedrig sind. Diese Politik hat dazu geführt, dass notwendige Infrastrukturmaßnahmen, wie der Straßenbau nicht mehr ausgeführt werden können. Das die Theorie sich als Revolution der Reichen entpuppte, will natürlich niemand wissen. Bei den US Amerikaner aber auch bei den Ennepetalern sind es eben die Anderen schuld. Und so bleibt alles beim alten.
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Niedrige Geburtenraten sind wie ein Naturereignis.
Deutschland und einige andere Länder haben eine Geburtenrate die den Fortbestand der derzeitigen Bevölkerungszahl nicht mehr gewährleisten. In den nächsten 30 Jahren werden die Deutschen so um die 20 Millionen weniger werden. Warum das? Klar, weil die Frauen keine Kinder mehr kriegen wollen. Stattdessen laufen sie ihrer Karriere nach. Böse Frauen.
Die „Konservativen“ hatten auch sofort eine Lösung bereit – das Scheckbuch. Noch nie gab es soviel finanzielle Zuwendungen wenn Frau sich für einen Kinderwunsch entschied. Die Folge? Die Geburtenrate stieg leicht an und sank dann auch wieder. Der erhoffte Effekt blieb aus. Und Frau von der Leyen die mit diesem Scheckbuch herumzog, verdrückte sich ins Arbeitsministerium. Die Frage, warum in anderen Ländern, wie beispielsweise in den skandinavischen Ländern, die Frauen ausreichend Kinder bekommen, stellte sich den deutschen Politikern nicht. Auch in Ennepetal stellt sich diese Frage niemand. Warum auch, ist doch eh Bundespolitik.
Politik kann aber auch im kommunalen Bereich politische Weichen stellen, indem die notwendige Infrastruktur bereit gestellt wird damit einem Paar sowohl das Kinder kriegen als auch die berufliche Karriere ermöglicht wird. Das bedeutet kostenfreie Kitas, Kigas, Tagesschulen mit nachgelagerter Betreuung, Spiel- und Freizeiteinrichtungen, hervorragende schulische Angebote, und, und, und. Und weil die Kommunen im Wettbewerb mit anderen Kommunen stehen, wird die Kommune mit einem gesunden Altersmix bestehen die auch um junge Menschen mit Kinderwunsch wirbt. Eine Kommune mit überhöhten Altenbestand wird sich deshalb ihrer zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten berauben.
Das waren nur zwei Beispiele für eine verfehlte Politik der sogenannten Konservativen, wobei hier bei uns diese Gruppe in allen Parteien zuhause ist. Das faszinierende an dieser Gruppe ist deren Verhalten, wenn die vorgegebenen Theorien versagen. Im ersten Beispiel sind es die Armen schuld, die ihre Armut nicht mehr stillschweigend tragen wollen. Sie werden kurzerhand zu Kommunisten degradiert und die sind ja bekanntlich an allem Schuld. Die Theorie ist auf keinen Fall falsch. Wie denn auch, füllte sie doch die eigenen Taschen. Im zweiten Fall sind die Frauen schuld. Machen diese Spezies doch nicht mehr das was sie immer gemacht haben, nämlich das was wir „Jungs“ ihnen immer gesagt haben – Küche, Kinder und Kosmetik.
Und unsere Politiker? Sie können es nicht fassen, was da abgeht. Sie warten ab, bis die Zeiten wieder so sind wie sie einmal waren. In der Zwischenzeit huschen sie nur so durch die Gegend bis sie erschöpft sind.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal