Heimatfest jetzt mit 14 Nachbarschaften?

 [jpg] Moment, „Die Lückenbüßer“ haben ja schon den Titel 14. Nachbarschaft. Sie versammeln sich immer treu und brav vor der Sparkasse. Also was denn nun? Was soll es, dann haben wir eben eine 15. Nachbarschaft die aber die 14. Nachbarschaft sein sollte oder auch sein könnte.

   

Zum 5. mal ziehen nun schon die französischen Freunde aus Fourqueux mit eigenem Wagen  beim Heimatfestzug mit. Städtepartner nennt man das Ganze, nur es trifft nicht den Kern der Verbindung; denn über die Jahre ist eine gute Freundschaft daraus geworden. Diese Freundschaft ist inzwischen so weit gediehen, dass man von der 14. Nachbarschaft spricht. Fourqueux ist zwar nur eine kleine Stadt unter 10.000 Einwohnern, jedoch diese Stadt liegt immerhin in der Region: Île-de-France, also dem Herzstück Frankreichs. So kann man auch immer wieder die Herzlichkeit und Leichtigkeit beobachten mit der die Franzosen in Schwelm auftreten. Da haben es manche Schwelmer Westfalen doch etwas schwer, zumal die Franzosen sehr schnell mit ihrem Gegenüber ins Gespräch kommen. Die westfälisch kritischen Blicke werden da einfach weg gelächelt.

   

Bürgermeister Stobbe wusste dann auch die französischen Freunde in französisch zu begrüßen, was ihm auch einen ungeteilten Beifall der Franzosen einbrachte. Überhaupt hatte sich Bürgermeister Stobbe offensichtlich mehr in seine Doppelfunktion eingelebt; denn er musste genauso wie die Franzosen auf die Schnelle nach dem Empfang zum Zug. So antwortete der französische Bürgermeister Daniel Level allen Schwelmern: Es ist noch immer ein freudiger Geist der uns leitet, im 5. Jahr mit eigenen Wagen am Heimatfestzug teilzunehmen. So waren auch alle „Les amis de Schwelm“ Mitglieder anwesend. Und das schöne, es sind inzwischen viele Freundschaften aus dieser Partnerschaft erwachsen.

Klar, es mussten noch eine Menge Ehrengäste beim Bürgermeisterempfang begrüßt werden. Und für die Werbegemeinschaft übergab Frau Weithe einen Preis an den Plattdeutschen Stammtisch der sein 25. jähriges Bestehen feierte. Ein Thema war der fehlende Nachwuchs, sowohl bei den Nachbarschaften als auch bei den anderen Vereinigungen die das heimatliche Brauchtum pflegen. BM Stobbe ehrte Claudia Bodden-Jäkel für die selbstlose Versorgung eines schwerverletzten Vekehrsteilnehmers. Es ist eben nicht mehr selbstverständlich wenn Menschen dies heute tun. Auch die Brauerei war Bestandteil der Bürgermeisterrede. Eine große Gruppe von Investoren und Gläubigern arbeitet an einer Lösung, so der Bürgermeister. „Eener vö alle, alle vö eenen“ so war es auch in den letzten Tagen in der Stadtverwaltung bestellt. Das Team hatte außerordentliches geleistet, dafür bedankte sich Bürgermeister Stobbe. Noch schnell eine schöne Zeit gewünscht und ab zum Festzug der auf viele der Teilnehmer des Bürgermeisterempfangs wartete.

Dann waren da noch einige Ungereimtheiten: Dacho Chefin Christiane Sartors Stellvertreter Bernd Winkelsträter schmiss die Klamotten hin. Warum? Er sieht seine Chefin als Gutsherrin die ihm eine Teilnahme an der Organisation der Dacho nicht ermöglichte. Wie dem auch sei, der Zeitpunkt war für alle überraschend.

Das Moderatorenteam des Heimatfestabends Enzo L.Caruso und Kerstin Heumann-Wasserkamp die diesen Job seit sechs Jahren machten, fühlten sich von der Kulturbüro-Leiterin Gabriele Weidner ausgebootet. Auch hier ein fader Beigeschmack. Na ja: Als gute Nachbarn setzt man sich zusammen und klärt solche Ungereimtheiten, wenn es not tut auch in einer lautstarken Art. Danach geht man jedoch auseinander und hat eine gemeinsame Regelung gefunden.

Nun, das musste mal im Vorbeigehen gesagt werden.

Nun zum Zug selber: Ich habe mir den Zug und das Ganze drum herum diesmal sehr bewusst aus folgendem Grund angesehen: Im vorigen Jahr war ein Streit um die Preisträger ausgebrochen, den ich nicht verstehen konnte.

Man muss sagen, wenn man den Zug bewusst gesehen hat, es waren nur erste Preise zu vergeben. Es waren nur kleine und kleinste Unterschiede die eine Preishierarchie zu ließen. Und da ist die Frage angebracht, wie eine Wertung aufgebaut wurde. Legt man nur die Kreativität und Phantasie als Maßstäbe an, so wird man je nach Vorliebe mehrere Sieger ermitteln können. Auf keinen Fall kann man einen eindeutigen Sieger ausrufen. Da waren die Sister Acts der Nachbarschaft „Zum Parlament“ welche die Zuschauer zum mitmachen animierten, die Linderhausener luden zum „We are the World“ ein oder die Oehder brachten die 50er und 60er in Erinnerung.Die „Zum Roten Wasser“ hatten fantasievoll die Würmer auf´s Korn genommen,“Brunner Nohberschaft“ wollten gar eine Rakete mit 13 Stufen ins Weltall schicken oder die „Zur alten Post“ ließen uns die Schandtaten von Max und Moritz und Konsorten recht plastisch nach empfinden. Dies sind aber nur ein paar Wagen die ich stellvertretend willkürlich aufführen würde, das aber ohne Wertung. Unangemessen finde ich die Sprachregelung von Bernd Richter in der WR als wenn der Preisträger „Linderhausen“ nur deshalb Preisträger wurde, weil man die Oberstadt nicht noch einmal als ersten Preisträger hätte haben wollen, die dann auf den zweiten Platz vor den Winterbergern verwiesen wurden. Man tut dem Heimatfest keinen Gefallen wenn man die Preisvergabe nicht transparenter gestaltet und sie danach auch noch mit solch einer Sprachregelung versieht. Heißt das nun, für nächstes Jahr sind die Oberstädter wieder die Preisträger? Wohl kaum.

Und so zog sich die Insolvenz und damit die drohende Schließung der Schwelmer Brauerei immer mal wieder durch den ganzen Zug als aktuell bewegendes Moment.

Was mich nach dem Zug bewegte, dass sind die fehlenden „Vertelkes“ über Schwelm und die Umgebung. Solche Umzüge sind auch immer wieder ein Ventil für gesellschaftliche Vorkommnisse die hier verarbeitet werden. Und hat Schwelm nichts zu erzählen? Und so möchte ich mit drei Zeilen aus dem Westfalenlied enden:

                                     …..

                      So schau auf’s Herz, nicht auf den Schein,
                      Und sieh uns grad hinein ins Aug‘,
                      Gradaus, das ist Westfalenbrauch!
                      …….
Man sollte mal über diese Zeilen nachdenken.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm
[mit einer Nachlese zum Schwelmer Heimatfestzug 2011]
[Fotos: © Linde Arndt]