Wenn es denn so einfach wäre mit der Energie

 

v.l.n.r: Rolf Hüttebräuker, Ulrich Röhder, Elmar Hermann, Wilhelm Wiggenhagen, Martin Brück von Oertzen, Uwe Träris, Ralf Holtmann, Grit Hömke, Dieter Kaltenbach, Herr Maass, Hansjörg Sander  Foto: Linde Arndt

v.l.:Rolf Hüttebräuker (Fraktionsvorsitzender FWE), Uli Röhder (Fraktionsvorsitzender Die Grünen), Elmar Herrmann (SPD), Wilhelm Wiggenhagen (Bürgermeister der Stadt Ennepetal) , Martin Brück von Oertzen (Kanzlei Wolter Hoppenberg), Uwe Träris (Vorstandsvorsitzender AVU AG), Ralf Holtmann (Prokurist AVU Netz GmbH), Grit Hömke (Kanzlei Wolter Hoppenberg), Dieter Kaltenbach (Kämmerer der Stadt Ennepetal), Andreas Maaß (Agentur BET) und Hansjörg Sander (Geschäftsführer AVU Netz GmbH) Foto: Linde Arndt

 

[jpg] Die Absicht eine Partnerschaft einzugehen, ist doch auch schon einmal was. Seit 2013 läuft die Stadt Ennepetal durch den EN – Südkreis  und versucht ihr Modell, die Energieversorgung in die eigene Hand zu nehmen, mit den anderen Kommunen umzusetzen. Die Kommunen winkten jedoch alle ab, wollten sie doch kein Risiko eingehen. Denn in einer Zeit von radikalen Umwälzungen im Energiesektor, baut man lieber auf Bewährtem auf.  Nicht Ennepetal. Voller Mut und Risikobereitschaft bastelte man an einem Konstrukt welches man stolz der Öffentlichkeit präsentierte. Als Energie-Pioniere, so schrieb die Funke-Medien Gruppe, wollte die Stadt Ennepetal gesehen werden. Eine Nummer kleiner ging es wohl nicht.

Was war da passiert, lassen wir uns den Hintergrund, neben all´der Schönrederei, -schreiberei einmal beleuchten.

 Auf und unter dem Boden der Kommunen liegen Elektrokabel oder auch Gasrohre, die die Bewohner einer Kommune mit Energie versorgen. In der Regel geschieht das alles ziemlich geräuschlos. Die Bewohner machen in ihren Wohnungen das Licht an oder aus, mehr nicht.

Damit das ohne Probleme über die Bühne geht, gibt es die sogenannten EVU´s (Energieversorgungsunternehmen), wie in Ennepetal die AVU. Die gliedert sich in Netze und Leistung. Die Netze sind die Kabel für den Strom und die Rohre für das Gas. In der Regel liegt das alles unter der Erde. Damit die AVU aber diese Leitungen verlegen oder nutzen darf, braucht sie eine Zustimmung der Kommune. Dies geschieht der Einfachheit halber mittels eines Vertrages, den die Kommune und die AVU abschließen. In der Regel binden sich die Vertragspartner langfristig auf 20 – 30 Jahre. Nach Ablauf dieser Vertragsfrist sind neue Verträge nötig. Im Südkreis sind alle Kommunen in Verhandlungen, weil die Verträge alle abgelaufen sind. Vorreiter ist, wie immer, die Stadt Gevelsberg die ihren Vertrag mit der AVU schon unterschrieben hat.

 

Worum geht es in dem Vertrag?

Die Stadt als Besitzer des Grund und Bodens, gestattet es dem Versorger Kabel oder Rohre zu verlegen oder zu bearbeiten. Im Gegenzug garantiert der Versorger, dass die Kabel und Rohre jederzeit funktionsfähig sind. Das das irgendwie in Regeln gefasst werden muss, sollte klar sein. Der Versorger kann nicht einfach eine Straße aufreißen um Leitungen zu verlegen, dazu sollte zumindest eine Information an die Stadt abgegeben werden. Wir sprechen hier nur von den Netzen, also der Hardware, nicht von der Software Gas und Strom. Und, wir haben diese Verträge, zum besseren Verständnis, einfach dargestellt.

Schwierig wird das alles, weil alles europaweit ausgeschrieben werden muss und dann noch an ein noch vorgeschriebenes Prozedere gebunden ist. Wie schwierig das ist, zeigt die Hinzuziehung eines Spezialisten, wie Rechtsanwalt und Mediator Martin Brück von Oertzen, Kanzlei Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Hamm, der übrigens für alle Städte des Südkreises tätig war und ist.

 

Was hat nun Ennepetal gemacht?

Ennepetal wollte und will eine gewisse Eigenständigkeit in der Planung und Erstellung seiner kommunalen Gebiete erreichen. Dafür wählten sie eine eigene Firma, die letztendlich in einer GmbH & Co. KG konzentriert werden soll. Weil die Stadt Ennepetal aber nicht das know how für die Netze besitzt, suchten sie einen Partner der dies abdeckt. Nach einer europaweiten Ausschreibung und einer Sichtung der eingegangenen Bewerbungen, hat man sich nach Prüfung für die AVU entschieden. So gibt es jetzt eine „Netz GmbH & Co. KG in Gründung“ die die Stadt Ennepetal mit 51% und die AVU mit 49% hält. So weit so gut.

 

Was will Ennepetal damit?

 Nun, Ennepetal will mit den 51% zuerst einmal das sagen haben. Wenn irgendwo auf dem Grund der Stadt Ennepetal eine Gasleitung oder ein Elektrokabel verlegt werden muss, will Ennepetal dies auch erledigen. Koste es was es wolle. Die AVU hatte in der Vorzeit schon mal auf die überhöhten Kosten hingewiesen, so das die Umsetzung einer solchen Maßnahme sich etwas hinzog. Warum? Die Netze und die Leistung, also Gas und Strom, müssen nach einer Richtlinie der EU getrennt werden. Dadurch musste man nunmehr auch anders kalkulieren.

Das Problem liegt nun in den unterschiedlichen Wirtschaftsphilosophien von EVU und Kommune. Kommunen gehen in der Regel mit den Kosten sehr großzügig um, es sind ja nicht ihre Gelder die da evtl. „verplempert“ werden. Eine EVU ist aber eine Firma, privatwirtschaftlich orientiert, die gewinnorientiert arbeiten muss, tut sie das nicht geht sie halt in die Insolvenz.

Dieser Konflikt lässt sich auch nicht mit einer GmbH & Co. KG beseitigen, vielmehr könnte sich dieser Konflikt noch verschärfen.

 

Was hat Ennepetal jetzt und wie geht es weiter?

Die Stadt Ennepetal hat nun einen Vertrag mit der AVU mit der sie die Leistungen erbringen will, die die AVU bisher alleine erbrachte – die GmbH & Co. KG. Die GmbH & Co. KG ist aber noch nicht gegründet i.S. von eingetragen. Jetzt muss die Stadt Ennepetal europaweit einen Konzessionär für die städtischen Netze ausschreiben. Die vorgenannte GmbH & Co. KG in Gründung (i.Gr.) muss sich bei der Stadt Ennepetal genauso bewerben wie alle anderen auch. Es kann also gut möglich sein, dass die Stadt Ennepetal einem Energieversorgungsunternehmen aus Portugal oder Finnland den Zuschlag geben muss. Denn die europaweite Ausschreibung muss diskriminierungsfrei und transparent sein um letztendlich Bestand zu haben. Wenn also die GmbH & Co. KG den Zuschlag nicht bekommt, müssen alle bis jetzt getätigten Verträge rückabgewickelt werden. Kurz, diese Verträge sind dann für die Tonne.

Aber wir sollen ja alles schön sehen und schreiben, so die Äußerungen unserer Politiker. Nun gut, die GmbH & Co. KG i.Gr bekommt von der Stadt Ennepetal den Zuschlag. Alles in Butter?

Nein! Denn der Grundkonflikt zwischen einer privatwirtschaftlichen Firma wie der AVU und der Kommune besteht ja weiter.

Mal angenommen, die Stadt Ennepetal möchte ein Baufeld welches für die Erschließung erhebliche Kosten erfordert. Da die Stadt Ennepetal 51% an der GmbH & Co.KG hält, kann die Stadt Ennepetal diese Leistung auch durchsetzen. Wer zahlt dann die Verluste aus diesem Geschäft?

Die Stadt Ennepetal hat mit mehreren Unternehmen, wie der SBE- AÖR, Kluterthöhle & Freizeit Verwaltungs- und Betriebs-GmbH & Co. KG, Zentrum für Existenzgründung und Technologie Ennepetal Verwaltungs- und Betriebs-GmbH oder Citymanagement Ennepetal GmbH & Co. KG, gezeigt wie man ein Unternehmen nicht führen sollte. Über die Jahre wurden erhebliche Steuergelder verbrannt ohne personelle oder gar strafrechtliche Konsequenzen. Glücklos und ohne Erfolg könnte man das unternehmerische Handeln der Ennepetaler Stadt beschreiben. Und wenn die Stadt Ennepetal von einem solidarisches Zusammengehen mit der Politik, also dem Rat, spricht, so war dieses Zusammengehen auch bei allen Entscheidungen, die erfolglos oder mit erheblichen Verlusten einher gingen zu beobachten.

Es ist also wirklich nicht so einfach, wie die Schönschreiber der Funke Medien Gruppe diesen Vorgang rüber bringen wollen. In der Wirtschaft würde man diesen Vorgang einen risikobehafteten Vorgang benennen. Man darf gespannt sein.

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal