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Es ist nicht Tag, es ist nicht Nacht (Internationale Lichtkunst entlang der Ruhr)

[jpg] "Twilight Zone" wird dieser Zustand genannt. Die Sonne ist untergegangen ein feiner Lichtstreifen überzieht die Erde mit einem diffusen Licht. Es ist der Moment wo man meint die Zeit scheint stehen zu bleiben. So befindet sich auch die Metropole Ruhr in der Situation in welcher sie um einen neuen Status ringt. Hat die Marke "Ruhr" schon Bestand? Und wenn ja, welches Image hat sie hervor gebracht? Metropolis Ruhr ist noch eine Vision, die sich im Kampf um seine Stellung im Reigen der Metropolen befindet. Die Kultur kann nur den Wandel befördern, etabliert wird die Metropole jedoch durch ihre Bewohner die aktiv den Impuls aufnehmen und selbstbewusst umsetzen müssen.

Ein neuer Höhepunkt im Kulturhauptstadtjahr Ruhr 2010, "Ruhrlights: Twilight Zone": Internationale Lichtkunst entlang der Ruhr, faszinierend, spannend und anregend zugleich.
Die Idee: Die Lebensader der Metropole Ruhr von Hagen beginnend, ruhrabwärts bis Mülheim und Duisburg mit Lichtkunst zu bespielen.
So ist am 03.September 2010 am Hengsteysee in Hagen der Auftakt mit der Installation von
der Gruppe Modulorbeat eine schwimmende, klingende und begehbare Plattform aus leuchtenden Kuben installiert. Dieses interaktive Kunstwerk wandert im Verlauf des Festivals ruhrabwärts und ist anschließend in Mülheim und zum Festivalabschluss in Duisburg zu sehen.
 
                                                       Bild © Modulorbeat

Im weiteren Verlauf werden so eindrucksvolle Orte durch Licht und Ton auf eine völlig neue Art sichtbar, wie die Ruine Hardenstein in Witten oder das Radom der Sternwarte hoch über dem Fluss in Bochum. International renommierte Künstler wie Peter Kogler, Yves Netzhammer, Siegrun Appelt, Modulorbeat, Andreas M. Kaufmann, Tatzu Nishi, Christoph Hildebrand, Manuel Schroeder, Mader Stublic Wiermann, Xavier de Richemont und Klaus Obermaier spüren Orte mit besonderen Atmosphären auf und machen sie zu Resonanzräumen des Neuen.

Kuratiert von Dr. Söke Dinkla beschäftigt sich "Ruhrlights: Twilight Zone" vor allem mit den Orten, die in den letzten Jahren entlang der Ruhr entstanden sind: "Es sind Sehnsuchtsräume, die sich die Menschen mit ungeheurer Energie immer wieder neu aneignen. ‚Ruhrlights: Twilight Zone‘ nimmt diese Orte in den Blick und macht die zahlreichen Verbindungen einer der größten Metropolregionen Europas sichtbar. In einer programmatischen Partnerschaft der Städte Duisburg, Mülheim, Essen, Hattingen, Bochum, Witten und Hagen wird die Ruhr, der namengebende Fluss des Ruhrgebiets, durch die Kraft der Kunst in einen Zustand versetzt, der die Entstehung des Neuen möglich macht."
Den Abschluss findet das Lichtkunstfestival im Duisburger Innenhafen, der ein Wochenende lang ganz im Zeichen der Lichtkunst stehen wird. In einem gemeinsamen Abschlussfest mit dem Projekt KulturKanal ( Emscher Landschaftspark ), vereinigen sich die großen Wasserstraßen der Region am 26. September bei einer fulminanten Finissage. Dabei werden u.a. litauische Medienkünstler ihre "zündenden" Ideen zeigen, die im Rahmen von TWINS in einem Workshop in Vilnius Ende 2009 entwickelt wurden.

Der Eintritt ist bei allen Veranstaltungen frei.

03.9. – 26.9.2010
von der Dämmerung bis 24 Uhr, Eintritt frei
Termine:

03. – 11.09.: Hagen und Dortmund (Hengsteysee)
Die begehbare Lichtarchitektur der Gruppe Modulorbeat legt am Hengsteysee in Hagen an.
Durchscheinende Wassertanks verwandeln sich in glühende Leuchtkörper, die auf Klänge reagieren. Arrangiert zu einer experimentellen Architektur wandert das futuristische Floß von Hagen nach Mülheim an der Ruhr und Duisburg und wird so zum Signet für die Verbindungen in der neuen Metropole. Eine temporäre Insel-Gastronomie lädt zum Aufenthalt ein.

03. – 26.09.: Essen (Baldeneysee)

Christoph Hildebrand arrangiert auf dem Regattaturm am Baldeneysee eine Uhrenlandschaft aus 20 Uhren unterschiedlicher Größe. In ihrer wie zufällig scheinender Anordnung richten sie ihre Ziffernblätter in alle Himmelsrichtungen. Alle Uhren zeigen unterschiedliche Zeiten und laufen mit verschiedenen Geschwindigkeiten. Die Uhren scheinen ihre eigene Zeit zu "leben" und setzen dem festgelegten Takt unserer Zeit eine individuelle und subjektive Zeitsicht entgegen.

10. – 17.09.: Bochum (Sternwarte)

  Mit der Sternwarte in Bochum hat Yves Netzhammer seinen Wunschort gefunden.

Die Hülle dieses Raumes, der eigentlich keiner ist, macht er zum Träger seiner Bildwelten.

Er verbindet die Außenprojektion mit einer Klangkomposition im Innern von Bernd Schurer und kreiert zwischen Himmel und Erde ein eigenes Universum in der Schwebe.


10. – 18.09.:
Hattingen (an der alten Ruhr)

In Hattingen schlängelt sich ein Arm der Alten Ruhr bis nahe an das Gelände der Henrichshütte. Hier ist eine monumentale 90m lange Steinwand als Teil der ursprünglichen Befestigung mit einem Übergang zur Innenstadt erhalten geblieben. Im Dialog mit Andreas
M. Kaufmanns Arbeit für Witten entsteht hier eine zweite Version von "Dem Ort seine Sprache". Die Licht-Worte appellieren an das kollektive Gedächtnis des Ruhrgebiets und rühren an sehr persönliche Erinnerungen der Menschen, die hier seit langem leben.

17.09.
– permanent: Witten (Burgruine Hardenstein)

Welche Geheimnisse verbergen die Mauern der an der Ruhr gelegenen Burgruine Hardenstein in Witten? Mit seiner Lichtarbeit "Dem Ort seine Sprache" entlockt Andreas M. Kaufmann dem Mauerwerk für einen Moment das Geheimnisvolle. Wie eine zweite Haut überziehen aneinandergereihte Worte die Ruine. Sie stammen aus einer regionalen enzyklopädischer Sammlung.

17. – 19.09.:
Mülheim (Innenstadt an der Ruhr)

Sechs Installationen entstehen in Mülheim.

Als permanente Arbeit entstand 2008 die Installation "Morgana" von Ute und Arend Zwicker, ein leichter Lichtvorhang aus dem Wasser der Ruhr. Weißes Licht verwandelt das Wasser in eine perlende, bewegliche Lichtwand, die sich unaufhörlich neu aufbaut.
Von Hagen wandert die Lichtarchitektur der Gruppe Modulorbeat nach Mülheim an der Ruhr. In der Nähe der Mülheimer Stadthalle entsteht ein begehbarer Lichtraum in neuer Formation.
Hier steht das Wechselspiel zwischen Akteuren, Raum und Lichtsystem im Zentrum. Klänge verwandeln den umgebenden Park in einen Klangraum. Siegrun Appelt zeigt eine Arbeit im Uferbereich nahe des Wasserkraftwerks: Lichtstarke, weiße Scheinwerfer bewegen sich Suchscheinwerfern gleich über die Landschaftszone am Wasser. Die Lichtbewegungen dramatisieren den Naturraum und setzen ihn in Bewegung.
Exakt kalkulierte Bewegungen schaffen eine fast unwirkliche, besondere Atmosphäre. Das Künstlertrio Mader Stublic Wiermann verwendet das Schaufenster des Möbelhauses "von der Linden" als Schnittstelle zwischen Realität und künstlerischer Simulation. In den Scheiben sehen wir architektonische Szenen, die wie Spiegelungen der unmittelbaren Umgebung scheinen, sich aber dennoch in Details von ihr unterscheiden. Begleitende Klänge verstärken die Rätselhaftigkeit der uns vertrauten Bilder. In einer zweiten Arbeit "Flowing space" vor der Stadthalle versetzen Mader Stublic Wiermann uns direkt in ihre Projektionen: Strömendes Wasser scheint sich über den Boden zu ergießen und sucht über die Steine, Wege und Rasenflächen seinen Weg zur Ruhr.

Das strömende Wasser findet seinen Counterpart in der filmischen Projektion von Klaus Obermaier. Auf der Fassade des Rathauses erscheinen dynamische Lichtmuster. Sie sind die visuelle Grundlage seiner Performance, mit der er Beziehungen zwischen Architektur,
digitalen Bildwelten und urbanem Raum schafft. Zeitgleich mit seiner Lichtarbeit für den Rathausturm entwirft Obermaier gemeinsam mit Studenten der Universität Venedig in einer eintägigen "art lounge" interaktive Performances und Installationen im Ringlokschuppen.
Der Japaner Tatzu Nishi hat sich in Mülheim mit dem besonderen Raum an der Ruhr beschäftigt. Ihn interessiert vor allem die Gleichzeitigkeit von urbanem Raum und Rückzugsorten der Natur. Mit Witz und Phantasie verwandelt er unbemerkte, alltägliche Orte
in intime Räume, die unsere Phantasie aktivieren. An der Ruhr hat er einen stillen Ort des Menschen gefunden, den er mit einer leichten Geste und mit einem Augenzwinkern poetisiert.

24. – 26.09.:
Duisburg (Innenhafen und Salvatorkirche)

Als wandernder Nomade erreicht die Architektur von Modulorbeat zum Abschluss von "Ruhrlights: Twilight Zone" den Duisburger Innenhafen. Die leuchtenden Kuben lassen in ihrer Spiegelung im Wasser eine zweite chimärenhafte Architektur entstehen. Die mobile
Architektur ist zugleich Bühne, Experimentierraum und Produktionsort. Peter Kogler bringt seine durch Documenta und Biennale fast schon legendären, universellen Formen nach Duisburg. Für das wohl prominenteste Architekturfragment im Innenhafen – die Uferpromenade des entstehenden Eurogates – entwirft er eine monumentale Lichtprojektion auf einer Länge von 350 Metern. Hell leuchtende Netzformationen bewegen sich wellenförmig über die Stufen der Promenade und schaffen einen fließenden Übergang zum Wasser.
Im Ludwigforum im "Garten der Erinnerungen" entsteht die Installation "Abstraktionsvorräte" von Yves Netzhammer. Skulpturale Elemente wie Silhouetten von Rehen und mediale Präsentationen in vogelhausähnlichen Gehäusen wachsen zu einem spielerischen Gefüge,
einem labyrinthischen Raum zusammen, das uns fremd und vertraut zugleich erscheint.
Produziert vom Centro di Cultura Contemporanea Strozzina, Palazzo Strozzi, Florenz Kooperationspartner: ERES-Stiftung München.
Die Berliner Künstlergruppe Mader Stublic  Wiermann transformiert mit einer fassadenfüllenden Lichtarbeit die Architektur des Jüdischen Gemeindezentrums am Innenhafen. Sie setzen das gesamte Gebäude in Bewegung: Feststehende Perspektiven werden im virtuellen Raum gedreht, vervielfältigt, überlagert und schließlich wieder auf das reale Gebäude gebracht.
Für die Hauptfassade der Salvatorkirche entwirft Xavier de Richemont zum 400-jährigen Jubiläum der ersten Generalsynode eine filmische Videoprojektion. Wie kaum ein anderer Künstler komponiert de Richemont symbolstarke Bilder zu Bild-Ton-Kompositionen, die ohne Sprache auskommen und erzählt so die Geschichte eines Ortes auf neue Weise.
Im Rahmen von TWINS lädt Manuel Schroeder zu einer nächtlichen Erkundung im "Garten der Erinnerungen" ein. Unter dem Titel "Mirage – Moving Memories" arbeitet er gemeinsam mit Studenten der Kunstakademie Vilnius in Workshops mit digitalen Medien um flüchtige
Momente ihres alltäglichen Lebens auf fragilen Elementen wie Rauch und in performativen Szenen festzuhalten.

26. September 2010: 19.30 Uhr, Finnissage, Innenhafen Duisburg

Es ist September 2010, der Herbst beginnt sich über das Ruhrgebiet zu legen. Die Lichter des Twilightprojektes fragen: Wird es gelingen nachhaltig die Metropole Ruhr zu installieren?

Als wir den Hengsteysee in Hagen wieder verlassen, wurden die letzten Module der Installation installiert. Es war Tag und sie konnten ihre Leuchtkraft noch nicht entfalten. Jedoch wir konnten schon erahnen dass es etwas wird – eben Twilight.

 

 


 

Update:

Die Eröffnung in Hagen ist buchstäblich ins Wasser gefallen. Die Kuben haben im Wasser Verformungen gebracht, mussten also
wieder aus dem Wasser herausgenommen werden.
Aus diesem Grunde wird in Hagen die Eröffnung  aller Voraussicht nach erst am 8.9.2010 an Land stattfinden.

Davon unberührt ist die Eröffnung des Kunstwerks "Time" von Christoph Hildebrand auf dem Regattaturm am Baldeneysee am 4.9.2010 in Essen anläßlich des Seefestes am Baldeneysee.

 


Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Hagen

 

 

 

 

 

 

 

Mehr als schöner Schein in Lüdenscheid

“LichtRouten 2006 - Xavier de Richemont, Foto Claus Langer”

“LichtRouten 2006 – Xavier de Richemont, Foto Claus Langer”

  [ jpg] Im Zusammenhang mit der Ruhr 2010 besuchten wir die "Biennale für Internationale Lichtkunst" und berichteten an anderen Orten.

Die Faszination Licht nimmt den Betrachter immer wieder gefangen. Ist es sodann auch nicht verwunderlich, wenn solche Veranstaltungen wie ein Magnet die Besucher anziehen.

So möchten wir auf die nunmehr anstehende 5. Ausstellung "Lichtrouten" in Lüdenscheid hinweisen und von unserer Seite empfehlen. Lüdenscheid liegt für Ennepetal und den EN-Kreis um die Ecke.

Da Ennepetal  mit der Kultur und damit der Kunst so seine Probleme hat, kann man als Ennepetaler nicht genug Empfehlungen bekommen. „Wunderkammern des Lichts“ lautet das Thema der 5. Edition der LichtRouten, die seit 2002 regelmäßig Tausende von Menschen aus dem In- und Ausland in die Stadt des Lichts im Sauerland lockt. Die Lüdenscheider Lichtrouten laden den Menschen ein, sich neuen Denk-und Erfahrungsräume im urbanen Raum zu öffnen. Wobei im Vordergrund das Verständnis mit dem Umgang
Lichtkunst in der Öffentlichkeit, und Berührungen mit derselben, stehen sollte.

 In den Nächten vom 24. September bis 03. Oktober zeigen 22 internationale Künstler/innen und Designer/innen mit Interventionen, Installationen und Perfor­mances im öffentlichen Raum, wie der gestaltende Einsatz von Kunstlicht Sehen und Denken verändern kann.

Wie schon in den früheren Editonen entwickeln die Kuratoren Bettina Pelz und Tom Groll das Konzept wieder mit Blick auf die Standorte, die die Besucher/innen durch die Innenstadt führen. In diesem Jahr stehen die sichtbaren Spuren der industriell geprägten Stadt im Mittelpunkt. Im Zuge der Industrialisierung haben sich die vielen Fabriken und Manufakturen in Lüden­scheid mit ihren international beachteten Erfindungen und Pro­dukentwicklungen als Wunderkammern erwiesen. So wurden z.B. die ersten Luftschiffe, genannt „Zeppelin“, mit Unterstütz­ung des Unternehmers Carl Berg realisiert. Aber auch heute genießen einige in Lüdenscheid beheimatete Industriezweige eine weltweite Reputation. Während der LichtRouten nutzen die Kunstschaffenden 15 aus­gewählte Orte und architektonische Ensembles des 19. Jahr­hunderts für ihre ortspezifischen Arbeiten. Der Parcours durch die Innenstadt wird folglich auch einen Eindruck von den Ver­änderungen Lüdenscheids vermitteln, die die Industrialisierung hervorgerufen hatte. Bei den Künstler/innen und Designer/innen aus ganz Europa, Mexiko und den USA finden sich neben renom­mierteren Positionen wie Ali Heshmati (US/N), Olga Kisseleva (RU/FR) und Sylvian Reynal (FR), Dominik Lejman (PL) und Gebhard Sengmüller (AT) auch junge Positionen wie Armsrock (DK), Ghiju Diaz de Leon (MX) und Ocubo (PT), die erstmals mit Projektionsarbeiten in Deutschland zu sehen sind. Schon die vergangenen Ausgaben der LichtRouten haben gezeigt, dass es Bettina Pelz und Tom Groll gelingt, künstle­rische Positionen und gestalterische Strategien im Umgang mit Kunstlicht in einzigartiger Art und Weise mit Stadträumen zu verweben und unvergessliche Seherlebnisse zu ermöglichen.

Die Teilnahme ist für Besucher/innen kostenlos.