Mach mir den Bürgermeister in Schwelm

 

Die Schwelmer Bürgermeistersuche - Collage: Linde Arndt

Die Schwelmer Bürgermeistersuche – Collage: Linde Arndt

[jpg] In Schwelm Bürgermeister zu sein, ist was besonderes. Er muss sich beleidigen und beschimpfen lassen, er macht den Prügelknaben, er ist der Laufbursche oder gar der Unterhalter für Parteien im Schwelmer Stadtrat. Was aber noch schlimmer wirkt, er müsste sich der bestehenden Gesetzeslage entledigen. Manchmal konnte man den Eindruck haben, der Schwelmer Stadtrat arbeite nach einem “lex specialis derogat legi generali” (das speziellere Gesetz verdrängt die allgemeinen Gesetze), wonach die Rechte in Schwelm vor allen anderen Rechten in Deutschland gelten.  Diese “klugen” Stadträte,  die der ganzen fachlichen Kompetenz der Schwelmer Stadtverwaltung immer überlegen schienen, dürften doch kein Problem haben einen Bürgermeisterkandidaten zu stellen. So sollte man meinen. Er braucht ja nur das machen was der Stadtrat ihm sagt. Wenn´s daneben geht, kann der Bürgermeister ganz gewiss sein, dass er dann auch den Schuldigen machen darf. Dann gibt es noch rund 8.000,– Euro, einschließlich der Buffetternährung, oben drauf. Was also will man mehr?

Oliver Flüshöh [CDU] Foto: Linde Arndt

Oliver Flüshöh [CDU] Foto: Linde Arndt

So inszenierten CDU, Bündnis90/Die Grünen und BfS/SWG im Haus Martfeld mit der lokalen Presse der Funke Mediengruppe, wie WAP, Westfälischen Rundschau/Westfalenpost und Radio Ennepe Ruhr einen Medien Scoop. Kritische Journalisten waren hierbei nicht erwünscht. Dramatisches wurde in den sozialen Medien für die Mitternachtsstunden angekündigt. Nur als die Nachricht raus war, interessierte dies niemanden. Es war nicht der Burner, war die dahinter stehende PR Aussage doch ziemlich schön gefärbt. Letztendlich stellte diese Aussage ein “Armutszeugnis” der vorgenannten Parteien dar.

Die Aussage: Wir suchen per Stellenanzeige einen zu Schwelm passenden Bürgermeister!

 Ob dem Schwelmer Jobcenter diese Stellensuche übermittelt wurde, war nicht heraus zu bekommen.

Jürgen Kranz [BfS / SWG] Foto: Linde Arndt

Jürgen Kranz [BfS / SWG] Foto: Linde Arndt

 So weit so gut. Es ist heute schon als alltäglich anzusehen, wenn der Hauptverwaltungsbeamte, also ein Bürgermeisterkandidat, von den Parteien gesucht wird. Denn einesteils verdient ein Bürgermeister nicht mehr wie ein Abteilungsleiter oder Gruppenleiter in der Wirtschaft und andererseits steht der Aufwand dieses Jobs in krassem Gegensatz zum persönlichen oder ideellen Nutzen. Zumal denn viele Stadträte die gute Kinderstube in der Zusammenarbeit mit der Verwaltung und dem Bürgermeister vermissen lassen.

Kommen wir nun zum publizierten “Armutszeugnis” der Parteien  CDU, Bündnis90/Die Grünen und BfS/SWG das von ihren Leadern Oliver Flüshöh (CDU), Marcel Gießwein (Bündnis90/Die Grünen) und Jürgen Kranz (BfS/SWG) im Haus Martfeld auf dem Weg gebracht wurde.

 Mit dieser Meldung weiß nun der Wähler,

  • Ja, wir haben keine kompetenten Mitglieder die Ahnung haben.
  • Und ja, wir können es nicht mit dem derzeitigen Bürgermeister Jochen Stobbe.
  • Und ja, wir wollen keines unserer Mitglieder einem Bürgermeister Bashing aussetzen.
  • Und ja, wir wissen nicht, wie man den von uns “in den Dreck gefahrenen Karren” wieder flott machen kann.
  • Und ja, wir sind nur “Schönwetter Demokraten” die einem Windstoß nicht standhalten.
Marcel Gieswein [Bündnis90/Grüne]  Foto: Linde Arndt

Marcel Gieswein [Bündnis90/Grüne] Foto: Linde Arndt

Typisch für diesen Stadtrat ist die jedes Jahr ritualisierte Ablehnung des städtischen Haushaltes, der auch in diesem Jahr mit dementsprechendem Getöse abgelehnt wurde. Mehr noch, in diesem Jahr bettelte der Stadtrat  gar nach dem “Sparkommissar”, also einem Beauftragten der Landesregierung nach § 124 GO NRW. Die Konsequenzen dieser Forderung werden dabei rührend naiv formuliert. Er soll etwas regeln was ein geballter gesunder Menschenverstand eines Stadtrates mit einer funktionierenden Stadtverwaltung in Schwelm nicht schafft. Im Einvernehmen, versteht sich. Einen ausgeglichenen  Haushalt.

Das der vorgelegte Haushalt 2015 nicht das Gelbe vom Ei war, ist dabei unwesentlich, nur er war genehmigungsfähig. Aber, der Schwelmer Stadtrat verweigerte die Zustimmung ohne konkrete Begründungen zu nennen. Dabei hatte der Schwelmer Stadtrat 4 Monate Zeit den Haushalt auf den Weg zu bringen. Ja, er hätte auch noch Sondersitzungen beantragen können. Wie auch immer. Die Haushaltsabstimmung ist zu einem Ritual verkommen.

So wird der Haushalt 2015, wie auch der Haushalt 2014, erst im nächsten Jahr verabschiedet. Ab 1. Januar 2015 wird die Stadt Schwelm nur die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgaben tätigen dürfen. In diesem Zeitraum wird die Stadtverwaltung  mit einem höheren Verwaltungsaufwand arbeiten müssen. Denn jeder auszutauschende Kanaldeckel bedarf der Duldung oder Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

Ist denn dem Schwelmer Stadtrat klar was ein “Sparkommissar”,  der vom Innenminister geschickt wird, bedeutet? Er kommt als Exekutor, nicht als Berater des Stadtrates. Er wird/kann Spielplätze schließen, die Steuern erhöhen oder gar die Straßenbeleuchtung ausknipsen. Der Stadtrat steht dabei außen vor und die Stadtverwaltung muss diese Anweisungen umsetzen.

Dann hat Schwelm keine kommunale Selbstverwaltung mehr. Dann hat Schwelm eine Diktatur des Sparaufsehers.
Und der Bürgermeister? Der darf sich jeden morgen die Direktiven des Kommissars abholen um sie dann abzuzeichnen und dann umzusetzen. Dann ist endlich das Bashing zu Ende und er arbeitet mit einem kompetenten Menschen zusammen.

Und da soll jetzt ein Bürgermeister von außen Abhilfe schaffen? Wie naiv und  armselig ist das denn?

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm