Attraktivität die Ennepetal gebrauchen könnte.

                                        
[jpg ] Manchmal passiert jedem von uns folgendes: Wir kommen an Kindern vorbei die Ball spielen, wir halten etwas Abstand, doch irgendwie passiert es, dass der Ball den Kinder entgleitet und auf uns zuspringt. Wir versuchen den Ball zu stoppen, sehen die erwartungsvollen Blicke der Kinder, tänzeln vielleicht etwas und versuchen den Ball zurück zuschießen. Die Kinder nehmen den Ball und ihr Spiel wieder auf  und wir gehen weiter unseres Weges.

Es war nur ein kurzer Moment, ein Moment wo wir dazu gehörten, wo wir uns erinnerten, an unsere Kindheit als wir auch so waren wie diese Kinder. Die Blicke der Kinder, die einen Moment fragten, gehörst du dazu? Das Spiel war uns vertraut und doch so fremd. Die Entscheidung, wir gaben das Spiel, den Ball, zurück, wir waren wieder draußen, nicht drinnen.

Künstler sind wie Kinder, unbefangen, etwas tun, was manchmal augenscheinlich keinen Sinn ergibt. Wir stehen immer irgendwie als Betrachter draußen. Sehen aber die Exponate, versuchen diese zu ergründen, zu erfassen, unserem Inneren verständlich zu machen. Es gelingt fasst nie, verärgert und frustriert wenden wir uns in der Regel alleingelassen ab.  Die zeitgenössische Kunst und der Künstler ist nicht in der Regel der Erklärende, seine Werke entstehen aus ihm selber, manchmal  aus einer Stimmung, einer Störung, einer Anwandlung, einer Laune, ein Witz oder auch ein Gedanke. Die zeitgenössische Kunst will nicht schön sein wie die alten Meister, sie genügt sich selber, braucht nicht den Betrachter. Aber und das ist das wesentliche, der Betrachter braucht die zeitgenössische Kunst, als den Ausdruck seiner Zeit, der Jetztzeit.
 

So sprang der Ball in die Fabrik Stockey und Schmitz, wo die Gruppe Kunstraum-EN die Ausstellung "Zwischen den Säulen" in einer notdürftig aber auch sehr nachdenklich machenden ehemaligen Produktionshalle organisierte.
Das Gebäude hatte ich schon einmal erkundet (Der Mensch und seine Unterscheidung zum Tier), für mich erfahrbar gemacht – zwischen den Zeiten.

Meine Gedanken bevor ich das Gebäude betrat, kreisten um die "großen" Ausstellungen, Kunstsammlung NRW, Kunsthalle, Folkwangmuseum, Schaumainkai, MMK oder Ludwig die ich gesehen hatte. Würde diese Ausstellung "Zwischen den Säulen" bestehen können? Hat die Zeit gereicht um in der Kürze eine  Ausstellung  zu organisieren?
Nun, wir sind im EN-Kreis und darüber hinaus noch in Ennepetal, für beide ein ziemlich spektakulärer Anspruch.
           
Ich betrat die Halle im ersten Stock wo mir sofort eine Installation ins Auge sprang – Berührungen.

Neonfarbene Punkte, Bälle auf verschiedenen Ebenen, doch erreichbar, versuchten zueinander zu finden. Näherten sich, suchten sich und doch konnten sie sich nicht fassen. Kurze Augenblicke, ein Aufblitzen und dann wieder erlöschen.

Man wünschte sich sie würden es schaffen, doch fehlte die Energie den letzten Rest des Weges zu gehen.

Ein Spiegelbild des gesellschaftlichen Zustandes in dem der Einzelne dem Anderen so fremd geworden ist, sich nicht mehr traut, zu berühren?
Obwohl wir uns alle nach Berührungen sehnen, die Wärme, die Nähe des Anderen? Aber sind es nicht die anonymen Mächte die dies gerade zu verhindern wissen?  Denen wir, einem höheren Ziel unterordnend, immer wieder nachgeben.

Und weiter die Videoinstallation, eine immer öfter anzutreffende Kunstrichtung der zeitgenössischen Kunst.

Unförmige Gestalten, nur menschliche Hüllen, irren
durch ein Gelände das mit den Gebäuden seine ehemalige Funktion erahnen lässt.  Ihrer Würde beraubt der bizarren Umwelt hilflos ausgesetzt. Auf ihre Nacktheit,dem wesentlichen zurück geworfen in eine so feindliche Welt, die sie selber geschaffen haben, aber so nicht wollten.
Die Frage: Wollen wir das? Können wir das noch stoppen?
Nein, der Film läuft weiter er hat kein Ende, er könnte  das Ende unseres Daseins werden.

 

 

Dann die Unsichtbaren der Fabrik die hier ihr Auskommen hatten, ihre Familien ernährten.

Man ahnt den Arbeiter,  der Gussteile, Formen säubert, nicht mehr anwesend aber doch da.
Die Schuhe, von einer Seite Kästen leert und wieder bearbeitet füllt – stundenlang. Danach eine andere Arbeit wieder ausführt, dieselben Schuhe, derselbe Arbeiter.

Der Geist der Arbeit, die Energien der Arbeitskraft verpufft nicht so schnell, die Halle hält sie, sie vergisst nicht.

Es wird wieder gearbeitet, die Halle hat wieder ihre Berechtigung, sie der Container, die Schutzhülle.

 

 

 

  Ein flüchtiger Blick auf die Stempelkarten.

Ja, "Zeit ist zeitlos" und  "Zeit zum Denken" hat abgestempelt, ist da für Minuten, für Stunden.Immer? Nein, nur eine Schicht.

In der "Bude" werden die Karten ausgestellt die dann in die Anwesenheitsschächte gesteckt werden. Jeder sieht es, sie sind da, wir sind zumindest für einen Moment komplett.

Die Zeitproduktion kann beginnen, hoffentlich nicht allzu viele Nacharbeiten.
Der Meister der Zeit ermahnt uns sorgfältig mit der Zeit umzugehen, kein Ersatzrohstoff vorhanden, es muss reichen.

Die Ausstellung war umwerfend, überwältigend, wenn man das so salopp sagen darf. Ein Gesamtkunstwerk auf einer Etage in einer riesigen Halle, Performance, Installationen, abstrakte Malereien, Collagen, Skulpturen, Video, Audio, Grafiken, Animationen  – ein Füllhorn der zeitgenössischen Kunst. Und obendrein die Halle, die Fabrik als Artefakt der veränderten Funktionen, Zeugnisse unserer Zeit. Es eröffnet sich nicht direkt, man muss sich schon auf Berührungen einlassen, jetzt, in der Gegenwart.
Das Problem, ein Wermutstropfen,  also einige fanden sich nicht zurecht, es ging ihnen so wie dem Werk Berührungen, sie wollten Berühren fanden aber nicht den Weg. Es ist einmalig gewesen für die Stadt und darüber hinaus den EN-Kreis. Es war ein wunderbarer Beginn und ich denke es könnte noch mehr werden, mit diesen Menschen, die so zupacken können und wollen.

Unter den Anwesenden sah ich viele Politiker der Stadt, zwei stellvertretenen BürgermeisterIN und einen Vorsitzenden der hiesigen CDU.
Diese Ausstellung könnte eine Bereicherung für die Stadt Ennepetal  aber auch für den Kreis werden, die Gruppe Kunstraum-EN hat einmal mehr ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Sie haben in wenigen Tagen eine Fabrikhalle so hergerichtet, die eine beachtenswerte Ausstellung mit einem großen Bogen der zeitgenössischen Kunst beherbergt. 34 Künstler, teils aus dem Ausland, sind dem Ruf gefolgt und kamen.

Gehen wir zum Eingang dieses Artikels zurück. Einen Augenblick hatten wir es in der Hand mit zuspielen oder den Ball wieder zurück zu geben. Dieser eine Augenblick entscheidet über eine anzustrebende Attraktivität einer Stadt Ennepetal. Danach könnte es heißen: "Ennepetal, ist das nicht die Stadt die die Ausstellungen der zeitgenössischen Kunst immer organisiert?"
Kosten? Nein, Engagement ist gefragt, Leute zusammenführen, die zu einem Sponsoring bereit wären, den Ball aufnehmen, mitspielen.
Die Künstler und der Inhaber, Herr Helkenberg,  haben ihrer Part geleistet, jetzt sollten die Anderen ergänzend ihren Part machen.
Sollen wir einfach weitergehen und den Ball einfach ins Nichts trudeln lassen?

Ennepetal ist kein Nichts, sollte es zumindest nicht sein.

Jürgen Gerhardt

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