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Gleichmaß in der Stabilität für die Unterstützung von Entwicklungspotenzialen

Foto: Linde Arndt

Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld – von rechts: Vorsitzender des Vorstandes Bodo Bongen und Mitglied des Vorstandes
Uwe Volkmer   Foto: Linde Arndt

[jpg] Es muss nicht unbedingt ein überragendes Ergebnis sein. Es reicht auch ein zufriedenstellendes Ergebnis um das Ziel einer guten Entwicklung nicht zu gefährden.
Auf den europäischen Finanzmärkten geht es drunter und drüber. Negativzinsen, Niedrigzinsen, Fluten der Märkte mit Geld, Übersättigung der Märkte oder nicht vorhandene Investitionsfelder, alles Zeichen für Finanzmärkte die keine langfristigen Perspektiven erlauben.
Da heißt es Kurs halten und die weitere Geschäftsentwicklungen in stabilen Wassern zu halten. Die Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld ist eines der Sparkasseninstitute von 416 Sparkassen (Stand Oktober 2014) im Deutschen Sparkassen- und Giroverband und eine Universalbank in stabilen Gewässern.
So wurde die Geschäftsentwicklung im Jahre 2014 als positiv und erfreulich durch den Vorstand eingestuft. Das Kundenanlagevermögen (Kundeneinlage und Kundenwertpapierbestand) stieg um 2,6 Mio auf 656,8 Mio. EUR. Diese Steigerung des Kundenanlagevermögens ist ein Indiz für das Vertrauen der Kunden in die Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld. Auf der anderen Seite ist diese Zahl aber auch ein Indiz dafür, dass Kunden ihr Geld nur kurzfristig anlegen wollen um bei besseren Gewinnmöglichkeiten umzubuchen. Wenn es also keine Zinsen mehr gibt, wohin mit dem Geld?
Wohnungsbaufinanzierungen sind der Ausweg.  92 Objekte mit einem Gesamtvolumen von 19,1 Mio.EUR wurden im Betrachtungszeitraum verbucht. Aber nicht nur im Immobilienbereich konnte die Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld punkten, durch die Beratung wurden die Umsätze im Wertpapierbereich erhöht. Im Saldo von Ankäufen zu Verkäufen verblieb immerhin noch eine stattliche Steigerung von 6,2 Mio EUR der Wertpapiere im Depot der Sparkasse. Insgesamt sprechen wir hierbei von einem Umsatzvolumen in Höhe von 70,8 Mio Eur.

Auch im Verbundbereich der Lebensversicherungen konnte die Sparkasse eine überdurchschnittliche Steigerung von 43,5% auf 6,6 Mio EUR vermelden.
In diesem Zusammenhang sei auf die frühzeitig begonnene kapitalgedeckte Altersversorgung mit der staatlichen Förderung hingewiesen. Denn langfristig wird die gesetzliche Altersversorgung sinken. Hier wird ein gesunder Mix mit einer kapitalgedeckten und gesetzlichen Altersvorsorge für ein sicherlich unbeschwertes Leben im Alter sorgen.

Stolz auf ihr Ergebnis  Foto: Linde Arndt

Stolz auf ihr Ergebnis. v.l. Vorsitzender des Vorstandes Bodo Bongen und Mitglied des Vorstandes Uwe Volkmer
Foto: Linde Arndt

Kommen wir zu dem Betriebsergebnis, das mit 7,7 Mio EUR vom Vorstand als überaus zufriedenstellend bezeichnet wird. Welcher Betrag dem Kernkapital zu geführt werden soll, obliegt einer gemeinsamen Sitzung mit den Verwaltungsgremien. So wussten der Vorsitzender des Vorstandes Bodo Bongen und das Mitglied des Vorstandes Uwe Volkmer über ihr weiterhin positives Spendenengagement in Höhe von rund 300.000,– EUR zu berichten. Dies ist insbesondere Ausdruck des gemeinwohlorientierten Arbeitens in Ennepetal dadurch konnten vielfältige kulturelle, soziale und gesellschaftliche Aktivitäten unterstützt und begleitet werden.

Nicht unerwähnt sollte die Hinzustiftung für die Sparkassenstiftungen Ennepetal und Breckerfeld in Höhe von 500.000,– EUR bleiben.
1,7 Mio EUR wurden an Steuern abgeführt, wovon die Stadt Ennepetal einen Gewerbesteuereingang verbuchen durfte. Und zu guter Letzt darf nicht der Personalbestand unerwähnt bleiben, der dem des Vorjahres entsprach. Der Vorsitzende des Vorstandes Bodo Bongen wusste die personellen Besonderheiten hervorzuheben, die sich darin äußerten, dass die Unvereinbarkeiten zwischen Familie und Beruf relativ klein sind. So ist es nicht ungewöhnlich einen Familienangehörigen eine kurze Zeit zu pflegen, wobei die Zeiten mit Urlaub abgegolten werden können. Die Sparkasse zeichnet sich hier als ein durchaus soziales Unternehmen aus, welches auf seine Fürsorge besonders Wert legt.

Logo_DasWiranIhrerSeite_2014_CMYKDer Blick in die „Glaskugel“ aus Sicht des Vorsitzenden des Vorstandes Bodo Bongen und des Mitgliedes des Vorstandes Uwe Volkmer in dem derzeitig schwierigen politischen Umfeld ist als positiv zu bewerten. Im Grunde schließen sich beide Vorstände den Erwartungen des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands an, der in seinem Jahresgutachten 2014/2015 positive Aussichten für Deutschland vortrug.
Neben der Erholung des SIHK-Geschäftsklimaindex, konnte auch die fünfte Erhöhung des Ifo-Index in Folge eine positive Prognose rechtfertigen. Allerdings weiß niemand wie sich die Niedrigzinsen auf Dauer auswirken. Während die US-Notenbank Federal Reserve , so Fed-Chefin Janet Yellen, in den USA im nächsten Quartal diese Politik aufgibt, fährt die EZB weiter die Niedrigzinspolitik.
Es bleibt halt spannend auf den Finanzmärkten und das bis nach Ennepetal. Kurs halten in unruhigen Gewässern ist die Devise.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal

 

Solide und seriös die Milliardengrenze erreicht


Managing Sharholder Karl Rudolf Mankel                        Foto: © Linde Arndt
  [jpg] Der Zugang wird mit doppelten, explosionssicheren und säurebeständigen Türen und Bewegungsmeldern gesichert. Darüber hinaus werden sämtliche Scheiben ausgewechselt um sodann explosionsicher das Gebäude zu sichern. 2 Milliarden wird diese Investition kosten.

Wir sprechen vom UNO Gebäude in New York, dem Gebäude, welches der gesamten Menschheit eine Stimme gibt. Was hat das mit Dorma zu tun? Nun, Dorma ist mit seinen Premiumprodukten als Auftragnehmer von der UNO mit ins Boot der Lieferanten geholt worden. Denn mit seinen Geschäftsfeldern Türtechnik, Automatic, Glasbeschlagtechnik, Sicherheitstechnik / Zeit- und Zutrittskontrolle (STA = Security/Time and Access ) sowie Raumtrennsystemen ist Dorma in fast allen Bereichen der führende Anbieter weltweit.

 Mit der im Jahre 2000 aufgelegten Strategie „DORMA 2020“ hat sich Dorma nahezu geräuschlos zu dem jetzigen Umsatzmilliardär gemausert. Begünstigt wurde dies auch durch die erhöhten Sicherheitsbedürfnisse, die mit dem Terroranschlag auf das World Trade Center am 11. Sept. 2001 entstanden sind. Alles was bis zu diesem Zeitpunkt der Sicherheit diente kam auf den Prüfstand. Heraus kam eine neue Sicherheitskultur und neue Lieferanten, die als weltweite Player auftraten. Und hierzu gehörte Dorma. Denn Dorma reichte es nie nur einfach zu produzieren, also nur Werkbank zu sein, vielmehr wollte Dorma selber Bestandteil derjenigen sein, die die Lösungen denken und erbringen.

Nun interessiert bei der Betrachtung einer Bilanz die Höhe einer absoluten Zahl wenig, vielmehr sind die Relationen oder die Steigerungsraten wichtig. Sie sind Zeichen einer Firmenphilosophie, die für den Erfolg des Unternehmens maßgeblich sind.

So hatte Dorma zur Bilanzpressekonferenz hoch über Ennepetal nach Voerde eingeladen um die Umsatzmilliarde zu erläutern.

Nach einer kurzen Begrüßung durch den Pressesprecher Andreas Pütz übergab dieser an den CEO ( geschäftsführendes Vorstandsmitglied ), Thomas P. Wagner, der seit 2010 die Geschicke der Dorma Group leitet.

 

Es war eine Tour durch das Denken und Handeln einer Firma Dorma die Maßstäbe setzen wollte und nun überwiegend setzt. Gutes Design beinhaltet die ihr zugewiesene Funktion exzellent, vernachlässigt aber nicht die Form. Es war ein Katalog der ersten Adressen an der Dorma mitwirkte und mitwirkt. Das ging von der Volksbank in Paderborn über den Flughafen Frankfurt/Main, Steig A, das Football Station in Dallas/USA bis hin zur Mall of Arabia, Jeddah (Königreich Saudi-Arabien) oder das chinesische Nationalmuseum. Wagner wollte faszinieren und begeistern und war selber fasziniert und begeistert von dem Erreichten.     
CEO Thomas P. Wagner                                                                   Foto: © Linde Arndt

 So wusste Wagner sehr anschaulich das Konzeptionelle eines neuen Showrooms darzulegen. Der Showroom als ein Raum, der mit seiner flexiblen Funktionalität besticht  und dem Kunden das Umfeld bietet, welches seine Kunden positiv für seine Produkte einstimmt. Der Showroom als Dorma Produkt, welches wie kein anderes den ganzheitlichen Ansatz der Produktphilosophie verdeutlicht. Aus den vielfältigen Tätigkeiten resultierte auch die weltweite Vernetzung der Firma Dorma. Immerhin ist Dorma in 50 Ländern vertreten. Nicht unerwähnt bleiben sollten die vielfältigen Kooperationen, Joint Ventures oder nur gemeinsame Willenserklärungen des Zusammengehens.

    
Showroom Foto: DORMA
 

Wagner zeigte eine agile, hoch innovative, mobile und flexible Firma Dorma,  die mit seinen Kunden Partnerschaften lebt. Dorma lernt mit jedem Auftrag dazu um sich in ihrem Produktportefolio sodann zu erweitern und zu verbessern, so werden zwischen Anbietern und Nachfragern Interaktionen geschaffen. Politisch geht Dorma offensiv in den Markt rein um als Primus den Markt anzuführen. Ein aggressives Vorgehen verbietet sich Dorma; denn Qualitätsprodukte haben ihren Preis. Mit den Mitbewerbern geht man Verbindungen ein, die beiden Seiten ein Fortbestehen sichert. Kartellrechtlich ist das allerdings bedenklich und wurde von dem Kartellamt als Absprache bewertet und mit 2,4 Mio Euro bestraft, wobei 7 weitere Firmen sich mit Dorma der immerhin „moderaten“ Geldbuße gebeugt haben. Ein Wermutstropfen sicher, schadet aber nicht der guten Bilanz insgesamt.

Aber kommen wir zu den nackten Zahlen:

Die Steigerung des Eigenkapitals  im abgelaufenen Geschäftsjahr 2011/2012 kann man als Gewinnthesaurierung sehen. Dies wird durch die Aussage untermauert, zukünftiges Wachstum teilweise durch Zukäufe ( 1/3 des Wachstums durch Zukäufe ) zu tätigen. Der Eigenkapitalanteil (59,4 %) an der Bilanzsumme ist als sehr gut zu sehen und grundsolide. Die etwas höheren Abschreibungen gegenüber den Investitionen deuten auf ein kurzes Luftholen in der Zielsetzung des angestrebten Wachstums bis 2020 hin, nämlich die Verdoppelung des Umsatzes auf 2 Milliarden zu erreichen. 2007/2008 wurden 440 Mio Euro Eigenkapital verbucht, welches sich auf 537 in 2011/2012 erhöht hat. Die Steigerungen des Personalbestandes von 6.470 im Geschäftsjahr 2009/2010 auf 6.738 deuten auf eine Neuausrichtung der Firma hin. Dies deckt sich mit der Aussage des CEO: "Wir wollen durch Schulung in Qualifizierung unseres Personals investieren."

Der operative Gewinn, also der EBIT ( Gewinn ohne Zinsen und Steuern), ist um rund 20 Millionen Euro gestiegen. Der EBITDA zeigt in seiner Höhe eine Ausrichtung zu einer größeren Investition oder Beteiligung. Ob damit die angesprochene 40% ige Beteiligung an der Iseo Serrature S.p.A./Italien, die eine Ergänzung des Produktportefolio darstellt schon umgesetzt wurde, ist daraus nicht abzulesen. Kommen wir zu den Umsätzen, die stärker im Ausland erzielt wurden und in Deutschland fast gleich geblieben sind. China und Indien wurde als der Wachstumsmarkt schlechthin von der Geschäftsführung definiert, hier wurden Steigerungsraten von 14,1 % erzielt, wobei Nord- und Osteuropa mit 6 % Umsatzsteigerung als zweiter durchs Ziel geht. Die 4,4 % Umsatzsteigerungen, die in Deutschland erzielt wurden, können auch durch Preissteigerungen und Neuprodukte erzielt worden sein. Den Cashflow (117,6 Millionen Euro), also die eigenen Mittel die für Investitionen zur Verfügung stehen, kann man nur als sehr, sehr gut bezeichnen.


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Fusionopolis, Singapur (SG)                                                                            Foto: DORMA
 

Man kann nicht anders, als die Vorbildlichkeit der erwirtschafteten Ergebnisse der Firma Dorma hervorzuheben. Die Firma wird nicht überdehnt, hat also immer wieder Zeit sich neu auszurichten und wächst schneller als seine Mitbewerber. Perspektivisch sind damit die größten Risiken „DORMA 2020“ umzusetzen, auf den internationalen Märkten zu sehen, die sich der Einflussnahme aller Firmen entziehen. Es sind die sogenannten Imponderabilien, die trotz guter Planung der Firmen die angestrebten Ziele in etwas weitere Ferne rücken könnten. Bleibt die Dynamik des Wachstums der asiatischen und osteuropäischen Märkte erhalten, so wird das Ziel eine Umsatzverdopplung sicherlich erreicht werden. Begünstigt wird Dorma noch von dem Anziehen des US amerikanischen Marktes. Dies könnte wichtig werden, wenn wie vorausgesagt, die europäischen Märkte im kommenden Jahr zurück gehen. Die Wahrscheinlichkeit das Dorma die Ziele des „DORMA 2020“ Programms erreicht ist sicher sehr hoch. Es müsste nach den vorgelegten Zahlen klappen.

 

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal

 

 

 

 

Wie viel Kultur können wir uns leisten? ODER Die Idee aber will weiter wachsen


[jpg] Ruhr 2010 zieht Bilanz: Was wurde erreicht? Was wurde gelernt? Was ist zu tun?
Das sind die drei Felder über die es nachzudenken gilt. 

Die Verantwortlichen dieses Spektakels.

Spektakels? Nein! Es war nicht mehr und nicht weniger als ein Impuls dem Ruhrgebiet seine Seele bewusst zu machen oder ihr diese sichtbar zu machen. Das die Großereignisse stärker durch die Medien  kommuniziert wurden ist nachvollziehbar, war aber so nicht gewollt. Insofern ist der Vorwurf der Gigantomanie vollkommen unberechtigt und zeugt von einem mangelnden Verständnis der Adressaten.

Die Verantwortlichen des Kulturhauptstadtprojektes Ruhr.2010:

Geschäftsführer:

          
   Dr. h.c.Fritz Pleitgen      /      Dr. Oliver Scheyt /

 

und des Direktoriums:

  Prof. Karl-Heinz Petzinka als Direktor für das Themenfeld "Stadt der Möglichkeiten",  
    Steven Sloane, Musiker als Direktor für das Themenfeld "Stadt der Künste",  
    Asli Sevindim als Direktorin für das Themenfeld "Stadt der Kulturen",  
    Prof. Dieter Gorny als Musiker als Direktor für das Themenfeld "Kreativwirtschaft".  
  Marc Oliver Hänig, Pressesprecher und Öffentlichkeitsarbeit  

Lassen wir uns einmal ein Projekt der Ruhr 2010 betrachten, welches recht "unspektakulär" verlaufen war und im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres zu einem Großereignis nach Besucherzahlen avancierte:

"Jeanette Schmitz , Geschäftsführerin der Gasometer Oberhausen GmbH konnte für das Ruhr2010  Projekt "Sternstunden – Wunder des Sonnensystems" bereits rund 950 000 Besucher im Gasometer begrüßen. Es war mit Abstand die größte Ausstellung im Gasometer und damit ein herausragendes Projekt im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres."

950.000 Besucher sind sehr viel. Gemessen an was? Und wenn ich es in Relation setzen könnte (zu was), ist dann der Vorwurf der Gigantomanie angebracht? Nein! Es zeigt doch lediglich, dass es ein nicht unerhebliches Interesse an dieser Ausstellung gab. Und da diese Ausstellung über einen längeren Zeitraum lief, sollte man von der qualitativen Ausrichtung dieser Ausstellung ausgehen können. Denn wäre sie nicht so gut gewesen, wären die Besucherzahlen innerhalb einer Woche zurückgegangen – so was spricht sich schnell im Pott herum.

Aber nun zum Anfang dieser Analyse.

1.    Die Vorbedingungen

Das Ruhrgebiet war einmal industrielles Kernland Deutschlands. Hier wurde Kohle gefördert und Stahl gekocht und verformt. Um diese Industrie gruppierten sich die weiterverarbeitenden Branchen, die den Rohstoff Stahl benötigten. Bekannt war das Ruhrgebiet  aber auch als Waffenschmiede der Nation. Das Gebiet war bis Mitte der 70er Jahre mit Ruß und Dreck mehr oder weniger als "Rußland" verschrien. Hier wurde das große Geld gemacht. Mit diesem Geld wurden ganze Landstriche des restlichen Deutschlandes entwickelt, man denke an die unterentwickelten Gebiete der Eifel aber auch an das Land Bayern. Wobei Bayern heute nichts mehr davon wissen will, dass es über den Länderausgleich Gelder für seine Entwicklung bekommen hatte.

        
  Ruhrgebiet Areal / Verfasser Threedots (Daniel Ullrich)  

Das Image dieses Gebietes war auf Jahre festgeschrieben und stand einer anderen Entwicklung im Wege. Wer wollte schon in einem Schmuddelgebiet investieren, und wenn ja mit was? Oper oder Museum erwartete man sicher nicht im Ruhrgebiet, Düsseldorf oder Köln waren da die erste Adresse.Obwohl das Ruhrgebiet hervorragende Häuser zu bieten hatte und hat.

Die Großindustrie ging dann aus den unterschiedlichsten Gründen. Zurück blieben riesige Areale von Industriebrachen die eine sehr große Belastung für die Kommunen darstellte und noch darstellen. In Folge ging auch die weiterverarbeitende Industrie. Das alles führte dazu, dass die vorhandenen Arbeitsplätze weg brachen. Aber auch die Steuereinnahmen brachen dramatisch ein. Mangels Alternativen stieg die Arbeitslosigkeit in nie da gewesener Höhe, die Strukturkrise hatte NRW fest im Griff. Dieser Strukturkrise wurde nur unzureichend durch die Politik begegnet. Dazu kam die Wiedervereinigung, die die Steuergelder in die neuen Länder lenkte. Wobei die Ruhrkommunen selber mit den Wiedervereinigungskosten belastet wurden.In Folge hatten die meisten Ruhrkommunen keine Mittel um  in neue Infrastrukturen zu investieren.

Was blieb? Ein riesiges Gebiet mit rund 5 Millionen Bewohnern welches ein denkbar schlechtes Image hatte. Und dieses Image hinderte den privaten Wirtschaftssektor auch in diesem Gebiet Investitionen durchzuführen, die Standortfaktoren sahen eben nicht danach aus. Ein Impuls und ein Imagewandel wurden geradezu herbei gesehnt.

2.    Die Idee


Karl Ernst Osthaus Gemälde
  Unter dem Motto "Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel" trat im vorigen Jahrhundert der Hagener  Karl Ernst Osthaus in den Vordergrund.

Er versuchte die Industrie, den Handel und die Dienstleistung mit der Kultur zu versöhnen oder zumindest das diese Bereiche sich gegenseitig ergänzten um einen Vorteil daraus zu ziehen.

Die Idee ist also nicht so neu. Osthaus fiel mit seiner Frau Gertrud in Hagen auf, indem er Künstler um sich scharte und es ihnen ermöglichte frei von wirtschaftlichen Zwängen ihre künstlerischen Fähigkeiten zu entwickeln. Er arbeitet vollkommen unkonventionell, für die damalige Zeit war diese Vorgehensweise sehr umstritten.

Der Hagener Impuls ist in der Kulturgeschichte ein fester Begriff, der auf die Ideen Osthauses zurückging.

 Leider war es nur ein Impuls; denn Osthaus starb viel zu früh im Alter von 47 Jahren. Heute würde man einen Mann wie Osthaus einen beseelten Menschen nennen, der etwas bewegen kann.

Diese Idee machten die oben genannten Macher der Kulturhauptstadt 2010 zu ihrer eigenen Idee indem sie alles das was sich an Kultur im Ruhrgebiet befand nutzten und darüber hinaus bestehende kulturelle Strukturen verknüpften. Das Ergebnis: Rund 6.000 Projekte wurden initiiert oder sichtbar gemacht um das Fundament für eine Metropole Ruhr aufzuzeigen. Und die heutigen Möglichkeiten sind weitaus besser als vor hundert Jahren.

Einesteils wurde an bestehende Projekte angeknüpft, wie die Renaturierung des Emschertales, die mit der Emscherkunst verknüpft wurde und andererseits erschuf man neue Projekte wie die großen S (Schachtzeichen, Stillleben und !Sing Day of Song) der Alltagskultur. Sinn war es, eine Region darzustellen, die von der Hochkultur bis zur Alltagskultur alles bieten konnte und zwar in einer Vielfalt ohne Gleichen.

Herauskommen sollte eine kreative, innovative, polyzentrische Metropole Ruhr die sich mit seinen 53 Städten eben nicht mit einem Schmuddelimage empfahl und eben diesen schon vorhandenen Wandel im Prozess befindlich sichtbar zu machen um eine attraktive Metropole Ruhr zu befördern.

3.    Die Umsetzung

Zuerst wurde ein Kommunikationsnetz geknüpft, dass schlagkräftig genug die Botschaften und Ideen nach außen beförderte. Parallel wurden die eingereichten rund 10.000 Projekte gesichtet und  geordnet. Heraus kamen rund 6.000 Projekte unterschiedlichster Art, die ein Gesamtbild von einer Metropole ergeben sollten. Unter der gemeinsamen Dachmarke Ruhr.2010 siedelte man nach der klassischen Markenarchitektur die Rangemarken und sodann die Monomarken an. Dieses klassische Vorgehen  war erfolgreich und brachte der Ruhr.2010 auch den Marken Award 2010 ein.
Organisiert wurde eine breite Palette von kleinen und kleinsten Veranstaltungen bis hin zu Mega Ereignissen von denen weltweit berichtet wurde. Die Großereignisse brachten der Ruhr2010 den Vorwurf der Gigantomanie ein. Zur Unrecht. Denn gerade die Großereignisse zeigten ja auch das immense Kulturinteresse der Bevölkerung an ihrer Region oder Metropole. Es zeigte aber auch, es ist ein lebendiges Gebiet indem der Mut vorherrscht auch etwas Außergewöhnliches zu vollbringen. Wie anders ist es zu verstehen als sich rund 3 Millionen Menschen auf der 60Km langen A40 von Dortmund bis nach Duisburg zum Feiern einfanden. Es war ein Flair auf der Autobahn welches man eher den Franzosen zugesprochen hätte als den grummeligen Deutschen. Oder die Eröffnungsveranstaltung, jeder Veranstalter hätte sie abgesagt, nicht die Ruhr.2010. Später begründete das den Ruf der neuen Ruhris, denen Wind und Wetter nichts anhaben kann. Nur alleine diese beiden Großveranstaltungen überdeckten logischerweise die mittleren und kleinen Veranstaltungen. Der Reiz der kleineren Veranstaltungen kam aber dabei nicht zu kurz, in der Regel waren sie gut besucht. Stellvertretend sei hier der Celloherbst im Landkreis Unna erwähnt oder die Lesung des Briefwechsels von Bachmann mit Henze in Unna Massen. Veranstaltungen eben mit 100 bis maximal 400 Besuchern. Berichtet wurde nur durch die Lokalpresse. Die Pressestelle der Ruhr.2010 setzte aber auch hier ein Pressegespräch an. Diese kleinen Veranstaltungen, mit einer hohen Qualität, haben ja auch nur kleine Zielgruppen, die sich hervorragend in das Gesamtkonzept eingliederten und ein buntes Bild ergaben. Da nur lokal berichtet wurde fielen diese Veranstaltungen überregional nicht auf.

Eines soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, die finanzielle Ausstattung der Ruhr.2010. 90 Millionen hat die Ruhr.2010, teilweise mit Mühen, aufgebracht. Im Gegensatz dazu hatte die Kulturhauptstadt Istanbul sofort ein Budget von 160 Millionen überwiesen bekommen. Weiterhin wurde der Kulturetat der Türkei auf rund 350 Millionen erhöht, was für die Türkei einmalig ist. Denn in der Türkei ist der Kulturetat immer ein sehr spärlicher Etat. Auch die dritte Kulturhauptstadt Pecs in Ungarn stand finanziell besser dar. Wenn mit dem Staatssekretär Hans-Heinrich Große-Brockhoff in der Staatskanzlei nicht ein sehr großer Fürsprecher gewesen wäre, wären sicherlich einige Millionen weniger geflossen.

      
   Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff  / Hannelore Kraft / Jürgen Rüttgers
 

Ruhr.2010 weitete den Kulturbegriff aus, indem es nicht nur Kultur für die Eliten organisierte, sondern der zeitgemäßen Forderung Raum gab: Kultur für jedermann zu organisieren. Ich glaube Ruhr2010 hat die alten Zöpfe die dem Kulturbegriff innewohnte dem Orkus der Geschichte überlassen. Auch der Kunstbegriff wurde unbewusst oder bewusst der Neuzeit angepasst. Die zeitgenössische Kunst hatte während des Kulturhauptstadtjahres eine große Bühne eingenommen. Die Diskussionen dauern noch heute an; die Konservativen geben eben nicht so schnell auf. In Hattingen das Morandini Tor oder in Gelsenkirchen der Herkules auf Zeche Nordstern, hier wird die Toleranz der Konservativen auf eine harte Probe gestellt. Aber – und das muss man sagen, ob es gefällt oder nicht gefällt – es ist zeitgenössische Kunst. Kunst muss und will nicht gefallen und will auch nicht jeden Idioten in Verzückungszustände bringen.
Übrigens brachte die Intention der Ruhr.2010, Kunst nicht nur für die Eliten zu organisieren, das Folkwang- und das Ruhrmuseum durch den Besucherandrang an seine personellen Grenzen. Die Stadt Essen wollte oder konnte kein Personal zur Verfügung stellen. Es war Berthold Beitz der wieder einmal in die Bresche sprang und Personal finanzierte damit keine Besucher zurück gewiesen werden mussten, so wurde kolportiert.

Nun zu dem Wesentlichen, welches die Ruhr.2010 soweit nach vorne brachte. Es war die Truppe von Öffentlichkeitsarbeitern um Marc Oliver Hänig, Clemens Baier und Felicitas Fletcher die die Presse, aber nicht nur die, mit Informationen "Just in Time" versorgte. Die Arbeitsbedingungen für die Presse waren hervorragend.  Jede Information, welche die Presse nachfragte, wurde schnellstens übermittelt, falls sie nicht schon in der Pressemappe vorlag. Der Internetauftritt war immer auf dem neusten Stand. Über Twitter und Facebook wurden teilweise aktualisierte Information und Meinungen nachgeschoben. Interviewanfragen wurden ohne Problem erfüllt. Und diese Truppe behielt immer die Übersicht, selbst in dem größten Durcheinander. Wen wundert es wenn  zum Jahresende rund 120.000 Artikel über die E- und Printmedien, durchweg positiv, bilanziert wurden. Die gesamten Artikel national und international ergaben einen werblichen Gegenwert von 95 Millionen Euro. Diese Truppe um Hänig hatte einen sehr guten Job gemacht. Sie beherrschten die Klaviatur der Kommunikation unserer heutigen Zeit. Offensiv drückten sie die Informationen in die Öffentlichkeit. Sie saßen nicht auf ihren Informationen wie es heute immer noch anderenorts üblich ist.

Dann waren da noch die Volunteers, die unermüdlich und ehrenamtlich bei allen Projekten den Besuchern den rechten Weg zeigten, sie waren jederzeit ansprechbar und halfen freundlich und verbindlich auch bei noch so komplizierten Fragen. Sie boten sich dem Besucher immer wieder an um ihn ins Bild zu setzen.

Und dann war auch noch Fritz Pleitgen, der souverän alle Projekte ins Bild setzte, begleitete und immer im Stoff war. Er stand als der Macher für alle da, seine Ausstrahlung war immer auf Erfolg gepolt. Auch wenn es mal in der Organisation knarzte wusste er dies immer zu kaschieren. Und es ging ja auch immer alles gut. Mit Oliver Scheytt stand der Zweite der Ruhr2010 zur Verfügung. Manchmal wirkten sie einzeln und wenn nötig als Team um ihr Anliegen besser durchzusetzen. Und sie brachten vieles auf die Beine, was sicher von anderen nicht so geleistet worden wäre. Ihr großes Plus war jedoch auch, dass sie vollkommen unpolitisch agierten, so kamen sie nicht in die Lagerkämpfe, kurz, alle waren politisch vollkommen unverdächtig.

4.    Konsequenzen und Aussichten

Die 110 Leute starke Truppe wurde nun  um ca. 50% reduziert und im Jahre 2011 wird der Rest abgewickelt. Einige Projekte werden noch bis Mitte des Jahres 2011 begleitet um sie dann alleine laufen zu lassen. 

Damit lässt man ein eingespieltes und erfolgreiches Team gehen, welches bei Licht betrachtet auch wirtschaftlich hervorragendes geleistet hat.

Die investierten 90 Millionen wurden mehrfach in der Metropole Ruhr wieder eingespielt. Ich schätze mal ganz konservativ, dass die nachgelagerten Investitionen gut mit 500 Millionen anzusetzen sind.

 
     Ruhr.2010 Spuren /  Foto: KNSYphotographie.de

Nur kein Investor wird hergehen und mitteilen dass seine Entscheidung durch das Kulturhauptstadtjahr ausschlaggebend war.  Das Kulturhauptstadtjahr war für viele Investoren ein Impuls genau hier in der Metropole Ruhr zu investieren. Für Touristen war es der Impuls, dieses Gebiet welches sich so anders darstellte, aufzusuchen und neu zu entdecken .Die Übernachtungen stiegen immerhin um 15%. Es ist eine Diskussion angestoßen worden, wie der ÖPNV sich besser in Verbünden aufstellen könnte. Einige Bürgermeister (nicht alle) haben wohl die Berührungsängste überwunden und streben nunmehr eine Kulturpartnerschaft mit ihren Nachbarstädten an. Durch das Twins Projekt wurden die Städtepartnerschaften wieder belebt und erbrachten Projekte die vorher nicht möglich waren. Aber einige Städte zögern immer noch die einmal geschaffenen Netze weiter zu pflegen und sie zu belasten. Wenn jetzt die Klammer Ruhr.2010 wegfällt wird man sicher in den alten Trott verfallen, dass Beharrungsvermögen ist zu groß. Das arbeiten in Netzen hat sich mit diesem Impuls der Ruhr.2010 noch nicht verinnerlicht.

Und die Politik? Beide Ministerpräsidenten, Rüttgers als auch Kraft, fanden lobende Worte für das im Kulturhauptstadtjahr Geleistete, nur sie zogen nicht die Konsequenz daraus. Nicht einmal im Ansatz wurde eine neue Gebietseinteilung in Erwägung gezogen. Nicht einmal im Ansatz wurde angedacht der Ruhr.2010 für ein weiteres Jahr die Mittel zur Verfügung zu stellen um die Arbeit zu Ende zu bringen. Auch wäre ein Regierungsbezirk Ruhr doch die logische Konsequenz nach diesem Jahr. Und im übrigen ist der Regierungsbezirk Ruhr schon längst überfällig. Wie viel Eigenständigkeit muss man denn noch zeigen um einen Regierungsbezirk zu bekommen? Der RVR will zwar die Nachfolge antreten, kann aber kein schlüssiges Konzept vorweisen. Auch die "Kultur Ruhr GmbH" steht in den Startlöchern. Immerhin hat sich die "Kultur Ruhr GmbH" mit der Ruhrtriennale einen Namen gemacht. Nur beide haben nicht die personellen Ressourcen um den einmal eingeschlagenen Weg einer Nachhaltigkeit zuzuführen.
Die Ruhr.2010 hat aber etwas geleistet was man nicht so einfach in einen Verband eingliedern kann. So ist es vorprogrammiert, dass diese Aufbruchstimmung die die Ruhr.2010 erzeugt hat verpuffen und letztendlich in irgendein Eventmanagement münden wird. Düsseldorf wird einige Millionen an Institutionen überweisen, die vorgeben die Arbeit der Ruhr.2010 fortzusetzen. Und diese Millionen werden letztendlich ohne nennenswerten Effekt versickern.

Politik sieht bei mir anders aus, nämlich eine sich bietende Chance zu nehmen und sich an die Spitze dieser Chance zu stellen, die dann zur Bewegung werden könnte.

Und die Industrie respektive Wirtschaft?

Sie hat sich in diesem Jahr 2010 trotz der Finanzkrise stark engagiert und würde dies auch weiter machen, aber mit den bewährten und kompetenten Ansprechpartnern der Ruhr.2010. Da diese aber nun wegfallen, fällt auch das gezielte Sponsoring weg, welches dem Ruhrgebiet sein neues Image erbrachte. Die Signale die die Industrie aussandte waren unüberhörbar, nur die Politik scheint im Moment schwerhörig zu sein. So wird die Wirtschaft wieder ihre eigene Wege gehen und die Gelder dort investieren wo die besten Konzepte sind, die einen Transfer gewährleisten. Und das muss nicht unbedingt das Ruhrgebiet sein.

Unverständlich ist mir auch das Rheinland vorgekommen. Nachdem Ruhr.2010 einen nachweislichen Erfolg vorzuweisen hatte, machten die Rheinländer eines, sie kappten den Rhein Ruhr Verbund um sich jetzt selbstständig zu präsentieren. Wird es demnächst eine Rhein 2020 geben? Auf einmal können es die Rivalen Düsseldorf und Köln miteinander. Da scheinen gehörige Ängste im Rheinland vorzuherrschen.

Wie also weiter?
In Oberhausen haben wir an den im Dezember 2010 verstorbenen Kollegen der WAZ Michael Schmitz gedacht der im Kulturbereich zu Hause war. Für ihn war immer alles klar: "Ja zur Kultur hieß für ihn Ja zum Leben" Und das hat Michael Schmitz in Oberhausen vorgelebt.
Und das Leben will wachsen und so sollten wir erkennen: "Die Idee (Der Metropole Ruhr) aber will weiter wachsen."

 Impressionen  

Und so war der Garant für die Idee der Metropole Ruhr die Ruhr.2010, deren Leute beseelt und mit Herzblut an dieser Idee gearbeitet haben. Tja, und die müssen jetzt gehen, weil wir uns eben nicht soviel Kultur leisten können? Nach dem Tode von dem Hagener Osthaus wurde fast alles von ihm verkauft, keiner wusste diese Idee aufzunehmen und weiter zu befördern. Geblieben sind in den Annalen nur der "Hagener Impuls" und ein paar Bauten in Hagen Das ehemalige Hagener Folkwangmuseum wurde nach Essen verkauft und arbeitet nach den Ideen eines Osthaus.

Jetzt wird nach dem Kulturhauptstadtjahr die Ruhr.2010 verkauft, übrigens ohne Not, bleiben wird vielleicht der Essener Impuls. Für die Annalen?

Wann wird man den Wert der Kultur erkennen und ihr endlich den Platz in den Budgets der Städte einräumen den sie verdient hat?

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal

alle Fotos: © Linde Arndt

EN-Mosaik zieht für 2010 Bilanz

[jpg] Am Ende des Jahres haben wir uns hingesetzt und einmal nachgedacht was so war und was in Zukunft noch alles kommen könnte.

  Es war ein Jahr mit mehr Licht und weniger Schatten im Vergleich zu 2009. Viel Licht hat uns das Arbeiten mit dem Kulturhauptstadtjahr gebracht.

Allerdings ist auch die Loveparade nicht ohne Wirkung an uns vorüber gegangen. Heute noch hadern wir mit uns und unserer moralischen Verantwortung für diese schreckliche Tragödie die solch ein unsägliches Leid brachte.

Es hätten schon während der Pressekonferenz zur Ankündigung der Veranstaltung Bedenken angemeldet werden müssen.

Eröffnung Ruhr 2010
Foto: © Linde Arndt
  Aber alle waren zu optimistisch und zuversichtlich, da hat man sich leider mit einspannen lassen.

Insgesamt aber  überwogen in 2010 die kulturellen Ereignisse die uns so viel Freude gebracht haben und die uns mit Überzeugung schreiben ließen. Manchmal sind wir an unsere geistigen und körperlichen Grenzen gekommen, wo uns nur die Projekte noch mitgetragen hatten.

136 Pressegespräche und Pressekonferenzen nur im Zusammenhang mit dem Kulturhauptstadtjahr haben wir in den unterschiedlichsten Städten besucht, 27 spezielle Fototermine haben wir wahrgenommen und sind mit unserem PKW rund 15.000 km durch die Lande gefahren. Die unzähligen Termine von Uraufführungen, Premieren, Ausstellungen,Lesungen, Symposien, Vorträge aber politischen Sitzungen der Städte und des Landes haben uns immer in Atem gehalten. Wir haben viel gelernt, persönlich und auch beruflich. Von den Terminen im Bereich der Landes- und Kommunalpolitik wollen wir jetzt nicht schreiben. Hier haben uns die ersten Schritte in die Staatskanzlei in Düsseldorf doch sehr gefreut. Wohltuend waren die Arbeitsbedingungen des Kulturhauptstadtjahres Ruhr.2010 und in der Landespolitik, die sehr unverkrampft und kollegial waren.

Viele neue Freunde und Bekannte haben wir kennen gelernt und Netzwerke geknüpft. Die Netzwerke waren sogar belastbar indem wir die ersten Vermittlungen ausprobierten, was uns in zwei Fällen großen Dank einbrachte.
Wir haben auch weitere Journalisten als freie Mitarbeiter für unser Magazin interessieren können, so dass wir auch hier in Zukunft neue spannende Bereiche abdecken können.

Inzwischen haben wir auch für zwei Print-Magazine geschrieben und einige  Fotos aus unserem Pool wurden inzwischen auch käuflich erworben.

Eines der bedeutendsten Ereignisse war jedoch, als wir mit zu den Auserwählten zum Lorry [dem Journalistenpreis von RUHR2010 ] gehörten, auch wenn wir selbst nicht bei den ersten Gewinnern waren.

Es war rundum ein spannendes Jahr.

Trotz allem haben wir auf keinen Fall  unsere lokalen Wurzeln  vernachlässigt. Die Ennepetaler Lokalpolitik haben wir kritisch kommentiert und  viele Dinge angestoßen die sicher so nie möglich geworden wären. Ein besonderes Anliegen war es an unserem Wohnort die Kommunikation zwischen den gesellschaftlichen Gruppen herbeizuführen, Beharrungsvermögen aufzulösen, Denkansätze zu provozieren und letztendlich eine gewisse Nähe zur Realität zu erreichen. Wir wissen, es ist ein hohes aber auch abstraktes und idealistisches Ziel. Aber Journalismus nach unserem Verständnis ist zu aller erst Wächter und auch Hüter der absoluten Wahrheit, so es sie geben mag, zumindest das Streben nach derselben zeichnet ihn aus.

So war es für uns nicht verwunderlich das uns die Verwaltung und die kommunale Politik mehrfach Steine in den Weg legte; denn wenn man es sich schön in der Gesellschaft eingerichtet hat, erscheint einem der Kritiker als ein Feind der einen aus den paradiesischen Zuständen vertreiben könnte. Wir verstanden uns aber  nie als "Amtsblatt" das die Mitteilungen der Verwaltung und Politik sprachlich geschönt unter die Leute zu bringen hatte und damit eine Realität erzeugt  die keiner Betrachtung standhält. So war es auch nicht verwunderlich, dass die Arbeitsbedingungen in unserer Wohnstadt nur rudimentär zu nennen sind. Man soll sich halt wie bei Hofe fühlen, so unser Eindruck.

Das  Panta Rhei des Heraklit ist und bleibt unser innerer Kompass, nachdem alles im Fluss ist und Bewegungslosigkeit schwerste Verwerfungen erbringen können.

Diese Intention und die Treue zu derselben brachte uns auch den Erfolg den wir auch benötigen um unsere wirtschaftliche und finanzielle Unabhängigkeit anzustreben. Die Unterstützung unserer Plattform ist in den letzten Jahren seit der Gründung immer größer geworden. So verzeichnen wir gegen Ende Dezember 2010 (25.Dezember) monatlich  immerhin fast 250.000 Besucher.

   
              Screenshoot Statistic EN-Mosaik  

Und die Entwicklung in den letzten 2 Jahren macht uns sehr stolz; denn sie ist Bestätigung und Ansporn anzuknüpfen, sich weiter zu entwickeln aber auch zu verbessern.

   
  Jahresstatistik EN-Mosaik- Entwicklung  

So konnten wir anhand unserer Statistik annähernd beweisen, dass es wohl ein politisches Interesse in unserer Stadt gibt. Wie anders ist es zu erklären, wenn die politischen Artikel solche exorbitante Zugriffe ergaben ( siehe Wahl 2009 ).  Auch die Artikel über den Haushalt 2010 und das HSK brachten dementsprechende Zugriffe.
Die Statistik zeigt aber auch die noch vorhandenen Potenziale dieses Magazins mit den eingeschlagenen Wegen.

Übrigens, nebenbei bemerkt, vermerkten wir 2 treue Leser aus Auckland/Neuseeland und Beijing/China seit Mitte des Jahres als die weitesten Besucher.

Nachdenklich haben uns die Anrufe und Emails von Unternehmen gemacht, die um eine Auskunft über das Investitionsklima in Ennepetal ersuchten. Auf der einen Seite hat uns das zwar gefreut, scheint unsere Arbeit kompetent und damit akzeptiert zu sein, auf der anderen Seite sind wir ja nicht der zutreffende Ansprechpartner. Erklärlich ist dies jedoch mit der mangelhaften Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Ennepetal. Eine "Insel der Glückseligen" genügt sich eben selber, sie denkt, sie braucht keine Öffentlichkeitsarbeit.

Was wird?

Wir müssen uns weiter entwickeln, es soll und ist eine Arbeit die nie zu Ende geht.

In 2010 haben wir den neuen Bereich Kultur hinzugenommen. Kultur ist für uns – und da sind wir zutiefst überzeugt – der "Schmierstoff" unserer Gesellschaft, sie erbringt das was die anderen Bereiche der Gesellschaft zum Leben und zur Entwicklung benötigen.

  "Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel" dieser Ausspruch des Hageners Karl Ernst Osthaus hat gerade heute nach hundert Jahren noch seine Gültigkeit.

       

Mit Entsetzen haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, wie die Kulturetats der Städte zusammen gestrichen wurden. Osthaus wollte die Versöhnung von Industrie, Handel, Dienstleistung mit der Kultur und legte dies auch überzeugend dar. Industrie, Handel und Dienstleistung sollten sich selber aufmachen um die Kultur in die eigenen Hände zu nehmen; die Politik vermag aus der Kultur keinen Wert zu erkennen. Die derzeitige "Brot und Spiele" Politik der Regierungen hatte schon bei den Römer nicht geklappt. Kultur wird also eine Säule unseres Portals sein.

Die zweite Säule wird die lokale Politik bleiben. Auch hier sind wir überzeugt, dass alle Politiker ihre ersten Schritte im lokalen Bereich gemacht haben, sie im lokalen damit konditioniert wurden und dem Gemeinwesen starke Impulse geben können, wenn denn die Gemeinde politisch stark ist.

Angedacht als dritte Säule ist ein Feuilleton, die ersten Gespräche liefen schon und sollen im neuen Jahr zu Ende gebracht werden. Inhaltlich sind wir ( 4 Journalisten ) nicht mehr weit auseinander, wobei wir aber noch nicht die Organisationsform angerissen haben. Wir sind aber guter Dinge.

Technisch werden wir bis Mitte des Jahres 2011 auf 4 Gigabyte aufrüsten müssen, werden das vorhandene Blogsystem WordPress erweitern, wobei evtl. eine Multiuserform angestrebt wird. Dies hängt aber von der Usergemeinschaft ab. Über Twitter und Facebook sind wir inzwischen erreichbar,  jedoch nur für bestimmte User. Inwieweit wir Twitter in das Portal integrieren werden können wir noch nicht sagen. Skype hat in den letzten Wochen etwas "gezickt" hier werden wir weiterhin unser Besprechungen abhalten, was sich bewährt hat wenn man nicht nur auf seinen Wohnort beschränkt ist.

Wir leiden jedoch alle an der zeitlichen Begrenzung eines 24 Stunden Tages und sehen uns aufgefordert unsere Abläufe effizienter zu organisieren.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal

Alice muss das Wunderland verlassen…

[la] Und wenn im Dezember 2010 noch einmal die Spots aufleuchten und in schillernden Farben und Tönen das Jahr der Kulturhauptstadt Revue passieren lassen – bevor die Scheinwerfer im Ruhrgebiet abgeschaltet werden – dann, ja dann muss Alice ihr Wunderland wieder verlassen.
   

Es gibt ein Land voller Wunder, Geheimnisse und Gefahren wie sonst nirgendwo. Das heisst, um zu überleben muss man verrückt sein wie ein Hutmacher…. so heißt es.

Im Januar 2010 bin ich bei klirrender Kälte in dieses Land "gefallen", habe mitten in Schneegestöber und Eis die "Feuerteufel" des Teams Ruhr 2010 kennengelernt, die mit Herzblut und Leidenschaft ihren immens anstrengenden Job das ganze Jahr über beispielhaft gemeistert haben.

 
Marc Oliver Hänig – Felicitas Fletcher – Clemens Baier   –
Januar 2010                                              Foto:© Linde Arndt
  Marc Oliver Hänig – Felicitas Fletcher – Clemens Baier   –
Dezember 2010                                      Foto: © Linde Arndt

Da waren die Macher der Ruhr 2010, große Persönlichkeiten mit großem Engagement und Können, die niemals vergaßen, die Menschen, die  im Background mit und für sie arbeiteten in ihren Dank mit einzubeziehen.

Sie waren immer offen und gesprächsbereit und machten keinen Unterschied zwischen groß und klein.

Wir sind im Laufe der Monate "Freunde" geworden und so zieht jetzt beim Abschied eine tiefe Traurigkeit in mein Gemüt.

Es wurde ein Netzwerk unbeschreiblicher Art geschaffen. Kunst, Kultur, Nationen und Religionen trafen sich und gestalteten "gemeinsam". Kommunen kannten keine Rivalität, sondern schafften in Local-Heroes-Wochen und im Verbund mit Nachbarstädten Höhepunkte an Darbietungen.

Ein Jahr lang war ich Teil dieses Wunders, dieser aussergewöhnlichen Inszenierung, wo Dinge Wirklichkeit wurden, die man nicht für möglich gehalten hätte.

Wie ein Sog, so hat es mich in dieses Geschehen hineingezogen, herumgewirbelt, verwirrt in Erstaunen versetzt, nachdenklich gemacht –  und glücklich!

Wie heißt es so schön bei Alice: Das ist unmöglich? – Nur wenn man nicht daran glaubt!"

Und wie heisst es bei RUHR2010?
Jede Vision braucht Menschen, die an sie glauben.

Und die gab es in diesem Jahr millionenfach.

Vielleicht – [aber nur vielleicht] werde ich später, wenn sich meine Gefühle beruhigt haben noch weiter über dieses Jahr im Rückblick berichten.

Jetzt mache ich mich erst einmal auf den Weg um noch einmal dieses ganz besondere Feeling, dieses WIR-Gefühl auf zu nehmen. Eine große Packung Tempotaschentücher habe ich schon eingepackt, denn man weiss ja nie…..

 

Linde Arndt für  EN-Mosaik, die ein langes Jahr "Alice" war