Europa und der sanfte Druck

   
Ausschusssitzung  im "József Antall building"                                                                           Foto: © Linde Arndt
 

[jpg] Wir alle haben sicherlich noch den Zerfall des Staates Jugoslawien in Erinnerung. Es sind schmerzhafte europäische Erinnerungen. Obwohl es die etwas unterentwickelte Balkanregion ist, gehört diese Region eindeutig zur europäischen Region.  Die blutigen Auseinandersetzungen endeten mit dem Eingreifen der Staatengemeinschaft, die eine gewisse Stabilität in dieser Region herbeiführten. Nun, aus dem Vielvölkerstaat Jugoslawien wurden letztendlich viele Völker ohne klare Perspektiven.Und diese Perspektiven bot nur eine Institution, die Europäische Union, die den ehemaligen Jugoslawischen Staaten das bot was am wichtigsten  war, demokratischen Halt und wirtschaftliche, finanzielle Entwicklungsmöglichkeiten. So sind seit 2004 Kroatien und seit 2005 Mazendonien Beitrittskandidaten der EU. Wir schreiben 2013 und  Kroatien hat die Beitrittverträge in seinem Parlament mit der notwendigen 2/3 Mehrheit ratifiziert. Vorher musste Kroatien schwere Entscheidungen auf dem Weg zur EU treffen, dies betraf die Auslieferung der angeklagten kroatischen Bürger an das Haager Gericht. 
Und Mazedonien? 2013 hat Mazedonien immer noch den Kandidatenstatus und das nicht ohne Grund. Zu Beginn des Antrages von Mazedonien kam es zu einem Eklat zwischen dem Vollmitglied Griechenland und Mazedonien um den Staatsnamen. Griechenland hat einen Landesteil mit dem Namen Mazedonien, der auch von Mazedoniern durchweg besiedelt ist. In Mazedonien befinden sich allerdings Mazedonier mit slawischen Wurzeln. Griechenland bestand auf einer Namensänderung und wollte zuerst den Antrag des Staates Mazedonien nicht annehmen. Mit der Zeit änderte Griechenland jedoch seine Einstellung, so dass der Antrag der Mazedonier angenommen wurde.
So konnte Brüssel mit Mazedonien anfangen den umfangreichen Anforderungskatalog der EU abzuarbeiten.  Das Namensproblem zwischen den beiden Staaten blieb bestehen, allerdings köchelte das nun etwas. Um die Kontrolle zu behalten schickt die EU, hier der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, ab und an einen Berichterstatter um zu sehen wie es im Lande aussieht. Und das ist in diesem Zusammenhang auch notwendig gewesen. Die Mazedonier haben am 24. Dez. 2012 ihre gesamte Opposition im Parlament bei einer Abstimmung gewaltsam vor die Türe gesetzt. Und, damit das Ganze nicht dokumentiert wird, schmiss man die Presse auch direkt raus. Aber das war nicht alles was der EU Berichterstatter sich ansehen musste. Vielmehr musste er auch noch eine ansteigende Kriminalität und Korruption konstatieren. Die nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Bulgarien und Griechenland sind durch die Mazedonier auf einem Tiefpunkt angelangt. 
Der EU Berichterstatter, der Brite Richard Howitt war entsetzt, zog aber keine voreiligen Konsequenzen. Wie also weiter verfahren, wenn in einem Staat anscheinend alles den Bach runter geht? Denn irgendwann muss der Kandidatenstatus überwunden werden und man sollte zu Beitrittsverhandlungen übergehen um die Listen abzuarbeiten. Nach dem Bericht kam eine engagierte Diskussion im Auschuss in Gang. Wobei der Vorsitzende Elmar Brok sich sehr ungehalten über das Namensproblem äußerte. Andere Abgeordnete äußerten ihr Unverständnis über den vorgeschlagenen Namen Slawomazedonien. Zu lang und zu sperrig, so der Auschuss. Die anwesenden Griechen sahen sich dann auch etwas in die Ecke gedrängt. Sie wiesen denn auch darauf hin, dass sie sich nicht gegen den Beitritt von Mazedonien gesperrt haben. Wie sich denn auch ergab, sollte das Namensproblem nicht das vordringlichste Problem sein. Die Ausschussmitglieder sprachen dem Parlament eine demokratischen Unreife zu; denn inzwischen sprechen die einzelnen Gruppen nicht mehr miteinander.  Die parlamentaischen Tumulte am 24.Dez.2012 aber auch die sonstigen gesellschaftlichen Entwicklungen stellten nun ein nicht überwindbares Hindernis dar. Es sollte aber ein Entschluss gefasst werden um Mazedonien weiter zu bringen. Es musste ein Signal her. So schlug der Berichterstatter Richard Howitt vor den Entschließungsantrag zu vertagen. Denn zum derzeitigen Zeitpunkt spricht alles dagegen in die Verhandlungen einzutreten, heißt der Antrag würde abgelehnt. Durch die Ablehnung könnte sich aber die Hoffnung der politischen Gruppen gegen Null zerschlagen. Skopje sollte mitgeteilt werden, dass Brüssel  um ein Weiterkommen ringt. Die politischen Gruppen sollten sich an einen Tisch setzen und sich um politische Lösungen bemühen. Wenn solch ein Signal in Brüssel zu hören wäre, würde zumindest dem Entschließungsantrag zugestimmt. Der Präsident Elmar Brok schlug daraufhin eine Verschiebung der Abstimmung bis zur nächsten Sitzung vor. Der Ausschuss stimmte diesem Vorschlag zu.
Man darf gespannt sein ob der „sanfte Druck“ auf die Mazedonier einwirkt, damit sich in Skopje letztendlich die demokratischen Strukturen unumkehrbar verfestigen.
Manchmal bin ich ganz Stolz Angehöriger dieses Parlaments zu sein,es wurden sehr ausgewogene und verantwortungsvolle Beiträge vorgetragen. Unsere Beiträge sollten an die Mazedonier ein Signal geben, wir (Die EU) wollen ein demokratischen Land Mazedonien, so der Berichterstatter Richard Howitt zum Schluß dieses Tagesordnungspunktes.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel

[Foto: Richard Howitt © European Parliament]