Können die mit Ennepetal nichts anfangen?

 [jpg] Erinnern Sie sich noch an die erste Veranstaltung zum neuen Flächennutzungsplan in der Rosine ? Es war der 15.10.08 um 19:30 Uhr, damals war Wilhelm Wiggenhagen noch Wirtschaftsförderer und es war die Auftaktveranstaltung, mit rund 70 Personen, darunter die Parteien des Rates  CDU  /  SPD  /  FDP  /  GRÜNE, FWE die Verwaltung, die Firmen Grünplan, Dortmund, Planlokal, Dortmund und sbp, Essen.


Mitte: Dipl.Ing.Thomas Scholle/Planlokal                               Foto:Linde Arndt
  Danach ging es durch die gesamten (fast) Ortsteile und fast das gesamte Jahr 2009 musste herhalten.

Wiggenhagen gab damals das Versprechen Anfang 2010 den Flächennutzungsplan mit den eingearbeiteten Forderungen der Bürger nochmals zur Diskussion zu stellen. Viele dachten die 14 Millionen Truppe wollte eine Bürgerbeteiligung oder auch partizipativen Demokratie in Ennepetal etablieren. Weit gefehlt. Aber was kümmert wen, irgendein gegebenes Wort von gestern?

Wir haben gelernt welche Bedeutung ein Flächennutzungsplan für eine Stadt hat.

Es geht um die Zukunft einer Stadt als auch die Perspektiven von Ennepetal. Wie das? Politik muss sich aufmachen eine Zielvorstellung zu definieren. Diese Zielvorstellung kann dazu führen, dass eine Stadt sich entwickelt. Ja, sie kann sogar dazu führen, dass Menschen sich in dieser Stadt vermehrt ansiedeln oder diese auch nicht verlassen.

Es geht dabei um eine attraktive Zielvorstellung, und man muss diese Zielvorstellung auch transportieren. Erst dann werden Menschen eine Entscheidung für diese Stadt aussprechen. Nur, die 14 Millionen Truppe hat keine Ahnung wie man etwas transportiert, sprich Kommunikation betreibt oder mit anderen Menschen Verbindungen aufbaut.  
    l. Clasen/Verw., Mielchen (CDU) Vorsitz, Peuser/Verw.                   Foto:Linde Arndt

Das zum Einen. Was aber könnte eine attraktive Zielvorstellung sein? Diese Zielvorstellungen sollte einen ganzen Köcher voll attraktiver Ziele haben. Für kreative Menschen mit ausreichenden Fantasien und dementsprechenden Dialogfähigkeiten ist das kein Problem. Nur weder die Stadtverwaltung noch der Rat der Stadt scheinen  solche Fähigkeiten zu haben. Man könnte sich aber mit Menschen zusammen tun die diese Fähigkeiten besitzen?

Was wurde also in den letzten Jahren getan?  Nichts Bedeutendes! Die Problematik wurde durch aussitzen erledigt. Das Einzelhandelsgutachten ist schon durch, es wurde so abgearbeitet wie man einen werktäglichen Einkaufszettel abarbeitet. Die Gutachter hat es gefreut, sie brauchten sich nicht anzustrengen, der Rat mit seiner 14 Millionen Truppe hatte keinen Ehrgeiz. Das Einzelhandelsgutachten ist nunmehr Geschichte und wie wir hörten die dazu gehörigen rund 25.000,– Euro Kosten auch. Wir haben es ja.

Und nun der Rest, der Flächennutzungsplan. Man hatte Arbeitskreise gebildet die das dazu gehörige Leitbild erarbeiten sollten. Haben sie auch. Aber das Leitbild ist so vage, dass es auf jede Stadt passen könnte, die formulierte Zielvorstellung kann nicht abgearbeitet werden. Das vorliegende Leitbild ist ein „Top-down“ Leitbild, es wurde den Beteiligten von oben übergestülpt, es fehlt ihm der Bezug zur Realität und kann dadurch nicht umgesetzt werden. Dann ist der Flächennutzungsplan nicht vom Leitbild, sofern man  davon sprechen kann,  abgeleitet. Was bleibt ist ein lustloser und sinnloser Flächennutzungsplan. Da werden Flächen hin und her geschoben, werden umdefiniert, zurück genommen oder auch neu definiert. Was kommt heraus: Ennepetal, die Stadt ohne Ziel. Mal ein Beispiel: Wenn die 14 Millionen Truppe sagt, wir werden immer weniger und wir können und wollen nichts dafür tun, dann sollte dies auch im Flächennutzungsplan deutlich werden. Ennepetal verliert durch Nichtstun einen ganzen Stadtteil, also rund 6.000 Einwohner in den nächsten 15 Jahren. Wäre denn dann nicht eine Überlegung angebracht, meinetwegen Bülbringen und Oberbauer nach Voerde „umzusiedeln“. Ich weiß hört sich nicht gut an, nur wie sollen die Einwohner mit den höheren Kosten der Infrastruktur klar kommen? Es sind „nur“ 1.500 Einwohner, wobei Bülbringen höchstens 400 auf die Beine bringt. Der Gedanke hätte auch einen umweltpolitischen Reiz, nämlich, die Zersiedelung der Landschaft einmal umzukehren. Wenn schon der exorbitante Rückgang der Einwohner hin genommen wird, warum gebe ich der Natur nicht das wieder zurück, was ich ihr einst genommen habe? Ist doch ein Argument? Ich meine, ich bekomme sowieso niemanden der mit der Stadt Ennepetal was anfangen kann; außer sich die eigenen Taschen voll zu stopfen.

Und wie ging der Ortsteil Bülbringen in die Beratungen ein?

                                    
2. Stadtteilforum Flächennutzungsplan 2025
 

Laut  Beratungsprotokoll der Projektgruppe ging es hier offensichtlich nicht sachlich oder themenorientiert  zu. Vielmehr kann man sehr viel Eigeninteresse ausmachen. Nochmal. Wenn die Politik Milspe als Zentrum definiert und den Verlust von rund 6.000 Einwohner hinnimmt, ist es doch logisch wenn ich die Planung auch daran anpasse.

   
                         Ausschnitt Bauschild Frey und Drewnik beide FDP  Foto:Linde Arndt  

Aber nein, das noch vorhandene Flächenpotenzial wird nur unwesentlich zurück genommen. Herr Frey (FDP) will aber indirekt keine wesentliche Rücknahme der vorhandenen Reserveflächen, vielmehr will er mit seinen Äußerungen sogar eine Ausweitung der Flächen. Nun Bülbringen gehört zu dem „Speckgürtel“ von Ennepetal.


Frey (FDP)       Foto:Linde Arndt
  Hier siedeln sich in der Regel die höheren Einkommensschichten ( ~  80.000,- €) an. Herr Frey (FDP), der Architekt ist, sieht offensichtlich seine Klientel in ihrem Wunsch nach Expansion in grüner Umgebung beeinträchtigt.

Auch ist der Architekt Frey mit seinem Parteifreund Drewnik sehr rührend als Bauherr, als Planer, Bauleiter und Statiker in Ennepetal tätig, wie wir vermehrt bewundern konnten.

Diese Einstellung, also Zersiedlung der Landschaft, ist aber allgemein politisch nicht gewollt, vielmehr sollte man die Innenstädte ( die Klammer Milspe/Altenvoerde/Voerde) beleben und die Zersiedelung neuer Flächen vermeiden.

Der Stadtplaner Planlokal aus Dortmund hat diesbezüglich einen eindeutigen Fingerzeig in diese Richtung gegeben. Abgesehen davon das Frey (FDP) mit der Teilnahme an dieser Projektgruppe einen Interessenkonflikt hatte, er kann als lokaler Architekt doch nicht unparteiisch betrachten. Kommen also in den Beratungen der Projektgruppe Ennepetaler Flächennutzungsplan sachliche Argumente und Entscheidungen zum Zuge? Nein, es werden weiter die Grundlagen für eine seit Jahrzehnten vorherrschende Zersiedlungspolitik  befördert. So nach dem Motto: Wenn sie im Grünen ein Grundstück haben wollen, so haben wir auch den Architekten dazu. Nebenbei bemerkt kosten der Gesamtheit die Ortsteile Bülbringen und Oberbauer erheblich mehr Steuergelder für die Infrastruktur als die anderen Stadtteile.

 Während der Ausschusssitzung meldete die SPD und die Grünen auf Grund der Tatsache noch Beratungsbedarf an, weil die ausgewiesenen Flächen nicht schlüssig und plausibel sind.

Die CDU/FDP wollte jedoch den Flächennutzungsplan vom Tisch haben und forderte Abstimmung. Als die Grünen merkten, die CDU/FDP wollte nicht mehr, wollten auch die Grünen keine Beratung mehr.

Rückgrat und selbstständige Politik sieht anders aus. Wie kann man nur ohne Rückgrat den gerade Gang ausüben?

 
Hofmann/Bündnisgrüne Foto: Linde Arndt

   Da kommt direkt die Frage auf: Wofür stehen die Grünen in Ennepetal eigentlich? Das aber nur nebenbei. Ach ja, die FWE, für die war das sowieso selbstverständlich mit der CDU zu stimmen, eine eigene Meinung ist bei dieser Partei noch nie aufgefallen. Die FWE sollte sich umbenennen in „Freundeskreis der CDU“. Bei der FDP sieht man wenigstens eigenständige Politik, zwar Klientelpolitik, aber immerhin ehrlich auf die besser verdienenden ausgerichtet und den eigenen Geldbeutel fest im Blick. Leider wird es diese Partei anscheinend nicht mehr länger geben, sie wird immer mehr der Gruppe "Sonstige" zugeordnet.

Auf Bundesebene ist dem deutschen Michel im Zusammenhang mit der Milliardenschenkung an die Hoteliers diese spezielle Politik schon aufgefallen. Die FDP hängt gerade einmal auf 3%, was sie zur Splitterpartei wie die „Grauen Panther“ macht. Was passiert jetzt mit dem Flächennutzungsplan? Nichts! Er wird durch den Rat verabschiedet und gut ist. Und das Gemeinwesen Ennepetal? Welche Zukunft wird diese Stadt haben? Die Stadt wird weniger werden, wahrscheinlich rund 6.000 Bewohner. Die Zentren Milspe und Voerde werden verkommen, weil die Politik und die Verwaltung nichts damit anfangen können. Es ist eben wie mit einem Haus; ist das Fundament schwach, wird es auch ein schwaches Haus werden. Und irgendwann, wird das Haus in sich zusammen fallen. Dann kommt die Frage nach dem Architekten. Tja, und der liegt dann leider schon unter der Erde.

Lassen wir  noch ein paar Worte über  dieses Leitbild reden, was es kann und wie es aussehen sollte für eine kleine Stadt wie Ennepetal. Um ihnen allen die Wirkung und Nachhaltigkeit von Leitbilder näher zu bringen, möchte ich ihnen einmal drei nennen, die  Milliarden von Menschen Tag für Tag dazu bewegen diesen Bilder nachzueifern – und das seit Jahrtausenden. Das Kreuz, der Halbmond und das Rad der Lehre sind alle drei Symbole von Religionen und hinter diesen Symbolen stehen Leitbilder. Leitbilder sind also etwas sehr starkes und können sogar die Welt bewegen. Aber wir wollen ja nur die Kleinstadt Ennepetal bewegen, und nur die nächsten Jahrzehnte  wenn überhaupt. Herr Palomba nannte das mit Wilhelm Wiggenhagen seine Vision 2025, nur vergaß er dabei die Inhalte. Ich versuche mich mal an einer allgemeingültigen Definition:


Logo des Bund-,Länderprogramms
  Das Leitbild ist die bildhafte inhaltliche Beschreibung eines Gemeinwesens (Stadt). Inhaltlich werden eigene, i.S.von gemeinsam erarbeitete, Werte einer Stadt vorgegeben, die letztendlich zu einer großen Identität der Bevölkerung mit ihrer Stadt führen.
Die vorgegebenen Werte unterscheiden sich jedoch explizit von den Werten der anderen Städte, führen jedoch nicht zur Abgrenzung derselben. Vielmehr können diese eigenen Werte zu einer Ergänzung der anderen Städte beitragen.

Nun sollte das Leitbild für Ennepetal konkretisiert werden. Da es ein Bild sein soll, besteht es aus Figuren oder auch Farben.

Ein Bild könnte sein: Wir begreifen uns als eine soziale Stadt in welcher die Bindungen miteinander und zueinander stark ausgeprägt sind. Aus diesem Grunde sind unsere sozialen Einrichtungen, wie Kindergärten, Schulen aber auch Treffpunkte immer dazu aufgebaut keinen Menschen auszugrenzen 

Ein Ziel sollte unbedingt sein: Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Hier hören wir auf, weil wir meinen gezeigt zu haben, wie ein Leitbild auszusehen hat.

Wie sollte es nicht aussehen? Beispiel: Unsere Stadt ist eine wunderschöne Stadt, welche inmitten der Natur liegt. Gottes Natur liegt direkt vor der Haustür, wir sind mit einem Schritt in ihr. Es gilt sie zu erhalten. Dieses Leitbild trifft auf 90% der Städte zu und es können kaum Ziele hiervon abgeleitet werden. Und noch eines, es kann auch nichts kontrolliert werden. Die Stadt Ennepetal hat sich für die zweite Art von Leitbild entschieden, wobei es auffällt wo sich bestimmte Politiker für bestimmte Flächen einsetzten die letztendlich zur Bebauung frei sind. So hat man halt eine unterschiedliche Begrifflichkeit von Leitbildern und Flächennutzungsplänen.

So können die Ratsmitglieder mit ihrer 14 Millionen Truppe schon etwas mit Ennepetal anfangen, sei es auch vielleicht zu ihrem eigenen Vorteil. Man schaut ja nur vor das grinsende Gesicht eines Ratsmitgliedes, hinter das Gesicht kann leider niemand sehen. Übrigens die Ratsmitglieder gehen jetzt erst einmal in die Sommerpause und melden sich im September wieder. Die haben ja soooooooooo viel getan und es sind ehrenamtliche Mitglieder „unserer“ Gesellschaft. Wir sollten ihnen wirklich dankbar sein. Warum und wofür eigentlich?

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal