Europa versammelt sich am Abgrund

 


Flaggen: Vertretungen, Collage JPG
  [jpg] Griechenland hat gewählt. Mal wieder. Nun sollte man meinen, dass ein Volk nicht die Politiker wählen würde die ihnen eine versalzene Suppe serviert haben. Aber gerade die haben die Griechen gewählt. So wird die Nea Dimokratia (ND) mit Antonis Samaras 29,7% der abgegebenen Stimmen und damit 43% der Parlamentssitze bekommen. Den Rest holt man sich bei der sozialdemokratischen Pasok Partei um den Vorsitzenden Evangelos Venizelos, die immer noch 12,3% der Stimmen bekommen hat und damit drittstärkste Partei wurde.
Diese beiden Parteien sind die Garanten für Steuerschulden, Steuerhinterziehung, Korruption, Klüngel oder Kapitalflucht , die durch die griechische Verwaltung nicht bekämpft wird. 200 Mrd. Euro, so schätzt man vorsichtig, schuldet die obere Gesellschaftsschicht dem Finanzamt und hat diese ohne Probleme auch noch außer Landes gebracht.

In Sachen Korruption erinnert man sich an die Firma Siemens, die mit dem griechischen Staat einen Vergleich geschlossen hat indem 270 Millionen Euro aus der Welt geschafft wurden. Das Parlament stimmte dem Vergleich zu. Dieses  zum Thema saubere Deutsche.

Aber es kam noch eine Partei nach oben bei der Wahl, das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) mit 26,9 % (+10,1%) zweitstärkste Kraft mit seinem Vorsitzender Alexis Tsipras. Tsipras, ein junger, energischer und intelligenter Mann. Er erklärte auch sofort, er wolle die Verträge der Europäer mit den Griechen nicht anerkennen und notfalls zur Drachme zurückkehren. Mainstream aller Europäer war dann auch, hoffentlich kommen die alten Parteien wieder an die Macht. Kurzerhand wurde die Partei Syriza zur radikalen Extremistenpartei erklärt. Von Nea Dimokratia und Pasok verspricht man sich zwar ein mürrisches tragen des Jochs, dass man den Griechen durch die Troika (IWF,EZB, EU – Kommission) auferlegt hat, aber immerhin.

So ist die radikale Linke unter dem jungem Vorsitzender Alexis Tsipras auch in gewisser Weise als Aufstand der Jugend gegenüber ihren Väterparteien ND und Pasok zu verstehen. Waren diese Väter noch nicht einmal in der Lage eine ernstzunehmende Verwaltung aufzubauen. Warum auch. Aber es ist auch ein Aufstand gegenüber der übermächtigen Brüsseler EU Bürokratie, die mit ihrer Verwaltung schon längst die Schwierigkeiten des griechischen Staates hätte erkennen müssen. Brüssel wusste um die „kreative Buchführung“ in Athen und hat, als es noch Zeit war, nichts dagegen getan.

 

Das ist aber noch nicht alles. Jetzt rächt sich die mangelhafte Arbeit der Kommission in Brüssel und des europäischen Parlamentes in Straßburg. Europa steht am Abgrund, ja, aber nicht wegen der griechischen Staatsschulden, sondern weil es ein Europa in der Tiefe nicht gibt. Es gibt und gab keine Vereinbarungen zu den klassisch politischen Bereichen, es gibt nur oberflächlich gemeinsame Erklärungen, teilweise nur Absichtserklärungen. Selbst der Euro wurde finanzpolitisch nicht abgesichert, obwohl dazu jede Menge Zeit gewesen wäre. Wenn man den Scherbenhaufen betrachtet könnte man meinen, die Kommission wollte nie ein geeintes Europa erbauen, sondern nur ein Europa der Kaufleute.

2008 kam die Krise von den USA zu allen Staaten des globalen Dorfes. Billionen haben die USA in systemrelevante Firmen gesteckt, damit die USA nicht kollabierte. Europa steckte ebenfalls Gelder in ungeahnter Höhe in seinen Finanzmarkt. Es wurde ausgebucht, ausgegliedert oder ausgeglichen und das alles auf Kosten des Steuerzahlers.

Es war halt in Europa ein Griechenland XXL was gerettet werden musste – geschätzte 12 Billionen mit den USA weltweit mussten in die Hand genommen werden, genau weiß das niemand. Die Krise in Griechenland ist insofern ein riesiges Ablenkungsmanöver von den eigentlichen Problemen.

Europa ist die reichste Region unserer Erde und sollte, würde es nach seinen Gründungsvätern gehen, schon längst mit einer Stimme sprechen. Tut es aber nicht. Europa ist eine Region in der es die besten Köpfe gibt, die mit Forschung und Lehre großes Tag für Tag hervor bringen könnte. Tut es aber nicht. Und warum tut Europa das alles und noch viel mehr nicht? Weil die Regierungen sich lieber mit Berechnung der gebogenen Gurke befassen. Nicht ein vertikaler und horizontaler Finanzausgleich unter den Ländern der Eurogruppe und der EU wurde geschaffen, nein, es wurde ein Verteilungsmonster geschaffen, welches Fehlinvestitionen erbrachte. Die großen EU Länder wollten unbedingt ihre Märkte alimentiert sehen. Alle anderen mischten kräftig mit. Es entstand ein Markt bei dem volkswirtschaftliche Schäden in ungeahnter Höhe entstanden. Man schrie nach der Marktwirtschaft und bekam die Plan- und Vetternwirtschaft.

Zurück zu Griechenland. Griechenland hat inzwischen mehr Waffen als Deutschland, nur Deutschland hat 82 Millionen Einwohner gegenüber 11 Millionen Griechen. Deutschland hat 250.000 Menschen unter Waffen, Griechenland 120.000 Menschen. Und warum? Die griechische Führung redete sich immer ein, sie würde von dem Nato Land Türkei einmal angegriffen. Deshalb wurden Waffen in ungeahnter Höhe eingekauft, letztmalig 400 Panzer , womit Griechenland jetzt mehr Panzer hat als Deutschland. Man nennt so was Misswirtschaft. Nur die anderen europäischen Freunde hat es gefreut als man die Aufträge sah und bekam. Man könnte über Griechenland seitenweise schreiben, es würde sich nur der Blutdruck über soviel Unverstand erhöhen. Bleibt die Frage: Wäre Europa aus dem Schneider,  wenn die Griechen  das ihnen von der Troika auferlegte Joch tragen würden?

Nein! Es geht ja jetzt erst richtig los. Wenn die EU mit solch einem Tempo und Sachverstand weiter macht, wird Europa unweigerlich vor die Wand gefahren. Portugiesen, Iren, Spanier, Zyprioten und Italiener stehen schon an der Garderobe um sich mit Rettungsschirmen einzudecken. Im Moment bastelt man an einem vorgezogenen,  größeren und dauerhaften Rettungsschirm ESM genannt. Angela Merkel, die inzwischen zur Domina oder auch Führerin (je nach Laune) ernannt wurde, hat schon mal ihr Portemonnaie geschlossen. Sie ruft lauthals wie alle Konservativen zum Hardcore Sparen auf. Wenn Maschinen kaputt gehen, wird es eben keine neuen geben und die Produktion wird eingestellt. So einfach ist das bei den Konservativen. Und die Liberalen wollen auch noch Steuergeschenke verteilen. Womit? Klar mit neuen Schulden. Da geht das eben.

Und da wundert man sich, wenn die jungen Politiker wie Alexis Tsipras die Alten zum Teufel jagen wollen, wenn die Alten ihnen die zukünftige Überlebenschance verprassen.

 

Wenn doch die europäischen Politiker die Krise als Chance sehen würden. Wenn sie alles als Zäsur begreifen um endlich an einem Europa der Tiefe zu arbeiten. Auch das Wirtschaftswachstum einer Volkswirtschaft als allein selig machendes Werkzeug für alles Übel in einer Ökonomie ist inzwischen nicht mehr die erste Wahl. Es geht schon lange nicht mehr um John Maynard Keynes gegen Adam Smith in der Nationalökonomie, es geht um Reformen und auch tiefgreifende Korrekturen um zukünftige schwere und schwerste Schäden von Staatengemeinschaften fernzuhalten. Europa hat die Kraft solche Reformen zu stemmen; China ist zu jung und die USA sind zu schwach. Europa war immer stark wenn es um höchste geistige Leistungen ging. John Maynard Keynes und Adam Smith waren Europäer die immerhin die Wirtschaftsmodelle der letzten 200 Jahre und mehr geprägt haben. Jeder zu seiner Zeit. Nur die Zeiten haben sich verändert.

Ich denke Europa sollte das ewige starren in den Abgrund sein lassen und sich auf das besinnen was es ist – eine starke Region in jeder Hinsicht.

 

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus dem Netz der Netze