Beiträge

Wachstum und Vertrauen

[jpg] In Brüssel gibt es ein riesengroßes Universum. Auf der einen Seite gibt es den Rat, dieser betrifft die Regierungschefs und auch die Fachminister der 27 (28) Staaten und auf der anderen Seite haben wir das europäische Parlament mit seinen 754 gewählten Volksvertretern. Diese beiden Institutionen –  und es gibt noch mehr Institutionen –  stehen sich nicht gerade vertrauensvoll gegenüber.  So geht durch diese nicht gerade vertrauensvolle Zusammenarbeit en passant  das Vertrauen der Wähler in Europa verloren.
 

  Der Begriff "Vertrauen" ist ein Begriff aus der Politik, der das Vertrauen in die Institutionen des Staates oder Staatenverbundes beschreibt.

Ich vertraue meiner Regierung, dass sie alles zu meiner Zufriedenheit erledigt, so könnte man es umschreiben. Das Wort „alles“ könnte für Finanzen, Wirtschaft, Straßenbau, soziale Bedingungen usw. stehen.  Dies sollten im Grunde die Ziele sein, geordnete Finanzen, eine funktionierende Wirtschaft oder sozialer Frieden.

Wir unterstellen die Erledigung dieser Ziele unseren Regierungschefs und Politikern. Was jetzt noch fehlt, ist der Weg wie wir dorthin kommen: Jetzt wird es schwierig, wir müssen nunmehr auf glattes Eis.

Und damit steht Politik alleine da. Alle Ziele, so die Politik, können nur mit den notwendigen finanziellen Mitteln erreicht werden und die finanziellen Mittel bekommt man nur durch ein dementsprechendes Wirtschaftswachstum.
Und was bedeutet Wachstum? Wachstum bedeutet, die gesamten Produkte und Dienstleistungen einer Volkswirtschaft sind in zwei aufeinander folgenden Jahren im Wert um den Betrag x gestiegen.
Haben wir solch ein Wachstum, so haben wir ausreichend finanzielle Mittel in Form von Steuern.
 

Und mit diesen Steuern kann der Staat die Ziele verfolgen die letztendlich zu unserer Zufriedenheit führen. Hört sich doch toll an?
Nur die Realität sieht ganz anders aus.Wachstum ist Segen aber auch Fluch zugleich, zumindest wenn es blind verfolgt wird.

Wachstum als Segen

Unsere Wirtschaft ist in der Lage ein Produkt in einer relativ kurzen Zeit von der Idee zur „Massenproduktion“ zu bringen, so dass jeder in den Genuss dieses Produktes kommen könnte. Und das auch noch zu einem erschwinglichen Preis. Das kann ein lebensnotwendiges oder auch ein belangloses Produkt sein. Die Kehrseite, wir haben nicht mehr so viele Produkte mit denen unsere Volkswirtschaften die Produktionsstätten füttern können. Immer weniger Produkte werden durch immer weniger Arbeitskräfte erledigt. Export? Nein. Immer mehr Länder wollen statt zu importieren, die Produkte selber fertigen. Was bleibt? Das Wirtschaftswachstum ist im Land zu gering, womit die Arbeitslosigkeit steigt. Das das in einer globalisierten Welt so gewollt ist brauche ich einem Ökonomen nicht zu erläutern. ( Arbeitslosigkeit garantiert niedrige Löhne)
Es ist also nicht gut blind ohne nachzudenken dem Wachstum zu frönen. Und schon ist das Wort Segen in Frage gestellt.

Wachstum als Fluch

Ich nehme mal einen Teilbereich der industriellen Produktion einer Volkswirtschaft, die Autoproduktion in Europa. Nimmt man die Verkaufszahlen, so haben wir für Europa eine Überproduktion und „müssen“ deshalb PKWs nach Asien exportieren. Der Markt für Autos ist in Europa gesättigt. Die Chinesen und Inder wollen nun aber die Pkw Produktion selber machen. Also exportieren wir ganze Produktionsstätten in diese Länder und lizenzieren die gefertigten Autos. Die Produktion ist jedoch so weit automatisiert, dass wir sehr viele Autos pro Tag produzieren. Die Chinesen und Inder haben aber einen  großen Bedarf auf das Produkt Auto, dass weitere Produktionsstätten entstehen. Was folgt, die Produktion wird der Nachfrage so lange angepasst, bis eine tragbare Terminnennung für ein neues Auto dem Konsumenten genannt werden kann.

1.275.857.992 Autos müssten produziert werden um den Chinesen und Indern – und das sind nur zwei Völker – den gleichen Wohlstand zu bringen wie den  oben aufgeführten drei Staaten mit großen Stückzahlen in der Autoproduktion. Zur Zeit haben wir eine Jahresproduktion von 80,1 Einheiten weltweit. Das bedeutet, wir müssten rund 16 Jahre produzieren um den errechneten Bedarf zu decken. Dazu kommen die noch  bereits vorhandenen rund 1, 069 Milliarden zugelassenen Autos.

  Schon jetzt haben wir aber eine Verknappung an Treibstoffen, an Eisen, an Rohstoffen, oder eine Überproduktion von C02 das die Erde übermäßig erwärmt in Folge von zu vieler dieser Autos. Die Folgen: Anstieg der Krebsraten, Anstieg von schweren Stürmen, Meeresanstieg. Es ist noch nicht ganz abzusehen, welche Katastrophen hier noch auf die Tagesordnung kommen.

Aber wir wollten auch das Wachstum steigern. Wenn wir die Arbeitslosigkeit, wie versprochen, nachhaltig beseitigen wollen, müssten wir ein Wachstum von 8% haben und das über Jahre. Wir haben aber seit Jahren ein maximales Wachstum von 3%. Und dieses Wachstum reicht nur aus um den gegenwärtigen Zustand, also mit den arbeitslosen Jugendlichen in den europäischen Ländern, zu halten.

Die Marktwirtschaft könnte die Produktion hochfahren und statt in 16 Jahren den Bedarf an Autos in meinetwegen 4 Jahren abarbeiten. Das aber bliebe nicht ohne Folgen für Umwelt und Rohstoffreserven. Und danach? Wenn der Bedarf abgearbeitet ist, wenn es nur noch ein Ersatzbedarf an Autos gibt. Dann haben wir wieder Überkapazitäten die keiner braucht. Und dann geht das ganze Spielchen mit der Arbeitslosigkeit von neuem los. Es kommt einem so vor, als wenn der Homo oeconomicus  die Krebszelle als Vorbild für sein Wachstumsmodell genommen hat. Bekanntermaßen zerstört die Krebszelle einen Körper indem sie sich unendlich vermehrt – ein unendliches Wachstum.  
Und das alles nur, weil täglich 1,3 Personen von A nach B kommen wollen. Das alles weil uns für diesen simplen Transport nichts besseres einfällt, als unsere letzten Rohstoffressourcen zu verbrauchen die man sicher für wertvollere Dinge verwenden sollte.

Europa hat in seiner Geschichte immer gute Köpfe gehabt die weitaus größere Probleme lösen konnten als dieses simple Problem. Um es klar zu sagen, wir nehmen viele Dinge als gottgegeben hin und stellen nur sehr wenig in Frage. So ergibt sich: der Begriff Wachstum muss neu definiert werden, der Faktor Arbeit und die daraus entstehende Entlohnung sollte in Frage gestellt werden. Es kann doch wohl nicht sein, dass eine Theorie die fast 300 Jahre alt ist in unserer heutigen Zeit noch Bestand hat? Der Begründer der Marktwirtschaft, Adam Smith, hatte im 18. Jahrhundert ganz andere Wirtschaftsstrukturen vor sich, die es jedoch heute nicht mehr gibt.  

Dies alles war nur auf die industrielle Autoproduktion ausgerichtet. Ohne Probleme kann man die Argumentation auf die Pharma- oder die Lebensmittelindustrie ausweiten. Das Wachstum, so wie es definert wird, schadet in den Volkswirtschaften mehr als das es nützt. Die Kosten für die Beseitigung der Schäden in diesem Zusammenhang sind immens und werden von der Allgemeinheit bezahlt, nicht von den Nutznießern des Wachstums. Versicherungen denken über die neuen Bedingungen nach die sie den Versicherungsnehmern berechnen, wenn die Schäden weiter so steigen.

Ausschuss.Sitzung vom 25.02.2013
Und was hat das mit dem Vertrauen zu tun? Nun, wir waren in Brüssel im Rat der europäischen Union, dem Consilium also. Das Thema der Frühjahrstagung war: „EIN KONZEPT FÜR EINE VERTIEFTE UND ECHTE WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSUNION“. Die 27 (28) waren auch alle in Brüssel aufgelaufen.
Nach zwei Tagen stand fest: Die Ungarn haben wieder mal etwas gemacht was der Aufreger war. Syrien hat noch immer keinen Frieden und zwei Staaten der EU wollen die „Rebellen“ mit Waffen versorgen. Ja und dann kam zu guter Letzt noch die Causa Zypern, worüber die Troika berichtete. Und 5 Tage nach Beendigung der Tagung wurden immer noch keine Ergebnisse über das Thema „Vertiefte und echte Wirtschafts- und Währungsunion“ übermittelt. Ja es scheint so als wenn dieses Thema nicht auf der Tagungsordnung gestanden hat. Dabei haben die Regierungschefs doch das Vertrauen ihrer Bürger. Oder etwa nicht? Oder sind ihnen die Bürger egal?
So kann man das Vertrauen verspielen, dass Wähler/Bürger in seine Regierungschefs gesetzt haben.
Damit laufen wir von einer Krise zur anderen, anstatt das Grundproblem zu lösen oder zumindest anzupacken. Der Eindruck: Eine Krise macht für den Regierungschef mehr her als die seriöse Arbeit an einem Grundproblem.

Das hat Europa nicht verdient!

Jürgen Gerhardt für European-mosaic aus Brüssel

[Fotos und Collagen © Linde Arndt]

 

Europa und der sanfte Druck

   
Ausschusssitzung  im "József Antall building"                                                                           Foto: © Linde Arndt
 

[jpg] Wir alle haben sicherlich noch den Zerfall des Staates Jugoslawien in Erinnerung. Es sind schmerzhafte europäische Erinnerungen. Obwohl es die etwas unterentwickelte Balkanregion ist, gehört diese Region eindeutig zur europäischen Region.  Die blutigen Auseinandersetzungen endeten mit dem Eingreifen der Staatengemeinschaft, die eine gewisse Stabilität in dieser Region herbeiführten. Nun, aus dem Vielvölkerstaat Jugoslawien wurden letztendlich viele Völker ohne klare Perspektiven.Und diese Perspektiven bot nur eine Institution, die Europäische Union, die den ehemaligen Jugoslawischen Staaten das bot was am wichtigsten  war, demokratischen Halt und wirtschaftliche, finanzielle Entwicklungsmöglichkeiten. So sind seit 2004 Kroatien und seit 2005 Mazendonien Beitrittskandidaten der EU. Wir schreiben 2013 und  Kroatien hat die Beitrittverträge in seinem Parlament mit der notwendigen 2/3 Mehrheit ratifiziert. Vorher musste Kroatien schwere Entscheidungen auf dem Weg zur EU treffen, dies betraf die Auslieferung der angeklagten kroatischen Bürger an das Haager Gericht. 
Und Mazedonien? 2013 hat Mazedonien immer noch den Kandidatenstatus und das nicht ohne Grund. Zu Beginn des Antrages von Mazedonien kam es zu einem Eklat zwischen dem Vollmitglied Griechenland und Mazedonien um den Staatsnamen. Griechenland hat einen Landesteil mit dem Namen Mazedonien, der auch von Mazedoniern durchweg besiedelt ist. In Mazedonien befinden sich allerdings Mazedonier mit slawischen Wurzeln. Griechenland bestand auf einer Namensänderung und wollte zuerst den Antrag des Staates Mazedonien nicht annehmen. Mit der Zeit änderte Griechenland jedoch seine Einstellung, so dass der Antrag der Mazedonier angenommen wurde.
So konnte Brüssel mit Mazedonien anfangen den umfangreichen Anforderungskatalog der EU abzuarbeiten.  Das Namensproblem zwischen den beiden Staaten blieb bestehen, allerdings köchelte das nun etwas. Um die Kontrolle zu behalten schickt die EU, hier der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, ab und an einen Berichterstatter um zu sehen wie es im Lande aussieht. Und das ist in diesem Zusammenhang auch notwendig gewesen. Die Mazedonier haben am 24. Dez. 2012 ihre gesamte Opposition im Parlament bei einer Abstimmung gewaltsam vor die Türe gesetzt. Und, damit das Ganze nicht dokumentiert wird, schmiss man die Presse auch direkt raus. Aber das war nicht alles was der EU Berichterstatter sich ansehen musste. Vielmehr musste er auch noch eine ansteigende Kriminalität und Korruption konstatieren. Die nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Bulgarien und Griechenland sind durch die Mazedonier auf einem Tiefpunkt angelangt. 
Der EU Berichterstatter, der Brite Richard Howitt war entsetzt, zog aber keine voreiligen Konsequenzen. Wie also weiter verfahren, wenn in einem Staat anscheinend alles den Bach runter geht? Denn irgendwann muss der Kandidatenstatus überwunden werden und man sollte zu Beitrittsverhandlungen übergehen um die Listen abzuarbeiten. Nach dem Bericht kam eine engagierte Diskussion im Auschuss in Gang. Wobei der Vorsitzende Elmar Brok sich sehr ungehalten über das Namensproblem äußerte. Andere Abgeordnete äußerten ihr Unverständnis über den vorgeschlagenen Namen Slawomazedonien. Zu lang und zu sperrig, so der Auschuss. Die anwesenden Griechen sahen sich dann auch etwas in die Ecke gedrängt. Sie wiesen denn auch darauf hin, dass sie sich nicht gegen den Beitritt von Mazedonien gesperrt haben. Wie sich denn auch ergab, sollte das Namensproblem nicht das vordringlichste Problem sein. Die Ausschussmitglieder sprachen dem Parlament eine demokratischen Unreife zu; denn inzwischen sprechen die einzelnen Gruppen nicht mehr miteinander.  Die parlamentaischen Tumulte am 24.Dez.2012 aber auch die sonstigen gesellschaftlichen Entwicklungen stellten nun ein nicht überwindbares Hindernis dar. Es sollte aber ein Entschluss gefasst werden um Mazedonien weiter zu bringen. Es musste ein Signal her. So schlug der Berichterstatter Richard Howitt vor den Entschließungsantrag zu vertagen. Denn zum derzeitigen Zeitpunkt spricht alles dagegen in die Verhandlungen einzutreten, heißt der Antrag würde abgelehnt. Durch die Ablehnung könnte sich aber die Hoffnung der politischen Gruppen gegen Null zerschlagen. Skopje sollte mitgeteilt werden, dass Brüssel  um ein Weiterkommen ringt. Die politischen Gruppen sollten sich an einen Tisch setzen und sich um politische Lösungen bemühen. Wenn solch ein Signal in Brüssel zu hören wäre, würde zumindest dem Entschließungsantrag zugestimmt. Der Präsident Elmar Brok schlug daraufhin eine Verschiebung der Abstimmung bis zur nächsten Sitzung vor. Der Ausschuss stimmte diesem Vorschlag zu.
Man darf gespannt sein ob der „sanfte Druck“ auf die Mazedonier einwirkt, damit sich in Skopje letztendlich die demokratischen Strukturen unumkehrbar verfestigen.
Manchmal bin ich ganz Stolz Angehöriger dieses Parlaments zu sein,es wurden sehr ausgewogene und verantwortungsvolle Beiträge vorgetragen. Unsere Beiträge sollten an die Mazedonier ein Signal geben, wir (Die EU) wollen ein demokratischen Land Mazedonien, so der Berichterstatter Richard Howitt zum Schluß dieses Tagesordnungspunktes.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel

[Foto: Richard Howitt © European Parliament]

Eine europäische Liebesgeschichte ist das nun gerade nicht

[jpg]  Das europäische Parlament fühlt sich nicht genügend geachtet. Der Haushalt für 2014 bis 2020 – 960 Milliarden Euro an Verpflichtungen, wovon  908 Milliarden an Zahlungen genehmigt wurden –  ist ja mit ach und Krach am 7./8.Februar 2013  durch die Regierungschefs verabschiedet worden. Es sollte ein Sparhaushalt werden und es wurde auch einer, wobei die Deutschen und die Briten sich vehement für diesen Haushalt einsetzten. Dieses Mantra des Sparen wird es jetzt sicher über Jahre geben. Nur, mit diesem Sparen kann man kein Wachstum generieren, keine Impulse  oder geschweige denn Signale setzen.

Dabei gehen die Menschen inzwischen auf die Straße und man sieht, der soziale Frieden ist in Gefahr,  indem in vielen Ländern der Ruf nach dem alten Nationalstaat durch dringt. Nationalstaaten? Da war doch noch was? Klar, das waren die Staaten, die sich in den vergangenen Jahrhunderten blutige Kriege erlaubt haben. Deutschland hat sich da besonders hervor getan. Vor diesem Hintergrund des sozialen Unfriedens hat sich das Europaparlament mit 506 Stimmen, durch alle Parteien (Auch die der Konservativen), eindrucksvoll gegen diesen Haushalt gestellt. Das Parlament will mehr,  nicht zwangsläufig mehr Geld, zumindest will das Parlament, dass es mit Europa weiter geht. Weiter geht im Sinne von mehr Verantwortung für die 500 Millionen Europäer und weiter geht mit den demokratischen Strukturen im gemeinsamen Europa – ein tieferes Europa halt. In Folge haben die Parlamentarier ein Junktim hergestellt. 6,5 Milliarden fehlen in der Europakasse aus dem Vorjahr, die normalerweise durch einen Nachtragshaushalt gedeckt werden müssten. Nur die Regierungschefs lassen sich bei dem Nachtragshaushalt einen Dummen angehen und spekulieren auf eine Verrechnung mit dem Haushalt  2014.

   

So erläuterte denn auch der Präsident des Europäischen Parlaments  Martin Schulz den Regierungschefs in der Ratssitzung vom 14. März den ablehnenden Beschluss des Parlamentes.Während der folgenden  Pressekonferenz machte der  Präsident des Europäischen Parlaments  Martin Schulz jedoch den anwesenden Journalisten  deutlich, dass die Regierungschefs schweigen, denn nach seinem Vortrag kam kein irgendwie gearteten Dialog mit dem europäischen Parlament zustande. In normalen Demokratien werden die Haushalte den Parlamenten zur Beratung vorgelegt, hier wurden die beschlossenen Haushalte durch die Regierungschefs  dem Parlament zum abnicken auf die Tagesordnung gesetzt, so Schulz. Das hat nichts mit Demokratie zu tun. Schulz fühlt sich und das Parlament übergangen und nicht ernst genommen.
Zum Thema Ungarn mit seinem Premier Viktor Orbán, wollte Schulz die aus seiner Sicht vermeintlichen Brüche im Grundrechtekatalog durch die EU-Kommissarin Viviane Reding sehr genau prüfen lassen. Zum Verständnis: Ungarn hat mit einer 2/3 Mehrheit Rechte der Justiz beschnitten und andere Artikel in den Verfassungsrang erhoben, die einen diskriminierenden Charakter haben. Ob diese Prüfung der EU nach Artikel 7 zum Erfolg  führen kann, ist umstritten. Ungarn hat schon mehrfach mit seiner 2/3 Regierungsmehrheit Artikel seiner Verfassung „verschlechtert“. Mehrfach wurde Ungarn mit seiner regierenden Fidesz Partei die Aushöhlung der Bürgerrechte vorgeworfen.

 

 

Abends am 14. März 2013 stellten sich EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und der Präsident des Europäischen Rates Herman Van Rompuy abschließend der Presse. Rompuy sprach von Zielvorgaben….es gäbe keine einfachen Antworten..von einer ernsten Diskussion im Rat….man wolle die Stabilität wieder herstellen oder auch die Nachfrage erhöhen um ein priorisiertes Ziel – Senkung der Arbeitslosigkeit zu erreichen. Dies alles hörte sich aber doch wie folgende Botschaft an: Wir haben ein Umsetzungsproblem! Denn Probleme werden doch nicht dadurch gelöst, indem man sie gebetsmühlenartig monatelang wiederholt und/oder durch andere neue Begriffe überlagert.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso steigert dies alles, indem er von einer „geschäftsmäßigen Diskussion“ sprach. Geschäftsmäßig, nicht engagiert? Also, kann man davon ausgehen, dass die Regierungschefs sich wieder vor Entscheidungen "gedrückt" haben. Die Schlüsselprioritäten, also was schon seit Jahren auf der Agenda stand, wurden bestätigt. Man wolle von der EU schnellere Wachstumseffekte. Schnellere Wachstumseffekte bekommt man aber doch nur mit mehr Investitionen, also mit mehr an Haushaltsmitteln. Und das gerade wollen die Regierungschefs doch gerade nicht; 6 Milliarden auf 7 Jahre für die Jugendarbeitslosigkeit sind da eindeutig zu wenig. Auch hat man sich nicht mit konzertierten Aktionen auseinander gesetzt. Diese Art der Vorgehensweise bietet sich doch an, bei den vorherrschenden Ängsten der Regierungschefs vor Entscheidungen. Denn wenn 27 Nationalstaaten gemeinsam und abgestimmt sich mit allen Mitteln gegen die Jugendarbeitslosigkeit stemmen würden, käme schon ein eindrucksvoller Effekt heraus. Aber was soll es, wenn die Regierungschefs kein Vertrauen zueinander haben?
Um dieses Problem nicht noch mehr zu vertiefen, nahm man dankbar den Fall Ungarn an. So wurde wenigstens von den vordringlichen Problemen abgelenkt. Das ungarische Problem ist nun in einer Debatte des Rates die dahin führen soll, dass Ungarn bei konkreten Verstößen gegen die Werte der EU, diese Verstöße  durch die EU-Kommissarin Viviane Reding geprüft werde um danach gegebenenfalls Änderungen bei den Ungarn angemahnt werden.Ob die Ungarn diese Änderungen dann umsetzen, erscheint jedoch sehr fraglich. Also, die EU hat schon Sorgen im Zusammenhang mit Ungarn, hat sich aber in den Prüfmodus zurück gezogen. Abgesehen davon, dass es keine Definition der einzelnen Werte in der EU gibt. Auch das Zypernproblem war willkommen um von den Wirtschaftsproblemen abzulenken. Und weil das nicht genug war, hat man sich das Syrienproblem auch noch angesehen.

Abschließend kann man sagen, die EU hofft mit seinen Regierungschefs auf einen Wirtschaftsaufschwung, der ja von alleine kommen soll. Was für eine Botschaft an die arbeitslosen Jugendlichen oder die Langzeitarbeitslosen!
Ein Kollege fragte, ob es nicht kräftigere Initiativen gibt; denn die Arbeitslosigkeit hat sich im vergangenen Monat noch weiter beschleunigt? Zurück kam ein eindeutiges NEIN.
Tja, so kann man Europa etwas vormachen, man muss nur zwei Schilder vor sich führen, eines mit SPAREN bedruckt und ein anderes auf dem WACHSTUM steht. Und schon lösen sich alle Probleme von selber.

 

Und Deutschland mit Bundeskanzlerin Angela Merkel? Nun, Merkel hat ihre Liebe zu den Briten, sprich Premierminister David Cameron, entdeckt. Beide verbindet eines, das Sparen. Nur, inzwischen macht sich Unzufriedenheit breit.  Die anderen Staaten sehen das ganze als Spardiktat. Dazu kommen noch die rund 8 Millionen Niedriglöhner in Deutschland. Hier sehen viele europäische Staaten Lohndumping, andere sehen in den Niedriglöhnen eine versteckte  Wirtschaftssubvention  der Deutschen. Europa ist weit von einer Wirtschafts- und Währungsunion entfernt mit den derzeitigen Regierungschefs. Die Briten haben sich in der EU auch nicht gerade beliebt gemacht, indem  ihre Immobilienkrise als hausgemacht angesehen wird.  Die europäischen Ausschüsse haben ihre Arbeit längst gemacht. Nur was nützt dies wenn die Regierungschefs dieser Arbeit ablehnend gegenüber stehen?
So kann man sicher nicht von einer Liebesbeziehung zwischen Parlament, Rat und den EU Bürgern sprechen. Hinterher versteht niemand warum die Bürger sich von der EU abwenden.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel
                                                                                       

[Alle Fotos: © Linde Arndt]

Europa als Hoffnungskontinent

[jpg] Wir sollten uns an solche Stunden erinnern, die für die Menschheit ein Schlag ins Gesicht bedeuten. Einer dieser Vorfälle liegt fast 20 Jahre zurück. Als 1994 im afrikanischen Ruanda der Stamm der Hutu mindestens 500.000 Menschen ( Es können auch 1 Million gewesen sein) vom Stamm der Tutsi Minderheit bestialisch abschlachteten. Nach einer Zeit von 100 Tagen lagen im Land überall Leichen verstreut, Flüsse waren blutrot gefärbt, ganze Dörfer nieder gemetzelt oder am Straßenrand lagen Leichen gestapelt herum.

Im Lande gab es damals eine Natotruppe, die jedoch nicht eingriff. Überhaupt stand die Staatengemeinschaft tatenlos diesem Treiben gegenüber. Fakt war jedoch, Ruanda als Staat konnte seine Minderheit, den Stamm der Tutsis nicht schützen. Im „Nachhinein“ wusste man jedoch Ruanda wollte seine Minderheit nicht schützen. Die Tutsis sollten ermordet werden. Es war ein klarer Genozid und die damalige UNO wäre verpflichtet gewesen militärisch einzugreifen. Die im Lande befindliche UNO Truppe wurde sogar noch um 90% auf rund 250 Soldaten reduziert. Und tatsächlich griffen während dieser Zeit belgische und französische Elitetruppen ein um rund 4.000 Ausländer aus dem Krisengebiet zu evakuieren. Die angestellten Tutsi der Ausländer überließ man jedoch den marodierenden Hutus, die   das Gemetzel auch ausweiteten.

Wie gesagt es war kein Ruhmesblatt welches die internationale Staatengemeinschaft erbrachte. Viele Politiker schämten sich auch danach und wollten, dass sich so etwas nicht wiederholte.
Im Dezember 2001 wurde die Schutzverantwortung (Responsibility to Protect, R2P) von der -„International Commission on Intervention and State Sovereignty“ ins Leben gerufen. 2005  auf der UN-Generalversammlung einigten die Staaten sich, dass Souveränität mit der Verantwortung einhergeht, die Bevölkerung vor Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischer Säuberung und Verbrechen gegen die Menschheit zu schützen. Dies war erst einmal der erste Anspruch, der jedoch noch weiter durchdacht werden sollte. Fortan sprach man von dem Projekt R2P ( Responsibility to Protect). Das europäische Parlament nahm sich den Grundsatz der UNO zu Herzen und entwickelte ihn weiter.

Zur Berichterstatterin wurde von Bündnis90/Die Grünen Dr. Franziska Katharina Brantner aus der Fraktion VERTS/ALE ( Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz)  ernannt. Sie berichtete vor dem  Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten unter dem Vorsitz von Elmar Brok.
 

      „Ein Berichterstatter ist für das Zusammentragen und Auswerten der für den Sachverhalt wichtigen Informationen verantwortlich. Diese Informationen beziehen sich auf das Vergangene und das Gegenwärtige. Daraus wird für den Ausschuss eine Empfehlung erstellt oder abgeleitet, die dann im Ausschuss diskutiert/debattiert wird. Die Empfehlung kann vom Ausschuss mit oder ohne Änderungen angenommen werden und dann dem Rat zur Entscheidung vorgelegt werden. In einigen Fällen wird auch ein Schattenberichterstatter beauftragt. Dieser wird von den anderen Fraktionen ernannt und dient einer evtl. abweichenden Empfehlung.“  

Brantner betonte in ihrem Bericht die Komplexität dieses Themas, immerhin geht es ja um die Souveränität eines Staates die durch den Eingriff von außen hinfällig ist. Als Konsequenz schlug sie  eine interinstitutionelle Arbeitsgruppe vor, welche  die Grundlagen für einen Konsens erarbeiten soll. Auch sollte man sich um die beteiligten Interessengruppen, aber auch Akteure der Zivilgesellschaft , bemühen um deren Vorschläge einzuholen und zu berücksichtigen. Letztendlich legte sie ihren Schwerpunkt mehr auf die Prävention, also die Vermeidung und Vorbeugung solcher Konflikte, um eine bewaffnete Auseinandersetzung im Vorfeld zu vermeiden. Allerdings lehnt sie einen Alleingang der EU ohne die UNO ab und empfiehlt die Konsultationen mit der Weltorganisation zu verstärken. Hier sollte die Strategieplanung  und die Entwicklung der Fähigkeiten innerhalb der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik angepasst werden, so dass die EU die Schutzverantwortung auch umsetzen kann. Vorbeugende Diplomatie und Vermittlung sollten bei den Delegationen und Botschaften der EU weiter professionalisiert und gestärkt werden. Die Empfehlungen sollten allen, insbesonders der zuständigen Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HV), EU-Aussenministerin   Catherine Ashton, zur Information zugeleitet werden.


Ausschusssitzung am   25.02.2013 im "József Antall building"                                                                           Foto: © Linde Arndt

In der nachfolgenden Debatte konnte sich Großbritannien nicht mit dem  Wort Verantwortung, also Schutzverantwortung anfreunden. Hier wurde das Wort Recht, also Schutzrecht vorgeschlagen. Für eine abschließende Beratung würde in der derzeitigen Form unweigerlich ein Veto eingelegt. Auf der anderen Seite wäre nicht geklärt wer und wie man eine Intervention legitimieren könnte. Ohne es zu wollen, könnte sich so ein Konflikt zu einem Flächenbrand entwickeln. Was ist nach einem Konflikt, wie und durch wen werden die erforderlichen Wiederaufbauleistungen koordiniert und kontrolliert. Nach einem Konflikt sieht man in der Regel Millionen von Staatsbürgern in Zeltlager vegetieren  – ohne Perspektiven und auf die Weltgemeinschaft angewiesen. Ihr ehemaliger Staat ist nicht in der Lage seine Bürger einzubürgern. Ist das ein Grund um eine humanitäre Intervention anzustrengen?

Zum Abschluss reklamierte Frau Brantner ein glaubwürdiges Konzept für eine Prävention der EU um es gar nicht erst zu einem Konflikt kommen zu lassen. Die EU sollte jedoch mit der UNO und der AU (Afrikanischen Union) Konzepte gemeinsam erarbeiten.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel 

 

Europäische Verantwortung durch die Abgeordneten

[jpg ]Als europäischer Bürger fragt man sich schon: Was machen die eigentlich in Brüssel?
Da werden krumme Gurken gerade geredet, Gelder an Landwirte verjubelt und jetzt als neuste Nachricht unser aller Wasser in private Hände verkauft. Stimmt das denn so alles? Nein. Die europäische Union ist ein Projekt, eine Idee oder auch eine Vision, von Menschen für Menschen erschaffen, die natürlich wie alles von Menschen erschaffene mit Fehlern behaftet sein kann. Wir Menschen sind halt nicht fehlerfrei. Das aber durch krasse Fehlinformationen die europäische Union permanent diffamiert wird, ist nicht hinnehmbar. Und weil diese Fehlinformationen sich häufen, und das von Journalisten und Redakteuren der 1. Liga, möchten wir gegensteuern und ein bisschen Wahrheit in die Öffentlichkeit bringen. Gleichzeitig wollen wir  aber auch die Themen der EU dem einzelnen Bürger in leicht verdaulicher Form etwas näher bringen.

„In Vielfalt geeint“ , so versteht sich Europa und so verstehen wir uns auch.

EU-Binnenmarktkommissars Michel Barnier Kommen wir zu der Diffamierung von der wir geschrieben haben. Aus dem Hause des EU-Binnenmarktkommissars Michel Barnier soll eine Vorlage über die Liberalisierung/Privatisierung der Wasserversorgung in Deutschland stammen.
Deutschland deshalb, weil wir durch den in Europa einzigartigen organisatorischen Aufbau der Wasserwirtschaft eine unübersichtliche Situation haben. Die Wasserproduktion ist in öffentlichen Händen, mit privatwirtschaftlicher Verknüpfung oder teilweise Branchen übergreifenden Aktivitäten des Wasserproduzenten. Diese Wasserwerke haben in der Regel Verwaltungsräte, in der Bürgermeister sich mit „entsorgten“ Politikern ein „Zubrot“ verdienen. Nun ist es vorgekommen, dass diese Wasserwerke verkauft, also privatisiert, wurden. Und bei diesen Privatisierungen mussten die Käufer die relativ kostenintensiven Verwaltungsräte mit kaufen und weiter alimentieren. Der Binnenmarktkommissar Michel Barnier fand diese Art des Verkaufs als nicht konform mit den Verträgen der EU. Die Vorlage geht nun darauf hinaus, wenn die Stadt ihr Wasserwerk in dieser Art und Weise verkauft, so sollte sie dies dann in Form einer Europaweiten Ausschreibung  tun. Wenn allerdings eine Umorganisation innerhalb der Stadt getätigt würde, so bleiben die Unternehmens-Strukturen weiterhin in der Hand der Gemeinde. Alle anderen  Wasserwerke sind von dieser Vorlage nicht betroffen. Nochmals, nur bei Verkauf eines Wasserwerkes an einen privaten Investor soll es eine Europaweite Ausschreibung geben. Damit soll der Klüngel unterbunden werden und die Gemeinde soll sich erst einmal überlegen ob sie ihr Wasserwerk verkaufen sollte. Ist doch vernünftig und fair.

Und so titelt die Bildzeitung
:
EU will Wasserversorgung privatisieren. Wird Trinkwasser zum teuren Luxus?  
Die Augsburger-Allgemeine Zeitung titelt:
Wasser-Privatisierung: Was kann die Initiative "Right2water" erreichen?
Das Hamburger  Abendblatt:
Wasserversorgung: Bürgerschaft gegen Privatisierung
Die Tagesschau der ARD:
Eine Million Bürger gegen private Wasserversorgung

Kommissar Michel Barnier war überrascht wie wenig informiert gut ausgebildete Journalisten sind, denn die Pläne aus seinem Hause waren für jeden seit Monaten sichtbar. Auch die Inhalte waren jedem bekannt. Er dementierte denn auch sofort und klärte den Sachverhalt auf. Das Gute was sich jedoch aus diesem Vorfall mitteilen lässt: Europa als demokratische Institution funktioniert. Denn mit den Unterschriften von über 1 Millionen Europabürgern konnte eine europäische Bürgerinitiative  der EU eindrucksvolle Beteiligung zeigen.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel.
Foto: EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier  © ec.europa eu

Die ersten zaghaften Schritte aufeinander zu

 
Presse- und Mediencenter im großen Saal  des European Council am 7.2.2013      Foto: © Linde Arndt
 

[jpg] Es geht um Geld, um viel Geld. Die Regierungschefs wollen übereinkommen den Rahmen des Haushaltes 2014 – 2020, also eine 7-jährige Finanzplanung, zu verabschieden. Die Betonung liegt auf wollen. Denn noch liegen die einzelnen Interessengruppen der EU weit auseinander. Es geht um das Sparen in allen Variationen und Kategorien. Der britische Premier David Cameron möchte sparen um die Zahlungen des Vereinigten Königreichs  auf Null zu drücken. Und zwar auch auf das Risiko hin, dass das Vereinigte Königreich geächtet wird. Er ist in einer zwiespältigen Situation. Einerseits ist Cameron und die Mehrheit seines Volkes von Europa überzeugt aber andererseits stehen die meisten konservativen Tories Europa skeptisch, wenn nicht sogar feindlich, gegenüber.

Man ist sich jedoch einig, dass Großbritannien aufgrund seiner vielfältigen, gewinnbringenden Wirtschaftsbeziehungen zur EU nicht so einfach ausscheren kann.
Eine rund 40 – 60% Exportquote an der rund 3 Millionen Jobs hängen, lassen sich so einfach nicht beiseite schieben.

Kommen wir zu der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, die ja auch zu dm Lager der Sparer um jeden Preis gehört.

Auch von ihr ist eine Zielmarke des Sparens von unter 1 Billion Euro um jeden  Preis für den Haushalt 2014 – 2020 zu vernehmen. Allerdings legt sie sich, wie von ihr gewohnt, nicht auf eine konkrete Summe fest. 860 Milliarden Euro sind aus diesem Lager genannt worden.

 
LUXEMBOURG | Prime Minister Jean-Claude Juncker
Foto: © Linde Arndt

Kommissionspräsident José Manuel Barroso (c) Linde Arndt
  Auf der anderen Seite steht die große Gruppe der Wirtschaftsförderer um den französischen Präsidenten François Nicolas Hollande, dem sich viele der kleinen Mitglieder angeschlossen haben. Er möchte kein Sparen um jeden Preis auf Kosten der strukturell unterentwickelten Mitglieder, er möchte eine aktive und offensive Wirtschaftspolitik umgesetzt sehen. Und das kostet nun mal Geld.
Mit Recht, wie viele Ökonomen sagen. Wenn es nicht gelingt Staaten wie Griechenland oder auch Italien in ihren Bemühungen die eigenen Wirtschaftskrisen in den Griff zu bekommen, zur Seite zu stehen, könnte Europa wegsterben, wovor der französische Kulturphilosph Bernard-Henri Lévy und 12 Mitstreiter in seinem Manifest eindringlich warnt. Kommissionspräsident José Manuel Barroso weist auf die 5,7 Millionen junge Menschen in der EU hin, die ohne  Arbeit sind.

 

   

Und dann sind da noch die „kleineren“ EU Staaten, die sich analog wie die „Großen“ verhalten.
Es ist die Präsidentschaft von Irland, die mit ihrer Administration dieses Treffen vorbereitet hat. Alles sollte jedoch nicht dramatisiert werden, noch besteht kein erhöhter Zwang zur Einigung, obwohl dies einige der angereisten Regierungschefs schon so sehen wollen.

Das EU Parlament aus Straßburg sendet bedrohliche Signale mit seinem anwesenden Präsidenten Martin Schulz aus, indem ein Veto gegen diesen Haushalt angekündigt wird. Schulz sieht sich an der Seite des französischen François Nicolas Hollande, die beide einen Rahmen um die 1 Billion Euro sehen. Gemäß Schulz wird das EU Parlament nicht alle Vorschläge für den Haushalt goutieren.

Zwischen allen Fronten kreist der Präsident des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, der die Ressorts zu weiteren Sparanstrengungen motivieren muss. War am Donnerstag zu erst noch keine Zahl vom Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, zu erwarten, so legte er überraschenderweise am Donnerstag einen Haushaltsrahmen für die Jahre 2014 – 2020 von 960 Mrd. Euro an Verpflichtungsermächtigungen auf den Tisch. Schaut man sich alles an, so wir zum ersten mal der Haushaltsrahmenplan um 34 Mrd.Euro geringer ausfallen. Man muss sehen.

Am Freitag haben sich denn auch die Regierungschefs auf diese Zielmarke geeinigt.  Für den Präsidenten Martin Schulz  besteht damit eine Lücke von 52 Mrd. Euro. Hier muss man abwarten.

Die Zielmarke ist zwar abgesegnet, tatsächlich geht es jetzt ins Detail, worauf die Regierungschefs sich letztendlich auch noch einigen müssen. Zur Erinnerung  – der Haushalt für das Jahr 2013 wurde erst nach zähen Verhandlungen im Vermittlungsausschuss Mitte Dezember 2012 verabschiedet und bedarf noch der Veröffentlichung. In Brüssel, Luxemburg und Straßburg laufen die Uhren eben anders, viel, viel langsamer.

Es wird sicher noch weitere dramatische Wochen und Monate in Brüssel geben, in denen der eine oder andere Regierungschef Öl ins Feuer gießen wird. Die eine oder andere Indiskretion wird uns übermittelt um die Richtung zu beeinflussen. Der Kesseldruck wird also noch erhöht. In einem sind sich jedoch alle einig, Europa kann sich einigen. Nur will sich Europa auch einigen?

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel

Europa oder Chaos, liegt Europa im Sterben?

  [jpg] Der französische Kulturphilosoph Bernard-Henri Lévy sieht Europa als Idee, als Traum, als Projekt nicht nur in der Krise er sieht Europa im Sterben.
In seinem Manifest vom 27.Januar 2013 sieht Lévy und zwölf weitere Unterzeichner in letzter Konsequenz nur eine Rettung für Europa: „Uns bleibt keine andere Wahl: Politische Union oder Tod.“

„Dieser Tod kann uns in mannigfacher Gestalt und auf Umwegen ereilen. Europa kann zwei, drei, fünf oder zehn Jahre dahin siechen, sich mehrmals erholen und immer wieder das Gefühl vermitteln, das Schlimmste sei überstanden.“

Es waren unsere ersten zaghaften Schritte im europäischen Brüssel am 29.Januar 2013. Zuerst mussten wir diverse Registrierungen überstehen um in die diversen Institutionen und Gremien zu kommen. Nachdem wir unsere Ausweise hatten gingen wir zu unserer ersten Diskussion.

Thema: Europa in der Krise. Wo steckt der deutsch-französische Motor?


Ministerin Angelica Schwall Düren bei ihrer Ansprache
  Ministerin Schwall-Düren stellte in ihrer Eröffnungsrede die großen sozialen Probleme in Europa beispielhaft heraus. 50% Jugendarbeitslosigkeit in einigen Ländern Europas ist eindeutig zu viel und beraubt uns unserer gemeinsamen Zukunft. Es gibt viele Fragen, die auf eine Antwort warten. Die deutsch – französische  Beziehung ist gefragt, die den notwendigen Impuls geben kann, der Europa wieder in Bewegung bringt. Merkel und Hollande haben sich zuletzt auf eine gemeinsame Agenda geeinigt die als Schmieröl den deutsch-französischen Motor wieder in Schwung bringen soll, so die Ministerin.

Beide, sowohl der französische Präsident als auch die deutsche Kanzlerin fremdeln noch etwas. Immerhin ist Hollande erst ein halbes Jahr im Amt und hat andere Probleme als seine deutsche Partnerin. Was noch erschwerend hinzukommt, die Kanzlerin ist im konservativen Lager zuhause und Holland gehört dem sozialistischen Lager an. Der deutsch-französische Dialog konnte in der Vergangenheit mit gegensätzlichen politischen Strukturen jedoch immer ganz gut umgehen.

Man denke hier an Helmut Kohl und François Mitterrand, die nach einer distanzierten Anfangsphase zu einer freundschaftlichen Beziehung fanden. Nur Europa ist immer in Bewegung und bedarf deshalb auch immer politischer Entscheidungen. Soweit die Vorbemerkungen die zu dieser Diskussion führten.

   
v.l.: Henri de Bresson. Thomas Klau, Dr. Claire Demesmay, Prof. Joachim Bitterlich und Quentin Peel

 

Als Moderator hatte man Henri de Bresson, Chefredakteur PARISBERLIN und ehemaliger Chefredakteur Le Monde gefunden.

Das Panel war besetzt mit:

  • Prof. Joachim Bitterlich, Botschafter a.D., langjähriger außen- und sicherheitspolitischer Berater sowie Europa-Berater von Helmut Kohl, Paris und Berlin
  • Thomas Klau, Leiter des Büros des European Council on Foreign  Relations, Paris
  • Quentin Peel, stellvertretender Chefredakteur und Büroleiter der Financial Times, Berlin
  • Dr. Claire Demesmay, DGAP, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, Berlin

Der Wechsel von Nicolas Sarkozy zu François Hollande ist für Merkel ein großer Positionswechsel. Durch die umfangreichen Veranstaltungen zur 50 Jahr Feier zum Élysée-Vertrag habe man jedoch eine gefestigte Beziehung der beiden Nationen gesehen. Wird alles so weiter gehen wie bisher? – so die Frage von Henri de Bresson.
Prof. Bitterlich sah ein inzwischen komplexes Verhältnis, dass aufgrund der vielfältigen Aktivitäten entstanden ist. Beispielhaft sah er die politische Energiewende in Deutschland, die in Frankreich so nicht nach vollzogen werden kann. Dr. Demesmay fand das Ganze nicht dramatisch wenn beide Länder unterschiedliche Wege gehen. Die Merkozyphase ( Merkel mit Sarkozy verbunden ) war eine unproduktive Phase, die Europa nicht weiter nach vorne brachte. Frankreich und Deutschland sind uneinig, aber wollen einig werden. Die Schwierigkeit ist für beide Seiten, dass es keine konkreten Europa-Themen gibt. Und das bringt ein nebeneinander und nicht miteinander Handeln, weil die Herangehensweisen kulturell  unterschiedlich sind. Beispiel Mali: Hier handelte Frankreich schnell weil die Interessenlage es erforderte, Deutschland schickte zwar logistische Hilfe und moralische Unterstützung, handelte aber sonst zögerlich und verhalten.
Quentin Peel fand Großbritannien auf einem schwierigen Weg durch den derzeitigen Premierminister David Cameron, der einerseits selber Europäer ist, jedoch eine große Gruppe Antieuropäer gegen sich hat. Zwischen Großbritannien  und Resteuropa  haben sich phänomenale politische Unterschiede entwickelt, die Briten kommen nicht zwischen Frankreich und Deutschland. Dieses außen vor sein sehen die Briten als bedrohlich an. Verwundert nehmen die Briten die Unterschiede im Zentralismus (Frankreich) und dem Förderalismus (Deutschland) wahr und sehen das man damit gemeinsam arbeiten kann. Hollande und Merkel kommen schon überein wenn sie es müssen. Die Frage ist nur, was wird mit den kleineren Staaten?
Bitterlich meinte dann: Hollande kann nicht die gleichen Reformen in Frankreich  umsetzen, wie es die Deutschen bereits getan haben. Was ist also mit dem französischen Nachbarn machbar?

Bresson warf die Frage in die Runde: Wie können sich die Sichtweisen der Franzosen gegenüber den Deutschen verändern? Müssen beide nicht mehr voneinander lernen?
Frau Demesmay fand die Bilder der beiden Völker sind noch zu sehr vom Tourismus geprägt. Es gibt den mit einem Baguette unterm Arm herum laufenden Franzosen, er ist aber nicht der Franzose schlechthin. Die Presse transportiert diese Klischees auch noch bedenkenlos. Hier sollte gegen gearbeitet werden.
 
Teilnehmer der Diskussionsrunde

Stichwort Mali. Haben wir alle die Hilfsmöglichkeit der Deutschen falsch eingeschätzt, fragte Bresson? Hier meinte Thomas Klau, es kommt auf die politischen Persönlichkeiten an, inwieweit sie sich in ihren Ländern durchsetzen. Tatsächlich ist Europa für solche Krisen zu langsam. Wir brauchen eine stärkere Souveränitätsübertragung nach Brüssel. Mit Ausnahme der EZB (Europäische Zentralbank) war bisher keine europäischen Institution in der Lage eine Krise zu meistern, dies schließt die Kommission ein. Handeln können also nur die beiden großen Staaten, was bei den anderen Staaten zu einem Hegemonial Verdacht der anderen Staaten führt.
Wie übe ich Souveränität gemeinsam aus, ist die große Frage, so Bitterfeld.
Frau  Demesmay meinte denn auch: Die Herausforderung sind die europäischen Bürger vor denen unsere Regierungen Angst haben. So kann die Integration nicht klappen. Froh kann man nur sein, dass die Bürger von dem jeweilig Anderen ein positiveres Bild haben als die Administrationen in den jeweiligen Staaten. Dies sieht man immer wieder an den gelebten Städtepartnerschaften, die in der Regel sehr herzlich sind.
Das Schlusswort blieb Ministerin Schwall-Düren vorbehalten die sich als Hausherrin schon auf die nächsten Gespräche freute.

Was unsere Redaktionen immer wieder begeistert, sind die unterschiedlichen Gesprächskulturen die in Brüssel sicher zu einer Symbiose führen werden. Die Dialog- und Kritikfähigkeit der deutschen Kolonie sollte sich unbedingt weiter entwickeln. Zurück wieder in Deutschland sehnt man sich nach Brüssel wo man politische Probleme auch kontrovers diskutieren kann.

Es waren journalistisch gesehen aufschlussreiche Gespräche, die für unsere Redaktion das eigene Denken aufbrach.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel.

[Alle Fotos: © Linde Arndt]

 

3. Europäische Jahrestagung der Kultur und Kreativwirtschaft in Brüssel am 22. Juni 2010

Die Kulturhauptstadt Europas „Essen für das Ruhrgebiet“ gibt den Start des „European Creative Industries Policy Award“ im Herbst 2010 bekannt, der in Kooperation mit der DG Bildung und Kultur sowie DG Wettbewerb der EU-Kommission realisiert wird.

Heute, am 22. Juni 2010 geht die Jahrestagung der Kultur und Kreativwirtschaft European Cultural & Creative Industries Summit 2010 (ECCI Summit) unter dem diesjährigen Leitthema „Living the Creative Economy in Europe“ bereits in die dritte Runde. Mehr als 400 politische Entscheidungsträger, Intellektuelle und Unternehmer aus ganz Europa werden in der Albert Hall in Brüssel in einer lebhaften Debatte darüber diskutieren, welche neuen Denkansätze und Institutionen erforderlich sind, um die politischen Bedürfnisse der europäischen Kreativwirtschaft als Teil der globalen Welt vertreten zu können und so die europäische Kreativwirtschaft zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Europäischen Agenda 2020 zu machen.

Als Redner werden u.a. begrüßt Reinhard Büscher (Head of Unit, Support for Innovation, DG Enterprise and Industry), Xavier Troussard (Head of Unit, Culture Policy, Diversity and Intercultural), Markus Wagner (Founder and Chief Executive Officer, i5invest) und Faruk Malhan (Designer and Founder, Koleksiyon).

Professor Dieter Gorny, Künstlerischer Direktor des european centre for creative economy (ecce) – ein Institut der RUHR.2010 und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie: "Die EU Kommission leitet mit dem Grünbuch eine neue Politikphase für die
Kultur- und Kreativwirtschaft ein. ecce und die Kulturhauptstadt Europas ‚Essen für das Ruhrgebiet’ starten parallel dazu die neue Initiative ‚European Creative Industries Policy Award’, um herausragende, kreative, urbane Strategien in Städten und Regionen Europas zu fördern, um so einen Beitrag für die europäische Zukunft zu leisten. Strategien Europas in Städten und Regionen vor Ort zu fördern und so einen pragmatischen Beitrag für die Zukunft Europas zu leisten.

ecce wird hierzu im Herbst 2010 in Kooperation mit der EU Kommission ein offenes und europaweites Konsultationsverfahren starten und sich an der Initiative für eine Europäische Allianz für Kreativwirtschaft beteiligen".

Der europäische Kreativ- und Kulturwirtschaftssektor boomt – so wurde dank der letzten Zuwächse die Schwelle von 1 Million Kreativschaffender in ganz Europa überschritten. Die Kreativwirtschaft erwirtschaftet 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Europa und beschäftigt sechs Millionen Menschen. Höchste Zeit, sich die Fragen zu stellen: Warum ist Kreativität ein zukunftstragendes Modell für die gesamte Wirtschaft? Wie müssen unsere Bildungssysteme dafür umgestaltet werden? Diesem Thema stellt sich die Europäische
Jahrestagung der Kultur- und Kreativwirtschaft.

Mit der Förderung eines multidimensionalen Ansatzes in der Kreativwirtschaft, der erstmalig die Bereiche Innovation, Bildung und Erziehung, Unternehmertum und Stadtentwicklung konzeptionell miteinander verbindet, sollen die Grundlagen für ein politisches Verständnis geschaffen werden, um so ein konsequentes Wachstum der Kreativwirtschaft in Europa zu ermöglichen. Die Diskussion dieser Entwicklung wird daher ein Schwerpunkt in Brüssel sein.

Die Konferenz wird dabei nicht nur die erforderlichen politischen und strategischen Mittel betrachten und diskutieren, sondern “best practice“ Beispiele und reale Erfolgsgeschichten reflektieren – eine gegenwärtig auch für Politiker und Regierungen eminent wichtige Aufgabe.

Zudem werden erfolgreiche Unternehmer ihre Geschichte präsentieren und über die Faktoren berichten, die zu ihrem Erfolg beigetragen haben.
Für die Vorstellung der Schlüsselthemen dieser Konferenz sind an diesem Tag insgesamt vier Panels mit hochkarätigen Experten aus Politik, Wirtschaft und Bildung vorgesehen:

Die Kreativwirtschaft im Kontext der EU-Strategy 2020
Die Kreativwirtschaft als facettenreicher Treiber der europäischen Gesellschaft,
Die Reflektion der realen Erfolgsgeschichten in der Europäischen Kreativwirtschaft
Die neuen institutionellen Kooperationsmodelle

Dieter Gorny wird am 22. Juni die Eröffnungsrede halten und die internationalen Gäste begrüßen.

Die Europäische Jahrestagung der Kultur und Kreativwirtschaft in Brüssel wird realisiert in Kooperation mit:
Dutch Creative Residency Network
WKO Creativwirtschaft.at (part of evolve)
Comune di Siena