Wirtschaftsförderung á la Ennepetal

[jpg] In Duisburg mussten wir erfahren, was passieren kann, wenn man einer Stadtverwaltung mitsamt dem Rat unkritisch gegenübersteht.

Es war das Vertrauen welches man dem Rathaus entgegen gebracht hat und welches im Nachhinein nicht gerechtfertigt war. Man sollte dies aber nicht verallgemeinern. Aber – und das ist die Konsequenz aus diesem schrecklichen Vorfall – man muss die Rathäusern der Republik äußerst kritisch begleiten.

Da kommt uns schon wieder die so genannte Wirtschaftsförderung der Stadt Ennepetal über den Schreibtisch. Nein, nicht dass in Oelkinghausen etwas schief gelaufen wäre, dieser Bereich verläuft relativ geräuschlos.  Hier bleibt immer noch die Frage: Haben sich die getätigten Investitionen der Stadt in die Infrastruktur von Oelkinghausen amortisiert oder zahlt Ennepetal inzwischen dort drauf?

Es ist der Fall der Firma Altfeld der uns aufgeschreckt hat, den wir sodann in die lange Reihe der Imageschädigungen für Ennepetal durch die Stadtverwaltung einordnen.

Was ist da passiert?

Die Firma Altfeld OHG betreibt seit Jahrzehnten eine Firma die sich mit der Wiederverwertung von Rohstoffen jeder Art befasst. Dafür hat sie ein Gelände an der Kölnerstrasse erworben und vor Jahren die notwendigen Genehmigungen jedweder Art erteilt bekommen. Wenn nichts dazwischen gekommen wäre, so könnte die Firma über Jahrzehnte weiter machen, denn sie hat mit diesen Genehmigungen einen Bestandschutz.

Nun hat die Oberbehörde der Stadt Ennepetal  aufgetragen ein Regenüberlaufbecken zu bauen. Dies war notwendig geworden um das Regenwasser an der B7 dem Ruhrverband zu übergeben. Der Zulauf als auch das Regenüberlaufbecken gestaltete sich aber in der Planung sehr teurer, zu teuer für den damaligen Bürgermeister Eckhardt und den Wirtschaftsförderer Wilhelm Wiggenhagen. Dieses Vorhaben hätte nämlich durch den Klutertberg oder an diesem durchgeführt werden müssen. Nach Augenschein der Örtlichkeiten fand man eine viel günstigere Variante, nämlich auf dem Grund und Gelände der Firma Altfeld an der B7. In Gesprächen mit der Firma Altfeld kam man überein, das Regenüberlaufbecken und den Zulauf auf dem Grund der Firma Altfeld zu realisieren. Bedingung der Firma Altfeld: Durch die doch umfangreichen Arbeiten, wie Abbruch einer Halle und sonstige Arbeiten wollte die Firma Altfeld keinen irgendwie gearteten Schaden haben. Ich denke dies war ein faires Ansinnen und dies führte zu einem Vertrag mit Schreiben vom 25.3.2002.

In diesem Vertrag heißt es:

"Die Kostendeckung für alle mit der Errichtung, dem Betrieb und der Unterhaltung des Regenüberlaufbeckens verbundenen  Eingriffe in das Grundeigentum, die eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebe sowie in das Vermögen, nämlich insbesondere für (…) Errichtung einer neuen Betriebshalle unter Berücksichtigung aller Bedingungen und Auflagen im Verwaltungsverfahren ( voraussichtlich nach BlmSchG (Bundes-Immissionsschutzgesetz))".


Regenüberlaufbecken m. Halle
  Dieses Schreiben wurde von beiden unterzeichnet und war dadurch zu einem rechtsgültigen Vertrag geworden. Am 9.1.2004 wurde das Ganze nochmals konkretisiert und ergänzt, in dem die Kostenvorschläge des Architekten Frey als Grundlage herangezogen wurden. Es wurden noch andere Zusagen gemacht die aber nicht wesentlich für den weiteren Fortgang der Geschichte sind.

Wesentlich war, dass für die Firma Altfeld quasi alle Genehmigungen die bestanden durch dieses Vorhaben hinfällig wurden. Sie musste den Betrieb bei allen Behörden neu beantragen und zwar so, als wenn sie einen neuen Betrieb errichten würde.

Es wurde nun eine Halle abgerissen, das Regenüberlaufbecken errichtet und eine Halle wieder aufgebaut. Die Stadt bezahlte dies auch, soweit so gut. Nur das staatliche Umweltamt Hagen stellte nunmehr fest, dass die auf dem Gelände befindliche Schrottschere zu laut war und dadurch die Baugenehmigung in Frage stand. Die Schrottschere musste nun in eine Halle, wo der Geräuschpegel auf das gesetzlich vorgeschrieben Maß gedämmt werden sollte. Denn im Laufe der Jahre hatten sich die gesetzlichen Grenzwerte verändert. Ohne Schrottschere ist aber der Betrieb nicht möglich. Also wurde der Bauantrag einschließlich der Einhausung (Beamtendeutsch) der Schrottschere gestellt. Was ja auch Sinn machte.

Nur wer sollte die Einhausung jetzt bezahlen, darüber war nicht ausdrücklich gesprochen worden? Die Firma Altfeld ging nun zur Stadt und meldete am 1.11.2005 die neue Situation einschließlich der voraussichtlich anfallenden Kosten in Höhe von wahrscheinlich Euro 600 Tsd. Es wurden nun noch andere Ämter eingeschaltet, die auch Untersuchungen anstellten. Letztendlich wurde die Genehmigung nur unter der Bedingung erteilt, dass diese Schrottschere eingehaust würde. Nur die Stadt wollte diese Einhausung nicht bezahlen. Begründung: Die Schrottschere entspricht nicht dem neusten techn. Stand. Das bedeutet, die Firma Altfeld sollte sich eine neue Schrottschere kaufen. Die restlichen baulichen Eingriffe wurden allesamt von der Stadt bezahlt. Nur ohne Schrottschere war ein weiterer Betrieb nicht möglich. Und mit der Schrottschere im Freien war der Betrieb illegal, weil die Genehmigung eben die Einhausung zwingend vorsah. Wie das so ist, ging das Ganze nunmehr hin und her.

Die Stadt wollte nicht zahlen, sie, die Stadt, habe nun genug gezahlt. Dadurch ist die Stadt, so die Meinung der Firma Altfeld, vertragsbrüchig geworden. Sie klagte vor dem Landgericht Hagen in Form einer Feststellungsklage und bekam in allen Punkten recht.

Der Vorsitzende Richter Rathsack der 2. Zivilkammer führte in der Begründung ausdrücklich den Passus auf "….verbunden Eingriffe in das Grundeigentum, die eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebe sowie in das Vermögen…" , denn die Kosten der Einhausung sind geradezu ein Eingriff in das Vermögen der Firma Altfeld. Die Westfälische Rundschau titelte am 29.05.2010 "Stadt ist wortbrüchig geworden", richtig wäre es nach dem uns vorliegenden Urteil den Begriff "vertragsbrüchig geworden" zu verwenden.
Einsichtig ist die Stadt mit dem neuen Bürgermeister Wiggenhagen jedoch nicht, er will in die Berufung gehen. 

So schreibt er in seinem Blog:

"wenn ich mich aber weigere, zusätzlich auch noch eine Schallschutzmaßnahme für die Schrottschere zu bezahlen, die nicht nur meiner Auffassung nach – auch ohne den Bau des RÜBs – die Firma sowieso hätte selbst tragen müssen."
 
Das ist aber doch nicht haltbar. Denn ohne die Baumaßnahme des Regenüberlaufbeckens hätte die Firma weiterarbeiten können auf der Grundlage der alten Genehmigungen. Sie hatte doch Bestandschutz.

Und weiter schreibt Wilhelm Wiggenhagen in seinem Blog:

"Zum einen hat die Stadt durch den Bau des RÜBs auf privatem Gelände erhebliche Kosten gespart (Sie erinnern sich sicher noch daran, dass die Alternative ein Zulauf durch den Klutertberg zu einem RÜB auf Stockey-Gelände gewesen wäre, mit allen Unwägbarkeiten u.a. für das Klima in der Kluterthöhle)."

Richtig, aber sparen doch nicht auf Kosten der Firma Altfeld. Die stand doch nunmehr im Regen. Ein guter Verwaltungsmensch hätte doch die veränderten Bedingungen im Bereich des Immissionschutzes einplanen müssen. Es war schlicht und einfach ein Fehler der Stadt diesen Bereich nicht vorher zu beachten. Und dieser Bereich führte in die Situation, dass die Firma Altfeld einen illegalen Betrieb hat. Und das kann es doch nicht sein.

Und dann gipfelt Wilhelm Wiggenhagen in seinem Blog:

"Zum anderen hat die Stadt damit auch Wirtschaftsförderung betrieben (denn alleine hätte Altfeld die Summen für die Modernisierung des Standortes vermutlich nicht stemmen können)."

Wie bitte? Die Firma Altfeld war vorher gut mit ihren Gebäuden und Maschinen bedient und hätte ohne Problem weiterarbeiten können. Weshalb also eine Modernisierung? Durch diese so genannte Modernisierung ist doch lediglich ein kosmetischer Effekt entstanden. Es ist doch kein Effekt hinsichtlich der Effizienz des Wirtschaftsbetriebes entstanden. Es wurden weder Kosten in den Abläufen des Betriebes eingespart noch wurden Erlöse generiert.

 
Richter Rathsack vom Landgericht stellt klar die Kausalität zwischen der Errichtung des Regenüberlaufbeckens und der Errichtung der Schrottschereneinhausung fest. Was also soll sich beim Oberlandesgericht ändern? Abgesehen davon, dass ein Oberlandesgericht in den seltensten Fällen solch klare Urteile kassieren würde. Das Urteil ist wasserdicht würden die Juristen sagen.

Das ganze hat den Stadtsäckel mit aller Wahrscheinlichkeit rund Euro 30.000,– an Gerichts- und Anwaltskosten gekostet. Die Berufung würde nochmals die Stadtkasse mit einem erklecklichen Betrag fordern.

 
Schrottschere Teilansicht

Wenn man nun bedenkt, dass wir in Oelkinghausen und anderswo Investoren haben wollen die sich auf die Zusagen der Stadt verlassen müssen. so ist dieser Fall das beste Beispiel dafür, wie man Investoren von Investitionen in Ennepetal abhalten kann. Soll damit etwa der Ruf der Stadt Ennepetal begründet werden, die Stadt würde ihre Verträge oder Zusagen nicht einhalten? Unsere Attraktivität ist nicht gerade zum Besten. Die Stadt wäre gut beraten wenn sie sich mit der Firma Altfeld ins Benehmen setzte um die "Kuh vom Eis" zu bekommen; denn so spielt sie mit der Seriosität der Stadt Ennepetal. Und das kann ich wirklich nicht glauben.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal

1 Antwort
  1. Avatar
    Nessun Dorma EN sagte:

    Wie Frau Nachbarin zeigt, war heute die ganze 14 Mio-Truppe mit dem RP im RGE zum Essen.

    Mal abwarten, ob Morgen die gleiche Besetzung beim OLG zum Altfeld-Prozess aufläuft.

    Vielleicht gönnt uns Frau Nachbarin auch von diesem Auflauf dann nette Fotos.

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