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Die Saat geht auf mit voller Kraft

[jpg] Man sagt, wenn der Baum stark ist, so werden auch die Früchte stark werden. Den Baum hatten wir gesehen, ein starker Baum, das neue Folkwang Museum. Die ersten Frucht, "die entartete Kunst" als Ausstellung "Das schönste Museum der Welt", Museum Folkwang bis 1933, markierte zusammen mit dem Neubau einen Neubeginn, nämlich an dem Punkt, wo das Folkwang seinen ersten Höhepunkt hatte.

Es fehlte noch etwas, konnte man doch nicht alles auf einmal bringen, Überforderung wäre die Folge gewesen. Drei Wochen später waren Erweiterungen zu sehen, Erweiterungen die nicht so spektakulär sind, jedoch nicht minder feinsinnig auf den Betrachter wirken.

Aber, sie spannen auch einen großen Bogen in die heutige Zeit, die letztendlich eine Weiterentwicklung der damaligen Zeit darstellt. So konnte man nunmehr drei neue Ausstellungen der neuen Abteilung "Papier" vorstellen.
Papier deshalb, weil diese die Bereichen Fotografie, Grafik und Plakate beinhaltet.
 

Zu sehen waren aber auch ergänzend der Bereich Video und Multimedia. Ob dies bei einer Ergänzung bleibt oder gar eine eigene Abteilung eröffnet wird, war nicht auszumachen. Dieser neue Bereich passte sich aber in etwa in den fotografischen Bereich ein.

Vom 17. April bis zum 30.Juni 2010 werden folgende Ausstellungen gezeigt:

  • Teaching Photography

            Fotografische Sammlung

           Hierzu wird es am 21. und 22.5. 2010 ein Symposium im Gartensaal des Museum Folkwang geben. Der
           produktive Austausch von Ideen,   experimentelle   Wege zwischen Lehrenden und Künstlern, Kuratoren,
           Kritikern stehen hierbei im Vordergrund.
           Wir denken, es wird ein spannendes Symposium, zumal in diesem Bereich die Positionen nicht
           unterschiedlicher sein können. Die Teilnahme von unserer Seite ist angedacht, zumal sich hochkarätige
           Teilnehmer aus dem universitären Bereich der europäischen Szene angekündigt haben.
           Ein sicherlich spannendes Symposiums.

  •  Punktum. Plakate von Uwe Loesch

            Deutsches Plakat Museum

  • Schlemihl Wozzeck Lenz

            Bildfolgen des Expressionismus
            Grafische Sammlung

Nur Wenigen außerhalb der Fotografie ist bekannt, dass die Universität Folkwang seit 1920 im Bereich der Fotografie begann. 1950 wurde unter der Führung von Otto Steinert das Studium der Fotografie an der Hochschule Folkwang zu dem Studium der Fotografie schlechthin in der nationalen Wahrnehmung. International genießen die Absolventen der Hochschule Folkwang eine hohe Reputation.

Teaching Photography zeigt auch Arbeiten von Prof. Gisela Bullacher,  welche  die Grundlagenfächer Kommunikationsdesign und Industrial Design an der Hochschule Folkwang lehrt. In Form bringen, heißt ihr Thema. Als Beispiel seien hier die beiden Exponate Bungee angeführt. Beide Springer stehen geradezu in einem leeren Raum ohne Orientierung. Sie stehen und doch weiß man von der Bewegung die den Springer begleitet. Das Seil hängt wie eine Nabelschnur an den Füßen des Springers, die ihm das Überleben sichert. Der Geist und das Gefühl des Betrachters wehrt sich gegen die Darstellung, ist doch die Position nicht der Erfahrung durch den Betrachter richtig einzuordnen. Es irritiert, man möchte eingreifen, die Person auf die Beine stellen oder sie am Boden von den Seilen befreien. Es ist eine Momentaufnahme die einen zwingt,  den Anfang der Szene zu denken und sie quasi wie einen Film zu Ende laufen zu lassen  – in Form zu bringen. Das Gefühl ordnend einzugreifen ist das eigentliche Moment die dem Moment des Springers entgegengestellt wird. Und dieses Gefühl erbringt die Kraft, den Springer anzuhalten.
Es ist aber auch ein Zeichen der Vergänglichkeit des Augenblicks des Gesehenen, der zu diesen Regungen führt. Aus der Form kommend in die Form gehend.

Oder die Arbeiten von Olivier Richon (Royal College of Art, London), der mit seinen Arbeiten Tiere in einer isolierten Welt darstellt. Da findet ein Hummer seinen Weg an einem wie zufällig aufgestellten Bücherstilleben. Eine Schildkröte auf einem weißen Untergrund, beraubt ihrer natürlichen Umgebung. Ein Affe der eine Frucht begutachtet, während eine andere Frucht neben ihm liegt. Der gleiche Affe der über die gebrochenen Walnüsse siniert. Alle Tiere befinden sich in einer neutralen von uns geschaffenen Welt, es gibt keine Umwelt, sie sind auf sich zurück geworfen, auf ihre eigene Natur. In ihrer Form sehen sie erhaben und achtungsheischend aus, auch ist eine Würde auszumachen. Die Frage.: Wo ist der Unterschied zwischen dem Menschen und dem Tier, so sie beide auf sich zurück geworfen werden?
Es sind Fotografien die einem etwas abverlangen, die einen zwingen von Anfang bis zum Ende zu denken, die in Frage stellen und das schon hingenommene nicht hinnehmbar werden lassen.

Anders die Plakate von Uwe Loesch, die sich mit dem Wesentlichen befassen, eben Punktum.

Kommunikation in allen seinen Formen die letztendlich auch in Sprache münden ist sein Ding. Farben und Formen, eine Botschaft. Er will überzeugen, anklagen und zwar vordergründig klar Stellung beziehen.
Er lässt einen nicht aus, er zwingt einen sich zu positionieren in seinem Sinne. So zeigt er ein großflächiges Plakat mit einem glatzköpfigen Adolf Hitler, der über seinem Mund statt des Schnäutzers  www.scheisse.de in rot gedruckt bekommen hat.

  Klare Position gegen das Auftreten der Neonazis im Internet, besser kann man eine politische Botschaft kaum erstellen.

Oder das Plakat "Mickeys Crusade" Mickeys Kreuzzug, seine Antwort auf den Kreuzzugausspruch des amerikanischen Präsidenten Bush im Kontext mit dem Irakkrieg.

Das kommt an, das bewegt und empört. Oder auf einem Plakat ein Hammer für den europäischen Designerkonkress. Der Hammer als zeitloses einmaliges Design, dem man kaum etwas hinzufügen könnte. Und dann die Botschaft: Design quo vadis?
Hier wartet er auf die Antwort. Vorgabe ein Design, welches perfekt erscheint.

Dann wieder zerrt er an einem rum, will Stellung bezogen haben, bei dem Problem Kindersoldaten oder dem Aidsproblem.

Man möchte fliehen, er aber hält einen fest.
Den Abschluss bildet die grafische Sammlung des Folkwang Museums. Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Ernst Barlach, Walter Gramatté und Paul Gangolf werden in der Ausstellung präsentiert.

Im Wesentlichen wurden die Drucke, seien  es Holzschnitte oder auch Radierungen, im Zusammenhang mit den literarischen Vorlagen erstellt. Es sind Schätze eines jeden Museums die nur in ganz kleiner Auflage entstanden. Teilweise sind die Werke noch handsigniert, was ihnen einen besonderen Wert verleiht.Schätze auch deshalb,  weil sie der Zeit des Expressionismus zu geordnet werden und zu dem Bereich des fantastischen Realismus gehören. Auch diese Werke waren in das Raster der "entarteten Kunst" eingeordnet worden, wurden also von den Nazis eingezogen.

Walter Gramatté war in der Regel immer in der Nähe der Literatur und nahm sich der tragischen Helden an, deren
Sprachrohr er sein wollte. Er nahm die Leiden dieser Helden auf bis hin zu deren tragischen Untergang.

Er sah hin, wo andere wegsahen. Der erste Weltkrieg, der in der Öffentlichkeit so viele treue Helden gebar, rein und schön, sich dem Kaiser opfernd. Da hatte und hat (und auch heute) das Sterben aber auch der Schmerz und das Leid keinen Platz.

So kann man seine Werke zu Manfred Georgs "Der Rebell" nur als eindringliche Botschaft gegen den Krieg werten. Dieser tragische Held dieser Novelle, der seine heldenhafte Bestimmung, nach einer schweren Schussverletzung im übersinnlichen Nichts findet. Er der nicht der vorzeigbare Held ist, stellt den eigentlichen Krieg dar, den Verlust der Menschlichkeit und damit den Untergang des Menschen. Der unendliche Sturz der eigentlichen Helden, der Menschen mit ihrem Leid, ist auch das Ende.

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Paul Gangolf zeigt mit seinen Holzschnitten "Szenen einer Großstadt" die Gefangenschaft des Individiums in einer ihm fremdgewordenen Umgebung.Die Großstadt,  die der Mensch doch selber geschaffen hat und ihn doch nur hält weil er durch Flucht seine eigenen Werke verraten würde. Das Bedrückende, Einengende die Großstadtlandschaften nehmen  einen gefangen, die einzige Flucht die bleibt ist das Verschmelzen mit den Bauten, in den Höhlen die man Wahnraum nennt. Gangolf zeigt seine Ohnmacht dieser von ihm wahrgenommene Großstadt, die er aber auch nicht missen mag. Er ist mitten drin in der Enge der Häuserzeilen in der Masse des anonymen Individiums. Ein Ausweg ist nicht in Sicht.

 
Ernst Barlach, "Am Ende mußte ich immer mehr erkennen, daß das Gesicht in allen Dingen sich nicht enthüllt, wenn man selbst nicht sein Gesicht zeigt ..." zeigt die Bildfolge zu "Der tote Tag"  – ein Drama.

Das Drama zeigt die tragische Verbindung von Mutter und Sohn die in den düsteren nordischen Mythen ihren Ursprung haben.

Die Mutter die den Sohn nicht in die Welt ziehen lassen will und den Freitod wählt als sie ihren Sohn nicht halten kann.

   

Der Sohn über den Tod seiner Mutter bestürzt folgt  Mutter sodann. Die Bildfolge zeigt eindringlich das Spannungsfeld in der Beziehung Mutter Sohn, die ein dramatisches Ende nimmt.

Ernst Ludwig Kirchners siebenteilige Folge zu Adalbert von Chamissos Novelle "Peter Schlemihls wundersamer Geschichte" Schlemihl der seinen Schatten verkaufte und ohne Schatten verspottet und angepöbelt wird. Ohne Schatten ist ein Mensch durchlässig und ohne Körper, so die gängige Deutung. Letztendlich versucht Schlemihl seinen Schatten wieder zu erlangen. Der Inhalt dieser Novelle wird hier durch Kirchner in dieser Bildfolge von Farbholzschnitten stark reflektiert. Kirchner sieht die Seele der Menschen, wobei er die Hüllen nicht vergisst. Das Innenleben eines Menschen ist Kirchner allerdings wichtiger, wissend das das Äußere nur das Rollenspiel ausmacht. Der Körper kann noch so schön sein, nimmt aber doch Schaden so er nicht das Innere spiegelt. Und dafür hat Kirchner ein Auge.

Übrigens, das Schöne, im Lesesaal liegen alle Originaltexte zu den Bildfolgen aus, sodass einer Vertiefung und ein Vergleich zwischen Text und Bild gegeben ist.

Es ist schön den Neubeginn des Folkwang Museums begleiten zu dürfen, wie es wächst und sich selber Anforderungen auferlegt die sensibel und ehrgeizig genug sind, um den Betrachter und Besucher in seinen Bann zu ziehen. Das Problem des sich Einlassens auf die Exponate fällt sicher auch dem Ungeübten leicht. Er braucht nur eines – sich in Ruhe auf einen Dialog mit den Künstlern und ihren Werken einzulassen.
Der gemeinsame Nenner dieser Ausstellung ist die Kommunikation in seinen unterschiedlichen Formen, aber auch auf den unterschiedlichsten Ebenen. Kommunikation ist nie ein Selbstzweck, sie ist immer gerichtet und will treffen, sei es direkt oder über Andere. Sie ist aber auch offensichtlich in ihrer Botschaft oder subtil wie bei den Holzschnitten die sich an einen Text halten.

Noch etwas zu den Begrifflichkeiten, hier zu dem Expressionismus und Realismus der wiederum in Fantasmagorien mündete.
Der Expressionismus wollte nie nur das Gegenständliche darstellen, er wollte mehr, er wollte die Zusammenhänge zwischen Mensch und Seele und seinem Umfeld aufzeigen. Das Schöne so wir es sehen hat immer auch etwas Wunderliches, Komisches, Aufgesetztes aber auch Widersprüchliches, dies kommt besonders zum Vorschein,  indem der Künstler seine Innenansicht mit der Außensicht abgleicht. Und darüber hinaus im Dialog mit dem betrachtenden Objekt in Beziehung tritt. Das Jämmerliche unseres Daseins kommt besonders zum Tragen,  indem wir uns unsere Lebensspanne betrachten, die konträr zu unserem Bemühen steht,  überleben zu wollen. Nur die Betrachtung allein dieses Aspektes löst sicher bei dem einen oder anderen eine seelische Katastrophe aus. Und das ist es was der Expressionismus will  – er will den Menschen nackt sehen und zeigen mit allen seinen zum Scheitern verurteilten Bemühungen, das Leben zu meistern.
Es gilt irgendwie der Auspruch von Caspar David Friedrich,…. wenn man nichts in sich sehe, solle er das Malen gleich bleiben lassen… und dies kann man gut und gerne als Allgemeingütige Forderung des Expressionismus stehen lassen.

Weitere Informationen über Öffnungszeiten, Anfahrt, Aktionen, Führungen und Eintrittsgelder entnehmen Sie bitte der anhängenden pdf Info Zahlen_und_Fakten.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Essen.

Unsere kleine Fotogallery vom PM-Termin [Fotos: Linde Arndt]

 

Einfach nur Ehrfurcht – Folkwang-Museum in Essen

[jpg] Vorbemerkung:  Als wir 2006 erfuhren, dass Essen den Zuschlag für die Kulturhauptstadt bekommen hatte, wussten wir auch schon von dem Konzept der Regionalpräsentation. Wir beobachteten das Ganze. Wir sahen wie sich Stadt für Stadt der Region mit den unterschiedlichsten Projekten meldeten und eingebunden wurden. 2008 stellte das Land NRW den Städten der Region, auf Intervention der Ruhr 2010, pro Einwohner EUR 2,– zur Verfügung. Dieses Geld sollte dafür verwendet werden um eine Beteiligung nicht an den finanziellen Möglichkeiten scheitern zu lassen. Wieder meldeten sich Städte mit Projekten an. So entstanden die 52 +1 Stadt, die das Ruhrgebiet in vielen Bereichen nach vorne bringen sollten.

Ab März 2009 fragten wir die Verantwortlichen in unserer Stadt womit sie sich denn einbringen wollten. Ob die Partnerstadt Vilvoorde mit dabei wäre, immerhin hat Vilvoorde  eine recht lebendige Kunst- und Kulturgemeinde. Wir ernteten nur ungläubiges Staunen oder Phrasen bei unseren Ansprechpartnern. Es kam uns so vor, als wenn wir nach etwas Außerirdischem gefragt hätten, was für die Stadt und die Politik weit weg wäre.

Nun, wir und damit alle Ennepetaler Bürger, gehören zu dieser Region, für die einen am Rand und für die anderen mittendrin. Wir aber wollten mittendrin sein, wir wollten nicht zu dieser durch Politik und Verwaltung stillschweigend ernannten "Insel der Glückseligen" gehören. Wir, und damit Ennepetal wollten dabei sein.

Aus diesem Grunde haben wir uns recht frühzeitig bei der Ruhr2010 akkreditiert um auch allen Ennepetalern die Möglichkeit zu geben zumindest über unseren Zeilen dabei zu sein. Freude, Staunen, Inspiration, Nachdenklichkeit, Rührung, Emotionen, Denkansätze, Begeisterung und auch Enttäuschungen (Bis jetzt noch nicht), das wollten und wollen wir mit unserem Dabei sein vermitteln.

Die Enge die in Ennepetal herrscht wollten und wollen wir sprengen, Türen öffnen für die Nachbarn und für das Andere und die Andersartigen in unserer Region. Bis jetzt wurden wir mit keinem Tag enttäuscht. Und wir erkannten Ennepetal ist größer als nur  31.000 Einwohner, Ennepetal gehört mit zu einer 5,3  Mio großen Region die nicht vielfältiger sein kann. Und Sie und wir sind dabei.

Lassen Sie unsere teils bräsigen und sauertöpfischen Politiker und  so teuren Verwaltungsexperten zurück und folgen Sie uns zumindest geistig in eine Welt, unserer aller Welt, in der trotz überwiegend verschuldeter Städte soviel mehr geht. Von den  52 + 1 Städten  sind immerhin 37 Städte in der Haushaltssicherung, die trotzdem oder gerade wegen dieser Haushaltssicherung für ihre Städte Großes leisten.

Folgen Sie uns heute zum Neubau des Folkwang Museums in Essen.

Für den  27.01.2010 wurden wir zum Pressetermin geladen, also drei Tage vor der eigentlichen Eröffnung. Es waren so an die 100 Vertreter, der Print-, TV-,  Radio- und Online Medien anwesend.

Das alte Folkwang Museum war uns bekannt. Ab und an besuchten wir die angekündigten Ausstellungen und es war immer ein anregender Ausflug, der nach der Besichtigung im Cafe mit guten Gesprächen der Besucher endete.

Nun wusste jeder, das Folkwang Museum ist in die Jahre gekommen, der Fundus war zu groß und die Haustechnik nicht mehr zeitgemäß. Die Exponate im Lager fanden immer seltener Gelegenheit zu einer Ausstellung, kurz, dass Haus war viel zu klein geworden.

Prof. Dr.h.c. Berthold Beitz*, der Vorsitzende des Kuratoriums der gemeinnützigen Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, hatte 2006 – wie so oft aus dem Bauch heraus – bei seinem Aufenthalt in Kampen die Idee, den notwendigen Neubau des Folkwang Museums über die Stiftung alleine zu finanzieren.

[* Prof.Dr.h.c. Berthold Beitz wird in diesem Jahr 97 Jahre alt. Er hat von 1942 – 1944 hunderte Juden im polnischen Boryslaw das Leben gerettet. Er gehört zu den Deutschen die in der israelischen Gedenkstätte Jad Vaschem als "Gerechter unter den Völkern" 1973 ausgezeichnet wurden. d. Redaktion ]

  In Essen zurück rief er den Stiftungsrat zusammen und trug diese Idee vor. Der Stiftungsrat stimmte einstimmig für dieses Vorhaben. Es war der 23.08.2006 –  Dr. Berthold Beitz wieder in seinem Büro neben der Villa Hügel rief den damaligen Oberbürgermeister der Stadt Essen Dr.Wolfang Reiniger  und den Leiter des Folkwang Museums Dr. Hartwig Fischer zu sich in die Villa Hügel und eröffnete den beiden, dass die Stiftung den Neubau unter drei Bedingungen finanzieren wolle.
v.l.n.r. Dr.Berthold Beitz und Dr. Hartwig Fischer
   

 

  • der Neubau sollte rechtzeitig zum Kulturhauptstadtjahr fertig werden
  • die Stadt Essen muss für die laufenden Kosten des Neubau aufkommen
  • und die Stadt muss Rücklagen für künftige Renovierungen tragen

Dr. Beitz ging davon aus, dass Essen Kulturhauptstadt werden würde, was ja auch geschah. Und –  es sollte eine Stiftung für den Bürger sein – so Dr. Beitz.

Den beiden Herren,  dem OB Dr. Reiniger und dem Museumsleiter Dr. Fischer, blieb die Luft weg ob dieses Glücksfalles. Freudig sagten beide zu.

Was folgte war ein Wettlauf, die Zeit war knapp. Es wurde eine Sichtungs-, Findungs- und Anforderungsphase , die letztendlich in einem Architektenwettbewerb endete, dem ein umfangreiches Profil für den Neubau zugrunde lag. Die Maximen waren: Licht, Raum und Orientierung für diesen Neubau zu erbringen.

Gewonnen hatte diesen Wettbewerb der britische Architekt David Chipperfield, der bei Norman Foster gelernt hatte und in Berlin ein Büro unterhält. Bauherr wurde die Neubau Museum Folkwang Essen GmbH, ein Unternehmen der Wolff Gruppe.

                
                           Entwurf Chipperfield
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Soweit die Vorgeschichte die uns in der Pressekonferenz von Dr. Fischer vorgetragen wurde.

Klaus Wolff von der Wolff Gruppe, welche die Realisation des gesamten Neubaus umsetzte, berichtete sodann von den immensen Herausforderungen die der Neubau mit sich brachte. Er sprach von den  innovativen Materialien die  beschafft und eingesetzt werden mussten, um den Anforderungen der Museumsleitung als auch der Architekten gerecht zu werden. Die Verglasung die ein Spezialglas erforderten oder die Decke und mit ihr das Dach welches ein besonderes Licht erbringen sollte. Dann die enge Zeitplanung die immer wieder mal ins Wanken kam. Letztendlich haben alle die anvisierten Leistungen erbracht, denen sie sich verbunden fühlten.

Das angegliederte Restaurant "Vincent & Paul"  war zu letzt noch ein Problem. Hierfür fand sich auf Grund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten kein ambitionierter Pächter, die Firma Wolff Gruppe sprang ein und übernahm das Restaurant in Eigenregie, mit gehobener Gastronomie der asiatischen und mediterranen Küche, um es sodann nach Einführung an einen geeigneten Pächter weiter zu reichen.

Für Wolff ist es das schönste Museum der Welt.

Oberbürgermeister Reinhard Paß war glücklich mit der Stadt Essen diesen gelungen Neubau in den Stadtmauern zu haben und schloss sich dem Anspruch, das schönste Museum der Welt zu haben, an.
 

David Chipperfield, als Architekt,  referierte über seine Gedanken zu diesem Neubau, über deren Umsetzung er sehr zufrieden sei.

Mit Chipperfield, Alexander Schwarz von Chipperfield Architects, Fischer als Museumsleiter und Klaus Wolff von der Wolff Gruppe stellte sich ein Team vor, was sich gegenseitig ergänzte.

        
     
                 

v.l.n.r: Wolff / Fischer / Chipperfield / Schwarz
 


Räume

Es gibt den Begriff wonach Museen die Kathedralen der Jetztzeit seien. In der Regel sind Kathedralen jedoch von einer festen Mauer umgeben, wobei der Eingang mit dementsprechender Freitreppe wie eine Einladung wirken soll. Nicht so der Neubau des Folkwang Museums. Die Räume sollen fließend vom Außen nach Innen gehen, doch sollte man an keiner Position von dem anderen Raum abgeschnitten sein. Der Eingangsbereich ist schon ein Raum für sich, zwar im Freien, jedoch hat man durch die Glaswand schon die Verbindung zum Innenbereich. Man sieht und ahnt die einzelnen Abteilungen, fühlt sich  hineingezogen. Es bedarf keiner Einladung, es bedarf nur eines selbstverständlichen Schrittes um die unsichtbaren Grenzen zu überschreiten.

Innen angekommen, fühlt man noch den öffentlichen Raum, sieht den Verkehr über die Bismarckstraße, die Fußgänger über den Gehwegen aber auch die anderen Bauten ringsum. In dem Bau sind bepflanzte Inseln integriert die eine Verbindung zur natürlichen Umgebung signalisieren. Lange freie Verbindungswege mit Abzweigungen lassen die Abteilungen schon erahnen, es ist als wenn jemand leise zu einem sagt: "Lass Dich auf mich ein."

In den Abteilungen sind gepolstete Bänke aufgestellt, sie laden ein zum Verweilen, zum Betrachten, dem Berühren lassen durch die Exponate. Ein Gefühl der Weite stellt sich ein, Weite die den Geist frei macht zum Empfangen der geistigen Strömungen der Kunst.

Licht

Wenn man durch die Abteilungen geht, merkt man das Licht berühren, es Stimmungen erzeugen, ja sogar schmecken kann. Licht kann zerstören, man denke an die alten vergilbten schwarz/weiß Fotografien, die jeder von uns schon einmal gesehen hat. Nicht so im Folkwang Museum. Licht hat hier eine besondere Qualität. Durch die Glasfassade und die besondere Decke, erscheint das Licht zu jeder Tageszeit anders, nicht verfälschend sondern unterstützend.
                         

Jeder von uns ist den unterschiedlichen Tageszeiten, den Witterungsbedingungen aber auch den Jahreszeiten stimmungsmäßig ausgesetzt. Wir sind stark abhängig von den Lichtverhältnissen. Wer schon einmal ein Museum besucht hat, wird bemerkt haben, die Exponate sind in der Regel immer gleichmäßig und indirekt ausgeleuchtet, das bedeutet,  sie vermitteln keine natürliche Stimmungen.

Das Kunstwerk sieht immer gleich aus, hat damit auch eine immer gleiche Ausstrahlung. Nur stellt man das Bild in den Kontext des Künstlers und darüber hinaus des Betrachters, müsste sich eine andere Wahrnehmung einstellen. Und da setzt das Radikale des Folkwangmuseums ein, zu jeder Tageszeit sind andere Lichtverhältnisse, die das Kunstwerk eben in einem anderen Licht erscheinen lassen Es bedeutet jedoch nicht, dass das Kunstwerk verfälscht wird, vielmehr sollen die durch die äußeren Lichtverhältnisse erzeugten Stimmungen auf die Kunstwerke einwirken.

Im Kleinen können Sie diesen Effekt auch hier beobachten. In Voerde steht vor dem Rathaus eine Skultur die den Nachtwächter darstellt. Gehen Sie einmal bewusst zu unterschiedlichen Tageszeiten dorthin, sie werden bemerken der Nachtwächter hat jedes Mal eine andere Ausstrahlung. Er ist aber immer der Gleiche.
 

Orientierung

In vielen Museen verliert man sich, manchmal entsteht ein Gefühl des Eingesperrt seins. Die verwinkelten Abteilungen auf mehreren Ebenen nehmen einem Energie damit die Orientierung nicht verloren geht, man möchte ja wieder herausfinden. Der Neubau des Folkwang Museums führt  wie an einem unsichtbaren Faden durch die Abteilungen. Immer wieder findet man  zurück und man ist sich sicher den Gedanken, die Orientierung  nicht zu verlieren, zu vergessen. So kann man sich getrost auf die einzelnen Abteilungen und die darin befindlichen Exponate einlassen. Auch die Glasfassade vermittelt hierbei ein Gefühl der Sicherheit, da das Außen ja nicht mehr weit ist, es ist ja fast drinnen. Es ist sofort das Gefühl vorhanden wie in einem schon vertrauten Haus zu sein, an dem alles seinen Ort oder seinen Platz hat – man ist zu Hause.

                                      

Abgrenzung

Es soll ein Haus für den Bürger sein, so Berthold Beitz. Das Folkwang Museum hat seinen Eingang zur Bismarckstraße, einer der verkehrsreichsten Straßen von Essen. Sie ist vierspurig und ist eine Bundesstraße, die B 224. Auf der einen Seite geht es zur Stadtmitte und auf der anderen Seite stadtauswärts oder in einen anderen Stadtteil, wie Essen –  Werden.

Die Intention ist, das Tosende des Verkehrs, welches den Puls der Stadt darstellt, einen  offenen Eingang und keine Barriere durch eine Rückwand entgegenzustellen. Man wollte dem Bürger gegenüber die Offenheit der Museumskunst dokumentieren.

So ergibt es sich wie von selber, dass sich, wenn man die Bismarckstraße heraufkommt, das Bedürfnis des Verweilen wollens, mal eben vorbei schauens, wie bei einem guten Nachbarn. Kein Gefühl der Abgrenzung, wie z. B.  "Halt, hier beginnt ein elitärer Bereich",  welches in einigen Museen zu beobachten ist. Die Überwindung der Grenze erscheint wie selbstverständlich; denn es gehört mir, so meint man.

Wir haben viele, viele gute Gespräche geführt, bei dem anschließenden Essen waren alle berührt von dem Geist der jetzt schon in den neuen Räumen fühlbar wurde. Es sind erhabene Momente die einen erfassen, die einen aus dem Alltag fliehen lassen. Persönlichkeiten, die auch Persönlichkeiten sind, deren Wort von einer innerer Freiheit zeugen, die souverän auftreten und mit ihren Leistungen überzeugen. Wort und Tat fallen hier nicht auseinander, sie sind eins.

Als ich auf den Rückweg war, war ich trunken von den Eindrücken und war nicht in der Lage sofort einen Artikel zu schreiben, man mag mir das entschuldigen.

Ab März 2010 ist auch der Altbau fertig, so dass dann das Folkwangmuseum komplett ist.

Am 20.03.2010 beginnt eine große Sonderausstellung, die die Kunstsammlung des Folkwang Gründers Ernst Osthaus aus Hagen beinhaltet. Viele dieser Exponate sind auf der ganzen Welt verteilt, weil das Naziregime sie als "entartet Kunst" verkauft hatte, sie wurden teilweise zurück gekauft oder finden sich in dieser Ausstellung als Leihgabe wieder.

Es war ein schöner Tag, dass wurde uns bewusst als wir wieder auf unserer "Insel der Glückseligen" ankamen.

Denken Sie daran auch einmal der "Insel der Glückseligen" zu entfliehen? Tun Sie es einfach.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Essen.
 

[Bild Nr. 16 Foto Jürgen Gerhardt, alle übrigen Fotos Linde Arndt]