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Plädoyer für einen neuen Gesellschaftsentwurf

[jpg] In einer Zeit, in der die Wirtschaft das Zusammenleben dominiert, kommt einem ein Henning Scherf wie ein Anachronismus vor. Das Wirtschaftswachstum soll auf 9% hoch getrieben werden, alles soll sich diesem Ziel unterordnen. Wer die meisten Gewinne macht, der ist derjenige der gesellschaftlich anerkannt ist. Kaufen und verkaufen um jeden Preis, auch um den Preis des Untergangs des Einzelnen. Wer nicht mehr mithalten kann, wird ausgegrenzt und als nutzlos ausgesondert. Ein Lächeln oder das reichen der Hand ist das Vorspiel für ein evtl. viel versprechendes Geschäft. Gefühle oder menschliche Bindungen werden nach ihrem marktwirtschaftlichen Wert bemessen. Beziehungen werden nur zeitweise eingegangen und nach erreichen eines vorher definierten Zieles wieder getrennt. Nichts Menschliches hat Bestand außer dem abstrakten Gewinnstreben. Trotz allem wissen wir, so kann es nicht weiter gehen, der soziale Zusammenhalt, der Kitt, der eine Gesellschaft am Leben erhält geht verloren. Tief im Inneren sehnen wir uns nach einer Zeit, wo der Mensch sich wieder dem Menschen zuwenden kann und ihn in seiner Würde erkennt. Aber wir machen weiter. Die Angst treibt uns, dass wir sonst zu den Versagern gehören, den Ausgegrenzten. Zuflucht gibt es nicht. Verständnis der Verantwortlichen, nein. Weiter so! Ein neuer Liberalismus, subtiler als der Manchesterkapitalismus, hat uns alle erfasst. Wo Hoffnung Bestand haben sollte, greift Angst um sich. Wie soll die Gesellschaft in der Zukunft funktionieren? Welche Werte sollen noch Bestand haben?

Da kommt es schon komisch, wenn ein Wirtschaftsliberaler folgende Sätze formuliert und diese der Öffentlichkeit zuruft:

"Wenn wir nicht wollen, dass unsere Zukunft, die Zukunft unserer Kinder, die Zukunft künftiger Generationen durchsetzt ist von Finanz-, Wirtschafts-, Umwelt- und sozialen, letztendlich also menschlichen Katastrophen, dann müssen wir unsere Art zu leben, zu konsumieren, zu produzieren ändern. Und wir müssen die Kriterien unserer gesellschaftlichen Organisation und unserer öffentlichen Politiken ändern. Eine großartige Revolution erwartet uns. Jeden von uns."
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