Prinzip der Verwirrung und Intransparenz ist Teil der Haushaltsberatungen

Sozialausschuss 01.10.2014  Foto: Linde Arndt

Sozialausschuss 01.10.2014 Foto: Linde Arndt

 

[jpg] Es tagte der Sozial- und Generationsausschuss im Ennepetaler Rathaus. Das wäre nicht so schlimm wenn die Haushaltsberatungen 2015 den Ausschuss nicht beschäftigen würden. In der Regel ist ein Ausschuss am Anfang noch ziemlich konzentriert. Also schiebt man die Haushaltszahlen ziemlich nach hinten. Deshalb wurde der zweite (Der erste wurde 2010 angefertigt) Armutsbericht des EN-Kreises von dem scheidenden Dr. Hans-Joachim Boschek vorgetragen.

Dr. Hans-Joachim Boschek Foto: Linde Arndt

Dr. Hans-Joachim Boschek
Foto: Linde Arndt

Fazit des Berichtes: Es ist alles in Ordnung im EN-Kreis bezüglich der Armut, da der EN-Kreis mit seinen Zahlen unterhalb der NRW Durchschnittszahlen liegt. Trotzdem sind 8,3 Prozent Ennepetaler = 2.491 Menschen und 15 Prozent = 567 Ennepetaler Kinder von Armut betroffen. Für eine der reichsten Städte in NRW beschämende Zahlen. Ein hohes Risiko in die Kinderarmut zu rutschen besteht zu 36% bei Eltern mit mehr als 3 Kindern. So weit eine Begründung warum Deutsche keine oder nur unzureichend Kinder bekommen wollen.

Davor debattierte man aber über die derzeitige Situation der Sinti und Roma in Hasperbach, denen von dem derzeitigen Vermieter zum 1. Oktober 2014 gekündigt wurde. Da die Sinti und Roma jedoch nicht ausziehen wollen, hat sich jetzt eine explosive Gemengelage gebildet.

Hans-Georg Heller Foto: Linde Arndt

Hans-Georg Heller
Foto: Linde Arndt

Hans-Georg Heller vom Fachbereich Jugend und Soziales der Stadt Ennepetal berichtete denn auch von Handgreiflichkeiten und eingetretenen Türen bei gegenseitigen Schuldzuweisungen. Unserer Redaktion liegen Informationen vor, nach der die Sinti und Roma von dem Vermieter oder seinem Beauftragten genötigt wurden, die Mietverträge herauszugeben. Petra Backhoff (Bündnis90/Die Grünen) hat schon einmal versucht das leidige Problem der Bargeldzahlung im Sinne der beiden Parteien zu lösen. Die existierenden Mietverträge die der Vermieter den Sinti und Roma ausfertigte sollen rechtlich bedenklich sein. Im Moment hat die Stadt keine rechtliche Handhabe in Hasperbach einzuschreiten. Trotz allem ist die Stadt an die Polizei heran getreten um in Hasperbach vermehrte Präsenz zu zeigen, was den Sinti und Roma auch mitgeteilt wurde. Die Integrationsbemühungen werden durch die Stadt jedoch unverändert fortgesetzt.

Dieckmann  Foto: Linde Arndt

Wolfgang Dieckmann
Foto: Linde Arndt

Und weiter ging es. 15 Alkoholiker haben wir in unseren Stadtmauern. Und diese Alkoholiker konnten durch den Kreuzbund e. V. in einer Gruppe aufgefangen werden. Aus diesem Grunde trug der Vorsitzende des Kreuzbundes Wolfgang Dieckmann die Bitte vor, mit einer Daueraufnahme in den städtischen Haushalt mit einem Betrag von 2.000,– Euro bedacht zu werden.

 Dr. Petra Kappe (SPD) Foto: Linde Arndt

Dr. Petra Kappe (SPD)
Foto: Linde Arndt

Es folgte eine Debatte, bei der Dr. Petra Kappe (SPD) quasi eine Garantie haben wollte, nach der der Erfolg dieses Betrages gesichert bestätigt werden sollte. Das der Kreuzbund unverzichtbare gesellschaftliche Hilfe leistet, ist den meisten nicht bewusst. Deutschland hat inzwischen fast 2 Millionen Alkoholabhängige die durch ihre Sucht einen wirtschaftlichen Schaden in ungeahnter Höhe erzeugen. Da wäre eine gut organisierte Suchtberatung und Selbsttherapie sicherlich eine unterstützenswerte Sache. Nicht so für die SPD und CDU, die einer Einmalzuwendung von 500,– Euro zustimmen wollte. Die volkswirtschaftlichen Kosten der Alkoholsucht belaufen sich auf 26,7 Milliarden Euro in Deutschland, so die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen in 2013. Da sind die 500,– Euro in 2015 sicher gut angelegt.

Kommen wir zur Asyl-, Flüchtlingsproblematik, die nunmehr auch für Ennepetal virulent ist. Denn die Kriege und Gefahrenherde dieser Welt gehen an Ennepetal nicht so einfach vorbei. Dazu kommen noch die Probleme aus den osteuropäischen EU Staaten, wie Bulgarien oder Rumänien. Aber auch die neuen Probleme, die mit dem Ukrainekonflikt, werden sich in Deutschland, und damit auch in Ennepetal, niederschlagen. Das die Ratsmitglieder nur ein rudimentäres Wissen über dieses Thema besitzen, ist für einen Sozialausschuss, verwunderlich. 132 Personen, mit steigender Tendenz, genießen in Ennepetal den Asylantenstatus und haben dementsprechende Rechte. Über kurz oder lang wird man über eine personelle Aufstockung sprechen müssen um den Arbeitsanfall bewältigen zu können. Petra Backhoff (Bündnis90/Die Grünen) plädierte für eine hauptamtliche Kraft, die mit den sicher traumatisierten Menschen umgehen könnte, wobei das angesprochene Ehrenamt aufgrund der höheren Qualifikation sicher nicht geeignet wäre.

Kommen wir zum Haushalt 2015 im Sozialbereich, eine Ausgeburt von Intransparenz.

   

Auszug     aus Ennepetaler Haushalt 2015||>05.02.01.421310<

 

Es geht um die Position: „Leistungspauschalen nach dem FlüAG“ (Gesetz über die Zuweisung und Aufnahme ausländischer Flüchtlinge (Flüchtlingsaufnahmegesetz – FlüAG)).

2013 waren 134.461,– Euro angesetzt

2014 waren 80.000,– Euro angesetzt

2015 werden 150.000,– Euro angesetzt

 

Nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz – (FlüAG) gibt es verschiedene Leistungspauschalen. Ein Rückgang von 134.461,– Euro auf 80.000,– Euro bei steigender Fallzahl ist ungewöhnlich, zumal denn im Folgejahr 150.000,– Euro angesetzt werden. Dr. Hella Siekermann (FDP) fragte zwar nach, bekam aber keine schlüssige Antwort. So ging es mit mehreren Beträgen, die nicht nachvollziehbar beantwortet wurden. Wenn die Stadtverwaltung Ennepetal nur in der Lage ist, den reinen Kontenplan mit den Zahlen auszudrucken, macht die Vorlage für den Rat keinen Sinn. Denn der Rat kann dann nicht wissen worüber er entscheiden soll. Abgesehen davon, könnte der Rat bei Bedarf auch freiwillige Leistungen erteilen, wenn ihm bewusst wäre wie niedrig der Gesetzgeber die Pauschalen angesetzt hat. Auch bei einem Haushaltsicherungskonzept ist dies möglich, dafür müsste der Rat jedoch umfassend ins Bild gesetzt werden.

Die Widersprüchlichkeit der Stadtverwaltung erkennt man am jetzt neu eröffneten Bürgerbüro in Milspe. Kaum ist es umfangreich renoviert und ausgestattet worden, was zu einem sicher nicht unerheblichen Kostenaufwand führte, steht es schon zur Schließung in der „Giftliste“. Auch die Streichung der Kinderspeisung in der Schule für Kinder die mit ihrer Armut sich kein Essen leisten können ist nicht nachzuvollziehen.

Die Stadtverwaltung macht es immer wieder, sie führt den Rat nach allen Regeln vor. Wenn der Rat anscheinend nicht mal an den Entscheidungen der Stadtverwaltung beteiligt wird, kann man eine Bürgerbeteiligung sicher nicht herbeiführen. Deshalb war der Innenstadtdialog nur eine Alibiveranstaltung.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal