Die Idiōtae Europas wollen oder können nicht europäisch sein

Plenary-Session in Brüssel Foto: (c) Linde Arndt

[jpg] Wo haben die 27 (28) Staaten der EU eigentlich ein Problem mit Europa? Bei manchen „Europäern“ hat man den Eindruck, als wenn diese sich nach der Zeit zurück sehnten, in der noch Stämme Europa beherrschten. Langobarden, Kelten, Etrusker, Sachsen, Franken, Germanen, Goten (Ost und West) und was weiß ich, welche Stämme durch Europa wanderten, um den anderen die Köpfe einzuschlagen.
Oder, nicht der Neandertaler war unser gemeinsame Vorfahre, sondern ein in Afrika lebendes Wesen, welches sich später auf den Weg machte, die Welt zu erobern – der heutige Homo Sapiens. Denn, diesem heutigen Homo-Sapiens muss es doch möglich sein, den Staat weiter zu entwickeln zu einem größeren Gebilde, welches auch die größeren Probleme des Homo Sapiens lösen kann.

Die viel später nach den Stämmen folgende Staatenbildung wurde offensichtlich nicht richtig durch die einheimische europäische Bevölkerung eingeordnet oder ausgelebt. Deshalb wusste man in Europa immer irgendwo einen Krieg vom Zaun zu brechen, der Millionen Menschen den Tod brachte. Und hatten sich diese Kriege gelohnt? Nein, nicht wirklich!
Über 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg mit rund 50 Millionen Toten, hat Europa (Ausnahme die Balkan-Kriege in den 90ern) nun Frieden! Und warum? Weil die Europäer lieber Handel, Forschung oder Kulturaustausch betrieben haben und für einen Krieg keine Zeit hatten. Gottseidank, sollte man sagen.
Wie kann also der Vorteil einer größeren Einheit, Europäische Union (EU) mit 27 Staaten, dem einzelnen Bürger nähergebracht werden? Und darüber hinaus die Globalisierung der Beziehungen mit multilateralen Bezügen ohne einen Hegemon USA. Lohnt sich Europa für den einzelnen Bürger und seinen Eliten nicht (mehr)? Ist es erstrebenswert Nationalismus, Protektionismus, Isolationismus und Xenophobie und die damit einhergehenden Ängste und Hysterien aufleben zu lassen? Was für einen Vorteil können wir von den angestrebten Änderungen erwarten? Keinen, aber wirklich keinen.

Jean-Cloude Juncker Foto: (c) Linde Arndt

Der „Brexit“, also der Austritt der Briten aus der EU, hat Europa total durcheinander gewirbelt. Weshalb eigentlich? Das Referendum vom 23. Juni 2016 welches mit 51,89 % für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union endete, stellt eine Schande der britischen Eliten dar und nicht der EU. Schande deshalb, weil dieses Referendum die britischen Bürger durch Halbwahrheiten und Lügen zu diesem Ergebnis geführt hat. Von Nigel Farage von der UKIP Partei war man ja Halbwahrheiten, Lügen und populistische Sprüche gewohnt, aber von Boris Johnson (Tory) dem ehemaligen konservativen Londoner Bürgermeister hatte man keine derartigen Verhaltensweisen erwartet. Und Labour? Der linksgerichtete Jeremy Corbyn warb nur halbherzig in dem Wahlkampf für den Verbleib der Briten in der EU, obwohl er für den Verbleib war. Das verstehe, wer will.
Lassen wir einige Halbwahrheiten und Lügen Revue passieren:

    • 445 Millionen Euro wöchentlich soll angeblich Großbritannien an Brüssel überweisen, tatsächlich sind es jedoch knapp die Hälfte, die Großbritannien überweist.
    • Die Türken würden bald Mitglied der EU, tatsächlich ist eine Mitgliedschaft der Türkei eher unwahrscheinlich.
    • Großbritannien werde mit dem Austritt die Kontrolle über seine Grenzen zurück erlangen, tatsächlich gehörte Großbritannien nie zum „Schengen Raum“ und konnte jederzeit seine Grenzen dichtmachen, schützen oder kontrollieren.
    • Der Gipfel der Halbwahrheiten war: Durch den Austritt Großbritannien würde sich für die Briten im Verhältnis zur EU nichts ändern. Es wird sich viel verändern, letztendlich könnte Großbritannien auf einen WTO Status zurückfallen, wenn die jetzt zu tätigenden 2-jährigen Verhandlungen ohne Abschluss geführt würden. Und so sieht das im Moment aus.

    Nachdem die Kündigung der Briten in Brüssel dem Ratspräsidenten Tusk überreicht wurde, wurden auch die Verhandlungsführer benannt, das sind:

    • David Davis (67), britischer Brexit-Minister
    • Michel Barnier (66), Chefunterhändler der Europäischen Kommission,
    • Didier Seeuws (52), Direktor des Europarats und
    • Guy Verhofstadt (64), europäisches Parlament.

    Als wenn, das nicht reichen würde. Dann sind da noch die Probleme der osteuropäischen Staaten, die Visegrád-Gruppe mit Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn, die der EU äußerst kritisch gegenüberstehen. Diese Gruppe lässt in sehr großem Maße die Solidarität gegenüber der EU vermissen und tendiert zu der Rückkehr in den Nationalstaatsmodus. Hier geht es um Wirtschaft, Migration, Finanzen und Freizügigkeit. Polen und Ungarn schrammen an den Grenzen der Rechtsstaatlichkeit vorbei und stehen seit geraumer Zeit im Blickfeld der Kommission. Es geht einfach nicht, dass einzelne Staaten die Annehmlichkeiten von Brüssel als Selbstverständlichkeit sehen und die Belastungen die sich durch die Mitgliedschaft ergibt, nach Belieben von sich weisen.

    Zu guter Letzt kommt noch der neue US-Amerikanische Präsident Trump, der der EU nicht gerade gut gesonnen ist. Er sieht die großen Exporte der EU in die USA, die die USA zum Schuldner Nummer eins in der Welt machen. Wobei, wo sind die USA nicht verschuldet? Aber, das ist ein anderes Thema.

    In Brüssel und Straßburg werden personelle Kräfte gebunden die sich mit den jetzt aufgetretenen Problemen befassen. Allein der Brexit bindet auf 2 Jahre hunderte Mitarbeiter; denn es gilt rund 80.000 Seiten Richtlinien oder Gesetze zu überarbeiten, damit die Briten aus diesen Texten getilgt und umgeschrieben werden. Wobei die Parlamente den Änderungten auch noch zustimmen müssen. Für die Briten gilt dies ebenso. Die Kosten dieses Brexit für Brüssel und London wagt keiner zu benennen, geschweige denn zu erwähnen.
    Dabei wäre es wichtiger, wenn Brüssel sich endlich auf den Reformstau stürzen würde, um die kritischsten Stimmen zu dämpfen.

    Abstimmung bei der Plenar-Sitzung in Brüssel Foto: (c) Linde Arndt

    Rückblick: Wie alles begann.

    An und für sich sollte die EU schon 1954 mit der europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) die ersten Schritte auf europäischem Boden machen. Ging aber nicht, da Konrad Adenauer die Zeit für eine Wiederbewaffnung der Bundesrepublik noch nicht für gekommen sah. Auch hätte Adenauer die Westbindung aufgeben müssen, denn der französische Präsident Charles de Gaulle wollte eine reine europäische Verteidigung organisieren, ohne die USA und Großbritannien. Es sollte noch ein Jahr dauern und Deutschland würde stattdessen der Nato beitreten. Adenauer wollte mit Unterstützung Frankreichs die Integration Deutschlands in die Weltgemeinschaft umsetzen, wobei Adenauer nicht drängen wollte. Überhaupt hielt sich Adenauer sehr zurück, verständlich, immerhin war der zweite Weltkrieg erst 10 Jahre her.
    Der erste Schritt fand dann auch am Abend des 25. März 1957 in Rom statt. Zwölf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg fanden sich im Senatorenpalast von Rom die Staatschefs von Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden zusammen um den EWG-Vertrag, den EURATOM-Vertrag und den EGKS (Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl) Vertrag feierlich zu unterzeichnen.
    60 Jahre später trafen sich die 27 Mitglieder der (inzwischen) EU um sich der gemeinsamen Zukunft zu versichern. Die EU ist halt noch nicht reif für die Rente, so der Luxemburgische Regierungschef Xavier Bettel. Man ist sich aber sicher die EU muss dringend reformiert werden, nur wer soll dies machen? Deutschland mit Bundeskanzlerin Merkel hält sich zurück und harrt der Dinge die kommen.

    Von Gurken, Staubsaugern und Feinstoffen

    In Brüssel schlagen Kommissare oder Parlamentarier regelmäßig die Hände über dem Kopf zusammen, wenn die Nationalstaaten und deren Regierungschefs meinten wieder einmal die EU schlecht machen zu müssen. Wobei die politischen Parteien und die nationalen Medien mit in diese Kerbe schlagen. Es ist chic auf die EU „einzuprügeln“.
    Als Beispiel mag die Verordnung (EG) 1677/88 herhalten. Im Zuge der Normierung hatte man den Schlangengurken einen Krümmungsgrad verpasst, wonach die Klasse I ( Es wurden die Güteklasse „Extra“ sowie die Handelsklassen I bis III definiert) eine maximale Krümmung von zehn Millimetern auf zehn Zentimetern Länge aufweisen durfte. Diese Verordnung wurde als typische Regulierungswut der Brüsseler EU gegeißelt.
    Es war jedoch nicht die Kommission, die diese Richtlinie auf den Weg brachte, sondern der Groß- und Einzelhandel der Länder unter der Regie Deutschlands. Denn die Händler wollten, was ja auch Sinn machte, die Gurken besser und kostensparender verpacken und das ging nun einmal nur mit einer geraden Gurke. Und damit man nicht immer die Verpackungen aufmachen musste, wurde die Klassifizierung auf den Weg gebracht und auf die Verpackung gedruckt.
    Das Geschrei war groß und man ging die EU zu Unrecht an. Als nun die EU um des lieben Friedens Willen diese Verordnung 2009 außer Kraft setzte, hatten zwar die Kritiker gewonnen, nur die Händler waren enttäuscht. In Folge setzten die nationalen Händlervereinigungen sich zusammen und übernahmen die Normierung als eigene Norm. Da scheint die EU doch nicht so schlecht gearbeitet zu haben?
    Beispiel zwei, die Verordnung (EU) Nr.:666/2013 die Staubsaugerverordnung. Demnach darf die Leistung eines in den Handel gebrachten Staubsaugers ab 2017 die Leistung von 900 Watt nicht übersteigen. Daneben sind noch einige andere Parameter in dieser Verordnung, was jetzt einmal nicht erörtert werden sollte. Und wieder war der Aufschrei riesengroß über den Regulierungswahn der EU. Tatsächlich hatte die EU jedoch den Auftrag der Regierungschefs sich Gedanken zu machen wie die Pariser Cop21, also die CO2 Verpflichtungen, durch einen Beitrag der EU umgesetzt werden könnten. Auf diesem Wege stellte die EU fest, dass 900 Watt für Staubsauger vollkommen ausreichend seien um die gleiche Saugleistung zu erbringen wie ein 2.000 Watt Staubsauger. Bei einigen Millionen Haushalten in der EU ist das sicher eine nicht zu verachtende Energieeinsparung was einer CO2 Einsparung europaweit gleichkommt.
    Ein weiteres Beispiel, die „Richtlinie 2008/50/EG über Luftqualität und saubere Luft für Europa“. In ihr wurden die Grenzwerte für Luftschadstoffe, Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffdioxid (NO2), Stickstoffoxide (Nox) oder Feinstäube verbindlich festgelegt. Nach dem heutigen Stand der Technik dürfte das kein Problem sein.
    Für Deutschland schätzt man z.Bsp. jährlich 12.000 Tote die an Lungenkrankheiten, wie Asthma oder Copd versterben. Nicht nur das, vielmehr sind viele Allergien oder Asthmaerkrankungen auf die erhöhten Luftschadstoffe zurückzuführen. Es wird aber nicht nur in Deutschland eine erhöhte Mortalität geschätzt, vielmehr können die deutschen Zahlen auch auf die anderen Staaten übertragen werden. Die wirtschaftlichen Gesundheitskosten innerhalb der EU sind enorm und verbrauchen finanzielle Ressourcen, die nicht hinnehmbar sind.
    Das wesentliche diese drei Beispiele sollen aber zeigen, wie gut die EU arbeitet, aber, und das ist noch wichtiger, die EU arbeitete immer im Auftrag der 27 Staaten, also nie ohne Weisung. Auch die Richtlinien und Verordnungen wurden immer im Rat der EU von den Regierungschefs abgesegnet.
    Wenn also die Regierungschefs sagen, sie hätten diese Verordnungen nicht gewollt so sagen sie nicht die Wahrheit.
    Aber es ist ja immer gut von dem eigenen Versagen abzulenken und die EU als Watschenaugust einzusetzen.

    José Manuel Barroso und Herman Van Rompuy
    Foto:(c) Linde Arndt

    Brexit, Trump und die französische Präsidentenwahl

    Als Premierminister Cameron das Referendum über den „Brexit“ auf den Weg brachte, dachte in Europa niemand an einen Erfolg dieses Referendums, selbst Cameron nicht. Nur, niemand hatte mit den Gegnern Boris Johnson und Nigel Farage gerechnet. Und niemand konnte die schwache Haltung von Labour gegenüber Europa voraussehen. Jeremy Corbyn von der Labour Party weiß bis heute nicht, ob er Fisch oder Fleisch ist. Die Befürworter der EU in Großbritannien waren sich zu sicher.
    Durch Halbwahrheiten, ja, sogar klare Lügen wurden die britischen Wähler in die Irre geführt und getäuscht. Das Referendum für den Brexit kam durch und wurde danach auch im Unterhaus beschlossen. Allerdings war das Referendum für die Regierung nicht bindend. Premier Cameron hatte dieses Referendum mit seiner Person verknüpft.
    Premierminister Cameron trat zurück und Theresa May wurde Premierministerin und reichte Ende März 2017 die Scheidungspapiere in Brüssel ein. Danach fixierte May auch noch Neuwahlen, die die Mehrheiten der Tories im Unterhaus verbessern sollen. Die Schwierigkeiten die jetzt auf die Briten und die EU zukommen werden beide, EU als auch Britannien, lähmen, so dass kaum Energien für weitere Entwicklungen in Europa frei gesetzt werden können. Nach der neuerlichen Parlamentswahl in Großbritannien, spekulieren viele Briten damit das Land auf den WTO Standard zurückfallen zu lassen. Denn die Zeit für Verhandlungen ist sehr knapp.
    Auch die USA machen im Moment einen Häutungsprozess durch. Dieser Häutungsprozess ist durch die unerwartete Wahl des Republikaners Donald Trump entstanden. Unerwartet deshalb, niemand hatte dem „Rüpel“, der in der Wahl gelogen hatte dass sich die Balken bogen, eine Chance gegeben. Trump wurde von den Republikaner nicht favorisiert, was ihn jedoch nicht scherte, er setzte sich mit seinem eigenem Geld in Szene und gewann. Wesentlich ist jedoch die Wählerschaft die Trump gewählt hat. Es sind die Abgehängten, sozial vernachlässigten Gebiete die Trump wählten. Diese Gruppe war es Leid von der Washingtoner Elite immer wieder vertröstet zu werden und nicht wahrgenommen zu werden.
    Jetzt versucht Trump seine Wahlversprechen per Dekret umzusetzen, was aber letztendlich den Kongress, also die gewählten politischen Vertreter, auf den Plan rief. Sogar die Gerichte mussten Trump stoppen. Ob das langfristig eine Veränderung der USA Demokratie bedeutet, es herrscht Unsicherheit, die die Welt dazu bringt sich neu zu orientieren. Kontinuität sieht anders aus. Trump war ein Nichts auf dem politischem Radar der USA, wie konnte es zu einer derartigen Wahl kommen?

    Die französischen Präsidentschaftswahlen

    Kommen wir zu der französischen Präsidentschaftswahl. Der neue französische Präsident heißt Emmanuel Macron.
    Was war das für ein Bangen, als Marine le Pen vom „Front National“ (FN) mit 21,3 % in die Stichwahl kam und Emmanuel Macron mit seiner Bewegung „En marche !“ mit 24 % nur ein paar Prozentpunkte Vorsprung hatte. Letztendlich reichte es für Marcron, er gewann die Stichwahl mit 66,1 %.

    Mit der französischen Wahl konnte jedoch eines nicht mehr übersehen werden, was sich in Europa und anderswo schon lange abzeichnet.

    • ie klassischen Rechten und Linken lösten sich auf. Aber, und das war auch noch zu sehen, die etablierten Parteien, wie die Sozialdemokraten (Parti Socialiste) und die Konservativen (Les Républicains), verschwanden von der Bildfläche zugunsten einer ganz neuen Bewegung (!), der Bewegung „En Marche“ (Vorwärts) eines Emmanuel Macron. Selbst die der Nationalisten (Front National) einer Marine Le Pen, hängten die etablierten Parteien ab. Die Franzosen wollten etwas neues, nicht mehr die alten Gesichter.
    • Die französische Nation spaltete sich in Eliten und Abgehängte, die Vorstädte und die Innenstädte oder die ehemaligen heruntergekommenen Industriegebiete und die neuen Ökonomien. Hier sollten wir uns die neuen Stichworte Gentrifizierung und „Bobos“ (bourgeois und bohémien) zu Gemüte führen. Die Franzosen waren ja mit Griechenland (Syriza Partei), Spanien (Podemos Partei) oder auch durch das Wiedererstarken der österreichischen Nationalisten unter Strache gewarnt.
    • Die USA haben mit Trump einen nationalistischen und populistischen Präsidenten bekommen, der die Nation spaltet und spaltete. Was aber noch wichtiger ist, die egoistischen Einstellungen Trumps haben weltweite Auswirkungen. Verträge, wie das Klimaabkommen von Paris, werden von den USA jetzt in Frage gestellt und gekündigt.
    • Der neue französische Präsident Emmanuel Macron hat im Wahlkampf eines vorbildlich gezeigt, man muss nicht die Positionen der Nationalisten und Populisten einnehmen, um die Wähler für sich zu gewinnen. Macron wusste die Argumente von Marine le Pen als ein Gebilde von Halbwahrheiten und Lügen zu enttarnen und damit die Nationalisten und Populisten zu entzaubern. Er überzeugte.
    • Was die Franzosen auch gezeigt haben, die Wahlen können aus dem Nichts bestehend Mehrheiten kippen, was die Briten mit ihrer Wahl auch zeigten. May war sich ihrer Mehrheiten sicher, zu sicher aber ihr Widersacher Jeremy Corbyn kippte die Wahl und nahm Theresa May die Mehrheit ab.
    • Für die deutschen Bundestagswahlen sollte das als Mahnung gereichen, dass die Parteien auch hier sich nicht sicher sein können. Merkel für immer? Wer weiß.
    • Eine Anekdote am Rande der französischen Präsidentenwahl. Philippe Poutou Nouveau Parti anticapitaliste (NPA) ein aussichtsloser Bewerber der 11 angetretenen Bewerber machte Furore in dem er Marine le Pen und anderen in der Fernsehdiskussion mit allen Präsidentschafts-Anwärtern einmal richtig die Meinung sagte, so Poutou in einem späteren Interview. So was ist auch nur in Frankreich üblich. Immerhin holte Poutou mit 1,2 % der Stimmen den viertletzten Platz.

    Angela Merkel Foto: (c) LInde Arndt


    Was kann Deutschland daraus lernen?

    Es ist vorbei! Jahrelang haben sich SPD und CDU die Macht in deutschen Landen geteilt, jahrelang haben sie sich mit Sprüchen und gut anhörenden Worten über Wasser gehalten. Sie haben Vertrauen verspielt und ihre Glaubwürdigkeit steht nicht zum Besten. Politik hat sich ihre eigene Welt geschaffen, losgelöst von sämtlichen Realitäten, lebte sie in der Bonner Republik in einem „Raumschiff Bonn“ so finden wir die Politik heute in Berlin in einer Filterblase oder Echokammer wieder. Nur die Eliten dürfen in die „heiligen“ Büros von Abgeordneten oder Amtsträgern. Mehrfach geweihte dürfen sogar im Kanzleramt den privaten Geburtstag feiern. Man sollte jedoch nicht meinen, das wäre eine für Deutschland typische Beschreibung des politischen Systems. Weit gefehlt, die USA haben genauso mit diesem System fertig zu werden, wie andere Demokratien auf der Welt.
    Welche Konsequenzen hat das für Deutschland? Deutschland hat im September eine Bundestagswahl.
    Zuerst einmal sollten die etablierten Parteien nicht die Positionen der nationalistisch, populistischen AfD übernehmen. Denn Frankreich hat gezeigt, es gibt kein politisches ausgeprägtes rechts links Verständnis mehr. Rechts von uns darf es keine Partei mehr geben, wie es die CSU immer wieder formuliert, diese Devise ist damit obsolet. Deshalb gilt, die Halbwahrheiten und falschen Behauptungen der Populisten zu entlarven oder die Zusammenhänge aufzuzeigen die die gemachten Aussagen der Populisten, als das zu enttarnen, was sie sind – Unsinn oder schlimmer noch Lüge.
    Weiter sollten die etablierten Parteien sich an ihre Anfänge erinnern, als sie noch authentische Aussagen machten, als sie Perspektiven aufzeigten, Probleme erkannten und diese auch mit Lösungsansätzen versehen konnten. Sie sollten zeigen, dass sie in der Lage sind, die Generationserneuerung in der Politik positiv zu begleiten – neue, junge und unverbrauchte Gesichter in die Führungsetagen einzubringen. Auch Deutschland könnte einen oder mehrere „Elder Statesmen“ aufzeigen, es muss nicht immer ein 88-jähriger Jürgen Habermas sein.
    Emmanuel Macron hat aber noch eines gezeigt, er hat eine Erzählung, eine Strategie geliefert die den Franzosen eine Zukunft aufzeigen – sie (Erzählung) fängt mit Europa an und schließt Frankreich mit ein. Frankreich eine Führungsmacht mit Deutschland.
    Ein weiter so wird sowohl die Konservativen als auch die Sozialdemokraten in den Orkus der Geschichte befördern. Und bei diesem Spiel, „Weiter so“ wird es nur Verlierer geben.

    Ist Brüssel noch bei „Sinnen“?

    Mit der Öffentlichkeitsarbeit hat es die EU  nicht so. Oder wollen wir mal so sagen, Transparenz ist in Brüssel nur ein Wort. Wer etwas über die EU wissen will, muss sich schon selber bemühen.
    So kommt es, dass Spekulationen, Unterstellungen und Halbwahrheiten durch die Politik der 27(28) EU Staaten ins Kraut schießen. Jeder einigermaßen intelligente lokale bis nationale Politiker kann seine eigene Unfähigkeit unwidersprochen auf die Brüsseler Politik schieben.
    Wen wundert es, wenn die EU ein denkbar schlechtes Image hat? Wenn die meisten der 500 Millionen Europäer nicht wissen, wofür und für was eine EU eigentlich steht? Wer weiß schon, dass die Regierungschefs der 27 (28) EU Länder die Marschrichtung bestimmen respektive dominieren? Und die Regierungschefs sind nur an einer handzahmen Brüsseler EU interessiert und äußerst wachsam, wenn es darum geht, Kompetenzen an die EU abzugeben.
    So konnte man und kann man Blüten der Inkompetenz beobachten, die einem die Haare zu Berge stehen lassen. Die EU hat zwar einen gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsraum, nur, wie konnte es da passieren das es ein Roaming im Mobilfunkbereich gab.
    Haben wir nun einen Wirtschaftsraum oder nicht? Und wieder waren es die Deutschen die hier eine „Extrawurst“ von Brüssel serviert bekamen. Erst dem energischen Einsatz der Kommissarinnen Viviane Reding und Neelie Kroes war es zu verdanken, dass die Roaminggebühren für 2017 ganz entfallen. Die Finanzkrise 2008 hatte die unfertige Währungsunion allen EU-Bürgern vor Augen geführt. EU Staaten hatten sich auf Geschäfte eingelassen, die die Staaten in Schwierigkeiten brachten. Griechenland konnte sich verschulden, ohne dementsprechende Sicherheiten zu besitzen. „Billige“ Arbeitsplätze aus den osteuropäischen Staaten konnten die heimischen Arbeitnehmer verdrängen. Speditionen machten in Ländern eine Firma auf die keine strengen technischen Vorschriften und „billige“ Fahrer haben. So leben die Fahrer in Europa auf der Straße, um irgendwo auf einem Parklatz für einen neuen Auftrag geordert zu werden. Ganz zu Schweigen von den Handwerkern, die per Entsendung preiswert ihre Dienste in den EU-Staaten anbieten können.
    Was sich in den letzten Jahren zeigte, es ist die EU der Eliten und weniger der europäischen Bürger. Überall politische Baustellen und keine Lösungen in Sicht.
    Die soziale EU, die die Arbeitnehmer schützen sollte, wurde noch nicht einmal angedacht. So konnte Deutschland jahrelang ohne Mindestlohn die Löhne niedrig halten.
    Reformen wurden immer mal lauter angemahnt, jedoch diese Anmahnungen vernahm man nur als Krächzen. Es musste ja kommen, die Populisten und Nationalisten wussten sich in Szene zu setzen. Österreich, Polen, Holland, Großbritannien und Frankreich stellten immer mehr signifikante Bevölkerungsteile an Europagegnern und Europaskeptikern ab und diese Gruppe ist nicht mehr zu übersehen und zu überhören.

    Donald Tusk – Präsident des Europäischen Rates
    Foto: (c) Linde Arndt

    Der ehemalige Kommissionspräsident José Barroso mit dem Ratspräsidenten Herman Van Rompuy hätten schon längst die ersten Reform-Schritte unternehmen müssen. Die folgende Spitze der EU, Kommissionpräsident Jean-Claude Juncker mit dem Ratspräsidenten Donald Tusk interessierten Reformen auch nur wenig.
    Transparent hätte man zumindest eine Skizze, eine Vision oder Schritte zu einem weiter entwickelten Europa unternehmen können. Der Brexit hätte als Zäsur verstanden werden können, die zu einem Neuanfang hätte führen können.
    US Präsident Trump ließ die europäische Elite wie Schüler aus der Grundschule dastehen in dem er sie abkanzelte und Investitionen in den militärischen Bereich verlangte. Alles Momente, die ein „weiter so“, verboten haben und förmlich nach Reformen schrien. Wer ist denn die EU? Eine starke Wirtschaftsmacht mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von rund 15 Mrd. Euro in 2016 oder eine Bananenrepublik? Ein bisschen Selbstbewusstsein könnte es schon sein. Die Nato ist obsolet, sagte der US Präsident Trump. Kein Problem, Europa hat seit Ende des zweiten Weltkrieges die europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) als Blaupause in den Schreibtischen der Regierungen. Es gibt ansatzweise militärische Zusammenarbeiten, wie die Deutsch-Französische Brigade oder das Eurokorps, Europa kann also seine Verteidigung in die eigene Hand nehmen. Zumal Europa gem. dem Sipri Institut über 200 Milliarden Euro an Rüstungsausgaben tätigt. Zum Vergleich: Die „bösen“ Russen investieren unter 100 Milliarden in ihre Rüstung. Alles eine Frage von Effizienz. Auch sind die EU in der Lage ihre eigene Rüstung zu entwickeln und zu produzieren, wenn die Politik das nur wollte. Stattdessen spielt man mit einer wie auch immer gearteten Zusammenarbeit mit der Nato, die die EU über das Terrorismusproblem ködern will. Tatsächlich ist die Strategie der Nato hinsichtlich des Terrorismus in keinster Weise erfolgversprechend oder zielführend. Experten sind der Meinung, es müsse ein Mix von Prävention als langfristiges Mittel und Überwachung aufgebaut werden. Die ganze Bomberei bringt doch nur neue Terroristen, die inzwischen mit Messern und Vorschlaghämmern oder Lieferwagen die Toten produzieren, was letztendlich zu sozialen Unruhen führen könnte.
    Die Nato wird von den USA dominiert und die USA haben keine übereinstimmenden Interessen wie die EU. Die EU macht eine gute Miene zum bösen Spiel der USA. Und Brüssel ist nicht in der Lage den USA zu sagen, so geht es nicht mehr weiter. Was ist das denn für eine Freundschaft zu den USA, wo man den Freund nicht kritisieren mag.
    Die EU stellt noch einen nicht zu übersehenden Wirtschaftsblock dar, noch, und sie muss sich weiter entwickeln, um ihre Position in einer globalisierten Welt zu behaupten. Die Welt ist jedoch nicht nur unumkehrbar globalisiert, vielmehr entwickelt sie sich zu einer multipolaren Welt mit mehreren Blöcken in der die USA nicht mehr die restliche Welt dominiert. Die USA werden gleichberechtigt neben China, Russland, Indien eine Position einnehmen. Ob es der EU gelingt, gleichberechtigt in einem Kreis dieser Staaten zu bestehen, ist bei den derzeitigen Bestrebungen der einzelnen EU-Staaten ungewiss. Auch hier entwickelt die EU Führung keinen Ehrgeiz die Dinge so zu regeln, wie es für die EU prosperierend sein sollte.
    Man fragt sich schon, wofür es eine Führung mit Kommissionspräsident, Ratspräsident oder Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik gibt und welche Politik diese vertreten um die EU fit zu machen. Es erscheint alles so sinnlos für den einzelnen Europäer.

    Jürgen Gerhardt für european-mosaik und EN-Mosaik aus Brüssel.

    ,

    ,

    ,

    ,

    ,

     

Hysterischer Westen schürt den Kalten Krieg gegen Russland

Ursula von der Leyen Collage + Foto: Linde Arndt

 

[jpg] Vor 3 Jahren haben die USA zum wiederholten male und nachdrücklich den Europäern mitgeteilt, dass sie sich in Europa etwas zurückziehen würden. Der Pazifikraum rückte für die USA, mit China, Japan oder den Philippinen, in den Fokus. Europa sollte etwas mehr in sein Militärbudget investieren. 2002 einigten sich die Nato Staaten ihr Militärbudget auf 2% des Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu erhöhen. Allerdings war dies eine unverbindliche Verpflichtung. Bis heute 2017 haben diese Vorgaben nur USA, Estland, Griechenland und Großbritannien erreicht, Deutschland erreichte nur 1,2 % seines BIP und befindet sich damit so ziemlich am Ende der Statistik.

Seit 2002 ist viel Wasser den Rhein runtergeflossen und die Gefahrenlage ist eine Andere geworden.

Man denke an den arabischen Frühling, den Libyen Krieg, der in einen failed state mündete, den Ukraine Umsturz/Maidan Aufstand und zu guter Letzt den Syrien Krieg. Dies alles führte dazu, dass die russische Föderation im Westen als Feind geführt wird. Die baltischen Staaten als auch Polen baten daraufhin die Nato um Verlegung von Truppenkontingente in ihre Länder. Was letztendlich auch im Rahmen der Operation Atlantic Resolve geschah. Das Problem welches sich mit dieser Operation auftat, war das Nato/Russland Abkommen, dass eine dauerhafte Stationierung von Nato Einheiten verbietet. Also müssen die Truppenkontingente in regelmäßigen Abständen ersetzt werden, was zu einem höheren Bedarf an Truppen führte. Marine und Luftwaffe wurden ebenso in den Bereich der russischen Grenzregionen in der Ostsee und den Bereich des Schwarzen Meeres entsandt. Dieser Aufmarsch sollte den Russen zeigen, wir sind da und bereit. Die Größe der Truppenkontingente sind jedoch nicht geeignet einen Großangriff der russischen Armee abzuwehren. Auch ist es recht fraglich ob die USA seine Truppen zur Verteidigung der baltischen Staaten ins Feld führen würde.

Als nunmehr Donald Trump zum 45. Präsidenten der USA gewählt wurde, erklärte er zuerst die Nato als obsolet, was er allerdings später widerrief. Der neue Verteidigungsminister der USA James Norman Mattis gab denn auch ein eindeutiges Bekenntnis zur Nato, vor der deutschen Verteidigungsministerin von der Leyen während ihres Washington Besuches ab. Präsident Trump als auch Verteidigungsminister Mattis sprachen jedoch nochmals die Erhöhungen der Verteidigungsanstrengungen der Europäer an, indem sie damit auf die Entlastung ihres eigenen Verteidigungshaushaltes drängten. Diese Forderungen wurden auf der Münchner Sicherheitskonferenz nochmals weiter verstärkt.

Verteidugungsministerin Ursula von der Leyen
Foto: (c) Linde Arndt

Durch die Art und Weise wie Präsident Trump seine Forderungen per Twitter übermittelt, löste er natürlich bei den Europäern ein mehr oder weniger großes politisches Chaos aus. Credo: Der Hegemon USA liebt uns nicht mehr. Abgesehen davon das Präsident Putin Trump zum Wahlsieg verholfen haben soll, was nicht sein durfte. Es ist ernst, bitterernst in Europa. Wir wollen jetzt nicht den Bürgerkrieg in der Ukraine und Syrien erörtern, die unterschiedlich bewertet wurden und werden aber letztendlich zu diesen Kriegsvorbereitungen führten.

Unsere Verteidigungsministerin wird aber nicht müde von einer Erhöhung der Militärausgaben zu reden um, und jetzt kommt es, der russischen Bedrohung entgegenzutreten. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel fällt in das allgemeine Kriegsgeschrei ein.

Die Operation Atlantic Resolve sollte nach Präsident Trump überdacht und evtl. in Frage gestellt werden, was in sämtlichen osteuropäischen Staaten die Alarmglocken läuten liessen. So scheint das gespannte Verhältnis zwischen Polen, Europa und Deutschland sich wieder zu normalisieren. Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo empfing denn auch die deutsche Bundeskanzlerin Merkel zwar unterkühlt freundlich, aber, immerhin, freundlich. Denn wenn die USA nicht mehr die Polen „lieben“, sollte man sich wenigstens mit dem europäischen Hegemon Angela Merkel gut stehen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel
Foto: (c) Linde Arndt

Nun, auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) fiel ein Interview auf, welches das Staatsfernsehen ARD und ZDF mit der deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen führten. Gefragt wurde nach der Erhöhung des deutschen Militärhaushaltes, der ja zur Zeit nur 1,2 % des BIP beträgt und verdoppelt werden müsste um die geforderten 2% zu erreichen. Wir sprechen also über 30 Milliarden Euro, nur für Deutschland. Wenn man nun die anderen europäischen Haushalte betrachtet, so kommen wir auf einen Betrag von locker 200 Milliarden Euro die jetzt gegen finanziert werden müssten. Und das nicht nur einmal, sondern permanent.

Falls nicht, das haben die USA klar signalisiert, würden die USA sich aus Europa zurück ziehen. Erpressung? Ja, klar. Und die Europäer reagieren hysterisch; denn meinen sie doch ungeschützt den bösen Mächten ausgesetzt zu sein. Europäisches Selbstbewusstsein? Denkste.

Dabei ist es doch ganz einfach, wenn man mal die Zahlen dieses Bereiches betrachtet.

 

Effizienz der europäischen Verteidigung

Das Stockholm international Peace Research Institute (SIPRI) gibt jedes Jahr die Militärausgaben der Länder weltweit heraus.

Demnach hat die Russische Föderation, also der Feind, 91 Milliarden Dollar für sein Militär ausgegeben.

Die USA haben für den gleichen Zeitraum 596 Milliarden Dollar für ihr Militär ausgegeben.

Das Europa der EU, also die noch 28 Staaten, haben im gleichen Zeitraum 293 Milliarden Dollar ausgegeben.

293 Milliarden : 91 Milliarden= 3,1 mal sind wir den Russen überlegen! Wenn also die USA sich zur Gänze zurückziehen würden, müssten wir an und für sich nur die alten Waffen die in die Jahre gekommen sind entsorgen und durch neue ersetzen. Wenn die Russen mehr Geld für ihr Militär ausgeben, ziehen wir einfach nach. Da Russland mehr Geld für seine eigene wirtschaftliche Entwicklung benötigt, könnten wir uns bei solch einem riesigen Staat wie Russland beruhigt zurück legen – was ja auch vernünftig wäre. Und weiter, Europa könnte bei solchen Zahlen getrost abrüsten.

Das Problem was sich jetzt für alle europäischen Beteiligten auftut, sie müssten ihre Militärausgaben effizienter nutzen. So hat der Ausschuss für Sicherheit und Verteidigung (SEDE) schon lange vorgeschlagen gemeinsame Einheiten zu bilden. Demnach könnte ein Kriegsschiff eines europäischen Staates unter der Europafahne mit einer internationalen EU Besatzung besetzt werden. Spanische Panzer könnten neben französischen oder dänischen Panzereinheiten unter europäischen Flagge in Polen stationiert sein. Die Polen wären sicher genauso beruhigt.

ehemaliger Nato Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen
Foto: (c) Linde Arndt

Das ergibt aber ein weiteres Problem. Die Nato wäre nach einer europäischen Sicherheitsarchitektur tatsächlich obsolet. Und die USA wären draußen. Das aber wollte der gute alte Nato Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen jedoch nicht zulassen und las den Europäern 2014 die Leviten.

Kurz, wir brauchen keine Erhöhung der Militärausgaben, wir müssen die Militärausgaben nur besser einsetzen, und zwar im europäischen Verbund. Das uns die Nato dann um die Ohren fliegt sollte uns nicht kümmern, denn ihre Philosophie ist seit Jahren nicht mehr zeitgemäß. Nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes war auch die Zeit der Konfrontation vorbei. Das alte Freund Feind denken hatte sich erübrigt. Heute stellen wir fest, die Nato hat auf den alten Feind Russland gewartet, na ja, und der ist ja noch da. Der aber hat sich geändert und fällt nicht mehr auf jede Provokation herein.

Aber es gibt ja noch ein weiteres Problem. Die riesige Rüstungsindustrie der USA, die bei einer Aufstockung der Rüstungsausgaben in Europa, immerhin reden wir von 200 Milliarden, sicher ein großes Stück von der Torte mit bekommen würde. Es wäre jetzt sehr böse, wenn man glauben würde die USA wollten nur Geschäfte im Rüstungsbereich machen. Nein, es geht den USA und auch Frau von der Leyen nur darum unsere gemeinsamen Werte zu verteidigen – mehr nicht.

 

 

 

Jürgen Gerhardt für european-mosaic und EN-Mosaik aus Brüssel.

.

.

.

.

.

 

Das britische Referendum und seine Folgen – ein Resümee

v.l. Jean-Claude Juncker, Angela Merkel, David Cameron Fotocollage: (c) Linde Arndt

v.l. Jean-Claude Juncker, Angela Merkel, David Cameron Fotocollage: (c) Linde Arndt

 

[jpg] Es ist eigentlich ganz einfach gegen etwas oder alles zu sein. Und wenn man noch drei prominente konservative Vertreter als engagierte Verfechter der Bewegung für den Ausschluss Großbritanniens aus der EU hat, dürfte es klappen. Und es hat ja auch geklappt, zwar recht knapp, aber die Mehrheit der Briten hat sich für den Austritt oder auch Brexit (Wordwahl:The Economist)  entschieden. Danach brach das Chaos aus, Großbritannien lag zerrissen vor dem europäischem Festland. Jetzt galt es die Scherben zusammenzufegen. Nur, wer sollte das machen?

David Cameron Prime Minister Foto: (c) Linde Arndt

David Cameron Prime Minister
Foto: (c) Linde Arndt

Der konservative Premierminister David Cameron will bis zum Oktober „netterweise“ noch im Amt bleiben, danach soll es richten wer will. Na ja, irgendwie wollte Cameron nicht bis zum Oktober warten und tritt nun schon im Juli zurück. Was soll es. Der ehemalige konservative Londoner Bürgermeister Boris Johnson ging nach dem gewonnenen Brexit erst einmal Rugbyspielen, um, mit einer kleinen Verzögerung, den Briten mitzuteilen, er würde für den Posten des Premier nicht zur Verfügung stehen. Und der liberalkonservative Nigel Farage, der Vorsitzende der UK Independence Party (UKIP), er hat nach eigenen Angaben sein Ziel erreicht, nämlich  sein Land zurück erkämpft und trat von allen Ämtern seiner UKIP Partei zurück, weil, weil er jetzt sofort sein Leben wieder zurück haben will. Allerdings will Farage auf sein finanziell gut ausgestattetes Mandat im Europaparlament nicht verzichten, er will die Abwicklung des Brexits in Brüssel begleiten, so sagt er.

Nun sollte man meinen, kein Problem in einer Demokratie, es gibt ja noch eine Opposition, die sich genau für solch einen Fall bereit hält. Weit gefehlt, die Labour Partei ist sich selber nicht einig. So hatte der Oppositionsführer Jeremy Corbyn während des Referendums doch irgendwie den Kampfeswillen vermissen lassen, was seine Parteikollegen ihm übel nahmen, denn Labour positionierte sich klar für den Verbleib bei der EU. Nach dem Referendum wollte man denn auch Jeremy Corbyn gleich los werden, nur, der ging nicht. Angela Eagle meldete sich um Jeremy Corbyn abzulösen um sodann in eine Wahl zu ziehen, die noch nicht datiert ist. Nebenbei, man traut Eagle den Job zwar zu, nur in der Labour Partei ist sie schlecht vernetzt.

Labour und Torys sind zerrissen in dem was sie getan haben und indem was sie jetzt tun sollten.

Nachdem die Katerstimmung der Briten verflogen war, war das Entsetzen groß, so groß, dass die Briten das Referendum nochmals abgehalten hätten. Der zweite Einfall war, ob Schottland, Nordirland und London sich nicht vom vereinigten Königreich loslösen sollten und mit der EU über einen Beitritt verhandeln sollten. Nordirland denkt auch darüber nach, sich mit Irland zu vereinigen und wäre dann automatisch in der EU. Nicola Sturgeon die Regierungschefin von Schottland wurde denn auch in Brüssel vorstellig und lotete denn auch schon mal die Optionen aus, die Schottland hätte, wenn die Briten den Austritt nach Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union erklären würden.  Sturgeon musste man ganz höflich erklären, dass nur unabhängige Staaten der EU angehören können.

Nun kommt die Innenministerin Theresa May als Premierministerin ins Spiel. Sie sollte ja im Oktober gegen Andrea Leadsom antreten um da erst zur Kandidatin für das Amt der Premierministerin gewählt zu werden. Andrea Leadsom zog jedoch ihre Kandidatur wegen einer für sie unpassenden Bemerkung  zurück, so dass Theresa May das Amt ohne Wahl von David Cameron übergeben bekommt. Kenneth Clarke, das Über-Ich der Konservativen, sprach sich vorher für Theresa May aus, weil sie ihn an Margaret Thatcher erinnere. Theresa May, eine durchsetzungsstarke Politikerin die den Brexit nicht wollte, will aber den Brexit, nach ihrer Einführung ins Amt, umsetzen.

Andere Möglichkeiten oder Optionen – Fehlanzeige. Atemlos nehmen wir die Veränderungen wahr und vergessen dabei, dass wir ein Land vor uns haben welches mit einem BIP von 3.000 Milliarden US Dollar eine nicht zu übersehende Wirtschaftsmacht darstellt. Die Verzahnungen der Wirtschaften mit der EU stellen ein nicht zu übersehendes Problem bei einem Brexit dar. Nicht nur für die EU, sondern auch für Großbritannien.

Das ist jedoch nicht alles was auf dieser Inseln im Atlantik vor unserer Haustür im Zusammenhang mit dem Referendum passiert und passierte.

Einem normalen und gebildeten Wähler ist es auch kaum  schlüssig zu erklären. Die deutschen Journalisten, wie Anja Reschke (NDR) oder Thomas Roth (ARD) bemühen sich denn auch den Deutschen mitzuteilen, dass ein Referendum, also eine Volksbefragung, für deutsche Verhältnisse überhaupt nichts ist (Wir sind dafür zu dumm und unsere Politiker so klug). Politiker wissen schon was das Richtige für ihr Volk ist, so das Credo der etablierten deutschen Journalisten. Das Volk als Souverän ist den deutschen Journalisten offensichtlich nicht bekannt oder sogar nicht  geheuer. Reschke und Roth sind Journalisten, Journalisten wie die Journalisten der Murdoch Gruppe. In Großbritannien tendierten alle für den Brexit – Aufklärung und Informationen suchte man in diesen Blättern vergebens und wenn fand man diese nur rudimentär. Times, Daily Mail, Daily Express, Daily Telegraph, Guardian, Financial Times oder The Sun, diese Blätter bombardierten die Briten geradezu mit Brexitmeldungen und ließen kaum eine Gegenmeinung zu.

 

Und Brüssel organisiert den „rasenden Stillstand“

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel, Foto: (c) Linde Arndt

Bundeskanzlerin Angela Merkel,
Foto: (c) Linde Arndt

Brüssel hat vom Grund etwas gegen Volksbefragungen, wobei die gewählten Mitglieder des Parlamentes ausgespart werden können. Das griechische Referendum war mit dementsprechenden Kommentaren der Brüsseler Eliten begleitet worden. Alldings ist Griechenland eher ein wirtschaftliches Leichtgewicht mit seinen rund 240 Milliarden US-Dollar an BIP. Kommission, Euro-Gruppe oder der europäische Rat sind die Institutionen die nicht kritisch hinterfragt werden wollen. Es sind elitäre Zirkel die sich einer demokratische Legitimation „par Ordre du Mufti“ einverleibt haben. Sie machen alles richtig, weil sie von den Regierungschefs der 28 EU Staaten gesagt bekommen, was sie zu tun haben. Das Sagen hatten einmal gleichberechtigt alle Mitglieder, heute dominiert die deutsche Bundeskanzlerin das Geschehen in Brüssel, manchmal sogar mit dem französischen Staatspräsidenten. Wenn etwas nicht klappt, hält Frau Merkel einen Scheck in der Hand um es klappend zu machen. Gute und kluge Führung wäre in solchen Fällen notwendig, was man aber bei Angela Merkel vergeblich sucht.

 

Als das Referendum am 23. Juni 2016 vorbei war, die Stimmen am nächsten Tag ausgezählt waren, hatten die Briten mehrheitlich für einen Austritt gestimmt. 51,9 % stimmten für den Austritt, bei einer Wahlbeteiligung von 72,2 % (Die Europawahlen 2014 hatten eine Wahlbeteiligung von 36%), dies konnte die britische Regierung nicht ignorieren, was der Premierminister denn auch nicht tat.

Am Tag nach dem Referendum, als das Ergebnis feststand, war erst einmal von Brüssel nichts zu hören. Die Eliten von Brüssel atmeten erst einmal tief durch. Dann ein trotziges, die Briten sollen so schnell wie möglich ihren Austritt nach Artikel 50 erklären. Dann, die Briten sollen erst einmal erklären wie sie sich die weitere Zusammenarbeit vorstellen. Es tagten die 27 Staaten um einen Plan zu erarbeiten wie man mit den Briten verhandeln sollte. Bundeskanzlerin Merkel will keine „Schnellschüsse“, sie will erst einmal abwarten. Juncker (Kommission), Tusk (Rat) und Schulz (Parlament) geben eine Stellungnahme nach der anderen ab. Deren Pressesprecher ergänzen oder kassieren schon gemachte Statements. In der Zwischenzeit verschwinden die britischen Führer in die Büsche und wollen mit dem weiteren Vorgehen zum Brexit nichts zu tun haben.

Zehntausende zumeist junge Briten gehen in London, Bristol, Cardiff, Oxford Edinburgh, Cardiff oder Manchester auf die Straße die sich durch den Brexit ihrer Zukunft beraubt sehen. In Brüssel sehen die Eliten dies als Bestätigung ihrer Tätigkeit. Kommissionspräsident Juncker will den CETA Vertrag mit Kanada unterschreiben und damit in Kraft setzen. Er weiß, wie umstritten diese Verträge sind die hinter verschlossenen Türen höchst undemokratisch verhandelt wurden. Er weiß doch das die 27+1 Staaten diese Verträge durch ihre Parlamente bestätigt sehen will. Und jetzt das.

 

Das ist es was viele gegen die Brüsseler EU haben, diesen Moloch der über sie bestimmt ohne sie zu fragen, der aus Briten, Deutschen oder Spaniern, Europäer ohne Identitäten machen will. Dieser Moloch der den einzelnen Staaten ihre Kultur und ihre Traditionen nehmen will. Juncker, Tusk oder Schulz müssen doch die Signalwirkung dieser Handlung gesehen haben. Irgendein Regierungschef, wahrscheinlich Kanzlerin Merkel, wird Juncker angerufen haben und ihm den Weg gezeigt haben.

Cecilia Malmström, EU-Kommissarin für Handel, die für CETA und TTIP Verhandlungen federführend zuständig ist, teilte in einer Pressekonferenz denn auch lapidar mit, dass der CETA Vertrag durch alle Parlamente gehen wird. Und der Brexit? Oder Reformen der EU, die die Staaten mehr an Brüssel binden? Nichts passiert, nur Gerede um den Zeitpunkt wann man wieder reden sollte und das die Briten den Artikel 50 erst erklären müssten.

Es ist weder in Brüssel noch in London auszuhalten, keine Idee wie man diese (nicht einzige) Krise bewältigen kann. Es fehlen schlicht und ergreifend die Köpfe die denken, abwägen und handeln können.

Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission. Foto: (c) Linde Arndt

Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission. Foto: (c) Linde Arndt

Da lohnt doch ein Blick in die anderen Staaten, wie man dort sich die Köpfe zerbricht. Immerhin hat das „Haus Europa“ rund 500 Millionen Europäer mit unterschiedlichen Kulturen und Traditionen, eine unzählige Anzahl von Universitäten die sich in Netzwerken zusammen geschlossen haben, mit Köpfen welche die unterschiedlichsten Probleme gemeistert haben. Und da sollte keine brauchbare Idee für dieses Problem, diese Krise vorhanden sein?

Professor Dr. Dominique Rousseau, Professor für Verfassungsrecht an der Universität Paris 1, Panthéon-Sorbonne schlug denn auch ein gewähltes Gremium von maximal 75 Personen vor, welchem man solche Problem, wie die Verteilung der Kriegsflüchtlinge vorlegen sollte. Dieses Gremium sollte eine Vorauswahl treffen ob dieses Problem ein nationales Problem sein soll und durch die Nationen auch gelöst werden sollte oder ob es durch die EU gelöst werden sollte.

Leider gehört Professor Dr. Dominique Rousseau  nicht zu dem erlesenen Zirkel der Brüsseler Eliten von Kommission und Rat. Nur wie soll das „Haus Europa“ aussehen, wenn rund 300 Km weiter ein Gedanke oder eine Idee vielleicht nicht in Brüssel vernommen werden kann?

Aber das ist nicht das wesentliche. Wesentlich ist doch ein fehlendes Frühwarnsystem der EU, welches Probleme frühzeitig anzeigt, bevor diese die EU in die Krise führen. Alle die Krisen, die übrigens nicht zur Gänze bewältigt sind, waren frühzeitig sichtbar und hätten nicht zu dieser Dramatik führen müssen, die bei der Flüchtlingskrise sogar tausenden Menschen das Leben kostete.

Kann es sein, dass die Eliten in Brüssel überfordert sind? Auf der einen Seite den Regierungschefs dienen und auf der anderen Seite so tun, als wenn sie den Europäern dienen? Wissen die denn ob es in Europa auch Bürger gibt?

 

Jürgen Gerhardt für european-mosaic und EN-Mosaik aus Brüssel.

Die Zukunft der Jugend wurde verspielt

v.l.Premierminister des Vereinigten Königreichs David Cameron, Ratspräsident der EU Donald Tusk, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker,Parlamentspräsident Martin Schulz, Fotocollage: Linde Arndt

v.l.Premierminister des Vereinigten Königreichs David Cameron, Ratspräsident der EU Donald Tusk, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker,Parlamentspräsident Martin Schulz, Fotocollage: Linde Arndt

[jpg] Das Projekt Europa war immer ein Projekt einer jungen Generation, der jungen Generation schlechthin. Die Vätergeneration konnte/wollte die Annäherungen zwischen den Völkern damals, als die römischen Verträge aufgesetzt wurden, nicht richtig verstehen. Erkannt hatten die Alten dennoch, die persönlichen Vorteile die sich mit einem Projekt Europa ergaben. Aber es waren auch die Alten die nach dem zweiten Weltkrieg mit den römischen Verträgen die Vision eines friedliebenden Europas auf den Weg brachten. Nach dem zweiten Weltkrieg hatten De Gaulle und Adenauer die Vision, ein prosperierendes Europa wird keine Kriege führen. Warum auch? Hatten die Alten damals noch Vision und einen Gestaltungswillen, so haben die heutigen Alten nur noch Ängste und verweigern sich der Zukunft. Und dies bezieht sich nicht nur auf Großbritannien sondern trifft auf ganz Europa zu. So ist es nicht verwunderlich, wenn die Podemospartei des jungen Pablo Iglesias in Spanien die etablierten alten Parteien zum Teufel jagt. Die Methusalixe der europäischen Konservativen, der Sozialisten oder Liberalen haben doch nichts zu bieten. Sie propagieren die Globalisierung, können jedoch nicht damit umgehen. Und so schlummert der Nationalismus weiterhin unter der europäischen Kuscheldecke, die schon seit Jahren darauf wartet einmal gelüftet zu werden. Entsetzt hatten denn auch die Alten bemerkt (was für ein Wunder), dass ihnen eine junge Generation folgte, die ihr Europa gestalten wollte.

So waren es die Alten die der Jugend mit dem Referendum in die Suppe spuckten, indem sie sich nostalgisch der Vergangenheit zuwandten, indem ja bekanntermaßen alles besser war; denn den Brexit wollten mehrheitlich die über 50 jährigen. Da die Alten ihre Jugend nicht mehr in den Krieg schicken konnten, haben sie sich eine andere Missetat ausgedacht.

 

Welche Altersgruppen wollten den Austritt aus der EU
18 – 24 jährige wollten 20% den Brexit

25 – 49 jährige wollten 45% den Brexit

50 – 64 jährige wollten 56% den Brexit

65 und älter wollten 63% den Brexit

Quelle: YouGov UK Online-Umfrage

Die Wiedergeburt des Nationalismus, einhergehend mit dem Egoismus und einer großen Portion von Narzissmus, musste man dieser Brexit Wählerschicht bescheinigen.

Es waren die Eliten aus Eton und Oxford oder bei Farage das Dulwich College die die Briten jetzt in diese Situation gebracht haben, die in Brüssel nichts werden konnten oder wollten. Premierminister David Cameron zettelte dieses Referendum an, weil Teile seiner konservativen Partei mit der EU unzufrieden waren  und wusste nach seinem nicht ganz gelungenen Sinneswandel seine Landleute nicht mehr überzeugend für Europa einzustimmen.

Während des Wahlkampfes wurde von allen Parteien, durch die Protagonisten David Cameron (Conservative Party), Boris Johnson (Conservative Party), Nigel Farage (UK Independence Party (UKIP) unverschämt gelogen, unterstellt, verdreht, so dass ein Bild von dem Projekt Europa entstand, welches schlechter nicht sein konnte. Informationen für die Wähler? Wofür denn. Der politische Gegner machte Propaganda und selber machte man Wahlkampf – Bigotterie hoch drei. Alle machten Propaganda der übelsten Art. Kein Wunder, dass die über 50 jährigen die alte Zeit wiederhaben wollten, wo alles noch klar war. Das Ergebnis: Großbritannien ist zerrissen zwischen Nord und Süd, Arm und Reich, Jung und Alt; Schottland und Nordirland drohen mit Austritt aus Großbritannien.

Aber, wo wurde über die Erasmus Studenten, die Praktikanten die in Brüssel und Straßburg lebten und arbeiteten gesprochen? Das sind nur zwei Gruppen junger Menschen die vom Projekt Europa begeistert sind. Diese junge Generation lebt inzwischen Europa. Kein Wort davon im Wahlkampf.

Sicher haben die Farage, Le Pen, Wilders oder auch Petry Recht, wenn sie den Mangel an Demokratie der EU anprangern. Nur, sie vergessen immer dabei zu sagen, dass ihre eigenen Regierungschefs diese Mängelliste in Brüssel nicht abarbeiten wollten. Dem englischen Premier Cameron oder der deutschen Kanzlerin Merkel war es wichtiger die Interessen ihrer Wirtschaft in der EU umzusetzen, an der demokratischen Weiterentwicklung der EU war niemand interessiert, es sei denn die wirtschaftliche Interessenlage erforderte eine Weiterentwicklung der EU. Und Marine le Pen von der französischen FN und Nigel Farage von der UKIP konnten sich im Europaparlament nur provokativ gegen alles und jeden der nicht ihrer Meinung war stellen, wobei sinnlose Provokationen die erste Wahl waren. Konkretes konnte nicht registriert werden.

François Hollande, Staatspräsident der Französischen Republik, Foto: (c) Linde Arndt

François Hollande, Staatspräsident der Französischen Republik, Foto: (c) Linde Arndt

Und die Eliten der EU in Brüssel? Tusk, Schulz oder Juncker sahen dem ganzen Treiben höflich zu und wussten kaum den Mund aufzumachen. Gegen die Desinformation hilft immer nur eines Information. In Brüssel hatte man manchmal den Eindruck die Eliten der EU sitzen den ganzen Mist den diese Populisten ausbringen aus. Auch Merkel, Hollande waren in diesem Brexit Kontext verdächtig ruhig, allerdings waren beide mit sich selber beschäftigt.

Gut, jetzt ist es passiert. Die Briten haben sich mehrheitlich gegen die EU entschieden. Was also tun? Und wieder handeln die EU Eliten gegen alle Vernunft. Es wird Druck gemacht. Wie ein kleines Kind verkündet Brüssel, die Briten sollen jetzt aber hin machen, damit endlich Verhandlungen aufgenommen werden um den Austritt zu vollziehen. Die Außenminister der 6 Gründerstaaten haben mit Bundesaußenminister Steinmeier in Berlin gleichgezogen indem sie die Briten aufforderten den Austritt endlich zu melden.

Dabei ist keinesfalls solch ein Druck vonnöten, wenn man bedenkt, dass dieses Referendum anders gelaufen wäre, wenn die Wähler nicht mit solchen Ängsten konfrontiert worden wären.

Zuerst einmal muss die britische Regierung dieses Referendum nicht akzeptieren, dieses Referendum ist für die britische Regierung nicht bindend, eher eine Empfehlung. Auch die Erklärung nach Artikel 50 des „Vertrages über die Europäische Union“ muss nicht sofort abgegeben werden. Die Arbeit in Brüssel geht auch so weiter.

Wenn die Brüsseler und Londoner Eliten einmal ihre Eitelkeiten vergessen würden und sich darauf besinnen, dass beide Parteien nur verlieren können, dann sollten sie sich zusammen setzen und einen gemeinsamen Neuanfang formulieren, heißt, diese Abstimmung als Zäsur verstehen.

Zur Erinnerung, die Briten hatten weitgehend die Probleme im Zusammenhang mit der Finanzkrise 2008/2009 gelöst oder zumindest tragbare Vorschläge auf den Tisch gelegt, während die anderen Finanzminister vor Entsetzen keinen klaren Gedanken fassen wollten. Das britische Schatzamt reagierte besonnen und hatte ein hervorragendes Krisenmanagement vorzuweisen. Es war für die EU ein wertvoller Beitrag.

Der Neuanfang könnte in Kooperation mit den Briten mehr Demokratie bringen, die Kommission und die Eurogruppe müssten sich dem Parlament unterordnen. Nicht der Rat bestimmt die Kommissare oder den Chef der Eurogruppe, sondern das Parlament wählt die Personen aus seiner Mitte. Auch die Forderung nach mehr Selbstverwaltung der einzelnen Staaten könnte besprochen werden und Lösungen vorgeschlagen werden. Was hat das mit Europa zu tun, wenn jeder seine krummen Gurken oder Glühbirnen behalten will und Brüssel seine Gleichmacherei (Harmonisierung) umsetzen will? Was damit, dass die Kleinbauern auf Kosten einer überbordenden subventionierten Landwirtschaft in ihren Existenzen vernichtet werden. Oder, wie jetzt in Griechenland passiert, dem Land eine Steuerpolitik diktiert wird, welche negative wirtschaftliche Auswirkungen hatte und noch hat.

Bundeskanzlerin Angela Merkel Foto: (c) Linde Arndt

Bundeskanzlerin Angela Merkel
Foto: (c) Linde Arndt

Entscheidungen, wie in der Flücht- lingskrise durch Bundeskanzlerin Merkel bedürfen der Zustimmung des Europaparlamentes oder muss von diesem auf den Weg gebracht werden. Merkel hat zwar richtig entschieden, nur die anderen EU-Mitglieder fühlten sich übergangen, abgesehen von dem nicht vorhandenen demokratischen Prozedere. Die Öffentlichkeitsarbeit muss intensiviert werden. Es kann nicht sein, dass landauf und landab bis auf die lokale Ebene jeder Vorstadtpolitiker unwidersprochen behaupten kann, Brüssel hat die Probleme zu verantworten. Hier darf man ein großes Wissensdefizit, was Brüssel macht, einer mangelnden Öffentlichkeitsarbeit der Brüsseler Behörde zuschreiben. In den vier Jahren meiner Tätigkeit in Brüssel konnte die Presse einen ziemlich großen Reformstau registrieren. Und die Wahlen 2014: Sie wurden mit gezielten Desinformationen geführt. Immer wieder wurde der Eindruck erweckt, Juncker und Schulz würden als Kommisionspräsidenten gewählt werden können, was natürlich nicht zutreffend war. Das ist einer Demokratie abträglich.

Und das letzte Problem, die Briten wollten weder Schulz noch Juncker oder Tusk, sie wollten nach der Wahl eine neuere Mannschaft die jünger und dynamischer sein sollte. Heute weiß jeder, die Briten hatten recht gehabt. Wer aber könnte die Brüsseler Führungsmannschaft abbilden. Die Deutschen auf keinen Fall, sie haben weder die Kompetenz, noch, durch ihre Vergangenheit, die Akzeptanz der EU Familie. Zumal denn Finanzminister Schäuble den altbekannten Deutschen während der Griechenlandkrise herausholte.

italienische Ministerpräsident Matteo Renzi Foto: (c) Linde Arndt

italienische Ministerpräsident Matteo Renzi
Foto: (c) Linde Arndt

Nun, gehandelt wird der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi, er ist jung, entscheidungsfreudig, hat eine schnelle Auffassungsgabe und kann strukturell denken, wobei er auch noch ein gewisses Fingerspritzengefühl besitzt. Und, er ist vermittelbar. Als Partner wird über die ehemaligen Ministerpräsidenten Schwedens John Fredrik Reinfeldt oder den Niederländer Mark Rutte gesprochen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel müsste führen, kann dies weder aus persönlichen Gründen durch ihren eingeschränkten Führungsstil nicht, noch sprechen aber andere Gründe gegen sie. Das Merkel mit ihrem Herzen keine Europäerin sein will, sieht jeder; denn sie kann Europa nicht überzeugend rüber bringen. Was Merkel aber kann, über die Franzosen führen denen Europa mehr am Herzen liegt als Merkel. Wobei die Franzosen auch noch die besseren Diplomaten haben. Allerdings haben beide in 2017 Wahlen, die eine Menge an Energie bindet. Frankreich hat allerdings im Moment noch einige andere Probleme zu lösen.

Und wenn die Reformen mit den Briten umgesetzt wurden, könnte man eine neuerliche Befragung der Bevölkerung vornehmen. Und jede Wette, die Briten werden mit Zweidrittelmehrheit in der EU bleiben wollen. „In Vielfalt geeint“ ist das Motto der EU. Die Briten sind anders (Wer denn nicht), sie haben ein Referendum abgehalten, warum sollen wir Europäer sie ziehen lassen, europäische Bürger sind vielfältig und machen manchmal nicht das was ihre Eliten von ihnen erwarten. In diesem Fall setzten wir uns mit den Briten an einen Tisch weil sie die konstruktivsten Kritiker sind und kurbeln die Reformen an.

 

 

Jürgen Gerhardt für european-mosaic und EN-Mosaik aus Brüssel.

 

 

 

Europa torkelt und sucht sich selber

Europafahnen Foto: Linde Arndt

Europafahnen Foto: Linde Arndt

[jpg] Am Vorabend des Brexit ( EU-Referendum in Großbritannien am 23.Juni 2016) ist es Zeit noch einmal über Europa nachzudenken.

Es war der britische Premiermininister Edward Heath (Konservativer) der 1973 den Beitritt Großbritanniens in die damalige EWG gegen alle Wiederstände durchsetzte und seine Unterschrift unter das Beitrittsdokument setzte. Zwei Jahre später also 1975 fand ein Referendum von Premierminister Harold Wilson (Labour) iniiert in Großbritannien statt, indem die Briten entscheiden sollten ob sie in der EWG bleiben sollten oder nicht.

67% der Briten entschieden sich damals in diesem 75er Referendum für den Verbleib in der (damals) EWG. Waren die Briten zum Zeitpunkt des Beitritts noch skeptisch, hatte sich dies nun grundlegend gewandelt. Die Befürworter und Gegner dieser Mitgliedschaft fanden sich, wie heute auch, in allen Parteien. Wobei Margaret Thatcher, die damalige Vorsitzende der Konservativen, eine aktive Befürworterin der Mitgliedschaft in der damaligen EWG war. Ein paar Jahre später wird Thatcher den berühmten Britenrabatt aushandeln. Die Mehrheit der Labour-Politiker sprachen sich gegen die EWG aus, während die Konservativen überwiegend für die EWG waren. Wobei die Regionen Schottland, Wales und Nordirland damals mehrheitlich gegen die EWG waren.

Und dann das Ergebnis, 67% für die EWG!

Heute 40 Jahre danach hat sich die Einstellung der Briten zur heutigen EU grundlegend geändert. Quer durch die Parteien macht man, wie zu Beginn der Mitgliedschaft, Gegner und Befürworter aus – die Briten haben sich polarisiert. Wie schlimm die Stimmung ist, kann man an dem Mord der Parlamentsabgeordneten der Labour Party Jo Cox festmachen, die eine starke Befürworterin des britischen Verbleibs war. Der Mörder von Jo Cox war ein Gegner der EU und stach deshalb bewusst die Parlamentsabgeordnete nieder.

Brüssel, so der Vorwurf des Konservativen Boris Johnson, will einen Superstaat aus Europa machen. Wobei Johnson inzwischen Nigel Paul Farage von der UK Independence Party rechts überholt hat und beide lautstark nach einem sofortigen Austritt aus der EU rufen. Premierminister David Cameron ist ein Befürworter des Verbleibs in der EU obwohl er dieses Referendum angestoßen hatte und den Brexit als erster ins Spiel brachte. Damit nicht genug, die Regionen Schottland, Wales und Nordirland wollen mehrheitlich in der EU bleiben und drohen mit einer Abspaltung falls der Brexit Realität wird. Die britische Wirtschaft, einschließlich der „City of London“ hat mehrere Brandbriefe an Cameron geschickt um auf die außerordentlichen Nachteile bei einem Austritt aufmerksam zu machen. Eine differenzierte Umfrage der Demoskopen sieht 74% der Briten als Gegner der EU, 53 % sind fest für einen Austritt und rund 20% würden gerne austreten wenn sie die Vor- und Nachteile überblicken würden.

Nun sollte man meinen, die Briten stehen mit diesem Loslösen von der EU alleine da. Weit gefehlt. Polen oder Ungarn stehen der EU inzwischen kritisch gegenüber und fühlen sich von Brüssel dominiert. Italien oder Griechenland sehen die EU auch nicht mehr so positiv. Und derweil feiern die Nationalisten in allen 28 EU Staaten fröhliche Urstände, so als wenn sie nie weg gewesen wären.

Stellt sich nun die Frage, wie konnte das passieren? Ein 70 Jahre altes europäisches Friedensprojekt vor dem Aus, die Briten sind immerhin auch schon 40 Jahre dabei.

Sind es nur die normalen Abnutzungserscheinungen die einer Institution nach einer gewissen Zeit den Garaus, wegen Reformunwilligkeit, beschert? Fehlt es an Führungspersönlichkeiten mit Führungsqualitäten? Haben die Zielvorstellungen sich verändert? Sind die Gemeinsamkeiten aufgebraucht? Sehen sich die 28 Staaten als gleichberechtigt in diesem Verbund?

Nun, es ist von allem etwas, eine schwierige Gemengelage. Lösbar? Ja, nur die Entscheider sollten sich etwas mehr auf den „Brückbau“ konzentrieren und nicht übereinander herfallen.

Auf den Fluren des Parlaments diskutieren die demokratisch gewählten Abgeordneten über den „Zerfall“ der EU, nur, das Problem liegt bei den Regierungschefs und den Fachministern die in den Ratssitzungen keine Grundeinigkeit erzielen.

v.l. François Hollande (französischer Staatspräsident), Bundeskanzlerin Angela Merkel und Premierminister des Vereinigten Königreichs David Cameron Foto: (c) Linde Arndt

v.l. François Hollande (französischer Staatspräsident), Bundeskanzlerin Angela Merkel und Premierminister des Vereinigten Königreichs David Cameron Foto: (c) Linde Arndt

Eines kann man jedoch sagen, die EU hat mehr Probleme als sie vertragen kann.

 

Problem Finanzen

 

Die Deutschen dominieren mit ihrer Sparpolitik die sie als alternativlos hinstellen, sie blockieren jede Art von Diskussionen über eine Finanz- und Währungspolitik. Das Eurosystem müsste unbedingt einer Reform unterzogen werden da einige EU-Länder Schwierigkeiten  aufgrund der Geburtsfehler des Euro haben mussten. Deutschland hat jedoch die meisten Vorteile in puncto des Euro-Systems, deshalb sieht Deutschland auch keine Notwendigkeit für eine Reform.

 

Problem Flüchtlinge

 

Merkel hat im September ´15 richtig entschieden, nur, sie hat sich nicht mit den anderen Staaten abgestimmt. Deutschland hat das nicht zum ersten mal gemacht. Diese Staaten sehen sich als übergangen und nicht gleichberechtigt. Die Österreicher kommen jetzt mit dem Vorschlag die Kriegsflüchtlinge so zu behandeln, wie die Australier, die die Kriegsflüchtlinge auf eine einsame Insel aussetzen und dort versorgen. Der österreichische Außenminister Kurz sieht sowieso die Schlepper als Verursacher des Flüchtlingsproblems. Er macht wie einige anderen Staaten die Grenzen wieder dicht und sonnt sich in der Nationalstaaterei. Nicht Kriege oder Hunger sind das Problem der Flucht sondern die Schlepper und die fehlenden Nationalstaaten.

 

Problem Griechenland

 

Alle Staaten mussten mit ansehen wie Griechenlands neue linke Regierung vorgeführt wurde. Der damalige Finanzminister Yanis Varoufakis hatte gute konstruktive Vorschläge (Ewigkeitskredit) die aber alle von dem deutschen Finanzminister und dem Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem öffentlich nieder gemacht wurden. Das Diktat der Troika (IWF|EZB|EU-Kommission) führt Griechenland in den Bereich der Staatsarmut – um  40% sind die wirtschaftlichen Leistungen gesunken. Bis heute sind die Lösungsmöglichkeiten, die die EU anzubieten hat, eher suboptimal.

 

Problem Freizügigkeit

 

Die EU garantiert die Freizügigkeit von Personen, Finanzen, Waren aber auch Dienstleistungen.

Finanzen und Waren, kein Problem. Bei Personen und Dienstleistungen sehen viele Staaten jedoch immense Probleme. So wollen Polen oder Rumänien ihre Bürger sofort als Arbeitnehmer in andere Staaten schicken, was den Arbeitsmarkt und die Sozialsysteme des Ziellandes durcheinander bringt. Viele Staaten, auch Deutschland haben gewisse Abwehrmechanismen welche die Freizügigkeit unterminieren. Jahre musste Polen oder Rumänien warten bis ihre Staatsbürger die volle Freizügigkeit genießen durften. Und heute? Großbritannien, wie andere EU-Staaten auch, möchte die Freizügigkeit für Arbeitnehmer eingeschränkt sehen und schiebt den Sozialmissbrauch in den Vordergrund.

 

Problem regionale Befindlichkeiten

 

Nur ein Beispiel: Das Polen in seiner wechselvollen Geschichte zwischen den beiden Großmächten Russland und Deutschland immer mal wieder zerrieben wurde, scheint in der EU nicht bekannt zu sein. Jetzt entwickelt sich daraus ein Nationalismus der den Polen das Gefühl gibt eine Identität wieder zu erlangen.

So ist es übrigens mit allen Ländern der EU die alle ihre eigenen Befindlichkeiten haben, die aber immer mal wieder von Brüssel missachtet werden. Brüssel ist nicht in der Lage die Vorteile der Identitäten, die ja gewollt sind, positiv zu kommunizieren.

 

Problem der Motor Frankreich/Deutschland

 

Beide Länder haben schwere innenpolitische Probleme. Der französische Staatspräsident Hollande musste mehrfach Einschränkungen bei den Gesetzesvorlagen hinnehmen. Im Moment kämpft er für seine Arbeitsmarktgesetze die er mit dem Artikel 49.3 durchsetzen will. Gleichzeitig lebt Frankreich im Ausnahmezustand wegen der Terroristen. Die Fußballeuropameisterschaft bringt Hollande auch keinen Punkt in der Beliebheitskala ein, zumal die permanenten Schlägereien das Fußballfest vermiesen. Hollande hat einen Tiefpunkt in der Beliebtheit erreicht wie noch kein Staatspräsident vor ihm. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel? Sie steht seit 1,1 Millionen Kriegsflüchtlinge von Deutschland aufgenommen wurden mit ihrem „Wir schaffen das schon“ und dem von ihr vermittelten Türkeiflüchtlingsdeal innenpolitisch unter Dauerbeschuss. Merkel hat wie Hollande anderes auf der Agenda als den Zusammenhalt von Europa. Und so sieht man einen Hochleistungsmotor Frankreich/Deutschland, der nicht mehr laufen will.

 

Warum eigentlich keinen Brexit?

 

Ja, warum eigentlich nicht? Hört man die Briten auf der Insel zum Beispiel die Grafschaften Cornwall, die ihre Strukturkrise nicht in den Griff bekommen oder Kent die sich mit ihren landwirtschaftlichen Betrieben über die überbordende Brüsseler Bürokratie beschweren, so kann man meinen die Briten wollen das Aus. Auch das europäische Festland ist nicht zufrieden mit den ewigen Sonderregelungen die die Briten aushandeln.

 

Alternativen zu einem Brexit.

 

EU Austritte sind eigentlich nicht vorgesehen, obwohl Wolfgang Schäuble die Griechen rausschmeißen wollte. Jedoch, die EU Regeln sind ja nicht in Stein gemeißelt, Regeln können immer verändert werden. Da kommt doch der Gedanken des ehemaligen französischen Staatspräsidenten Giscard d’Estaing der mit dem deutschen Außenminister Fischer im Disput aufgenommen wurde – die EU der zwei Geschwindigkeiten. Danach könnten die Briten, mal salopp gesagt, eine Runde aussetzen. Ein Kerneuropa mit klaren Regeln, die für alle Gültigkeit haben und ein Europa um dieses Kerneuropa. Die Briten bekämen einen Status wie, meinetwegen, Kanada ohne Ceta und würden nach einer gewissen (definierten) Zeit ihre endgültige Entscheidung treffen.

 

Ist Europa führungslos?

 

Deutschland, so haben viele der umliegenden EU-Staaten vorgeschlagen, sollte die EU führen. Nur, was versteht Deutschland unter Führung? Dominieren hat nichts mit Führung zu tun. Deutschland hat es nie verstanden eine kollegiale Führung auszuüben. So muss man sich nicht wundern wenn das Haus Europa im Rohbau bleibt und die Wirtschafts- und Währungsunion im Ansatz stecken geblieben ist. Von einem sozialen Europa wollen wir mal nicht reden. So war das von den Gründungsvätern des heutigen Europas De Gaulle und Adenauer nicht angedacht. So sind die 70 Jahre Frieden in Europa den Ideen der Gründungsväter zuzuschreiben.

Und wie weiter? Brüssel selber sollte sein Herz in die Hand nehmen und den 28 EU-Mitgliedern offensiv die Mitgliedschaft in Frage stellen. Wer jetzt kündigen will, soll es tun, wer nicht sollte als Gleicher unter Gleichen bleiben. Wir haben über 500 Millionen Einwohner in der EU der 28, haben aber ein Selbstbewusstsein wie ein Kleinstaat. Wir hatten ein Wertesystem bis zur Ukrainekrise, wir gaben es für die Einkreisungspolitik der USA auf. Schon 2013 hat Europa seine eigenen Werte verraten, dann wurden die Werte immer weiter abgebaut. Zuletzt wurden die Nationalstaaten wieder aus der Mottenkiste der Geschichte herausgeholt und scheinbar unüberwindbare Mauern errichtet.

Heute ist es Europa  egal ob im Mittelmeer tausende Kriegsflüchtlinge ertrinken. Die Ertrunkenen müssen noch zynische Kommentare ertragen. Was soll´s, nicht die Kriege haben die Kriegsflüchtlinge erzeugt, sondern die Schlepper. Nicht die von Europa gelieferten Waffen haben die Kriege ermöglicht, sondern das Unvermögen der Staaten in denen die Kriege entbrannt sind.

Ja Europa torkelt wie ein Betrunkener, der nicht mehr weiß wo sein zuhause ist, Menschenrechte haben wir durch Gesetze beseitigt und mit ihnen direkt auch die Menschlichkeit. Europa fängt jetzt einen neuen Krieg an, einen Krieg der Religionen der mit der Abschaffung der Toleranz einhergeht.

Ob Europa sich besinnt? Wohl kaum. Und doch besteht noch eine Chance wenn wir ein gutes Geschäft machen können, dann,  ja dann lässt Europa noch einmal eine Sektflasche knallen.

Schade eigentlich. Europa hatte und hat die besten Chancen auf der Welt. Von Europa kamen die besten Ideen, die fähigsten Leute die unseren Erdball reicher machten und macht. Die 28 Staaten haben sich gegenseitig inspiriert wie keine andere Region auf der Welt.

Und warum das alles? Nur weil ein paar ewig gestrige wie die französische FN (Front National), die britische UKIP (United Kingdom Independence Party), die niederländische PVV (Partij voor de Vrijheid) oder die österreichische FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) mit markigen Sprüchen die Leute verängstigt. Die etablierten Parteien haben nicht die Aufklärung entgegenzusetzen, sondern nichts anderes zu tun als die rechtspopulistischen Forderungen zu überbieten. Überzeugend ist das nicht.

Was mich in Brüssel immer wieder bekümmert ist ein wesentlicher Widerspruch den man Tag für Tag beobachten kann. Das europäische Haus ist im Aufbau, es ist ein immerwährender Prozess, spannend und fesselnd. Nur warum schüttet die Kommission und der Rat diese ätzende und lähmende Soße über diesen Prozess. Wo ist die Begeisterung der Gründerväter Alcide de Gasperie, Walter Hallstein, Jean Monnet, Robert Schumann, Paul-Henri Spaak oder Altiero Spinelli?  Taugen diese Namen nur noch für die Benennung der Gebäude im Europaviertel?

Diese Trunkenheit der EU wird ja mal zu ende gehen, hoffentlich hat Europa dann keinen Kater und sucht dann einen Schuldigen. Noch ist es Zeit für konstruktive Lösungen. Europa kann mehr als nur torkeln und jammern.

 

Jürgen Gerhardt für european-mosaic und EN-Mosaik aus Brüssel.

AUFNAHME STATT ABSCHOTTUNG

hot-spot[jpg] Nachfolgend veröffentlichen wir den „Hilferuf“ von PRO ASYL im Zusammenhang mit dem Türkei Deal, der seit Montag umgesetzt wird. Kontaktieren Sie Ihre Politiker indem Sie sie bitten Einfluss auf die Bundesregierung zu nehmen um die menschenunwürdigen Zustände abzustellen.

[PRO ASYL Info 03/2016] Der Einzelfall zählt! Griechenland wird zum Flüchtlingslager Europas. Seit der Schließung der Balkanroute im März sitzen mehr als 50.000 Schutzsuchende im Land fest. Die Not der Menschen ist ungebrochen: Seit Jahresbeginn sind laut UNHCR mehr als 150.000 Schutzsuchende auf den griechischen Inseln angekommen, zwei Drittel davon Frauen und Kinder. Doch statt humanitärer Lösungen und solidarischer Flüchtlingsaufnahme hat die EU einen schäbigen Deal mit der Türkei abgeschlossen. Die Folgen für Flüchtlinge sind fatal.Die verheerenden Folgen des EU-Türkei-Deals, Helfer stecken inhaftierten Kindern Lebensmittel und Hygieneartikel durch den Zaun.
Seit dem 20. März werden Schutzsuchende, die in Griechenland anlanden, in „HotSpots“ inhaftiert. Ihnen drohe „Rückführungen“ in die Türkei – wo Flüchtlinge keinen Schutzstatus erhalten, Schutzsuchende nach Syrien zurückgeschoben und Abschiebungen nach Afghanistan vorgenommen werden. Aktuell: PRO ASYL zu den Massenabschiebungen in die Türkei Hier sollen wir nur am Leben gehalten werden, aber Schutz ist das nicht.Die Lage für Schutzsuchende in Griechenland ist katastrophal: In aus dem Boden gestampften Massen- und Zeltlagern gibt es weder Strom, Wasser noch eine Grundversorgung. Das Asylsystem ist kollabiert, die Asylbehörden überfordert.Die Menschen wissen nicht, was nun mit ihnen passieren soll. EU plant Abschiebungen nach Afghanistan. Statt Schutz zu bieten will die EU Fluchtbewegungen nach Europa stoppen, koste es, was es wolle.
Einem vertraulichen EU-Diskussionspapier zufolge sollen mehr als 80.000 Schutzsuchende nach Afghanistan abgeschoben werden – trotz lebensbedrohlicher Sicherheitslage im Land. EuGH-Urteil zur Wohnsitzauflage: Ginge es nach Bundesinnenminister de Maizière, müssten Flüchtlinge und subsidiär Geschützte künftig einer Wohnsitzauflage unterliegen. Dass eine Wohnsitzauflage zur besseren Verteilung von Sozialkosten auf Kommunen schlicht unzulässig ist, hat jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgestellt.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal.

Ach Brüssel, jetzt auch du?

[jpg] Es schnürt mir das Herz zusammen, wenn ich die Bilder sehe, die zeigen, wie schwer Brüssel getroffen wurde. Nach Paris haben sie dich jetzt, Brüssel, angegriffen.
Ich denke an meinen Weg zum Rat der immer an der Metrostation Maelbeek vorbeiging. Maelbeek, die letzte Metrostation, danach Station Schumann aussteigen. Alle wussten wir es nach den Anschlägen auf Paris, die Terroristen würden auch nach Brüssel kommen, aber es war doch so abstrakt, warum musste es real werden?
je_suisBrüssel das mich 2013 aufgenommen hat. Meine Fehler die ich auf der Straße machte, wie selbstverständlich übersah. Kein Hupen, kein Schreien. Du hast mir soviel Verständnis entgegen gebracht und mir immer geholfen. Du bist eine liebenswürdige Stadt, die nie die Hauptstadt Europas reklamierte obwohl du es bist. Irgendwie hast Du einen kleinstädtischen Charakter erhalten, obwohl du durch uns Europäer aus allen Nähten platzt.
Und jetzt dies: Bomben, die Tote und Verletzte dir brachten. Es ist Krieg, wir wussten und wissen es alle, wir hatten es verdrängt. Es schnürt mir das Herz zusammen.

Jürgen Gerhardt für european-mosaic

Die EU spricht von Humanismus handelt aber anders

Von links: Ahmet Davutoğlu, Donald Tusk und Jean-Claude Juncker in Brüssel © IBS

[jpg] Der Flüchtlingsdeal zwischen der EU und der Türkei ist in trockenen Tüchern. Ist er das?

Nein, nicht wirklich; denn es gibt keinen Vertrag oder irgendetwas schriftliches fixiertes auf was man zurück greifen kann. Absichtserklärungen ja, die in Protokollen festgehalten wurden. Warum auch. Es ist keine Großtat, welche die EU mit der Türkei vollbracht hat, es ist eher eine organisatorische Absprache was wer zu tun hat. Als Europäer kann man sich nur schämen über dieses „Abkommen“.

Es geht um Kriegsflüchtlinge, die – man höre und staune –  in allen Erklärungen zu illegalen Personen ernannt wurden. Illegal deshalb, so der Kontext, weil sie nicht gefragt haben ob sie in die EU einreisen dürfen, sondern einfach eingereist sind. Schuld an diesem ganzen Elend sind die Schmuggler/Schlepper, so die Lesart der EU, die den Kriegsflüchtlingen Boote mit Außenbordmotoren verkaufen.

Aber auch Fischer, die 2013 vor Lampedusa/Italien Ertrinkende gerettet und aufs Festland gebracht haben. Sie wurden als Menschenhändler danach vor ein Gericht gestellt.

Auch die Boote der Seawatch oder der Migrant Offshore Aid Station (MOAS) Organisationen neben einigen anderen privaten Seerettungshilfsorganisationen wurden sowohl von den griechischen als auch italienischen Behörden gewarnt, indem man ihnen Schlepperaktivitäten unterstellte.

LampedusaDie gewählten Schlauchboote der Kriegsflüchtlinge sind jedoch allesamt nicht seetüchtig. Dies bedeutet, wenn sie auf offener See gesichtet werden, dass diese Insassen sich in Seenot befinden. Nach dem internationalen Seerecht (Völkerrecht) haben alle Schiffe diesen Menschen in Seenot zu helfen.

Im Vorfeld, seit der Katastrophe von Lampedusa, hat die EU alles unternommen um die Kriegsflüchtlinge zu kriminalisieren. Das Menschen auf der Flucht vor Kriegen in einem physischen und psychischen Ausnahmezustand sind, ihr zuhause zerstört ist, ihre Grundbedürfnisse nicht mehr befriedigen können und jederzeit zu Tode kommen können, dass ficht die EU nicht an.

 

Die EU hat kurzerhand die Kriegsflüchtlinge zu illegalen (manchmal irregulär) Grenzübertretern erklärt. Weiter wirft man ihnen vor, sich die wirtschaftlich besten Länder auszusuchen um dort ihr wirtschaftliches Glück zu versuchen. Das ganze kann man nur als infam einordnen.

2015 kamen 1,2 bis 1,8 Millionen Kriegsflüchtlinge nach Europa, wobei die Differenz durch die unterschiedlichen Meldungen der Organisationen entstanden ist. Organisatorisch waren die EU aber auch die einzelnen Staaten an keinem Tag in der Lage die Kriegsflüchtlinge zu empfangen und zu verteilen. Wenn die NGO´s und die riesengroße Menge an privater Hilfsbereitschaft nicht gewesen wäre, wären die Kriegsflüchtlinge im Europa der EU verhungert und verdurstet.

 

Der EU-Türkei Deal

Kernpunkt dieses Deals ist, es werden „schlechte Kriegsflüchtlinge gegen gute Kriegsflüchtlinge“ ausgetauscht. Auf der abschließenden Pressekonferenz haben sich die Verhandlungsführer, der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu, Ratspräsident Donald Tusk, Kommissionspräsident Jean Claude Juncker aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel unisono positiv über dieses ausgehandelte „Abkommen“ geäußert.

Ab dem 20. März 2016 werden alle Kriegsflüchtlinge welche die Ägäis überqueren und das griechische Staatsgebiet betreten zu illegalen (irreguläre) Einwanderern erklärt. Nachdem diese Kriegsflüchtlinge eine „Einzelregistrierung“ bei der der Flüchtlingsstatus geklärt wurde durchlaufen haben, werden sie (einzeln) in die Türkei zurück geschickt. Es ist heute schon abzusehen, dass die Kriegsflüchtlinge allesamt abgelehnt werden und zurück geschickt werden.

Ab 4. April 2016 schickt die Türkei die gleiche Menge ihrer syrischen Kriegsflüchtlinge den EU-Griechen zurück. Wenn die Türkei ein Kontingent von 72.000 Kriegsflüchtlingen ausgetauscht hat, wird der Deal erst einmal ausgesetzt. Was mit den restlichen Kriegsflüchtlingen, die ja immerhin in Millionenhöhe vorhanden sind, passieren soll, weiß kein Mensch. Kriegsflüchtlinge aus Afghanistan, dem Irak oder Eritrea werden überhaupt nicht mehr erwähnt.

fluchtWas mit den schon in Griechenland befindlichen Kriegsflüchtlingen in Idomeni, den Hotspots oder auf den Straßen befindlichen Kriegsflüchtlingen geschehen soll, weiß man noch nicht. Der EU-Türkei Deal vom 18. März 2016 umfasst ausschließlich die Kriegsflüchtlinge nach dem 20. März 2016.

Sinn dieser „unsinnigen“ Aktion, die Schlepper/Schmuggler sollen davon abgehalten werden den Kriegsflüchtlingen Boote für die Überfahrt zu verkaufen.

Ein weiterer Punkt dieses unsinnigen „Deals“ ist, die Türkei gehört zwar zu den Signatarstaaten der UN-Flüchtlingskonvention, hat aber gegenüber der UN einen Regionalvorbehalt geäußert. Die Türkei hat sich nur verpflichtet Kriegsflüchtlinge aus europäischen Staaten aufzunehmen. Syrien, Afghanistan oder der Irak gehören aber nicht zu Europa. Sie kann also die Regeln der Konvention einhalten, muss es aber nicht. Diesen Regionalvorbehalt aufzuheben, was sehr einfach wäre, ist die Türkei aber nicht bereit. Ein weiterer Hinderungsgrund für diesen Deal ist die Menschenrechtssituation in der Türkei. Herausragend ist einmal mehr das in der Türkei nicht gelöste Kurdenproblem. Fast unbemerkt werden die kurdischen Dörfer in der Türkei, dem Irak oder in Syrien bombardiert oder beschossen, hier schaut die EU einfach weg.

Wie soll das in Zukunft mit den Kurden aussehen, die in der EU Asyl suchen, wenn die Türkei nunmehr zu einem sicherem Herkunftsland ernannt wird?

 

Was bekommt die Türkei dafür?

Lassen wir einmal die 6 Mrd.Euro zur Seite, denn die Türkei hat für die in ihrem Landesinneren befindlichen Flüchtlinge ein vielfaches an Euro ausgegeben, wenden wir uns also den andern Elementen des „Deals“ zu.

Der Türkei wurde von der EU Visafreiheit versprochen, wenn sie die 72 Bedingungen der Visa-Roadmap umsetzt. Beispielsweise der Datenaustausch, Fingerabdrücke auf Pässen oder der Umgang mit den Nachbarn um mal einige Bedingungen zu nennen. Bis jetzt hat die Türkei 37 dieser Bedingungen schon umgesetzt, den Rest will sie bis zum 30. Juni 2016 umsetzen um dann die allgemeine Visafreiheit zu erlangen.

Die Beitrittsverhandlungen sollen beschleunigt werden. Neben dem Kapitel 17: „Wirtschafts- und Währungspolitik“, soll auch Kapitel 33: „Finanz- und Haushaltsvorschriften“ eröffnet werden, womit die Anzahl der offenen Kapitel auf 16 von insgesamt 35 steigt. Viele der restlichen Artikel können nicht eröffnet werden, weil Zypern und Griechenland ihre Stimme für die Öffnung einiger Kapitel verweigern. Für einige Kapitel ist das notwendige Screening noch nicht einmal abschlossen oder begonnen worden.

 

Herkulesaufgabe

Foto: JasonFlorio-moas1923Dieser ganze Deal, wenn er nicht eine riesengroße Mogelpackung ist, erfordert gewaltige planerische, logistische, organisatorische oder personelle Aufwendungen. Diese müssen aber auch abgestimmt abrufbar und ausführbar sein. Und zwar innerhalb von 14 Tagen ab sofort. Dafür hat die EU den Niederländer Maarten Verwey zum Koordinator für die Umsetzung des EU-Türkei-Abkommens ernannt, dem 4.000 Mitarbeiter zur Seite gestellt werden. Was aber wenn das Kontingent von 72.000 erreicht wird? Was wird mit den derzeitigen Flüchtlingen die noch in Griechenland sind, bei gleichzeitiger Neuankunft von neuen Flüchtlingen? Alle Kriegsflüchtlinge müssen, weil die UN-Flüchtlingskonvention ein Individualrecht ist, einzelnd registriert, angehört und entschieden werden. Und nach dieser Entscheidung haben die Kriegsflüchtlinge noch ein Einspruchs- und Anhörungsrecht.

Und was ist wenn nach den Frühjahresstürmen die Mittelmeerrouten wieder benutzt werden? Mit Libyen, welches keinen Staat hat, kann man kein Abkommen schließen. Sicher wird die EU eine der beiden Gruppen in Tobruk oder in Tripolis, die keine demokratische Legitimierung haben, zur Staatsführung ernennen. Das Daesch (IS, islamischer Staat) inzwischen in der Hafenstadt Sirte kämpft und auf dem Vormarsch ist, wird man ignorieren.

 

Bundeskanzlerin Merkels Position

Bundeskanzlerin Angela Merkel Foto: (c) Linde Arndt

Bundeskanzlerin Angela Merkel Foto: (c) Linde Arndt

Frau Merkel wurde ja Starrköpfigkeit zugesprochen, tatsächlich scheint dies nun mehr die einzige im Kreise der Regierungschefs zu sein, die Haltung hat. Klare Kante, in punkto europäische Lösung, hatte sie gezeigt. Wenn ihr auch nicht der rechte Wurf gelungen ist, so hat sie zumindest die EU der 28 zu einer gemeinsamen Lösung gebracht. Ob ihr aber eine solidarische Lösung im Sinne einer Verteilung der Kriegsflüchtlinge auf alle Mitglieder der EU gelingt mag man jedoch bezweifeln. Denn eine EU der zwei Geschwindigkeiten kann man bei einer Bundeskanzlerin Merkel vergessen.

Ihre vorherige Beliebtheit wird sie sicher wieder erlangen. Nur zu welchem Preis? Frankreich hatte zu Letzt sich gegen die Flüchtlingspolitik der deutschen Bundeskanzlerin gestellt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte den Türkei Deal dann mit dem niederländischen EU-Ratspräsidenten 2016, Ministerpräsident Mark Rutte, „einfädeln“ müssen. Parallel musste sich die Bundeskanzlerin in den Medien vorhalten lassen, sie und damit Deutschland fahren einen Imperialismus in der EU.

Für Merkel ging es letztendlich um die Erhaltung des Schengenraumes, was man ihr sicher hoch anrechnen muss. Ob die Mittel die angewendet werden zum Ziel führen ist fraglich. Was sie heute schon erreicht hat, sie hat Zeit verhandelt und gekauft. Ob diese Zeit ausreichend ist die Probleme zu lösen – wer weiß.

Man muss ihr aber zu Gute halten, dass die Leitmedien und die bayrische Politik in Deutschland eine regelrechte Jagd auf Merkel machten. Alle Gegner dieser Politik liessen der Kanzlerin keine Zeit um solch ein schwieriges Problem einer angemessenen Lösung zu zu führen. Es gab und gibt für solche schwierigen Probleme keinen Schalter, den man einfach umlegen kann.

 

Fazit

Die EU hat ihre humanitäre Reputation mit der Lösung dieses Kriegsflüchtlingsproblems verloren. Kriegsflüchtlinge liefen über Autobahnen, wurden verprügelt, bespuckt oder gar eingesperrt.

Aus dem Bombenhagel flohen diese Kriegsflüchtlinge und landeten in einer EU, die nur eines konnte, sie mittels eines immer enger werdenden Netzes an den Grenzen aufzuhalten. Gesetzespakete sollten die Grundlagen schaffen um die Kriegsflüchtlinge vor einem Übertritt in das eigene Staatsgebiet abzuwehren. Durch Gesetze wurde die UN-Flüchtlingskonvention ausgehebelt. Das Ergebnis ist ein Verschiebebahnhof mit notleidenden Kriegsflüchtlingen.

Fluchtwege /Collage unter Verwendung von Screenshot Google

Fluchtwege /Collage unter Verwendung von Screenshot Google

Hysterisch handelten einige EU Staaten, als wenn ein militärischer Angriff stattfinden würde. Jetzt werden Menschen hin und her geschoben, wie Spielsteine oder Holzsteine auf einem Brettspiel

Als einem Europa im Sinne eines Erasmus von Rotterdam oder Justus Lipsius, zwei bedeutende Humanisten Europas, können die gesamten Handlungen und Entscheidungen der EU nicht eingeordnet werden. Von beiden Humanisten würde die EU nur Ironie und Spott ernten. Wie will die EU jemals wieder ihre Stimme erheben um Menschenrechten zur Geltung zu verhelfen?

Bestes Beispiel die Haltung des deutschen Innenministers Thomas de Maizière der Kriegsflüchtlinge nach Afghanistan zurück schicken will weil in drei Provinzen von 34 Provinzen keine Kriegshandlungen stattfinden. An anderer Stelle äußerte er sich, indem er nur die persönliche Betroffenheit eines Kriegsflüchtlings gelten lassen will. Wenn gebombt oder geschossen wird, so muss der Kriegsflüchtling nachweisen, dass diese Handlung ihm gegolten hat? Wie zynisch ist das nur? Für Deutschland und Brüssel ist ja jetzt alles geklärt. Idomeni ist weit weg, Griechenland und die Türkei haben jetzt den „schwarzen Peter“. Und wir wissen ja, mit zunehmender Entfernung eines Problems, nimmt die Größe des Problems auch ab.

 

Was bleibt?

Die syrischen Bürgerkriegsparteien haben im Februar einen Waffenstillstand vereinbart, was der Verdienst der USA und der russischen Föderation ist. Allerdings dürfen Daesch (islamischer Staat) und alle Terrororganisationen, die bei der UNO registriert sind, weiterhin bekämpft werden.

Gleichzeitig wurden in Genf unter der Leitung von dem UNO-Sondergesandten für Syrien, Staffan de Mistura, Friedensverhandlungen aufgenommen. Sie wurden zwar einmal ausgesetzt, wurden aber Mitte März wieder aufgenommen.

Es ist ein kleiner Hoffnungsschimmer, den man aber unterstützen sollte um den Syrern endlich Frieden zu bringen, um in ihre Heimat wieder zurück zu kehren.

.

.

Jürgen Gerhardt für european-mosaic und EN-Mosaik aus Brüssel.

.

.

.


 

Europa im permanenten Krisenmodus

flucht

[jpg] In dieser Woche trafen sich die Außen- und Innenminister der 28 EU Staaten in Brüssel nachdem ihre Chefs, die Regierungschefs der 28 EU-Staaten, mit der Türkei am 7.März 2016 keine Einigung erzielt hatten. Die Staaten auf der sogenannten Balkanroute, allen voran die Österreicher, haben ihre Grenzen mit Natodraht und Zäunen dicht gemacht. Balkanroute geschlossen, so ging es durch die Medien. Das „Durchwinken“ von Flüchtlingen sollte nun ein Ende haben. Bundeskanzlerin Merkel widersprach dem Treiben der Balkanländer, sie musste sich aber der Macht des faktischen beugen. Stattdessen verwies sie auf die Fortsetzung der Verhandlungen mit der Türkei am 18.März in Brüssel. Für Bundeskanzlerin Merkel ist die Türkei der Schlüssel um den Zustrom der Kriegsflüchtlinge nachhaltig zu senken. Im Gegenzug würde die Türkei weitere 3 Mrd. Euro, damit jetzt 6 Mrd.Euro, für die Kriegsflüchtlinge bekommen, Wegfall der Visa für die Türken im Schengenraum und die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sollen voran getrieben werden. Auf der anderen Seite durften wir zusehen, wie sich die Türkei der Menschenrechte entledigt. Da wird gedroht, dass Verfassungsgericht abzuschaffen, falls es keine genehmen Urteile fällt oder der immerwährende Konflikt zwischen Kurden und Türken wird wieder belebt und ganze kurdische Dörfer nieder gebrannt. Da stellt sich die Frage: Kann die Türkei ein verlässlicher Vertragspartner sein? Die EU trägt ein hohes Risiko mit der derzeitigen Türkei das Kriegsflüchtlingsproblem lösen zu wollen; denn ein Schusswaffengebrauch gegen die Kriegsflüchtlinge durch die Türkei ist nicht auszuschließen.

idomeni_1

Auf der anderen Seite haben die Balkanstaaten ohne Griechenland die Grenzen geschlossen, so dass Griechenland jetzt alleine die Last tragen muss, die mit der Versorgung der Kriegsflüchtlinge einhergeht. Die Folge: Rund 15.000 Kriegsflüchtlinge kommen an der Grenze zu Makedonien nicht weiter. Sie leben jetzt vor einem Grenzzaun wo Schlamm, Pfützen, Regen und Kälte den Kriegsflüchtlingen zusetzen. Kinder spielen im Urin und Kot der hinter den Zelten oder den Pappen auf den Flächen verteilt ist. Hinzu kommen fehlende hygienische Einrichtungen und wenn die Ehreneamtlichen mit Hilfe von „Ärzte ohne Grenzen“ oder UNHCR die lebensnotwendige Grundversorgung der Menschen nicht übernommen hätten, wären sicher schon die ersten Tote zu vermelden gewesen. Abgesehen von den Toten die bei der Überfahrt im Mittelmeer immer wieder ertrinken, was inzwischen zur Alltäglichkeit verkommen ist. Zu recht hat das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ im September 2015, als das Bild von dem ertrunkenen dreijährigen Aylan Kurdi um die Welt ging, die europäische Einstellung zu seinen eigenen Werten zynisch in Frage gestellt.

Griechenland und die Türkei sollen jetzt zusammen arbeiten. Erste Maßnahme: Griechenland gibt die „illegalen“ Kriegsflüchtlinge in seinem Land wieder zurück, dafür erhält Griechenland von der Türkei „legale“ Kriegsflüchtlinge. Wie das praktisch umsetzbar ist, kann die EU-Kommission und der Rat noch nicht sagen. Abgesehen davon, kann diese Aktion durch die UN-Flüchtlingskonvention oder die EU-Grundrechtecharta nicht gedeckt sein. Gibt es also eine Aussetzung des Völkerrechts in diesem Zusammenhang?

charlie-endÖsterreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Johanna Mikl-Leitner (ÖVP haben in Österreich das Zepter in die Hand genommen und mit Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) beschlossen, nur noch maximal 80 Asylanträge pro Tag anzunehmen. Der Rest wird zurück gewiesen. Dadurch das Makedonien seine Grenzen dicht machte, kommen nur vereinzelnd Kriegsflüchtlinge nach Österreich.

Nun sollte man meinen, dass Problem wäre gelöst.

Weit gefehlt; denn die Kriegsflüchtlinge orientieren sich neu. Italien ist das neue Ziel und da gibt es nun mehrere Möglichkeiten. Alle diese Routen sind allerdings mit einem sehr hohen Risiko für das eigene Leben verbunden. Aber was soll es, es geht nach dem Prinzip „Der Bremer Stadtmusikanten“, was da heißt, „ … etwas Besseres als den Tod findest du überall … . Etwas Menschlichkeit, würde der EU gut zu Gesicht stehen. Wir haben jetzt die Balkangruppe unter der Führung der Österreicher beschrieben.

Es gibt aber auch noch die osteuropäische Gruppe, mit Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn, also die Visegrád-Gruppe, die mit dem Flüchtlingsproblem von Anfang an nichts zu tun haben wollten. Diese Gruppe hat eine historische Angst von den großen europäischen Staaten vereinahmt zu werden. Im Grunde sind sie in Europa noch nicht angekommen. Vielmehr pflegen sie ihre Nationalstaaten, stehen Brüssel aber misstrauisch gegenüber. Das Flüchtlingsproblem brachte denn auch von diesen Staaten den größten Widerstand in Brüssel. Dazu kommen die baltischen Staaten, die mehr oder weniger mit sich selber beschäftigt sind und ewig ihre Ängste vor einer russischen Intervention formulieren. Rumänien und Bulgarien sind mehr Mitläufer die kaum einen eigenen Lösungsvorschlag zur Flüchtlingsproblematik aufbieten würden. Wobei Bulgarien ein Aspirant für eine neue Flüchtlingsroute sein wird. Kriegsflüchtlinge gelangen bei Grenzübertritt in Bulgarien sofort in Haft. Mit genügend Geld kann man jedoch bis zur deutschen Grenze gefahren werden. Rund 600 km ist die bulgarische Grenze zu Griechenland und der Türkei lang. Auch hier Zäune?

Wir wollen jetzt nicht noch die anderen Länder der Eu analysieren, jeder hat so seine Probleme die im Brüsseler Rat auch besprochen werden. Großbritannien mit seinem Referendum für einen EU Austritt, wobei Schottland (Schon wieder) und Wales schon mal die Abspaltung zu Großbritannien vorbereiten. Frankreich mit seiner Arbeits-und Sozialreform die die Arbeitslosigkeit signifikant senken soll. Hier gehen 100 tausende Menschen gegen diese Reform auf die Straße. Die „Linke“ mit Premierminister Manuel Valls und Wirtschaftsminister Emmanuel Macron sind zerstritten über den politischen Kurs. Über allem steht auch noch Staatspräsident François Hollande der sich 2017 Wahlen stellen muss. Sie können im Moment nichts für die Kriegsflüchtlinge tun, da dieses Thema einem politischen Selbstmord gleich käme. Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean Claude Juncker stehen dem Geschehen ziemlich hilflos gegenüber.

Und hier kommt Bundeskanzlerin Merkel mit ihrer europäischen Lösung des Flüchtlingsproblems ins böse Spiel. Isoliert soll sie sein, nein, sie kommt zu Unzeiten; denn keiner der Staaten weiß wie man dieses Problem europäisch lösen soll ohne sich selber sozialen Unruhen auszusetzen.

Selbst Griechenland reicht man nicht die helfende Hand, vielmehr schiebt man diesem Land die Schuld an dem Flüchtlingsdesaster zu. Immer neue Forderungen werden gegenüber Griechenland erhoben. Ein Grenzwall soll erstellt werden. Wie denn? Wo Griechenland mit seiner hunderte von Kilometer langen Seegrenze und fast tausend Inseln überfordert ist.

Ob jetzt die Innenminister, die Außenminister oder die Regierungschefs im Brüsseler Justus-Lipsius-Gebäude tagen, sie drehen sich im Kreise und kommen zu keinem gemeinsamen Nenner. Hoffnung liegt auf dem 17. und 18.März 2016 wenn sich die Regierungschefs mit der Türkei zu weiteren Beratungen treffen. Wenn allerdings jemand meint im Europa der 28, könne man ein Problem innerhalb von Tagen lösen, so ist er sehr naiv. Es braucht Zeit und Geduld, die alle Beteiligten nicht haben.

Zum Ende lassen wir das Wort einer UNHCR Botschafterin sprechen: wenn ein Haus brennt kann man nicht warten, bis die Feuerwehr sich organisiert hat, man muss raus aus dem Haus. Und die Kriegsflüchtlinge kommen aus einem brennenden Haus.

Jürgen Gerhardt für european-mosaic und EN-Mosaik aus Brüssel.

Wir sollten uns nicht selber verraten

 

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel Foto: (c) Linde Arndt

Bundeskanzlerin Angela Merkel Foto: (c) Linde Arndt

[jpg] Angela Merkel hat die Ruhe weg. Ob das nun im europäischen Parlament mit Präsident François Hollande war oder am gleichen Abend bei Anne Will im Interview. Immer, und immer wieder dieses Credo: „Wir schaffen das!“

Man muss allerdings genau hinhören um zu erfahren, dass die Bundeskanzlerin einen Lernprozess durch gemacht hat, der letztendlich zu ihren umstrittenen Entscheidungen führte. Was verwundert, ihr ist es egal, wie beliebt sie im Moment ist. Sie ist nicht stur, sondern verfolgt einen gradlinigen Weg. Ihr Weg: Die Wertegemeinschaft.

Die Dublin Verordnung ist obsolet, sie hat sich nicht bewährt, so Merkel. Unaufgeregt erklärt Merkel, wir müssen darüber reden. Sie erinnert an die Wiedervereinigung und den Auftritt von Helmut Kohl, der mit François Mitterrand vor 26 Jahren in Strasbourg zusammen Europa beschworen hatte. Damals wie heute ging es um das Haus Europa, um mehr Europa und um mehr Union, wie Kommissionspräsident Juncker es beschwor.

So reklamierten der französische Präsident François Hollande und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel die europäische Solidarität. Diese Solidarität, die Griechenland oder Italien mit dem Flüchtlingsproblem vernachlässigt haben. Dies muss anders werden, so beide. Realpolitik zwingt beide zum Umdenken bei der Frage wie gehe ich mit der Türkei um, die immerhin 2 Millionen Flüchtlinge der Nahostkriege aufgenommen hat. Da werden Partnerschaften möglich die bis vor wenigen Monaten undenkbar waren.

Vorwärts in die Zukunft ist bei Merkel die Zielrichtung und zwar mit den gemeinsamen Werten, die nicht verwischt werden dürfen weil die uns so stark gemacht haben. Ein Rückschritt in die Nationalstaaterei kann und darf keine Lösung sein. Denn die daraus entstehenden Probleme wären ungleich größer und führen zu keiner Lösung der derzeitigen Probleme, so Merkel. Die europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts, die sehr schmerzhaft war, hat uns nur diesen gemeinsamen europäischen Weg gezeigt.

Da geiferten Marine Le Pen (FN) und Nigel Paul Farage (UKIP) im europäischen Parlament mit der Nationalistenkarte herum, sie wollen kein Europa. Sie wollen einen starken Nationalstaat mit Isolation in einer globalisierten Welt der Bündnisse. Nordkorea lässt grüßen.

Es ist viel von Mut gesprochen worden, der französische Präsident François Hollande und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, zeigten trotzdem schon ein gewisses Verständnis für die Ängste der Europäer. Nur sie wollen sich von diesen Ängsten nicht leiten lassen. Gut so, möchte man meinen. Es sind im Moment zu viele Brandstifter unterwegs, denen Europa gleichgültig ist und die am liebsten die Flüchtlinge wieder ins Mittelmeer treiben würden. Das hat aber nichts mit Werten zu tun, eher mit Menschenverachtung.

Und Abends bei Anne Will? Anne Will fehlt es an politischem Gespür, sie wollte die Bundeskanzlerin bloßstellen, eine Schlagzeile haben, an Aufklärung oder Informationen war sie nicht interessiert. Nur das funktioniert nicht mit einer Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Man muss unsere Bundeskanzlerin nicht mögen, nur, man sollte sie als Fernsehjournalistin doch kennen. Es war ein spannender Tag in Brüssel und im Studio der ARD mit Angela Merkel und François Hollande. Und wer war noch mal die Fernsehjournalistin?

 

Jürgen Gerhardt für european-mosaic und EN-Mosaik