Führungsansprüche und Disziplinierungsversuche im Hauptausschuss?
[jpg] Wenn ich es nicht selber gehört und gesehen hätte, würde ich sagen, so was gibt es nicht.
Der Hauptausschuss tagte am 23.03.2010 und es gab an und für sich nur zwei Themen, die alle anderen Themen in den Hintergrund rückten. Die Themen, Anita Schöneberg und die SPD, EN-Mosaik mit seinem Artikel "Schallende Ohrfeige für Ennepetaler Verwaltung?".
Besonders möchte ich die fast schauspielerischen Leistungen von Walter Faupel (CDU), Wilhelm Wiggenhagen (der CDU nahe stehend), Rolf Hüttebräucker (FWE), Sabine Hoffmann (Bündnisgrünen) sowie Mathias Rehbach (CDU) als herausragend würdigen, wobei Wolfgang Frey (FDP) in dieser Inszenierung eher in einer Nebenrolle auftrat.
Es war der Tag der Abrechnung und es wurde rhetorisch scharf geschossen.
Vorab wollen wir jedoch ein Verständnisproblem erörtern, das der Demokratie.
Viele in Ennepetal meinen Demokratie bestünde alle 5 oder 6 Jahre aus einem kurzen Wahlkampf bei denen die Parteien oder Kandidaten mehr oder weniger irgendwelche allgemeine unverbindliche Aussagen machen. Dann geht der Wähler bzw. Bürger zur Wahl, macht sein Kreuzchen und gut ist. Zur Kontrolle nimmt der Bürger am nächsten Tag die Zeitung zur Hand um zu sehen ob seine Partei oder sein Kandidat es geschafft hat. Am Stammtisch werden sodann die dementsprechenden Kommentare abgelassen oder auch nicht.
Die Kandidaten und Parteien verschwinden hinter den Türen ihrer Sitzungssäle und kommen nach Ablauf dieser Periode wieder auf uns zu um erneut gewählt zu werden. Und so weiter und so fort. Ach halt, zwischendurch jammern die Parteien über die Politikverdrossenheit und dass ihnen die Mitglieder abhanden gekommen sind.
Wir, die Bürger, denken dieser Rat würde sich streiten, streiten um den besten Weg für uns, den Bürger. Da würden verschiedene Meinungen aufeinander prallen, gerungen und sodann mehrheitlich entschieden. Die oppositionelle Partei würde Strategien entwickeln um den politischen Gegner mit Argumenten zu bezwingen. Das alles auch öffentlich, so dass der Bürger weiß zu wem er stehen kann oder sollte. Nach Ablauf der Periode stellen die Parteien ihre Bilanzen auf, die führende Partei was sie erreicht hat und die oppositionelle Partei was sie hätte erreichen wollen, so sie die Führung gehabt hätte.
Nicht so in Ennepetal, hier gehen die Uhren anders, eben wie auf einer "Insel der Glückseligen". Bilanz erstellen, dass haben wir schon recht früh im März 2009 gemerkt, so was gibt es in Ennepetal nicht. Zielvorstellungen oder Perspektiven, werden gerade einmal über Personen definiert, die aber kaum eine belastbare Aussage machen.
Und die Entscheidungen im Rat? Die sollen einstimmig gefällt werden, logischerweise durch die Vorgaben die die führende Partei vorgibt oder die Stadtverwaltung. Einstimmig deshalb, weil hinterher, wenn es schief geht, niemand sagen kann, ich war es nicht. Alle sind in der Pflicht. Wer dagegen stimmt stört die Harmonie, die Gemeinsamkeit und wird evtl. ausgegrenzt.
Nun hat sich aber 2009 etwas verändert, der Wind hat aufgefrischt, ein Blog, EN-Mosaik, ist in die Öffentlichkeit getreten. Nun ist ein Blog zuerst einmal nichts besonderes, es gibt Millionen davon. Nur für Ennepetal, der "Insel der Glückseligen" ist es was besonderes, Ennepetal tat bis zu unserem Erscheinen das Internet als eine Spielerei von irgendwelchen Freaks ab. In den nun fast 1 ½ Jahren hat EN-Mosaik allerdings in zunehmenden Maßen manchem, wie man so schön sagt, das Fürchten beigebracht. Die Themen die EN-Mosaik aufgriff wurden fast immer in Kommentarform erstellt, also mit ganzer epischer Breite. Es wurden keine Rücksichten genommen, frech ohne Respekt wurde kommentiert eben auf Augenhöhe. Viele unserer Vorschläge, Gedanken aber auch Ideen fanden wir kurze Zeit später in einem Antrag der einen oder anderen Partei oder gar der Verwaltung wieder. Wir konnten also sagen, wir waren auch konstruktiv.
Was uns allerdings immer störte, auch heute noch, ist das mangelhafte politische Verständnis aber auch die mangelnde Sensibilität der politischen Akteure. Dieses Gönnerhafte wie man mit dem Bürger umgeht, man etwas gnädigerweise verschenkt, als wenn man alles im Griff hat und als wenn es keine weiteren Optionen zu den gemachten Entscheidungen gäbe. Denn dies kehrt die Machtverhältnisse geradezu ins Gegenteil, denn der Bürger ist der Souverän, nicht umgekehrt.
Und da kommen wir zu der Sitzung des Schulausschusses .
Diese Sitzung war für uns absolut inakzeptabel im Hinblick darauf, wie unsensibel man mit den Sorgen der versammelten Elternschaft umgegangen ist. Wenn nicht Frau Schöneberg mit einer für Ennepetal genialen Strategie die Abstimmung verhindert hätte, wäre dies auch eine schwache Vorstellung der Demokratie gewesen. Das Problem was die anderen hatten, sie waren durch das folgerichtige Vorgehen von Frau Schöneberg geradezu zu Statisten degradiert worden. |
Und das durfte in Ennepetal nicht sein, eine Frau in der Führungsposition!
1. Richtigerweise hat sie die Einwohnerfragestunde vor dem Punkt, Schließung der Hasperbachschule, gesetzt. Denn was macht es für einen Sinn nach einem Beschuss zu diskutieren? Man hätte nur noch lamentieren können, mehr nicht. Motivierte Eltern, zumal die sicherlich ihre Kinder auch noch lieben, hatten sich noch eine Chance ausgerechnet diesen Beschluss zur Schließung zu verhindern. Warum nicht? Wir haben eine Demokratie! Es wurde ja auch 30+ Minuten diskutiert. Jedoch die Verwaltung aus Stadt, Rat und dem Schulrat blockten. Überlegungen der Eltern wurden allesamt abgeschmettert. Wobei die Eltern sich redlich mühten, sahen sie auch darüber hinaus noch ihren Stadtteil gefährdet. Ich denke die Eltern haben hoch politisch und verantwortungsvoll diskutiert, was ich in diesem Zusammenhang den Politikern nicht bescheinigen kann. Es kam wie es kommen musste, man wollte zur Abstimmung schreiten, die CDU mit Herrn Knüppel drängte, wobei das Abstimmungsergebnis sich abzeichnete.
2. Und jetzt kam das, was jede Opposition zu Freudentänzen verführt. Frau Schöneberg hatte noch einen Joker. Die Vorlage war nicht komplett, es fehlte eine Seite. Wie wir heute erfahren hatten, wurde das Frau Schöneberg um 15:00 Uhr von einer Mutter übermittelt. Sie reagierte und schrieb ein 3 seitiges White Paper, vorsorglich falls die Abstimmung schief laufen würde. Und es lief im Sinne der Mütter schief. Schöneberg nutzte den Formfehler aus und beantragte die Abstimmung zu vertagen, weil sonst die Abstimmung ungültig gewesen wäre. Gleichzeitig legte sie das 3 seitige Papier für das Protokoll vor, wobei sie den Inhalt auch noch durch Vortrag öffentlich machte. Wenn das keine gelungene Oppositionsarbeit war, die auch noch vorausschauende Elemente hatte, dann weiß ich nicht was Oppositionsarbeit sein soll. Die Vorlage war vom Tisch und hatte konstruktive alternative Vorschläge die die Vorlage obsolet machen könnte.
Das die Verwaltung damit vorgeführt wurde, hat Frau Schöneberg nicht zu verantworten, hätte die Verwaltung sorgfältiger gearbeitet wäre das halt nicht passiert.
Walter Faupel (CDU) drehte mittels einer Projektion im Hauptausschuss das ganze um. Ein wunderschönes Schauspiel. Er meinte, solch ein Thema sollte man sensibler (Hat Frau Schöneberg) anfassen, denn die Eltern mit ihren Sorgen um ihre Kinder hätten solch eine Politshow nicht verdient. Auch sollte man so nicht mit den Fehlern der Verwaltung umgehen. Eine Seite die fehlt kann doch nicht dazu führen, dass nicht abgestimmt würde. Wie bitte? Dann braucht man ja überhaupt keine Vorlage mehr und könnte auf Zuruf abstimmen.
Rolf Hüttebräuker (FWE) assistierte indem er die Darstellung im Internet als schädlich sieht. Als Beispiel nannte er den Kommentar von Bernd Oesterling in der WR .Potenzielle Investoren für Ennepetal würden so nicht angezogen, er sieht schwarz. Sabine Hofmann (Bündnisgrüne) fand, dass nach der Wahl der Stil des Umgangs ein anderer geworden ist, es werden Nebenschauplätze aufgebläht. Klar, die Mehrheitsverhältnisse haben sich verändert. Die Verwaltung kann nicht mehr mit sofortiger Zustimmung rechnen. Und so ging es weiter und weiter.
Jörgen Steinbrink (SPD) meinte, wir schließen eine Schule sprechen aber nicht darüber was mit dem Stadtteil passieren soll ohne Gesamtkonzept sei dies falsch.Recht hat er.
Das ganze war nur dazu angetan die SPD und mit ihr Anita Schöneberg zu disziplinieren. Mittels einer Projektion wurde die Schuld umgekehrt. Nicht die Verwaltung hat den Fehler gemacht, sondern Anita Schöneberg. Ich sag doch, lassen wir hier in Ennepetal die Hexenverbrennung einführen.
Ja meine Güte, soll die Frau jetzt vorher in die Verwaltung kommen und die Vollständigkeit der Vorlagen prüfen?
Soll die SPD die Oppositionsrolle aufgeben und in eine große Schmusekoalition eintreten? Was soll das für eine Demokratie sein? Ich verstehe ja, dass die CDU und mit ihr die Verwaltung ihren Führungsanspruch formulieren will, aber die Opposition muss ihn doch nicht akzeptieren. Wenn Wilhelm Wiggenhagen seinen "Laden" nicht in den Griff kriegt, so wäre es vielleicht überlegenswert wieder ins zweite Glied zu treten. Anita Schöneberg ist doch nicht seine Sekretärin.
Und dann war da noch das Problem EN-Mosaik. Der Bürgermeister lauert darauf wie er das Blog abschießen kann. In dem Artikel "Schallende Ohrfeige für Ennepetaler Verwaltung?" ,hatte er vermeintlich etwas gefunden. In dem Artikel, der übrigens in Kommentarform, wie übrigens alle Artikel, geschrieben ist, tauchten ursprünglich die beiden Worte "geistige Inkontinenz"(* auf.
Dies für ihn umso schlimmer da es unter einem Bild stand, welches seine Kollegen darstellt. Er würde dies ja weg stecken, aber auf seine Kollegen würde er nichts kommen lassen, so Wiggenhagen. Und weiter, er würde das jetzt von der Staatsanwaltschaft überprüfen lassen.
Sich vor seine Kollegen zu stellen ehrt Wiggenhagen ja. Aber in diesem Falle benutzt er seine Kollegen, weil ihm persönlich die Artikel von EN-Mosaik schon lange ein Dorn im Auge sind. Denn mit dieser Vorgehensweise kann er die Staatsanwaltschaft prüfen lassen ob die Paragrafen §185 i.V. § 194 zum Tragen kommen. Dies kommt nur zum Tragen wenn er als Vorgesetzter das beantragt.
Nur Inkontinenz kommt von lat. incontinentia und heißt soviel wie Nichtverhalten oder Unvermögen, nimmt man nun das Wort geistig hinzu, so ergibt das geistiges Unvermögen. Und dieses unsensible Verhalten der Verwaltung hätte man mit einem bisschen Nachdenken, so man wollte, zu einem sensiblen Verhalten, im Hinblick auf die Sorgen der Eltern, umkehren können. Tja, die meisten haben Latein eben abgewählt.
Was bleibt?
Nun, in der Wirtschaft hat man mehrseitige wichtige Vorlagen nummeriert indem man die Schreibweise 1/3, 2/3 und 3/3 bei wichtigen Vorlagen anwendete. So wusste jeder direkt es gibt 3 Seiten, in der Schulausschusssitzung wussten die Teilnehmer ja noch nicht einmal, dass es eine 3.Seite gab. Ach ja, und wenn es in der Wirtschaft um Personalangelegenheiten, sprich Menschen, ging, nahm man andersfarbige Blätter oder kennzeichnete sie besonders. Warum? Weil es um Menschen ging. Dies erforderte ein besonderes Einfühlungsvermögen und einen dementsprechenden Zeitaufwand. In einem gut geführten Betrieb knallt man nicht eben mal dem Mitarbeiter die Kündigung auf den Tisch. Er verliert zwar seine Arbeitsstelle, jedoch sollte er seine Würde behalten können. Und das ist es was ich bei dieser Aktion bemängele, den Müttern und Vätern sollte die Würde gelassen werden indem nicht das Gefühl aufkommen kann, ihre Kinder ständen zur Disposition oder sind zu einem Verwaltungsakt degradiert worden.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal
(* Die ursprüngliche Formulierung wurde nach einem Gespräch mit der Pressestelle EN-Kreis im Einvernehmen geändert.