Ich bin dafür, ich bin aber auch dagegen?

[jpg] Früher gab es mal die politischen Radio Eriwan Witze. Damals entwickelte sich eine Art Meisterschaft um den besten Witz auf die Beine zu bringen. Heute am 21.01.2010 im Rat der Stadt hatte ich den Eindruck, die Ratsmitglieder würden sich alle um eine Einstellung bei Radio Eriwan bemühen.

Hier mal einen selbst gefertigten Witz, auf Grund des Eindruckes den ich heute gewonnen habe:

Frage an Radio Eriwan: "Stimmt es, dass ein konservativer Walter Faupel einen demokratisch gewählten Rat leiten kann?"
"Im Prinzip ja, aber haben Sie schon mal einen Zitronenfalter gesehen, der Zitronen falten kann?"

                    

Es ging wieder einmal um den Integrationsrat. Nun wollen wir nicht wieder das schon einmal gesagte aufwärmen, was wir  hier schon beschrieben haben. Wir hätten auch nicht noch einmal geschrieben, wenn das Ganze nicht so irreal rüber gekommen wäre. Ratio, Vernunft, Logik oder auch nur Klugheit, sind Maßstäbe die man nicht im Rat der Stadt Ennepetal suchen sollte.

Die SPD wollte die Verwaltung beauftragen, die Wahl eines Integrationsrates vorzubereiten und evtl. der KOM-IN NRW Initiative beizutreten. Da die Kommune Ennepetal auf Grund der Einwohnerzahl erst ab 5.000 Nichtdeutsche* verpflichtet gewesen wäre, wir aber gemäß statistischem Landesamt am 31.12.2008 nur 2.687 Nichtdeutsche* hatten, wäre dieses eine freiwillige Angelegenheit gewesen.

(*Die Gliederung "deutsch/nichtdeutsch" ist durch die Reform des Staatsangehörigkeitsrechte vom Juli 1999 eingeführt worden)

Also von 2008 bis heute wird es sicher keine Verdoppelung der Nichtdeutschen* Bewohnerzahlen gegeben haben. Ein Muss besteht jedoch für die Gemeinde wenn mindestens 200 Wahlberechtigte dies mit ihrer Unterschrift begehren. Es geht aber auch ohne die 200 Unterschriften – also freiwillig.

Dies sind die Basics aus der Gemeindeordnung.

Nun hätten die Gegner dieses Antrages nur mit ja oder nein diesen Antrag zu behandeln müssen. Und das war jetzt aber ein Problem. Ein klares Nein hätte den Ruf der Ausländerfeindlichkeit aufkommen lassen, damit wären sie in die Nähe der "braunen Sumpfpflanze" geraten. Und ein klares Ja wollte man nicht, weil man mit einer Hilfskonstruktion in der Debatte den Antrag in den Sozial- und Generationsausschuss unterbringen wollte. Zur Besprechung oder Beratung? Das kann ja wohl nicht sein, denn die Gesetzeslage ist da ganz eindeutig und diese Eindeutigkeit behagte den Gegnern nicht.

Ich denke man will den Antrag deshalb in diesen Ausschuss haben, um ihn in einer Endlosschleife dort zu belassen.                                                

Wie der Rat dort hin gelangte sollen ihnen meine Aufzeichnungen zeigen:

Steinbrink (SPD)
–  begründete den Antrag für jeden nachvollziehbar.
Hofmann (Bündnisgrüne)  – will auf die Ausländer zugehen, jedoch nur über den Sozial- und Generationsausschuss – also keine Wahl?!
Faupel (CDU) – ihm ist es zwar wichtig aber der Weg dorthin ist falsch, wenn die SPD Rosinenpickerei (?) damit betreibt. Auch ist er nicht dadurch gegen einen Integrationsrat wenn er dagegen stimmt (????).
Steinbrink (SPD) -betont für seine Partei nochmals die Wichtigkeit dieses Antrages und weist Rosinenpickerei zurück.
Hüttebräucker (FWE) – er ist im Grunde gegen einen Integrationsrat.
Frey (FDP)  – wirft der SPD Profilierung vor.
Bianco (SPD)  – betont,  dass im Hauptausschuss ein klarer Dissens vorhanden war und wirft Faupel (CDU) vor, den in den 90er Jahren etablierten Ausländerbeirat schlecht gemacht zu haben. Er betont die gute bis sehr gute Leistung des damaligen Ausländerbeirates. Die Erfahrungen aus der damaligen Arbeit können jederzeit in den neuen Integrationsrat mit einfließen. Im Übrigen verwahrt Bianco (SPD) sich dagegen als Alibiausländer hingestellt zu werden  oder hier auch noch Profilierung zu betreiben. Er bittet dann, diesem Antrag der SPD zu zustimmen.
Faupel (CDU) – niemand hat gesagt das der Integrationsrat nicht gewollt wäre. Nur er wäre vorher nicht abgesprochen worden.
Hofmann (Bündnisgrüne) – beharrt auf die Spielregeln (??), die durch den Antrag verletzt wurden (?).Alles soll über den Sozial- und Generationsausschuss gehen.
Steinbrink (SPD) –  weist Profilierungssucht zurück. Und fragt: Sollen wir nunmehr vorher fragen ob wir einen Antrag wie und wann stellen dürfen?
Bicking (SPD)  – man solle die Schärfe aus dieser Beratung raus nehmen.
Wiggenhagen (BM) konstatiert: Die Redebeiträge zeigen die Wichtigkeit dieses Antrages

                                                       .

Der Antrag der SPD wird mehrheitlich (22 Stimmen, einschließlich Bürgermeister) abgelehnt.
Dem Antrag in den Sozial-und Generationenausschuss zu überweisen wird mehrheitlich zugestimmt.

Es fallen hier mehrere Sachverhalte auf.

1.    Der Integrationsrat ist von der CDU, FDP, FWE und Teilen der Bündnisgrünen auf freiwilliger Basis nicht
       wirklich gewollt.
2.    Faupel (CDU) und Hofmann (Bündnisgrüne) sprechen der SPD das Recht ab eigene Anträge abzufassen
       und dem Rat zur Abstimmung vorzulegen. Man will über Anträge vorher informiert werden?
3.    Faupel (CDU) und Hofmann (Bündnisgrüne) sprechen der SPD das Recht ab auf Grund von anderen
       Erkenntnissen andere Anträge zu stellen.
4.    Faupel (CDU) und Hofmann (Bündnisgrüne) sind zwar nicht dagegen aber auch nicht dafür, diese Einstellung  soll
       letztendlich zur Maxime erhoben werden.
5.    Faupel (CDU) und Hofmann (Bündnisgrüne) sehen in eigenständigen Anträgen an den Rat ein Indiz für
       eine Profilierungssucht
6.    Faupel (CDU) und Hofmann (Bündnisgrüne) wollen den Integrationsrat in den Sozial- und Generationen-
       ausschuss integrieren um ihn "letztendlich auch zu kontrollieren".

Es fällt schon auf, dass es bei der CDU/FDP/FWE und Teilen der Bündnisgrünen überhaupt nicht um die Probleme der ausländischen Bürger geht. Offensichtlich gibt es in den Köpfen der vorgenannten keine Probleme in diesem Bereich. Oder haben die Vorgenannten Angst, das Probleme  zur Sprache kommen oder das das friedliche nebeneinander geförtert wird? Wie dem auch sei, ich denke, bei den Vorgenannten ist die Sache der Integration sicher nicht gut aufgehoben. Man hört nur Absichtserklärungen und Lippenbekenntnisse die einem solchen Projekt niemals den Stellenwert einräumen können, den es verdient. Der Integrationsrat kommt in Ennepetal sicher 20 Jahre zu früh, wie so vieles, wir sind halt noch nicht so weit. Bei der Ruhr2010 hätte man sicherlich vorher die Stadt Ennepetal fragen sollen, wann es losgehen darf???!!

Das Ganze deckt sich auch mit unserer Erfahrung, wo ausländische Mitbürger uns unumwunden ihre Ängste mitteilten und erklärten, weshalb sie sich politisch nicht betätigen würden. Unselbstständig ausländische Beschäftige haben Angst ihre anders lautende Meinung zu äußern, weil sie Nachteile an ihrem Arbeitsplatz befürchten. Wie mag es dann in einem ausländischen Mitbürger aussehen, wenn er nur ein Duldungs- oder Bleiberecht hat? Wenn einige  unserer ausländischen Mitbürger diese Debatte verfolgt hätten, hätten sie evtl. den Eindruck gehabt, die wollen uns hier nicht!

Und das, liebe Ratsmitglieder, hatte der Idee des Integrationsrates und dem Prozess der Integration sehr geschadet. Man sollte dies als eine nicht gerade positive Veranstaltung einordnen. Die Idee des Integrationsrates war, dass der vermeintlich Stärkere auf den vermeintlich Schwächeren ohne Vorbehalt zu gehen  und Teilhabe an der politisch gesellschaftlichen Entwicklung anbieten sollte. Es sollte mehr als nur eine Geste sein, es sollte eine klare Einladung sein.
Auch scheint es mir, dass die Verwaltung mit diesem Vorgang überfordert ist überhaupt einen Prüfvorgang einzuleiten, geschweige denn die Ausführung dieser Wahl zu betreiben. Wie die Verwaltung in so vielen Dingen in der letzten Zeit überfordert ist.

Was bleibt? Ach ja, Radio Eriwan:

Frage an Radio Eriwan: "Stimmt es, dass Ennepetal mit Volldampf den Integrationsrat aufbaut? "
"Im Prinzip ja, nur werden 99% des Dampfes zum Tuten verwandt!"

 

Nachtrag: Wie uns der Vorsitzende der SPD, Herr Zink, auf telefonische Anfrage mitteilt, gibt es kein interfraktionelle Absprache bezüglich des Integrationsrates.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik

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