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Ennepetal und die bösen, frechen Journalisten

[jpg] Nun haben wir einen Artikel 5 im Grundgesetz, die Meinungsfreiheit, daraus ableitend die Informationsfreiheit. Dieser Artikel gehört zu den so genannten Menschenrechten, heißt, er ist für unser Staatswesen "konstituierend". Ohne diesen Artikel oder auch die Einschränkung dieses Artikels könnten wir nicht von einem demokratischen Staatswesen sprechen. Kein anderer Artikel bietet soviel Zündstoff wie der Artikel 5. Dabei haben wir doch gesehen wohin es führt , wenn die Meinungsfreiheit unterdrückt wird. Zur Diktatur. Das so genannte dritte Reich ebenso wie die totalitären Regime des ehemaligen Ostblocks sprechen eine klare Sprache.

Aber ist unsere Demokratie verschont geblieben, die uns garantierte Meinungsfreiheit einzuschränken? Nein, ist sie nicht. Es findet ein Kampf statt, zwischen den politisch Verantwortlichen auf der einen Seite und den Journalisten, Redakteuren und Verlegern auf der anderen Seite. Wobei das heutige Internet diesen Kampf noch verschärft hat.

Wenn wir in die Geschichte unserer jungen Bundesrepublik schauen, so finden wir viele Sündenfälle die immer mal wieder die Meinungsfreiheit in Gefahr gebracht hatte. Von wem? Hauptsächlich von der Politik, den so genannten gewählten Vertretern des Volkes.

Konrad Adenauer, unser erster Kanzler,  war auch der Erste der versuchte die Meinungsfreiheit auszuhebeln.
1950 lud Adenauer zum ersten Mal eine handverlesen Schar von Journalisten ins Palais Schaumburg zu den so genannten Teegesprächen. Er erläuterte ihnen seine Politik und die sich für ihn daraus ergebenden Perspektiven.

Diese "Teegespräche" wurden von der Personenzahl immer größer. Und schon bald galt derjenige, der an diesen Gesprächen teilnahm als "geadelt". So war es nicht verwunderlich das der  "Alte", so nannte man Adenauer damals, eine durchweg positive Presse bekam. Adenauer hatte die Presse damals schlichtweg instrumentalisiert.

So war es ihm auch ein leichtes die Bundesrepublik auf die Westbindung und die Wiederbewaffnung einzuschwören. Die Widerstände kamen  nur von so genannten linken und liberalen Presseerzeugnissen, die damals aber nur einen kleinen Teil der Presselandschaft ausmachten. Der Spiegel galt zu der Zeit nicht zu der etablierten Presse, weil Methode und die "schnoddrige und freche" Art der Artikel aus dem Rahmen fielen.

Anfang der 60er Jahre wurden die Journalisten jedoch aufmüpfig. Zunehmend wurden über Skandale oder auch Skandälchen berichtet. Ein Skandal war es damals, dass die Aufarbeitung der Nazivergangenheit vieler Politiker aber auch im öffentlichen Leben noch nicht einmal im Ansatz begonnen hatte. 1962 wurde ein Panorama Magazin Team verhaftet, welches einen Lehrer interviewen wollte der früher als KZ Aufseher tätig war. Das Bundespresseamt, unter Otto Lanz, schäumte damals vor Wut. Panorama, welches vom NDR, ins Hauptprogramm gestellt wurde, bemängelte die unzureichende Aufarbeitung der Nazi Vergangenheit. Mehr noch, es warf der Regierung vor untätig zu sein.
 

Die damalige Regierung wähnte sich jedoch sicher die Medien im Griff zu haben. Und jetzt auf einmal fingen junge Journalisten an die Regierung mit Kritik zu überziehen. Unverständnis breitete sich damals aus, man könnte auch sagen, es begann die Abenddämmerung der Regierung Adenauer.  

Der Sündenfall trat im Herbst 1962 ein, als eine kritische Berichterstattung des Spiegels über das Bundeswehrmanöver "Fallex62" zur Verhaftung von Rudolf Augstein durch den damaligen Verteidigungsminister Strauß führte, die mit Rückendeckung des Kanzleramtes veranlasst wurde.

Die Anschuldigung: Landesverrat. Später stellten sich jedoch alle Anschuldigungen vor Gericht als unhaltbar heraus. Der Spiegel war rehabilitiert und Strauß musste gehen. Und was für die Geschichte noch wichtiger war, das Tischtuch zwischen Presse und Politik war zerschnitten. Die Medien hatten sich eindrucksvoll solidarisiert und erkannten endlich ihre eigentliche Rolle, die der Unabhängigkeit. Fortan wurde das politische Geschehen in Bonn kritisch begleitet. Die Wechsel von Adenauer auf Ehrhardt und danach Kiesinger waren keine Selbstverständlichkeiten mehr. Die junge Bundesrepublik hatte endlich eine Presse, die man auch als solche bezeichnen konnte. Die Presse als "Sturmgeschütz der Demokratie", dieser Begriff wurde damals geboren, etwas überzogen, aber in der Richtung passend. Die Trennung von Politik und Öffentlichkeit war für die Politik schmerzhaft, für die Medien jedoch die Emanzipation schlechthin. Nur in dieser Zeit gab es noch große Fürsprecher für mehr Öffentlichkeit, wie Habermas, Dahrendorf, Haffner, Fest, Arno Schmidt, Andersch oder die Gruppe 47 um Böll und Walser und in gewisser Weise auch der Verleger Springer. Die damaligen Epizentren dieses Prozesses waren Frankfurt, Hamburg und Berlin.

Dieser emanzipative Prozess der Medien wurde niemals bis in die kleinsten Gemeinden herunter gebrochen. Hier herrschten noch die örtlichen Redakteure die sich mit der Politik versöhnlich an einen Tisch setzten um das kommunale politische Geschehen zu begleiten. Nicht Kritik war angesagt, sondern Haus- und Hofberichterstattung wurde zelebriert. Bürgermeister, Stadtdirektoren, Kämmerer aber auch Ratsmitglieder waren für die örtlichen kleinstädtischen Medien unantastbar. Die Unantastbarkeit wurde noch durch die über die Jahre einhergehende Pressekonzentration verfestigt. Schritt für Schritt zogen sich die Medien aus den kleinstädtischen Bereichen zurück.
Eine Stadt wie Ennepetal wurde damit uninteressant. Denn die großen Nachrichten aus Berlin, Brüssel oder Düsseldorf brachten die Auflagen. Das Treffen der Bienenzüchter war nur für einen ganz kleinen Bereich interessant, dass aber eben nur lokal.

Das Aufkommen des Internet mit seinen vielfältigen und schnellen Möglichkeiten verschärfte noch den Prozess des Rückzuges aus den lokalen Bereichen. Die Politik sieht heute dem Treiben tatenlos zu und sieht nicht, wie sie sich selber einer Möglichkeit der Kommunikation mit dem Bürger beraubt. Pressegespräche oder Pressekonferenzen findet man auf kommunaler Ebene entweder gar nicht oder nur in ausgesuchten Kommunen. Warum auch? Man fühlt sich in seiner Wagenburg ganz wohl.

Womit wir wieder in Ennepetal wären, dieser "Insel der Glückseligen". Hier hat sich, dem Internet sei Dank, etwas wiederholt, was ich eingangs beschrieb. EN-Mosaik, vormals Romantisches-Ennepetal  ( Das war mit den politischen Artikeln nicht mehr haltbar), machte den Anfang. Es kritisierte die politische "Kaste" in ihren Entscheidungen und Versäumnissen, griff recht frühzeitig in den Kommunalwahlkampf ein.
Es folgte ein Forum und zu guter letzt ein Portal. Nur Forum und Portal etablierten sich als Sprachrohr des neuen Bürgermeisters bzw.der CDU. Kritische Momente fand man nur im Hinblick auf den politischen Gegner, hier offensichtlich Frau Schöneberg als Alternative zu Wiggenhagen und die SPD als Alternative zur CDU. Es findet nur Hofberichterstattung statt oder ersatzweise die Amtsblattankündigungen. Eigene Meinungen werden durch Verlautbarungen ersetzt.

Wir selber wurden als Nestbeschmutzer, Majestätsbeleidiger und Kritiker um der Kritik Willen diskriminiert. Ein Lokalpolitiker brachte es in einem Gespräch mit mir auf den Punkt, er sagte: "Ich würde ihnen ja was ganz anderes jetzt sagen, nur dann bringen sie das am nächsten Tag in ihrem Internet."  Damit hatten wir erreicht was wir wollten, wir waren in den Köpfen der politischen "Kaste" angekommen. Aber auch in den Köpfen und Herzen  der Bürger in Ennepetal. Zunehmend artikulieren die Bürger sich auch gegenüber der politischen "Kaste". Auch die "Insel der Glückseligen" hatte nunmehr ihren Sündenfall. Nur haben wir schon das erreicht, was auf nationaler Ebene inzwischen Alltag ist? Nein! Es sind noch sehr "dicke Bretter" zu bohren, bis die Wiggenhagens, Eckhardts, Faupels, Rauleffs, Freys oder Hofmanns usw. begreifen, dass es gegenüber einer kritischen Öffentlichkeit keine Barrieren geben sollte und kann, wenn eine Demokratie funktionieren soll.

Abgehoben und gönnerhaft stehen diese Politiker ihren Bürgern gegenüber, verständnislos reagieren sie auf Kritik, haben sie doch für sich einen Absolutheitsanspruch vereinbart. Die Meinungs- und Deutungshoheit  kann nur bei ihnen liegen, sie sind, so sie an der Macht sind, fehlerfrei, damit wären sie aber "unmenschlich".

Der Staat, also auch unsere Kommune, ist nicht mehr wie nach Hegel  "Die Verkörperung eines höheren Willens", womit das Politische alleine seine Sache ist. Vielmehr sind in einer Demokratie fließende Übergänge, die ohne Grenzen sind. Wenn nämlich Hegel heute Recht hätte, so wäre Staat und Politik, wie es Nitsche einmal formulierte, ein Moloch für die Überflüssigen. Und da sind wir wieder bei der Politikverdrossenheit, die sicher im nicht geringen Maße ihre Ursache in der Entmündigung des freien emanzipierten Bürgers hat.

Selbstkritisch nehmen wir, wie der damalige Spiegel um Augstein, für uns in Anspruch einen eigenen Weg in der heute viel größeren Medienlandschaft zu suchen und letztendlich einzunehmen. Es gilt jedoch für uns der Ausspruch und Anspruch von Habermas in der damaligen Zeit: Für ihn führt eine kritische Öffentlichkeit, also auch der Medien, nicht zu einer Krise des Staates, zu dem nun mal auch die Kommune gehört, sondern sie führt geradewegs in eine selbstbewusste Demokratisierung der Gesellschaft. Der in diesem Jahr verstorbene Soziologe Ralf Dahrendorf, übrigens zeitweise bei der FDP und späterer Lord Mitglied des britischen Oberhauses, pflichtete diesem Anspruch Habermas begeistert zu  und ergänzte: Der Staat und deren Autoritäten sollten keinen besonderen Schutz genießen, sondern das Streben nach einer größtmöglichen Öffentlichkeit wäre die vornehmste Aufgabe.
Dies, und nur dieses, sollte unsere Legitimation gegenüber der Politik in Ennepetal sein  und ist nur auf eines ausgerichtet: Veränderungen öffentlich einzuklagen. Politik ist nicht für wenige, die mittels Wahl sich legitimiert haben, Politik ist für jeden da, auch und gerade für den emanzipierten Bürger.

Der verspätete Ennepetaler "Sündenfall" , sollte die Politiker dazu bringen sich die Erfahrung der Geschichte zu nutze machen und endlich die "Insel der Glückseligen" aufgeben, so dass Stadt und Politik mitten in der Öffentlichkeit Bestand hat.

Fangt endlich an mit dem Bürger und für den Bürger Politik zu machen.  Trennt öffentliche nicht mehr von nicht öffentlichen Sitzungen, lasst zu jedem Tagesordnungspunkt Einlassungen des Bürgers zu. Ich weiß es ist schwer sich von einmal eingeübten Regeln zu trennen. Aber und das ist das schöne an der Freiheit und der Demokratie, sie beginnt mit jedem Tag neu. Und die Politik? Sie ist nicht nur auf einen elitären Zirkel beschränkt, sie ist ebenso das gestaltende Element in einer Kommune. Die Kommunen aber sind die Zellen, die den modernen Staat ausmachen, nicht den Nationalstaat, sondern den Staat der sich gestaltend in einen Bund der Staaten  einbringt.

Zu idealistisch? Nein, ich denke nicht. Allerdings gehört etwas Mut dazu und der fehlt hier vielen Politikern.

Jürgen Gerhardt

So spannend kann Politik sein

[jpg] 5 Stunden Politik an einem Streifen und keine Langeweile kam auf. Das ZDF, die Wochenzeitschrift Die Zeit, Twitter, StudiVZ und My VZ in Verbindung mit Youtube machten am Samstag ein Crossmediales Ereignis.

Geladen waren Angela Merkel (CDU) die nicht, aus bekannten Gründen, teilnahm. Sie schickte Peter Ramsauer (CSU) aus der dritten Reihe. Weiter nahmen teil Frank Walter Steinmeier (SPD) Jürgen Trittin (Bündnis90/Die Grünen) Gregor Gysi (Die Linke) und Guido Westerwelle (FDP).

Das ZDF schickte Dunja Hayali und Steffen Seibert in dieses Gemeinschaftsprojekt "Erst fragen, dann wählen" ins Rennen, wobei bei Twitter der Hashwert  #efdw Bestand hatte.
Die beiden Moderatoren vom ZDF fremdelten etwas, wobei Frau Hayali etwas besser damit klar kam. Es war eine Premiere und hätte genauso gut heißen können Internet meets old Medien.

Man kann sagen, es war ein gutes Format das sich die Verantwortlichen ausgedacht hatten, es war Interaktion, es gab Dialoge, es gab Diskussionen, kurz es gab alles was die moderne Kommunikation zu bieten hatte. Und zwar in Echtzeit. Ein Wermutstropfen, die CDU/CSU hatte sich schlicht und ergreifend halb gedrückt, Peter Ramsauer (CSU) als Vertreter von Frau Merkel wurde nur zugeschaltet, so dass er immer etwas verzögert antworten durfte und konnte. Frau Merkel ist ja dafür bekannt, dass sie keine neuen, noch nicht begangenen Wege, gehen würde, die ihr zumindest nicht ein Minimum an Erfolg versprechen. So ist sie auch nie an den Fragen interessiert, vielmehr antwortet sie so, als wenn eine Frage nicht gestellt worden wäre. Aus einer Frage holt sie sich nur ein Stichwort heraus und referiert darüber.

Zum Anfang:

Es wurden rund 3.000 Fragen zu verschiedenen Themen durch die User ins Internet gestellt, diese wurden durch die User bewertet. Die höchst bewerteten Fragen aus den Themenkomplexen wurden den Kandidaten zur Beantwortung vorgelegt. Dazwischen kamen User über Youtube mit Fragen zu Wort. Darüberhinaus wurden mehrere User ins Studio eingeladen, die dort an die Kandidaten ihre Fragen loswerden konnten.

Den Anfang machte Guido Westerwelle (FDP) beim Thema Mindestlöhne kriegte er noch gerade die Runde als er gefragt wurde ob er für EUR 7,50 arbeiten würde. Als er aber auf die Finanzierung der Steuersenkungen angesprochen wurde, wurde er etwas nervös. Dann kamen die Studiengebühren dran, die er etwas lachs verteidigte und gegen die Beitragsfreiheit von Kitas aufrechnete. Einige Studenten in einer WG hatte er überzeugt, nur vom Internet bekam er es Dicke.

Über Twitter kam ein Tweet stellvertretend. "Wenn ich mir #Westerwelle noch länger anhöre, muss ich leider brechen #efdw #Studiengebühren" von Userin "Graefin_Aenne" Ups, geschockt.
Guido liess sich aber nichts anmerken. Gleichzeitig wurde eine Umfrage von "Mein VZ" über Studiengebühren zugeschaltet, rund 12.000 User voteten, 85% waren gegen Studiengebühren und nur 15% dafür.

Dann wurde noch über die "Freiheit" im Internet und die Datensammelwut der Behörden gesprochen, eine Domaine der Piratenpartei. Im Internet war die Hölle los. Guido meinte die FDP würde gegen Zensur sein und das alles ändern wollen. Prompt wurde er über den Koalitionvertrag in Sachsen aufgeklärt der eine Überwachung der Internettelefonie vorsieht. Twitter macht es möglich. Moderatoren und Westerwelle waren veblüfft und versuchten mit Überleitungen zu retten was zu retten ist. Abspann und Schlusswort, es war abzusehen, wann er den medialen Blattschuss bekommen würde. Guido war es froh. Trotzdem hat er sich wacker geschlagen, dafür dass er diese Art von Wahlkampf noch nie geführt hat. Zustimmung gefühlt 50 zu 50. Die Moderatoren fingen an zu schwitzen.
Dann kam Peter Ramsauer (CSU) der so was von platt war, dass einige im Net nach ein paar Minuten "aufhören" posteten. Die Moderatoren versuchten mit Überleitungen und Erklärungen einiges zu retten.

Das kommt davon, wenn man sich zuschalten lässt. Er ging seinen Weg und merkte nicht, wie er sich bei der Community um Kopf und Kragen redete. Typisch für diesen weltfremden Bayern war, als er gefragt wurde, was denn bei der CDU/CSU noch christlich wäre, seine Antwort, Jesus wäre in die CSU eingetreten. Der Brüller im Internet. Im Studio waren alle höflich. Zustimmungsrate, gefühlte 5%, das ist eine Mitleidsrate. Ein User: " Merkel hätte sicher geweint oder wäre zorn bebend gegangen" Ramsauer war der absolute Langweiler und so was von langsam, dass man sich fragte, ob der von einem Pflegeheim Ausgang hatte. Wenn die Moderatoren nicht gewesen wären, wäre er eingeknickt. Abspann,Trailer, Schlusswort. Per Twitter kam noch hinterher: "Klare Kante von Angela Merkel: http://bit.ly/IlKZ8 "Gänsebraten ist super".

Am folgenden Tag ging es weiter mit Frank Walter Steinmeier (SPD), das Studio war aufgeheizt, alle ölten.
Steinmeier gab auch nach 5 Minuten seine Jacke ab und hielt sich schön an seinem Wasser fest, weil die Kehle austrocknen konnte. Er wirkte souverän, indem er immer wieder die passenden Konter parat hatte, verblüffend.
Er wurde auf den Deutschlandplan angesprochen, der ja immer Millionen Jobs schaffen soll, ob das glaubhaft wäre.
Konter:" Das hat nichts mit Glauben zu tun."Bei der Kinderarmut punktete er damit, dass er diese beseitigen wolle. Endlich was Konkretes. Weg zu einem Studenten, der den Widerspruch zwischen den Milliarden für die Bankenrettung und den Millionen für die Bildung anprangerte. "Wie soll man das verstehen können", so der Student? Steinmeier: "Auch ich habe das nie richtig verstanden, es musste aber getan werden. "Unumwunden gab er zu, dass zu wenig in die Köpfe investiert würde. Wieder zurück, die Umfragen über Steinmeier standen im VZ fest, 75% Zustimmung. Steffen Seibert konnte sich nicht zurück halten und musste loswerden, dass die Kanzlerin nicht gekommen wäre, prompt kam über Twitter "Merkel hat was verpasst #efdw. Hätte dabei sein sollen."   oder "Ich kann mir vorstellen, da Merkel bei #efdw nicht dabei war, dass sie dadurch ein paar Wählerstimmen verliert bzw. schon verloren hat." Steinmeier sah staunend zu. Mein Eindruck, die Moderatoren waren etwas überfordert, es war ihnen alles zu schnell. Innerhalb von Minuten eine Umfrage von 5.000 User auf die Beine stellen, da kommt selbst das TED System nicht mit. Für alle, die Kandidaten und die Moderatoren, war das viel zu schnell. Steinmeier etwas irritiert als auf seiner Afghanistan Einlassung, ein Twitterer fragte, "Soll ich hier sofort antworten? "
Wieder auf die Couch. Fragen eines Studenten wegen der Datenspeicherwut. Dieser Frage wich er ungeschickt aus und konterte mit einer Gegenfrage. Sofort kam die Reaktion aus dem Netz über Twitter:" RT @chris_politicus: #fws hätte sich im Wahlkampf kurz Zeit nehmen und über Sperrgesetz informieren können. Nun wirkt er inkompetent #efdw" oder "steinmeiner wiederholt zensursulla luege nicht kooperativer provider. #efdw" Der Student wird in die Nerd ( Computerfreak und Eigenbrödler ) Ecke gedrängt, der Moderator schaut auf die Uhr und holt Steinmeier aus der Ecke. Alles in allem hat Steinmeier einen guten Auftritt hingelegt, er kam gut rüber, bis auf seinen Absturz im Online Bereich. Die Zustimmung fiel nur auf 64%, ein achtbares Ergebnis.

Weiter ohne Pause. Trittin war dran. Umwelt als erstes, eine Domäne der Bündnisgrünen. Ob er zu ideologisch wäre bei der Atomkraft, so die Moderatoren? Man müsse sich nur die abgesoffene Asse ansehen, wo nun radioaktiver Müll in das Grundwasser gelangen kann, das hat doch nichts mit Ideologie  zu tun, so Trittin.
Insgesamt erklärte er die Problematik der Energieversorgung mit Atomstrom sehr kompetent. Am Rande bemerkte er mal so eben, dass trotz Abschaltung von 6 Atommeiler Deutschland noch in der Lage ist Strom zu exportieren, wegen der Windenergie.
Energiesparlampen mit Quecksilber vs. Glühlampen. Trittin rechnete, herkömmliche Glühlampen würden durch ihre Produktion mehr Quecksilber erzeugen als Energiesparlampen. Die Abwrackprämie gegen rechnen. Durch Tempolimit auf 120 wäre mehr, das Doppelte, CO2 eingespart worden. Abgesehen davon das der wirtschaftliche Schaden durch den vorgezogenen Konsum auf später verlagert wird. Er wirkte etwas oberlehrerhaft. Twitter meldete: "Schönes Beispiel: Gegen den Kater saufen = Abwrackprämie #efdw" Gelächter, und weiter.
Auf die Piratenpartei angesprochen, meinte Trittin, dass haben wir alles in unserem Programm verankert und darüber auch noch einen Verbraucherschutz im Netz.
Bei der Bildung plädierte er für einen Bildungssoli. Bis auf sein etwas steifes Auftreten kam er sehr kompentent rüber. Zustimmungsrate 60% bei den Usern. Ohne Abspann weiter.

Gregor Gysi war dran.  Er schoss ein Feuerwerk seiner rhetorischen Fähigkeiten ab, wusste auf alles eine plausible Antwort und wurde nur einmal etwas verunsichert als ein BW Soldat etwas schwach befragt wurde, der demnächst in Kundus stationiert sein wird. Er findet, man solle den Krieg auch Krieg nennen dürfen,meint das wir schnellst möglichst aus Afghanistan raus müssten. Reichtum für alle, heißt bei Ihm nicht nur der finanzielle Bereich. Im Großen und Ganzen ging er wie ein Kind durch alle Abteilungen unbefangen durch und wusste sich auch direkt mit den Themen zu befassen. Bei den Datenvorratsvorhaben der Bundesregierung fand er die Regierung habe überzogen. Es gibt genügend Gesetze, wie etwa die Hausdurchsuchung, die auch auf das Internet angewendet werden kann. Es braucht nur eine richterliche Anordnung. Er machte einen sehr guten und quirligen  Eindruck , zumal der etwas steife Trittin ja vorher da war. Auch er wurde sodann verabschiedet.
Sofort waren die endgültigen Zustimmungsraten aus dem VZ parat, wonach die Kandidaten folgende Ergebnisse hatten:

                            

Alles in allem war es für das erste mal eine gelungene Sendung. Es kamen Informationen rüber, die man so nicht im Wahlkampf bisher gehört hatte. Dafür das es das erste mal war, dass sich das Fernsehen und die Printmedien mit dem Internet auf getan hatten, war es ein Leckerbissen in unserer armen medialen Welt.

Was das Fernsehen und die Printmedien noch lernen sollten, Politiker brauchen keine schützenden Moderatoren.
Diese glucken, was die beiden Moderatoren ab und an gegenüber den Kandidaten entwickelten, war meines Erachtens überflüssig. Auch dieses ewige hin und her gehen, von einer Ecke in die andere lenkt nur ab, das kann man technisch besser lösen. Dann  – die Geschwindigkeit der Informationen wurde durch die Moderatoren immer wieder ausgebremst. Offensichtlich kamen die beiden selber mit der Geschwindigkeit nicht klar. Sie wirkten dabei auch etwas überfordert. Im Internet kann man alles machen, muss es aber nicht. Wenn ich also die Formate Chat, Forum, Blog und noch Microblogging zusammen schalten und noch Live Interviews haben möchte, steuere ich logischerweise auf einen Informationsgau zu. Diesen zu verhindern brachte die beiden Moderatoren ganz schön ins schwitzen, wobei dies auch noch in einem Raum der nicht klimatisiert war ganz schlimme Auswirkungen hatte. Das Team danach: Die 5 Stunden kamen uns wie 14 Stunden vor.

Trotz allem sollte dieses Format verbessert und evtl. zur Landtagswahl ´10 in NRW nochmals aufgemacht werden. Vielleicht kann dies ja Zeit Online mit dem WDR kooperieren.Was man jetzt schon sagen kann, es wurden sehr viele junge Nichtwähler erreicht, die mit den von den Parteien favorisierten konservativen Wahlkampf, nicht erreicht worden wären.

Nachtrag:

Schade, dass Ennepetal sich während des Kommunalwahlkampfes zu solch einem Auftritt im Haus Ennepetal nicht aufraffen wollte oder konnte. Sicher wäre Ennepetal als Stadt im positiven Sinne in Deutschland in aller Munde gewesen. Es wäre, wie die Sendung "erst fragen, dann wählen" eine Werbung für unsere Demokratie gewesen. Es reicht eben nicht nur die Altenheime ab zu klappern, ein paar Bratwürstchen zu grillen und die üblichen Kugelschreiber zu verteilen. Die medialen Zeiten haben sich eben geändert.

Wir hatten zwar nur rund 60 Fragen im Gegensatz zu den rund 3.000 Fragen beim ZDF, aber immerhin.
Aber so ist das in Ennepetal, Avantgarde wollen wir um Gottes Willen nicht sein, wir wählen eher die Nachhut, wir wollen ja nicht auffallen.
Und was ist mit der Attraktivität einer Stadt? Ganz einfach, man sollte schon was Besonderes sein.

 

Wer keine Möglichkeit hatte, sich die Sendung des ZDF kompakt in Youtube ansehen .

"Erst fragen, dann wählen" Kompakt




Jürgen Gerhardt

Ehrenamt als Kostenverschiebebahnhof der Kommune

[JPG] Als ich so 7 Jahre war, ging ich in eine Jugendgruppe, den CVJM. Über Jahre ging ich Woche für Woche in die Gruppenstunde. Einmal oder zweimal im Jahr machten wir mehrwöchige oder auch nur mehrtägige Ausflüge.

Es war eine schöne Zeit. Es gab einen oder sogar mehrere Gruppenleiter,  die uns anhielten etwas Sinnvolles zu unternehmen. Keiner von uns Kindern machte sich damals Gedanken  über die Organisation. Als ich so 16 Jahre war, nahm mich mein damaliger Gruppenleiter zur Seite und meinte, ich könne doch auch eine Gruppe übernehmen, das Zeug hätte ich dazu. Nach kurzer Überlegung und einem Gespräch mit meinen Eltern sagte ich zu. In Folge bekam ich als Gruppenleiter eine Jungschargruppe zugewiesen. Die ich im ersten Jahr mehr schlecht als recht leitete. Schlecht deshalb, weil ich auf einmal mit den Dingen konfrontiert wurde, die halt ein Gruppenleiter außerhalb der Gruppenstunde machen musste. Es stellte sich danach so dar, dass ich für die 90 Minuten Wochengruppenstunde einen Aufwand von bis zu 4 Stunden in der Woche tätigen musste. Sicher ich hatte Hilfe von erfahrenen Leitern oder von der Bundeshöhe, ich hatte es mir aber in meiner Naivität einfacher vorgestellt. Kurz es blieb nicht bei den 4 Stunden in der Woche, sondern es wurden hernach 10 Stunden und mehr.

Im Gespräch mit dem Gemeindepfarrer wurde zum ersten mal was von "Ehre" erwähnt, als sich mal Frustration unter den Leitern breit machte. Denn es war irgendwie selbstverständlich, dass wir bei der Finanzierung der Gruppen auch aus unserer Tasche etwas dazu legten., auf der anderen Seite jedoch nie einen Dank bekamen.

Die Gemeinde hatte kein Geld, das Jugendamt kein Budget aber alles musste finanziert werden. Heute sehe ich das zwiespältig, ich sehe diese damalige Tätigkeit einesteils als etwas, indem ich das zurück gegeben haben, was mir durch Andere zuteil wurde. Auf der anderen Seite, sehe ich jedoch auch, dass wir Jugendleiter im Budget der Gemeinden als auch der Kommunen für eine Kostenentlastung gesorgt haben. Denn der Wert einer guten Jugendarbeit wurde uns immer wieder gebetsmühlenartig mitgeteilt, von der Gemeinde als auch von der Kommune. Ich will das jetzt nicht weiter ausführen, Fakt ist, es gibt inzwischen mehrerer solcher Arbeiten, wo Menschen sich unentgeltlich einsetzen. Die Bereiche sind inzwischen recht vielfältig und breit, ziehen sich also durch alle Bereiche unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens.

Politisch habe ich hier in Ennepetal als auch anderswo erfahren: "Wir wollen das Ehrenamt stärken", so, oder so ähnlich. Nun haben wir Kommunalwahl und dann hört sich solch ein Programmpunkt gut an. Man würde gerne einen Bonus für diese Partei geben, welche diesen Programmpunkt aufführt. Nur bei näherem Hinsehen ergibt sich ein ganz anderes Bild. Die Politik ist am Ende!!! Sie möchte sich von den Feldern des Sozialbereichs finanziell und personell verabschieden. Zumindest möchte sie Kostenblöcke in den ehrenamtlichen Bereich abschieben, hier in Ennepetal, aber auch anderswo. Nur warum redet die Politik nicht Klartext? Da geht der Bundesköhler her und kuschelt mit den Ehrenamtlichen, obwohl er genau weiß es geht um harte Fakten, Kosten in einen anderen Bereich zu überführen.

Was ist passiert? Im Laufe der Jahre haben die Kommunen immer weniger Manövriermasse, die sie in die Lage versetzen die Kommune weiter zu entwickeln. Heißt, wenn eine Kommune Strassen erneuern muss, so ist dafür kein Geld da, weil der Bereich Soziales so stark zu Buche schlägt. Der Bereich Soziales hat aber auch sogenannte freiwillige Leistungen, sprich der Gesetzgeber hat hier keinen Rechtsanspruch definiert. Die anderen großen Kostenblöcke stehen jedoch nicht zur Disposition.

Der obige Jugendgruppenleiter bekommt vielleicht einen Zuschuss für Sachaufwendungen, aber der ist freiwillig. Fällt er weg, so wäre das Geschrei groß. Und da gibt es noch andere Bereiche. Nur wie das mit der Politik so ist, mit der Ehrlichkeit und Offenheit hat man es nicht so.

So schreibt der Bürgermeisterkandidat der CDU Wilhelm Wiggenhagen auf seiner Website folgendes:

"Viele reden einfach von "Stärkung des Ehrenamtes", ohne näher darauf einzugehen, was sie mit dem sehr allgemein gehaltenen Begriff eigentlich verbinden. Ich möchte gerne von der "Würdigung des Ehrenamtes" sprechen, denn nur durch entsprechende Würdigung können wir Anreize zur Übernahme von Ehrenämtern schaffen. Wir müssen dafür sorgen, dass es wieder reizvoll ist ein Ehrenamt zu übernehmen und wir sollten auch dem bescheidensten Menschen deutlich machen, dass die Gemeinschaft für sein Handeln dankbar ist und dies anerkennt. Auch in unserer Stadt gibt es so viele Aufgaben, die in Vereinen, Verbänden und weiteren Organisationen erledigt und geleistet werden, ohne dass die Allgemeinheit – sprich die Stadt – hier eingreifen muss."

Und genau das meint er: Die Stadt hat kein Geld mehr für diverse soziale Leistungen, macht es doch selber.
Die Konsequenz? Wir brauchen einige Angestellten im Sozialbereich weniger und die Budgets können entfallen.

Nur was für eine Alternative haben wir? Nun, die Stadt Ennepetal, wie auch andere Städte haben sich eine Verwaltung geschustert, die sehr große Personalkosten erfordern. Dabei haben die Verwaltungsfachleute, in der Regel diplomiert, vergessen, dass Verwaltungskosten variabel sind. Das viele Ämter geschaffen und mit Personal ausgestattet wurden, die es aber bei Licht betrachtet nicht mehr geben muss. Da wäre ein Abteilungsleiter schon sauer, wenn er seinen Kaffee mal selber kochen müsste. Also sind in so einer Stadtverwaltung round about mehrere Personen mit Kaffee kochen beschäftigt. Ich weiß, es hört sich überspitzt an, es ist aber so, da sind Jobs in einer Verwaltung, die einem Betriebswirt die Haare zu Berge stehen lassen. Klar, dass jede Stadt seine eigene Feuerwehr und sein eigenes Schwimmbad haben muss, man ist ja wer. Soll doch die andere Kommune sich an unseren Kosten beteiligen. Oder die moderne Kommunikation, die wird nur unzureichend genutzt, weil der Verwaltungsmensch an seiner geliebten Schiefertafel festhält, die aber leider nicht kompatibel zu dem IT System der Kommune ist. Eine Schulung? Für mich doch nicht, sollen die doch die Daten für mich aufbereiten und auf meine Schiefertafel übertragen.

Und da kommen wir auf das eigentliche Problem, die Verwaltungen kommen mit der Geschwindigkeit der Entwicklungen in unserer Gesellschaft nicht mehr mit. Die Kosten zeigen ihnen im Grunde aber, es hat sich viel verändert. In unserer heutigen Zeit haben sich die Innovationszyklen, das sind die Zeiträume in dem eine Veränderung umgesetzt wird, derartig verkürzt, dass ein Mensch sich innerhalb seiner Lebensarbeitszeit mehrfach grundsätzlich ausrichten muss – Stichwort: Lebenslanges lernen.

Man sehe sich die Internetpräsenz der Stadt Ennepetal an. Geht man in die Tiefe so stellt man fest, sie entspricht ja noch nicht einmal im Ansatz der Anforderung eines modernen E Gouvernements. Hier leisten sich die drei Städte, Ennepetal, Schwelm, Gevelsberg jeweils einen eigenen Internet Hoster mit jeweiliger kostenpflichtigen Software und Hardware, das Einsparpontenzial ist hier z.Bsp. gewaltig, nur es wird nicht genutzt, geschweige denn angedacht.
Ich könnte beliebig fortsetzen Kosten aufzuzeigen, die bei näherer Betrachtung bis zu 50% gesenkt werden könnten.

Und da liegt die Crux. Eine intelligente und kreative Verwaltung nutzt die Einsparpotenziale ohne die Qualität der Leistungen auf den Bürger mit fadenscheinigen Werbeversprechungen hin zu einem Ehrenamt abzubauen. Aber wo ist der Verwaltungsmensch der seine eigene "Truppe" beschneidet und die eingefahrenen kostenintensiven Strukturen optimiert?

Den Jugendgruppenleiter wird es weiter geben, weil er eben der christlichen Ethik Rechnung trägt, aber einen Streetworker im Sonderangebot für EUR 10.000,– sollte es niemals geben, auch nicht als Ehrenamt. Diesen Jugendgruppenleiter aber auch andere Felder soll es immer geben, solange wie sich verantwortungsbewusste Menschen  um ihre Mitmenschen kümmern mögen. Nur die öffentlichen Hände sollten nicht so tun, als wenn sie das Ehrenamt achten, sie tun es nicht, sondern wollen nur die Kosten nicht mehr tragen. Nicht Kameras und Polizei kann unsere Probleme mit Jugendlichen lösen, aber auch keine ehrenamtliche Wache. Sondern ein Konzept welches diese Jugendlichen zu einem Verhalten führt, welches keine Sorgen aufkommen lässt. Und dieses Konzept kostet eben Geld, was dem sozialem Bereich einer Stadt zur Verfügung stehen sollte.Und dieses Konzept kann nur eine effiziente Verwaltung fachlich erstellen und umsetzen. Verlängert man das Ganze, so wird eines Tages die Verwaltung nur noch mit sich selber und der Wirtschaft beschäftigt sein. Ja, sogar die öffentliche Ordnung die durch unsere Polizei wahrgenommen wird, wird dann teilweise durch Ehrenamtliche kostenfrei ausgeführt.

Und wenn nicht, so sollte sich die Stadtverwaltung als auch die Politik ein eigenes Armutszeugnis ausstellen.

Jürgen Gerhardt

Wir haben es ja so dicke

[jpg]  Weil Kompetenz zählt, so der Slogan des ersten Beigeordneten und Bürgermeisterkandidaten der CDU Wilhelm Wiggenhagen. Er wird z. Zt. wie saures Bier von dem Fraktionsvorsitzenden der CDU Walter Faupel angepriesen. Ein unbequemer Bürgermeister will er sein, so sein Credo, nur wir wollen ihm nachmachen. Unbequeme Presse wollen wir sein. Das wir das sind, ist uns schon mehrfach zu Ohren gekommen. Unbequeme Presse heißt bei den Herren Faupel , Wiggenhagen und anderen, Nestbeschmutzer oder auch schon mal Schmuddelkinder. Es ehrt uns auf jeden Fall und wir wollen nicht vergessen ein herzliches Danke an den Adressaten zu übermitteln. Denn, dies ist der Beweis, wir haben alles richtig gemacht. Hätten wir ein Dankesschreiben erhalten, so hätte uns das erhebliche Kopfschmerzen bereitet.

Nun wird man den Titel „Nestbeschmutzer“ nicht ohne eine Leistung erlangen, vielmehr erwartet man auch weiterhin kritisches und investigatives von unserer Seite, dem wir natürlich auch Rechnung tragen wollen. Hinter mir ist eine Wand an der ich die Themen, die ich noch abarbeiten muss, auf Stickys notiert habe. Es sind viele, ich wusste vorher nicht das eine Stadt mit rund 31.000 Einwohner soviel Themen hat. Wir, das heißt unsere Gruppe, überlegen gerade was oder wie wir uns nach dem 30.08.09, also der Kommunalwahl, neu ausrichten werden. Aber das läuft parallel. Im Moment haben wir ja noch genug Themen um die Wähler zu informieren, damit die auf der Basis einer hinreichenden Information über KandidatenInnen und Parteien eine Entscheidung treffen können.

Heute ist einmal der privatrechtliche Bereich der Stadt Ennepetal dran, der es wert war und ist unter die Lupe genommen zu werden. Zwei von uns haben sich darum gekümmert, was sich aber auch lohnte.

Wie wir alle wissen haben wir:

  • Das Platsch also unser Frei-und Hallenbad
  • Das Haus Ennepetal mit angeschlossener Kluterthöhle
  • Das ZET

Alle drei Betriebe sind in eine GmbH & Co.KG ausgegliedert worden, stehen also nicht mehr unter der Kontrolle des Rates der Stadt Ennepetal. Sie können also wie ein privatrechtlicher Betrieb wirtschaften, also eigenständig Umsätze generieren. Nur in der freien Wirtschaft ist man bestrebt Gewinne zu erwirtschaften und Verluste zu vermeiden. Geschäftsführer sind beim Platsch und dem Haus Ennepetal, Herr Kern und beim ZET, Herr Wiggenhagen, der mit der Kompetenz.

Und irgendwie haben die drei Betriebe das falsch verstanden, das mit der Wirtschaft. Sie machen in der Regel, so unsere Information, Verluste und zwar nicht zu knapp. Da aber die GmbH & Co. KG über die GmbH wieder mit der Stadt verbandelt ist, ist das nicht so schlimm. Denn es besteht eine so genannte Nachschusspflicht. Die Stadt ist verpflichtet die Verluste der vorgenannten Betriebe wieder auszugleichen. Weil, ja weil sie ja auch die Gewinne bekommt. Nur Gewinne hat die Stadt noch nie gesehen, zumindest wurde nie über Gewinne im Rat der Stadt gesprochen, so unsere Information.

Da die Betriebe nicht mehr der Kontrolle des Rates der Stadt unterliegen, so kann dieser auch seine Aufsicht nicht wahrnehmen. Die Stadtverwaltung hat aber die Kontrolle und sieht periodisch, wie sich die Zahlen der Betriebe darstellen. Nun unterliegt die GmbH &Co. KG den gesetzlichen Bedingungen der privatrechtlichen Wirtschaft,  z.B. dem Gesellschafterrecht oder auch dem Insolvenzrecht, kann sich also dem nicht entziehen.

Und jetzt kommt es, da die Betriebe in der Regel Verluste machen entsteht im Laufe der Zeit eine so genannte Überschuldung, denn durch die Verluste wird ja das Kapital aufgebraucht oder es können keine Löhne (Gehälter) mehr gezahlt werden. Und bei Überschuldung muss der Geschäftsführer normalerweise zum Amtsgericht und Insolvenz beantragen. Damit die beiden Geschäftsführer weiter ihr Gehalt bekommen, wird ein Antrag beim Rat der Stadt gestellt, die entstandenen Verluste auszugleichen und schon kriegen die Geschäftsführer wieder ihr Gehalt.

Wie mir bestätigt wurde, handelt es sich im Laufe der letzten Jahre insgesamt um zweistellige Millionenbeträge, die über die verschiedensten Titel nachgeschossen wurden. Es war nicht ganz auszumachen wie hoch insgesamt sich dieser Betrag beläuft. Wobei die Ratsmitglieder mir mitteilten, dass sich keiner in der Lage sah, das Zahlengerüst aufzudröseln. Allen war aber unwohl bei der jeweiligen Zustimmung der Vorlage.  Ein Ratsmitglied wollte mal etwas Genaueres wissen, wurde aber vertröstet. Auch entstand Unbehagen bei der Frage, welcher Betrieb welche Verluste  hatte und wie die entstanden sind. Auch bei der Entscheidung, ob dies eine Erhaltungsinvestition oder Erweiterungsinvestition sei, konnte man nicht folgen.

Wie dem auch sei, alle drei Betriebe sind mit ihren Geschäftsmodellen offensichtlich gescheitert, denn ein gut durchdachtes solides Geschäftsmodell bringt letztendlich Gewinne. Gewinne die ein Betrieb zur Erhaltung aber auch für Investitionen benötigt. Bringt er die nicht, verschwindet er vom Markt, man nennt das Marktbereinigung. Das tut zwar weh aber ist notwendig um gesunde Unternehmen, die eben Gewinne bringen zu fördern.

Die Frage die sich nun stellt, was ist denn schief gelaufen bei diesen Betrieben? Und da haben wir auch etwas hinter den Vorhang geschaut.
Beide Geschäftsführer, sowohl Herr Kern als auch Herr Wiggenhagen haben konzeptionell keine durchführbare Vermarktungsstrategie erarbeitet. Ein paar Flyer hier und ein bisschen Mundpropaganda dort und das war es. Aber wie sollten sie auch, sie kommen doch beide nicht aus dem Umfeld der freien Wirtschaft, haben nie den kreativen Druck ein positives Ergebnis vorzulegen erfahren. Beide kommen aus einem Bereich indem es an der Tagesordnung ist, nach den öffentlichen Händen zu rufen wenn etwas schief läuft. Konsequenzen gibt es bei den öffentlichen Händen nicht, in der Wirtschaft sieht man sich bei solchen Ergebnissen schon mal danach gefeuert.

Zumindest ist das ZET etwas besser ausgerichtet, es hat nun eine Jobagentur als Mieter, ein Schelm wer jetzt etwas böses denkt.
Aus eigener Erfahrung hatte ich vor 5 Jahren einmal versucht sowohl im ZET als auch im Haus Ennepetal mehrere Vorträge zu organisieren. Die beiden Betriebe waren gar nicht auf Kunden eingestellt, sie waren schlicht und ergreifend nicht am Markt. Nicht die mussten meine Probleme, dem Kunden seine, lösen, sondern der Kunde sollte die alleine lösen. Ein Beamer oder die Bewirtung der Teilnehmer in den Pausen löste Angstzustände aus. Das haben wir noch nie gehabt, so beide.
Als ich gar andeuteet, es könne evtl. Mitternacht werden, hörte ich schweres atmen am anderen Ende der Leitung. Ich hätte zuviel organisieren müssen um die Veranstaltung hier durchzuführen.

Letztendlich habe ich meine Veranstaltungsreihe ohne Probleme im Haus Friedrichsbad in Schwelm durchgezogen, die mir in einem angenehmen Gespräch alle Probleme zufrieden stellend lösten.

Beamer, Overheadprojektor, Headset usw. alle techn. Möglichkeiten waren von Grund auf vorhanden, ein Buffett auch kein Problem und darüber hinaus noch eine angenehme Atmosphäre.

Und das meine ich mit Einstellung und Konzept, wen wundert es da, wenn diese Betriebe keinen Gewinn machen, wenn sie dem Markt vorschreiben wollen welche Regeln er zu beachten hat. Die waren und ich denke die sind es immer noch nicht, nicht für den Kunden da, sondern der Kunde sollte für sie da sein.

Eine sehr inkompetente Einstellung, wie war das mit dem Slogan? Weil Kompetenz zählt, ich würde sagen weil Ignoranz zählt. Einen privatrechtlichen Betrieb ohne hinreichendes Geschäftsmodell zu führen muss schließlich scheitern.

Ach ja, die unzureichende Gründung der Citymanagement GmbH & Co. KG durften wir ja auch miterleben, die uns zeigte, es wird so weiter gewurschtelt. Mal sehen wie die EUR 150.000,– plus die Kommanditisteneinlagen verbraten werden. Aber wir haben es ja so Dicke.

 

Jürgen Gerhardt