Das Ruhrgebiet ist keine grüne Wiese

 

[jpg] So könnte die Aussage lauten wenn man über den Standort Metropole Ruhr Auskunft bekommen würde. 2009 hatten wir in Witten an einem Gespräch zum Thema Flächenmanagement teilgenommen. Damals trennte man sich mit der Idee, einen Katalog über die zur Verfügung stehenden Flächen in der Metropole Ruhr zu erstellen. Viele Fragen und viele Probleme hatten sich der RVR und die MetropoleRuhr anhören müssen.

Nun, am 26.Oktober 2012, war es soweit. Das Projekt „Gewerbliches Flächenmanagement Ruhr“ wurde vor der Presse den geladenen Gästen der 53 Ruhrstädte vorgestellt.

 
v.l.: Dr. Jörg Fabri [Managing Partner allocate International Gmbh:] / Thomas Westphal [Geschäftsführer Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH]/Martin Tönnes [Bereichsleiter Planung Regionalverband Ruhr]/Dr. Günther Horzetzky[Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk]/ Hans Jürgen Best [Stadtdirektor Stadt Essen]/Karl-Friedrich Schulte-Uebbing [Hauptgeschäftsführer IHK Nord Westfalen]                                                              Foto: © Linde Arndt
 

Nach Fertigstellung dieses Projekts gilt, es sieht gut aus und die Metropole hat weitere Probleme nicht lösen können.

Ein paar Facts :

  • Bei einem jährlichen Flächenverbrauch von 212 ha  sind die verfügbaren Flächen zu knapp bemessen.

  • Zusammenhängende Flächen von 10 ha sind sehr schwer zu bekommen.

  • 43% von 2.721 ha der potenziell zur Verfügung stehenden Flächen sind mit Restriktionen belegt.

  • Mit Hilfe der von der MetropoleRuhr GmbH herausgearbeiteten Tools konnten von den Restriktionsflächen 1.552 ha zusätzlich bereit gestellt werden.

  • „Auf der grünen Wiese“ wird sparsamst geplant, womit das 5 ha/Tag der Landesregierung umgesetzt wird.

  • Ein digitales Erfassungs- und Analysewerkzeug für Bürostandorte wurde mit ausgewählten Kommunen entwickelt.

  • „Best-Practice-Beispiele" wurden herausgearbeitet um als „Blaupause“ anderen Kommunen zur Verfügung zu stehen.

Das alles kann jedoch nicht dazu führen sich auf den nun ersten getätigten Schritten auszuruhen. Dies zeigte einmal mehr der Vortrag von Dr. Jörg Fabri der kurzerhand die Standortbetrachtung von Seiten des potenziellen Investors betrieb. Fabri machte es sich einfach, indem er die Metropole Ruhr in Beziehung zur Region Düsseldorf setzte. So sind die erzielbaren Flächenerlöse in der Region Düsseldorf mit 5,20 Euro/qm ungleich höher als die der Metropole Ruhr mit 3,50 Euro/qm. Die umfassendere Betrachtung aus Sicht des Unternehmers ist eben nicht nur das blinde Starren auf den Gewerbesteuerhebesatz. Vielmehr fließen eine Vielzahl von Parametern in die Entscheidungsfindung der Unternehmer mit ein. So stehen den Unternehmern verschiedene und unterschiedliche Benchmarking Studien uneingeschränkt zur Verfügung.

 
v.l.: /Karl-Friedrich Schulte-Uebbing / /Martin Tönnes / Thomas Westphal/ Dr. Jörg Fabri / Roland Lohsträter [Geschäftsführer PHILLIPINE Gmbh & Co, Dämmstoffsysteme KG                                                                                                      Foto: © Linde Arndt
 

Fakt ist jedoch folgendes:

  • Es gibt nicht unbedingt eine persönliche und räumliche Bindung der Unternehmen.

  • Es gibt ein ganzes Tableau von Parametern in der Entscheidungsfindung. Der Hebesatz ist zwar an oberster Stelle, kann aber durch eine Gewichtung nicht zum alles bestimmenden Faktor gesehen werden.

  • Es gibt keinen Standort der für alle Branchen zutreffend sein kann.

  • Einzelne Abwanderungen können eine „Todesspirale“ in Gang setzten die letztendlich nur schwer wieder umzukehren ist.

  • Es muss eine „Wohlfühlstrukur“ in der Stadt geschaffen werden, die die Entscheidungen hinsichtlich der rationalen und emotionalen Gründe begünstigt. Da kann der besonders günstige Autobahnzugang mit einem guten Innenstadtflair korrespondieren. Also, Autobahn alleine reicht nicht!

  • Clusterbildungen in der Wirtschaftsförderung begünstigen aber auch offene Produktpaletten in den Industrieparks zu lassen.

  • Betrachtungen des gesamten lokalen und regionalen Wirtschaftsraumes anstreben.

  • Ein Klima schaffen welches die Einpassung neuer Unternehmen in den Industriepark als zwangsläufige Entscheidung sieht.

 

Nun zu dem Wirtschaftsraum Düsseldorf. Sicher das Image von Düsseldorf ist ungleich günstiger als das der Metropole Ruhr. Nun, die Düsseldorfer hatten vor 50 Jahren nur den Radschläger als Imageträger gehabt. Die Wandlung von Düsseldorf war ja nicht hinter verschlossenen Türen vollzogen worden, jeder konnte zusehen und jeder konnte sich einzelne Maßnahmen abkupfern oder eigene Maßnahmen, die ein besseres Image ermöglicht hätten, aufbauen. Das Argument Landeshauptstadt mag hier nur als Entschuldigung gelten.

Das das Image „Kohle und Stahl“ der Metropole noch negativ nachhängt, ist doch nur den schwachen oder nur unzureichenden Marketingstrategien zu verdanken. Erst in den letzten 3 Jahren kam überhaupt ein Bewusstsein auf, solche Strategien zu entwickeln. Nach dem Kulturhauptstadtjahr wurde gerade eine Kakophonie an Marketingstrategien heraus gebracht.

Wir gehen nicht mehr mit schwarzen Gesichtern durch unsere Innenstädte, die evtl. noch mit Kohlenstücken gepflastert sind. Unsere Städte haben auch nicht nur Brachen, vielmehr haben auch wir Landschaften mit sehr viel Grün. Wir haben spannende kulturelle Ereignisse, die den Ereignissen der anderen Regionen weit überlegen sind. Nur, wo bleibt die überregionale Kommunikation hinsichtlich solcher herausragender Events? Als Beispiel sei hier die Milliardeninvestition in die Renaturierung der Emscher genannt. Bedingt durch den dominierenden WAZ Konzern in der Metropole, finden solche Ereignisse nicht die dementsprechenden Würdigungen. Auch die Pressestellen in den Städten der Metropole verstehen es nicht, den Wandel und das schon Erreichte offensiv darzustellen. Hier arbeitet der Düsseldorfer Raum eben besser. Was fehlt, ist eben die übergeordnete Marketingstelle, die zielgerichtet die Nachrichten an die Medien verteilt.

Kommen wie dann zu den immer mal wieder so groß beschworenen interkommunalen Zusammenarbeiten. Es stimmt, man spricht miteinander. Nur man arbeitet keine konzeptionellen Strategien interkommunal aus. Man wartet ab, bis man kein Geld mehr hat, um auf dieser Basis mit dem Nachbarn zusammen zu arbeiten.

Es ist erschreckend, wie sich Städte wie Düsseldorf  weiter entwickeln und sich zu „Oberoberoberzentren“ entwickeln.

Politik und Bevölkerung sollten sich überlegen, ob die Metropole Ruhr als folkloristisches Ziel gelten sollte, in der Leute mit grauen Leinenanzügen und Helm rumlaufen um auf Kohle zu beißen.

Die Metropole Ruhr hat zwar ganz leise die Planungshoheit, den RVR und viele, viele andere Institutionen, sie hat aber immer noch nicht den Regierungsbezirk Ruhr mit welchem man sich identifizieren könnte. Es wird Zeit dafür.

Wie sagte Dr. Fabri: Es fehlt ein gewisses Selbstbewusstsein in der Metropole Ruhr um sich gegenüber der Landesregierung zu behaupten. Richtig!

Und verdammt noch mal, das Ruhrgebiet ist keine grüne Wiese aber die Metropole hat landschaftlich sehr viel zu bieten. Und da ist sehr viel grüne Wiese dabei.

 

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Essen