Schwelmer Rathaus die Dritte und die Lebenserfahrung des Rates

     [jpg] Was für eine Dramatik im Rat der Stadt Schwelm. Da werden so renommierte Institute, wie die  PricewaterhouseCoopers AG (PwC) und  die Drees & Sommer AG bemüht um 38 Schwelmer Ratsmitgliedern das Einmaleins von kaufmännischen Entscheidungen nahe zu bringen.
Wofür? Beide Institute beziehen sich auf das schon getätigte Gutachten der Firma Assmann.

Nur das Gutachten von Assmann war kostenfrei und wurde von der konservativ/liberalen Mehrheit bemängelt. Jetzt kommen die beiden neuen Institute zu dem gleichen Ergebnis, allerdings bekommt die Stadt diese beiden Gutachten jetzt in Rechnung gestellt. Wie war das noch mit dem Sparen? Die einzige Konsequenz aus diesen neuen Gutachten war eine Nachfrage von Hermann Grüntker (CDU) der die vorgetragenen Zahlen aufgelistet haben möchte.

So kann man sich des Gefühls nicht erwehren, die konservativ/liberale Mehrheit kann es nicht verstehen, wenn die beiden 80 respektive 60 jährigen Gebäude in die Jahre gekommen sind. Also dass der Erhaltungsaufwand höher als ein Neubau dieser Funktionsgebäude ist. Dabei sind die schon bisher gemachten Gespräche vollkommen unsinnig, haben sie doch nur ein Ziel, die Stadtverwaltung in Misskredit zu bringen. Bei solch einem Verhalten wundert es nicht, wenn die Bürger keine Achtung vor ihren Institutionen haben. Offensichtlich scheint der konservativ/liberalen Schwelmer Ratsmehrheit das Prinzip der Organtreue zur Gänze abhanden gekommen zu sein; denn „Staatsorgane sind untereinander zu rücksichtsvollem Umgang miteinander und einem Mindestmaß an Kooperation verpflichtet“.

Dabei stellte sich das Problem des Rathauses sachlich als eine ganz alltägliche Entscheidung dar. Die Decke des Rathauses kam runter. Sicher dies ist eine Katastrophe. Aber in jeder Katastrophe sollte man eine Chance sehen und diese nutzen. Ein"weiter so"  verbietet sich geradezu.

Also Bleistifte spitzen und kalkulieren. Bis hierhin ging alles gut.Nur als das Ergebnis, ein-neues-Rathaus, herauskam war das Geschrei der konservativ/liberalen Mehrheit groß.  Denn einem Bürgermeister Stobbe wollte man kein neues Rathaus gönnen, als wenn dem Bürgermeister Stobbe sein persönliches Rathaus gebaut würde. Wie ein Plebejer rief denn auch der liberale Schwunk (FDP) „Palais Stobbe“ um das Ganze in Misskredit zu bringen. Die Bürger der Stadt Schwelm waren hierbei nebensächlich. Sollte doch das Rathaus zusammen brechen, Hauptsache das Ego wird befriedigt.

 
Michael Schwunk FDP

Zurück zur Ratssitzung vom 25.10.12 in der viele Chancen vertan wurden.

   

Der Vortrag von PwC tendierte eindeutig zu Gunsten eines Neubaus und der Abschaffung der beiden anderen Gebäude. Die Vorteile des Neubaus liegen nicht nur im Bereich niedrigerer Kosten, vielmehr sind durch die Zusammenlegung der drei Gebäude erst moderne Arbeitsprozesse möglich.
Projektbezogenes arbeiten ist derzeit nur bedingt möglich, Clusterbildung ist überhaupt nicht möglich oder gar arbeiten mit Workflow, dass ist unmöglich. Das sind nur drei Stichworte, die in einer modernen Arbeitswelt ungeahnte Einsparpotenziale bieten. Aber nicht nur Kosten könnten eingespart werden, vielmehr werden in der Regel die Fluktuation und der Krankenstand gesenkt und die Arbeitszufriedenheit gehoben. Nur die konservativ/liberalen Parteien können so was nicht glauben, gehen sie doch in der Regel nach dem „Gutsherrenmanagement“.

 
Referent der Firma PwC
   
Referentin der Firma Drees&Sommer

Dann der Vortrag von Drees & Sommer. Auch er tendierte eindeutig zu Gunsten des Neubaus. Grund: Die Gebäude sind in dem Zuschnitt von nicht genutzten Flächen zu genutzten Flächen sehr ungünstig (Nette Umschreibung für mangelhaften Zuschnitt der Räumlichkeiten). Über die breiten Flure kann man mit einer Kutsche fahren, so die Referentin. Der Zuschnitt der Funktionsräume ist sehr ungünstig. Weiter sind die Gebäude sehr energieverbrauchsintensiv. Sie kommt zu dem Schluss: „Weitere Investitionen in den derzeitigen Bestand werten wir als grob unwirtschaftlich, nicht nachhaltig und ohne maßgebende Wirkung in vielen Bereichen.
Alle drei Gutachten kommen also zum gleichen Schluss: Mit einer dementsprechenden Lebenserfahrung hätte man den Investitionsbedarf Rathaus Neubau sofort sehen können. Da braucht es kein Gutachten. Der historische Aufzug im Rathaus war schon immer da, die breiten Flure, die hohen Räume, das Treppenhaus und, und und.

Es sind genügend Kaufleute im Rat, die von der Verwaltung einen Investitionsplan verlangen konnten und das seit Jahren. Die konservativ/liberale Mehrheit hatte doch sogar einen konservativen Bürgermeister. Und jetzt? Es müsste eine grundsätzlich Entscheidung vom Rat hinsichtlich der Rathausinvestition getroffen werden. Denn die Stadtverwaltung und der Bürgermeister dürfen solch eine Investition ohne Beschluss nicht stemmen.
Wenn die Entscheidung zu Gunsten des Neubaus getroffen werden sollte, sollte man sich endlich im Ausschuss darüber unterhalten, ob auch eine weitergehende Investition möglich ist. Daraus leitet sich evtl. ein Finanzierungsbedarf ab. Man kann auch querinvestieren und evtl. sogar zu einem geringeren Kapitalbedarf kommen. Aber was sage ich da. Es gibt genügend kaufmännische und betriebswirtschaftliche Ratsmitglieder im Schwelmer Rathaus die sich schon hätten melden können.

Kommen wir zum zweiten Problem, der Entscheidung, die Einbahnstraßen Bismark- und Gartenstraße umzudrehen wieder rückgängig zu machen. Hier gibt es einen Bürgerantrag mit immerhin 1.333 Unterschriften und 13 Befürworterschreiben.
Die konservativ/liberale Mehrheit hat diesen Beschluss durchgebracht. Alternativ existiert noch ein Antrag der Bündnisgrünen, ein Verkehrskonzept zu erarbeiten, was auch Sinn macht. Dieses Konzept gab es im Ansatz schon einmal. Schwelm hat da die besten Voraussetzungen ein Verkehrs- mit einem Marketingkonzept auf den Weg zu bringen.

Der Bürgerantrag war ziemlich schnell erledigt, indem Herr Schwunk (FDP) beantragte, diesen Antrag an den Ausschuss zu überweisen. Und schon ist er in einer Endlosschleife.

Auch hier hätte sich bei Anwendung von einer normalen Lebenserfahrung eine weitaus bessere Lösung ergeben. Die jetzige Situation ist nicht haltbar, passiert es doch immer wieder, dass auswärtige im Neumarktbereich herum irren.
Zu guter Letzt sprechen wir noch von dem vorgelegten Einzelhandelsgutachten vom 27. April 2012, eine Fortschreibung aus 2004 und 2007. Hier soll es eine Änderung auf Vorschlag von Haus & Grund, Schwelm geben, welches auf Initiative der CDU eingefügt werden sollte. Auf dem ehemaligen Zassenhausgelände/Viktoriastrasse soll  demnach eine Ansiedlung von Edeka oder Aldi   möglich sein. Die SPD lehnte den Antrag in so weit ab, indem das Gutachen eingefügt werden soll,weil sie eine zu große Nähe zu Haus&Grund, Schwelm sieht. Stattdessen soll dieses Gutachten wie eine Empfehlung als Anlage angefügt werden. Haus & Grund hat eine diffuse  Nähe zu den im Gutachten aufgeführten Unternehmen was dazu führt , dass nicht mehr auszumachen ist welche Interessen Haus&Grund vertritt. Die qualitativen Möglichkeiten der Ansiedlung auf dem Zassenhaus Gelände ist nach Abstimmung offen, so die Mehrheit des Rates einschließlich der SPD.  Wobei Schwelm jedoch mittelfristig eine Antwort auf seine Zentrizität und deren Lage erbringen sollte. Denkbar sollte ein Ensemble mit Sparkasse, Neue Brauerei, Kreis und >Rathaus auf dem Wilhelmplatz< sein, welches eine starke Mitte darstellen würde.

Ich frage mich immer wieder was sich der Parlamentarische Rat gedacht hatte, als er von einer Demokratie sprach deren Intention es 60 Jahre später nicht mehr gibt. Wir haben Freiheiten und nutzen sie nicht. Die Verfassungsgebende Versammlung wollte eine Stellvertreter Demokratie. Stellvertreter sollten die Parteien sein, die das Sammelbecken der Bürger sein sollte. Bei 38 Räten müsste demnach eine kompetente Gruppe zusammen kommen. Es ist der Wahnsinn, wenn man das Schweigen der 38 Räte sieht. "Ich habe die Demokratie durch ihren eigenen Wahnsinn besiegt!" , so sagte 1935 Adolf Hitler. Was folgte, wissen wir alle. Wollen wir das denn schon wieder? Wollen wir unser Land, unsere Kommunen nicht so weiter entwickeln, indem wir zumindest unsern Kindern und Kindeskindern den Frieden und die Freiheit erhalten? Denn nur durch ein bewusste weiter entwickeltes Gemeinwesen wird den Feinden der Demokratie ein Zugang in die Räte und Parlamente verwehrt bleiben.
Das ist zu hoch aufgehängt? Kann es nicht etwas kleiner gehen? Wenn man die Lokalpolitiker sieht kann man nur zu solch einer Sichtweise kommen. Vielleicht irre ich mich ja auch.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm

[Fotos: © Linde Arndt]