Timo Wopp, der Ennepetaler Heilsbringer?

[jpg] Schnösel wäre der Begriff, den man auf Timo Wopp anwenden kann. Er kommt auf die Bühne, ist nach eigenen Worten topp vorbereitet, zumindest körperlich, und legt direkt los. Die Zuschauer sitzen unter ihm und er steht, nein, schwebt, über ihnen allen. Arroganz?  Nein, das sieht nur so von unten aus. Es war das erste Kabarett das 2015 in den Räumen der Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld zur Aufführung gelangte – ausverkauft mit Zusatzstühlen.

Timo Wopp - alles im Griff  Foto: (c) Linde Arndt

Timo Wopp – alles im Griff Foto: (c) Linde Arndt

Die Zuschauer müssen bei Timo Wopp einiges aushalten, Schmerzfreiheit ist angesagt.

Er gehört zu der neuen Generation von Kabarettisten, wie Sebastian Puffpaff, Christoph Sieber, Tobias Mann oder Max Uthoff und Claus von Wagner. Nur er ist ein Heilsbringer, ein moderner Jesus dem nichts heilig ist. Er ist allumfassender Experte bis zum Wahnsinn, oder kurz davor. Und er manipuliert die Zuschauer, zumindest spielt mit der Manipulierbarkeit seines Publikums. Zeitweise ist das Publikum verunsichert, wenn er, der ja bekennender Betriebswirt ist, sein Publikum coacht. Und das Publikum geht darauf ein.

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Timo Wopp Jonglage mit Keulen Foto: (c) Linde Arndt

Das wäre jetzt aber alles zu einfach; denn Timo Wopp will auch unterhalten, indem er seine Jonglagen, die immerhin zur Spitzenklasse gehören, dem Pubikum vorführt. Ohne Überleitung die Vorführung mit der Zigarette und dem Streichholz. Klar, der Jongleur schmeißt vom Rücken die Zigarette um sie mit dem Mund aufzufangen. Und das brennende Streichholz, welches die Zigarette ansteckt hinterher. Ups, das Streichholz hat es nicht geschafft. Macht nichts, das gehört zum Spiel um die Spannung zu erhöhen. Was ja auch klappt. Und letzten Endes schafft er es ja doch und genießt die Bewunderung.

Er outet sich als Merkel-Fan, sie ist für ihn sexy; denn Macht macht sexy und die Macht hat Merkel nach Wopp. Oder wenn er von asozialer Kompetenz oder sozialer Inkompetenz redet und sein Publikum verunsichert. Wenn er vor einer Zugtür steht, möchte er erst einmal einsteigen, ehe er die Fahrgäste aussteigen lässt – klarer Fall von sozialer Inkompetenz. In der Fußgängerzone die dargebotene Obdachlosenzeitung kauft er nicht, nicht ohne die Bemerkung, die habe ich schon im Internet gelesen – klarer Fall von asozialer Kompetenz. Er ist nicht der erhobene Zeigefinger, aber er zeigt auf wohin die gesellschaftliche Reise gehen könnte, wenn wir in dem Tempo in

Timo der Coach  Foto: (c) Linde Arndt

Timo, der Coach Foto: (c) Linde Arndt

dem Timo Wopp über die Bühne geht weiter machen. Zeitweise sieht man sich in die Nähe der Publikumsbeschimpfung eines Peter Handke gerückt. Es ist ein feinsinniges Spiel mit dem Publikum, immer im Niemandsland zwischen gleichzeitig souverän sein und auch zerbrechlich sein. Und er macht sich zum Schluß zum Affen, indem er die Elefantenohren aufsetzt. Alles ist gut, es war nicht so gemeint. Und die Gleichung geht auf: Langanhaltender stehender Applaus. Die Versöhnung mit dem Publikum ist gelungen. Nur auf dem  Weg nach Hause werden dem einen oder anderen die Unverschämtheiten wieder einfallen. Ein Lächeln wird es sicher geben. Alles ist gut.

 

Jürgen Gehardt für EN-Mosaik aus Ennepetal

Und es gibt noch mehr Fotos vom Auftritt Timo Wopp in der Kultgarage Ennepetal (klick hier)